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Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der am 18. Mai 1944 geborene Kläger stand als Beamter auf Lebenszeit im mittleren fernmeldetechnischen Dienst der Beklagten. Mit Urkunde vom 4. November 1991 wurde er zum technischen Fernmeldebetriebsinspektor (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) ernannt.
3Bis zum 5. Juli 1992 bekleidete der Kläger einen Dienstposten in der Dienststelle "AP/NDS" (Abnahme- und Prüfdienste/Netzda-tenservice). Zuvor hatte er sich erfolglos um die Zulassung zum Aufstieg in die Laufbahn des gehobenen fernmeldetechnischen Dienstes beworben. In der Zeit vom 6. Juli 1992 bis zum 19. Oktober 1992 versah der Kläger Dienst in der Dienststelle "öGKV" (örtlicher Großkundenvertrieb) und danach in der Dienststelle "PLL" (Planungsstelle für Linientechnik). Ein für den 1. Januar 1994 vorgesehener erneuter Dienstpostenwechsel erfolgte nicht mehr.
4Weil sich der Kläger auf dem der Dienststelle "PLL" zugeordneten Dienstposten unzufrieden fühlte und im November 1993 Kenntnis von einer Ausschreibung über den Verwendungsaufstieg erhielt, beantragte er am 18. November 1993 erneut seine Zulassung zum Verwendungsaufstieg. Dieses Gesuch sowie weitere Stellenbewerbungen nahm er am 9. bzw. 13. Dezember 1993 zurück. Nach dem Antritt von Erholungsurlaub am 23. Dezember 1993 mußte sich der Kläger am 29. Dezember 1993 in stationäre Behandlung in die Psychiatrische Klinik der Krankenanstalten Diakoniewerk K. begeben. Ausweislich des Arztberichtes der Klinik vom 7. Februar 1994 lautete die Diagnose: "Erste psychotische Episode (ICD-Nr. 295.3)". Nach seiner Entlassung begab sich der Kläger in fachärztliche ambulante Behandlung und war in der Folgezeit weiterhin dienstunfähig.
5Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Kläger im Laufe des Jahres 1994 amtsärztlich und wiederholt postbetriebsärztlich untersucht. In seiner fachpsychiatrischen Begutachtung gelangte der den Kläger untersuchende Dr. B. am 23. Dezember 1994 zu der Diagnose einer paranoiden Psychose und zu der Beurteilung, daß der Kläger aufgrund des Fortbestehens einer Wahnsymptomatik arbeitsunfähig und im Rahmen des Erwerbslebens generell nicht mehr einsetzbar sei. Es liege dauernde Dienstunfähigkeit vor. Die Postbetriebsärztin schloß sich dieser Beurteilung an.
6Die Beklagte leitete daraufhin das Zurruhesetzungsverfahren ein.
7Unter dem 13. Januar 1995 zeigte der Kläger bei der Postbeamtenkrankenkasse den am 29. Dezember 1993 erlittenen Körperschaden als Dienstunfall an. Grund für seine Erkrankung seien "Mobbing-Handlungen am Arbeitsplatz infolge der Zwangsversetzung zur Dienststelle PLL gewesen". Die Postbeamtenkrankenkasse leitete diese Dienstunfallanzeige an die Unfallkasse Post und Telekom (Unfallkasse) weiter.
8Diese führte unter dem 15. Februar 1995 aus, daß die Anerkennung eines Dienstunfalles nicht in Betracht komme.
9Dagegen wandte sich der Kläger unter dem 19. Februar 1995 mit der Begründung, von Vorgesetzten beleidigt und in einen seelischen Schock versetzt worden zu sein.
10Gleichwohl lehnte die Unfallkasse nach Beteiligung der Postbetriebsärztin mit Schreiben vom 8. Mai 1995 erneut die Anerkennung eines Dienstunfalles ab.
11Zuvor hatte der Kläger im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde (6. März 1995) geltend gemacht, in der Zeit vom 21. Januar 1992 bis zum 29. Dezember 1993 schwerem Psychoterror ausgesetzt gewesen zu sein. Unter anderem habe ihn der Abteilungsleiter S. am 3. Dezember 1993 beleidigt und dadurch einen seelischen Schock hervorgerufen.
12Durch Bescheid vom 29. Mai 1995 erkannte das Versorgungsamt beim Kläger einen Grad der Behinderung von 50 v.H. an, der mittlerweile auf 70 v.H. erhöht worden ist.
13Mit Bescheid vom 7. Juli 1995 wurde der Kläger infolge Dienstunfähigkeit zum 31. Oktober 1995 in den Ruhestand versetzt. Die Versorgungsbezüge des Klägers setzte die Beklagte mit Bescheid vom 2. August 1995 nach einem Ruhegehaltssatz von 75 v.H. fest.
14Am 11. August 1995 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Zurruhesetzungsverfügung vom 7. Juli 1995 und führte ergänzend aus, daß ihm "1 1/3 Besitzstandsausgleich" zustehe. Mit Schreiben vom 23. August 1995 erhob er Widerspruch gegen den seine Versorgungsbezüge festsetzenden Bescheid. Auch diesbezüglich machte er geltend, daß ihm "1 1/3 Besitzstandsausgleich" auf seine Versorgungsbezüge zustehe.
15In einem seinen Widerspruch vom 11. August 1995 ergänzenden Schriftsatz vom 16. August 1995 erklärte der Kläger, daß er im Rahmen des Dienstbetriebes einen psychischen Schock erlitten habe. Am 3. Dezember 1993 sei er vom Abteilungsleiter S. genötigt worden, seine Bewerbungen zurückzuziehen. Ferner sei es in der Woche vor Weihnachten zu einem Beurteilungsgespräch mit dem Dienstvorgesetzten Meinhold gekommen.
16Mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 1995 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 23. August 1995 zurück. Den Widerspruch gegen die Zurruhesetzungsverfügung wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1995 zurück.
17Mit der am 5. Oktober 1995 erhobenen Klage hat der Kläger sinngemäß begehrt, die Beklagte zur Gewährung von Unfallfürsorge nach Maßgabe der §§ 35, 37 und 43 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) zu verpflichten.
18Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
19die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2. August 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. September 1995 zu verpflichten, den erlittenen Körperschaden vom 29. Dezember 1993 mit bestehender Erwerbsunfähigkeit als qualifizierten Dienstunfall im Sinne des § 37 BeamtVG durch Verwaltungsakt festzustellen und ihm Unfallausgleich (§ 35 BeamtVG), erhöhtes Unfallruhegehalt (§ 37 BeamtVG) und einmalige Unfallentschädigung (§ 43 BeamtVG) zuzuerkennen.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Sie ist dem Vorbringen des Klägers entgegengetreten und hat ausgeführt, daß ein schädigendes Ereignis im Sinne des Dienstunfallrechts nicht vorliege.
23Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
24Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, daß ein von ihm eingeholtes fachärztliches Gutachten des Dr. M. B. vom 13. September 1996 bestätige, daß seine am 29. Dezember 1993 erlittene Körperbeschädigung auf das Mobbing-Geschehen in der Dienststelle, insbesondere auf die Gespräche mit den Vorgesetzten am 3. und 21. Dezember 1993 zurückzuführen sei.
25Der Kläger beantragt,
26unter Änderung des angefochtenen Urteils nach seinem Schlußantrag in erster Instanz zu erkennen.
27Die Beklagte beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Sie trägt ergänzend vor, aus von ihr eingeholten schriftlichen Stellungnahmen der ehemaligen Dienstvorgesetzten des Klägers S. und M. ergebe sich, daß der Kläger keinesfalls in den Gesprächen am 3. und 21. Dezember 1993 in der von ihm geschilderten Art und Weise beleidigt worden sei. Eine Erhöhung des Ruhegehaltssatzes scheitere schon daran, daß sich der festgestellte Ruhegehaltssatz bereits auf 75 v.H. belaufe.
30Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M. , S. und B. . Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 6. Mai 1999 verwiesen.
31Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Beklagten; hierauf wird Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe:
33Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
34Die auf die Anerkennung eines Körperschadens als "qualifi- zierten" Dienstunfall sowie die Gewährung von Unfallfürsorgeleistungen gerichtete Klage richtet sich mit der Bundesrepublik Deutschland gegen die "richtige" Beklagte.
35Vgl. zur dogmatischen Einordnung der sogenannten passiven Prozeßführungsbefugnis bzw. der Passivlegitimation Schoch/Schmidt- Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: September 1998, Rdnrn. 4 f.; BVerwG, Urteil vom 3. März 1989 - 8 C 98.85 -, NVwZ-RR 1990, 44 f.; OVG NRW, Urteil vom 13. März 1991 - 22 A 871/90 -, NJW 1991, 2586; Urteil vom 26. April 1989 - 15 A 650/87 -, NVwZ 1990, 188; Urteil vom 7. Dezember 1988 - 22 A 1013/88 -, NVwZ-RR 1989, 576.
36Dies gilt auch, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG begehrt. Allerdings nimmt die Unfallkasse Post und Telekom nach dem zum 1. Januar 1995 in Kraft getretenen § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung im Bereich der früheren Deutschen Bundespost (PostSVOrgG),
37vgl. Art. 2 und 15 des Gesetzes zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation vom 14. September 1994, BGBl. I, S. 2325, 2328, 2397,
38als selbständige Körperschaft des öffentlichen Rechts die Aufgabe der "Unfallfürsorge einschließlich Prävention für die Beamten mit Ausnahme der nach den §§ 36 bis 43 des Beamtenversorgungsgesetzes zu gewährenden Leistungen" wahr. Ihr kommen dabei die Befugnisse einer obersten Dienstbehörde zu.
39Vgl. § 2 Abs. 2 PostSVOrgG und Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Post und Telekommunikation vom 27. Juni 1994 zu den zugrundeliegenden Gesetzentwürfen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P., der Bundesregierung und des Bundesrates sowie einem Antrag der Abgeordneten Gysi, Seiffert, Henn und der Gruppe der PDS/Linke Liste, BT-Drs. 12/8060, S. 34 - 35, 187.
40Dienstherr der Beamten der Deutschen Telekom bleibt aber weiterhin der Bund. Demgemäß sind Klagen des Beamten gegen ihn zu richten (vgl. § 2 Abs. 3 Sätze 1 und 3 PostPersRG iVm. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Unmittelbar gegen die Unfallkasse Post und Telekom würden sich allenfalls Klagen von Beamten richten, die anders als der Kläger der Unfallkasse selbst angehören und deren Dienstherrin sie ist.
41Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 22. September 1997 - 12 A 6809/95 -.
42Die Klage hat jedoch keinen Erfolg.
43Soweit das auf die Gewährung von erhöhtem Unfallruhegehalt (§ 37 BeamtVG) gerichtete Begehren des Klägers als Minus auch die Gewährung von Unfallruhegehalt nach Maßgabe des § 36 BeamtVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1994 (BGBl. I, S. 3858) umfassen sollte, ist die Klage - schon - unzulässig. Dem Kläger fehlt insoweit das Rechtsschutzinteresse an der begehrten Rechtsverfolgung. Denn gemäß § 36 Abs. 3 Satz 2 BeamtVG darf das Unfallruhegehalt 75 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zuzüglich eines Betrages nach § 14 Abs. 2 BeamtVG - letzterer aufgehoben durch Art. 4 Nr. 6 a) des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 24. Februar 1997 (BGBl. I, S. 322, 334) - nicht übersteigen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß der vorzeitig aus dem aktiven Dienst scheidende Beamte grundsätzlich keine höhere Versorgung erreichen soll als derjenige, der infolge Erreichens der allgemeinen Altersgrenze in den Ruhestand tritt. Die Höchstversorgung von 75 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (Endstufe der Besoldungsgruppe A 9 zzgl. ruhegehaltfähiger Zulagen und des Erhöhungsbetrages nach § 14 Abs. 2 BeamtVG) ist dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid vom 2. August 1995 aber bereits als "normales" Ruhegehalt zugebilligt worden. Mit der Gewährung von Unfallruhegehalt wäre folglich für ihn eine "Besserstellung" nicht verbunden.
44Im weiteren läßt der Senat dahinstehen, ob es bezüglich der geltend gemachten Ansprüche auf Unfallausgleich (§ 35 BeamtVG) und Unfallentschädigung (§ 43 BeamtVG) nicht schon an der Durchführung des grundsätzlich erforderlichen Vorverfahrens fehlt. Die Klage ist - auch insoweit - jedenfalls unbegründet.
45Grundlegende Voraussetzung aller vom Kläger begehrten Unfallfürsorgeleistungen ist das Vorliegen eines Dienstunfalles im Sinne des § 31 BeamtVG und dessen Ursächlichkeit für den eingetretenen Körperschaden bzw. die Dienstunfähigkeit. Daran fehlt es hier, denn der am 29. Dezember 1993 manifestierte Körperschaden beruht allenfalls auf einer "dienstlichen" Dauerschädigung, nicht aber auf einem Dienstunfallereignis im Sinne der zitierten Vorschrift. Dieses folgt allerdings nicht schon aus den Schreiben der Unfallkasse vom 15. Februar und 8. Mai 1995, wonach die Anerkennung eines Dienstunfalles nicht in Betracht komme. Mit diesen Schreiben hat die Unfallkasse wohl nicht in der Handlungsform des Verwaltungsaktes abschließend und bestandskräftig über das Vorliegen eines Dienstunfalles entschieden. Darauf deuten schon die Gestaltung dieser Schreiben und das jeweilige Fehlen von Rechtsbehelfsbelehrungen hin. Von daher kommt es auf die Frage, ob entsprechenden Feststellungen der Unfallkasse eine Bindungswirkung im vorliegenden Verfahren zukommt, nicht an.
46Ausgangspunkt der weiteren rechtlichen Überlegungen ist § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Danach ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes oder infolge des Dienstes eingetreten ist.
47Unter anderem setzt der Begriff des Dienstunfalls somit ein "plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Verhalten" voraus. Der schädigende Vorgang darf mithin nicht auf einem längere Zeit wirkenden Geschehen beruhen.
48Vgl. zur Abgrenzung des Unfalls von der Dauerschädigung Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand: Februar 1999, § 31 BeamtVG, Rdnr. 22 f., mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
49So aber läge es im Hinblick auf das vom Kläger insbesondere in seiner Schrift "Ich kann nicht klagen" behauptete langjährige "Mobbing-Geschehen" und die damit in Zusammenhang gebrachten Organisations- und Planungsentscheidungen im Bereich der Telekom AG. Dieses ließe sich, weil zeitlich nicht hinreichend bestimmt, nur als typische Dauerschädigung qualifizieren, zumal der Kläger auch ein entsprechendes Krankheitsbild geltend macht, indem er vorträgt, daß seine gesundheitlichen Schwierigkeiten bereits mit der Umstrukturierung und Privatisierung der Deutschen Bundespost begonnen hätten und sich sein Gesundheitszustand seit dem Jahre 1992 beständig verschlechtert habe.
50Die vom Kläger namhaft gemachten Personalgespräche vom 3. und 21. Dezember 1993 sind hingegen nach Ort und Zeit hinreichend bestimmt. Sie scheiden auch nicht deshalb von vornherein aus der weiteren Betrachtung aus, weil sich selbst nach dem Vortrag des Klägers keine physikalische (z.B. mechanische, akustische) Einwirkung auf dessen Körper feststellen läßt. Denn auch die krankhaften Vorgänge im menschlichen Körper, die ohne eine derartige Einwirkung durch einen äußeren Umstand oder Vorgang hervorgerufen werden, können ein auf "äußerer Einwirkung" beruhendes dienstunfallrelevantes Ereignis sein. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung geklärt, daß ein "auf äußerer Einwirkung beruhendes Ereignis" auch dann vorliegt, wenn ein äußerer Vorgang - etwa eine Beleidigung - zunächst eine psychische Reaktion - z.B. Schockwirkung - auslöst, die dann erst ihrerseits krankhafte körperliche Folgen zeitigt.
51Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. April 1970 - II C 49.69 -, BVerwGE 35, 133; Urteil vom 30. Juni 1988 - 2 C 3.88 -, Schütz, a.a.O., ES/C II 3.1. Nr. 23; OVG NRW, Urteil vom 1. Juli 1997 - 6 A 6182/96 -; Urteil vom 31. Januar 1990 - 1 A 129/88 -, Schütz, a.a.O., ES/C II 3.1 Nr. 38; Urteil vom 13. Dezember 1989 - 6 A 744/87 -, Schütz, a.a.O., ES/C II 3.1 Nr. 33; Bay. VGH, Urteil vom 29. Juli 1987 - Nr. 3 B 85 A 2752 -, Schütz, a.a.O., ES/C II 3.1 Nr. 22; ebenso Schütz, a.a.O., § 31 BeamtVG, Rdnr. 20.
52In jedem Falle fehlt es aber an der Ursächlichkeit der Geschehnisse vom 3. und 21. Dezember 1993 für den vom Kläger am 29. Dezember 1993 erlittenen Körperschaden. Als Ursache im Rechtssinne sind auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallfürsorge nämlich nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich- philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolges hatte. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach sog. Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Dies ist der Fall, wenn eine krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, daß es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solche untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam "der letzte Tropfen" war, "der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen wäre".
53Gemessen daran läßt sich ein Kausalzusammenhang zwischen den Gesprächsereignissen vom 3. und 21. Dezember 1993 und den beim Kläger am 29. Dezember 1993 manifestierten Körperschaden mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nicht feststellen. Gegen die Annahme einer wesentlichen (Mit-) Ursächlichkeit spricht, daß es sich bei den Gesprächen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme um alltägliche Geschehnisse gehandelt hat.
54Der Zeuge S. , an dessen Glaubwürdigkeit der Senat keinen Zweifel hegt, hat zu dem Anlaß des Gesprächs vom 3. Dezember 1993 erklärt, daß es schon im Vorfeld darum gegangen sei, für den Kläger nach einer 20jährigen Außendiensttätigkeit einen geeigneten Dienstposten zu finden. Auf mehreren ihm zugewiesenen Dienstposten habe sich der Kläger unwohl gefühlt. In dieser Lage sei er vom Kläger am 3. Dezember 1993 angesprochen worden. Konkret habe es um die Besprechung einer Beurteilung gehen sollen. Dann aber sei es in dem Gespräch wiederum im wesentlichen über die Vorstellungen des Klägers über einen für ihn geeigneten Dienstposten gegangen. Der Senat entnimmt dieser Darstellung des Zeugen zum einen, daß dem Zeugen die Person des Klägers genauestens bekannt ist und er auch konkrete Erinnerung an den Gang und den Inhalt des fraglichen Gesprächs hat. Zum anderen wird aber auch deutlich, daß in diesem Gespräch keineswegs aus der Sicht des Klägers überraschende Thematiken angesprochen worden sind und das Gespräch etwa deshalb aus dem üblichen Rahmen fiel.
55Zum konkreten Ablauf des Gesprächs erklärte der Zeuge S. , daß sich der Kläger in Bewerbungen um Dienstposten "verrannt" hatte, für die er völlig ungeeignet gewesen sei. Der Kläger habe einen seinen Neigungen entsprechenden Dienstposten erwartet. Für ihn sei es aber darum gegangen, einen den Fähigkeiten des Klägers entsprechenden Dienstposten zu finden. Er habe versucht, dieses dem Kläger klarzumachen. Infolge der Uneinsichtigkeit des Klägers habe sich das Gespräch im Kreise gedreht und mehrere Stunden angedauert. Bei einem derartigen Gesprächsablauf belegt gerade der wiederholte Versuch des Zeugen S. , den Kläger zu überzeugen statt das Gespräch einfach abzubrechen, dessen Bemühen, alles ihm im dienstlichen Rahmen Mögliche zu tun, um die Situation des Klägers zu verbessern. Schon dies spricht gegen die Darstellung des Klägers, das Gespräch mit dem Zeugen S. sei in Form einer lautstarken und beleidigenden Auseinandersetzung geführt worden.
56Des Weiteren machte der Zeuge S. deutlich, daß er sich "der Aufgabe als Leiter der Personalabteilung mit viel Interesse gewidmet habe" und daß das Gespräch ausgesprochen kollegial geführt worden sei. Es sei keineswegs ein lautstarkes Gespräch oder gar ein Gespräch mit beleidigendem Inhalt gewesen. Der Senat hat keinen Anlaß, an dieser Darstellung des Zeugen zu zweifeln. Der Zeuge legte nämlich überzeugend dar, daß er ähnlich wie der Kläger vom Wegfall des langjährig wahrgenommen Dienstpostens betroffen gewesen ist und er deshalb gewußt habe, wie sich der Kläger fühlen mußte. Von daher wäre ein auf das "Herausdrängen des Klägers aus dem Dienst" gerichtetes Verhalten des Zeugen S. , so wie es ihm der Kläger vorwirft, für den Senat nicht erklärlich. Dies auch deshalb nicht, weil der Zeuge S. dem Kläger noch kurze Zeit vor dem Gespräch vom 3. Dezember 1993 die Möglichkeit zur Teilnahme am Auswahlverfahren für den Aufstieg in die Laufbahn des gehobenen fernmeldetechnischen Dienstes eröffnet hatte.
57Zu der Behauptung des Klägers, der Zeuge S. habe ihm gegenüber erklärt, der eingeschlagene Weg sei geeignet, ihn - den Kläger - "ins Irrenhaus nach G. zu bringen", hat der Zeuge erklärt, daß der Name "G. " in dem Gespräch gefallen sei. Allerdings sei dies in einem ausgesprochen kollegialen und freundschaftlichen Zusammenhang erfolgt. Weil er gesehen habe, wie hartnäckig sich der Kläger verrenne, habe er ihm freundschaftlich gesagt, "wenn er sich so in die Sache weiter hineinsteigern würde, dann könnte er schließlich in G. landen". Die Äußerung des Zeugen war danach weder objektiv geeignet noch von der Intention bestimmt, den Kläger zu beleidigen. Eine solche Motivation des Zeugen paßte auch nicht zu dessen bereits dargelegter Grundeinstellung gegenüber dem Kläger.
58Ebenso verhält es sich mit der dem Kläger vom Zeugen S. unterbreiteten Anregung, vorgelegte Bewerbungen zurückzunehmen. Der Zeuge S. hat erklärt, daß er den Kläger darauf hingewiesen habe, daß er die Aufnahme von für ihn negativen Beurteilungen in die Personalakte durch die Rücknahme von Bewerbungen um Dienstposten, für die er ohnehin ungeeignet sei, verhindern könne. Dieser Rat des Zeugen S. ist nachvollziehbar, denn zwangsläufig mußten die im Rahmen von Bewerbungsverfahren um für den Kläger ungeeignete Dienstposten von seinen Dienstvorgesetzten auszusprechenden Eignungsurteile für den Kläger nachteilig ausfallen. Die Anregung, die zugrundeliegenden Bewerbungen zurückzunehmen, stellt sich danach im Hinblick auf die berufliche Zukunft des Klägers als fürsorglicher Rat und gerade nicht als "nötigendes" Verhalten des Zeugen S. dar.
59Der Senat ist nach alledem der vollen Überzeugung, daß es sich bei dem Gespräch vom 3. Dezember 1993 um ein alltägliches Geschehnis gehandelt hat, das weder von seinem Inhalt her noch aufgrund seines Ablaufs aus dem üblichen Rahmen eines Personalgesprächs fiel.
60Entsprechend verhält es sich mit dem vom Kläger und dem Zeugen M. am 21. Dezember 1993 geführten Gespräch. Dem Zeugen M. war der konkrete Anlaß für dieses Gespräch bei seiner Vernehmung vor dem Senat nicht erinnerlich. Er erklärte aber, daß das Gespräch wohl im Zusammenhang mit dem zum 1. Januar 1994 anstehenden erneuten Dienstpostenwechsel des Klägers gestanden habe. Daß es eine - dem Zeugen seitens des Gerichts vorgehaltene - Anweisung des Zeugen S. an seinen Dienstvorgesetzten Krause gegeben habe, zur Untermauerung einer angefochtenen Beurteilung Fakten über die dienstliche Leistung des Klägers festzuhalten, sei ihm nicht bekannt gewesen. Er habe die Angst des Klägers vor dem Dienstpostenwechsel verspürt. Der Kläger habe ihn zur Erstellung einer guten Beurteilung bewegen wollen. Die Leistungen des Klägers seien aber nur "unter Durchschnitt" gewesen. Dieses habe er dem Kläger klargemacht. Er habe dem Kläger nicht wehtun wollen und diesen mit Sicherheit nicht lautstark angeschrieen oder gar beleidigt. Er sei immer zu weich gewesen. Danach stellt sich dieses Gespräch als "normales" Personalgespräch im Rahmen eines bevorstehenden Dienstpostenwechsels dar. Denn die auch kritisierende Besprechung der Leistungen des scheidenden Beamten durch den Vorgesetzten ist ein üblicher Vorgang. Etwas anderes würde allenfalls dann gelten, wenn die Kritik in unangemessener Weise oder ehrverletzend angebracht wird. Dafür hat der Senat jedoch keinen Anhalt. Besonderer Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Aussage des Zeugen B. zu. Er führte aus, daß er sich an ein Verhalten seines ehemaligen Stellenvorstehers, so wie es diesem der Kläger in seinem Schriftsatz vom 21. Oktober 1996 - Blatt 189 der Gerichtsakte - vorwirft, erinnern müsse, was jedoch nicht der Fall sei. Diese Einlassung des Zeugen B. ist nachvollziehbar und glaubhaft. Denn der Zeuge erklärte weiter: "Herr M. schimpft nicht. Er wird nicht ausfallend usw. Freilich ist auch ein lauteres Gespräch mit Herrn M. möglich, wie es im Dienstgeschäft üblich ist. Aber es kann keine Rede von verletzenden Äußerungen usw. sein." Diese Charakterisierung der Person des Zeugen M. deckt sich mit dem seitens des Senats anläßlich der Vernehmung des Zeugen M. gewonnenen Eindruck. Dieser vermittelte das Bild einer eher zurückhaltenden Persönlichkeit. Dementsprechend charakterisierte sich der Zeuge selbst dahin, daß er als Vorgesetzter "immer zu weich gewesen sei". Stellt danach das Führen einer lautstarken Auseinandersetzung mit beleidigenden Äußerungen bezogen auf die Person des Zeugen M. etwas besonders Auffälliges dar, so liegt auf der Hand, daß sich der Zeuge B. daran erinnern müßte. Der Zeuge B. erklärte aber gerade, daß das fragliche Gespräch keine Wirkung bei ihm hinterlassen habe und nicht aus dem allgemeinen Rahmen falle. Von daher ist der Senat der vollen Überzeugung, daß es sich auch bei dem Gespräch vom 21. Dezember 1993 um ein "normales" Personalgespräch gehandelt hat, während dessen der Kläger weder lautstark angegangen noch beleidigt worden ist. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen B. hat der Senat nicht, auch wenn sich dieser vor seiner Vernehmung bei dem Zeugen M. erkundigt hatte, "worum es denn gehen könne". Gerade die Offenbarung dieses Sachverhalts von sich aus und zu Beginn der Vernehmung spricht für die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Zudem sind keinerlei eigene Interessen ersichtlich, die das Aussageverhalten des Zeugen B. hätten beeinflussen können. Schließlich spricht gegen den Vortrag des Klägers, daß der Zeuge M. auch objektiv keine Veranlassung zu einem Verhalten hatte, wie es ihm der Kläger vorwirft, nachdem zum Zeitpunkt des Gesprächs bereits feststand, daß der Kläger die vom Zeugen M. geführte Dienststelle zum 1. Januar 1994 ohnehin würde verlassen müssen.
61Die Personalgespräche vom 3. und 21. Dezember 1993 sind danach allenfalls untergeordneter Teil einer Dauerschädigung. Es drängt sich die Annahme einer Vorschädigung zum Zeitpunkt der Gespräche geradezu auf. Dieser kommt im Hinblick auf den am 29. Dezember 1993 erlittenen Körperschaden ein überragender Verursachungsbeitrag zu, hinter dem derjenige der Ereignisse vom 3. und 21. Dezember 1993 - wenn ihnen überhaupt ein solcher zukommt - gänzlich zurücktritt. Bestätigt wird die Vorschädigung des Klägers durch den Zeugen S. , der erklärte, daß der Kläger bereits am 3. Dezember 1993 "auffällig" gewesen sei. Der Kläger selbst hat ausweislich des Arztberichtes des Diakoniewerks K. vom 7. Februar 1994 davon berichtet, daß bereits einen Monat zuvor, also zeitlich vor den umstrittenen Gesprächen, eine hartnäckige Schlaflosigkeit eingesetzt habe. Gegen die Ursächlichkeit der Gespräche vom 3. und 23. Dezember 1993 spricht ferner, daß die "psychotische Episode" erst am 29. Dezember 1993, also über drei Wochen nach dem ersten und ca. eine Woche nach dem zweiten Personalgespräch auftrat. Der ohne nähere Begründung abgegebenen gegenteiligen Feststellung des Gutachters Dr. B. , beide Personalgespräche hätten erheblich zur gesundheitlichen Schädigung des Klägers beigetragen, kommt insoweit keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Denn die Ausführungen des Gutachters beruhen auf der durch die Beweisaufnahme widerlegten Darstellung des Klägers zum Inhalt und Verlauf dieser Gespräche. Auch dem in der mündlichen Verhandlung vom Prozeßbevollmächtigten des Klägers erhobenen Einwand, der Kläger könne die "Ratschläge" des Zeugen S. am 3. Dezember 1993 anders als von diesem gemeint aufgefaßt haben, kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Denn der Zeuge S. hat hierzu erklärt, daß der Kläger bereits am Folgetag mit ihm wieder über die Angelegenheit habe sprechen wollen und sich so verhalten habe, als ob das Gespräch vom 3. Dezember 1993 überhaupt nicht stattgefunden habe. Von daher ist nicht erkennbar, daß das Gespräch vom 3. Dezember 1993 einen besonderen Eindruck beim Kläger hinterlassen hätte.
62Zur Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens war der Senat nicht veranlaßt. Der Kläger hat eine Beweisaufnahme in diesem Sinne nicht - ausdrücklich - beantragt, sie drängte sich dem Senat bei dem zur Entscheidung stehenden Sachverhalt auch nicht auf.
63Vgl. hierzu allgemein BVerwG, Beschluß vom 20. Februar 1998 - 2 B 81/97 -.
64Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalles im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG sind offensichtlich nicht erfüllt.
65Fehlt es nach alledem schon an einem - einfachen - Dienstunfall im Sinne des § 31 BeamtVG, hatte der Senat der Frage nach dem Vorliegen eines sogenannten "qualifizierten" Dienstunfalles, der Voraussetzung für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf erhöhtes Unfallruhegehalt (37 BeamtVG) und eine Unfallentschädigung (43 BeamtVG) ist, nicht weiter nachzugehen. Ein derartiger "qualifizierter" Dienstunfall liegt im übrigen nach allen Varianten der zitierten Regelungen offensichtlich nicht vor.
66Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 1998 - 2 C 17.98 -; OVG NRW, Urteil vom 1. Juli 1997 - 6 A 6182/96 -; Plog/Wiedow/Beck/Lem-höfer, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz mit Beamtenversorgungsgesetz, Stand: Februar 1999, § 37 BeamtVG, Rdnrn. 5 f.
67Damit bleibt auch das auf die Anerkennung eines "qualifizier-ten Dienstunfalles" gerichtete Feststellungsbegehren erfolglos.
68Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
69Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
70Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür (§§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG) nicht vorliegen.
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