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Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 8.000,-- DM festgesetzt.
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten streiten um die Frage, ob eine Achillessehnenruptur links, die der Kläger am April 19 bei einem als dienstliche Veranstaltung anerkannten Fußballturnier erlitten hat, als Dienstunfall im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) anzuerkennen ist. Nach den Angaben des Polizeiobermeisters X. in der Unfallmeldung vom April 19 und der dienstlichen Äußerung vom Juli 19 , die durch Polizeihauptkommissar C. in der dienstlichen Äußerung vom Juli 19 bestätigt werden, vollzog der Kläger, als er den Ball führte, eine Drehbewegung. Er kam ohne Einwirkung eines Dritten zu Fall.
4Das Verwaltungsgerichts hat die Klage mit dem Antrag,
5den Bescheid des Oberkreisdirektors Q. vom August 19 in der Form des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Y. vom Januar 19 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Unfall vom April 19 (Achillessehnenriß) als Dienstunfall anzuerkennen,
6nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des Instituts für Pathologie Dres. T. und W. und Erläuterung dieser gutachterlichen Stellungnahme durch Dr. W. in der mündlichen Verhandlung durch das angefochtene Urteil abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe nicht den ihm obliegenden Nachweis dafür führen können, daß der dem Schadenseintritt unmittelbar vorhergehende Bewegungsablauf zumindest als wesentliche Teilursache angesehen werden könne. Es handele sich um eine Bewegung, die nicht in der Lage sei, eine völlig gesunde Achillessehne zum Reißen zu bringen. Das bei der Operation am April 19 aus der Achillessehne entnommene Gewebestück lasse keine zuverlässige Aussage darüber zu, in welchem Zustand sich die Achillessehne vor der Ruptur befunden habe.
7Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger geltend, der sachverständige Zeuge Dr. W. habe eine Vorschädigung für möglich gehalten, weil er davon ausgehe, eine gesunde Achillessehne könne ohne Fremdeinwirkung nicht reißen. Er regt die Einholung eines orthopädischen Sachverständigensgutachtens an, durch das der Nachweis geführt werde, daß seine Achillessehne ohne signifikante altersabweichende Vorschädigung gewesen sei. Der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof sei - sachverständig beraten - davon ausgegangen, daß gerade bei einer erheblichen Belastung durch Hallenfußballspiel eine altersentsprechende Sehne durchaus reißen könne. Das Verwaltungsgericht habe zu hohe Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit gestellt und verkannt, daß der vorliegende Fall nicht der Fallgestaltung gleiche, für die der Senat durch Urteil vom 6. April 1995 - 6 A 1203/94 - die Anerkennung einer Achillessehnenruptur als Dienstunfall abgelehnt habe, weil in jenem Verfahren nachweislich eine Vorschädigung bestanden habe. Seine Achillessehne habe demgegenüber einen altersgemäßen Zustand aufgewiesen, was durch die hinreichend aussagekräftige Gewebeprobe nachweisbar sei.
8Der Kläger beantragt,
9das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
10Der Beklagte beantragt,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
13Die Beteiligten sind durch Verfügung des Berichterstatters vom 24. Oktober 1997 auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 130 a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hingewiesen worden.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
15II.
16Der Senat weist die Berufung gemäß § 130 a VwGO nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluß zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG nicht erfüllt sind.
17Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.
18Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat angeschlossen hat, sind als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit- )Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolges hatte. Alle übrigen Bedingungen scheiden als Ursache im Rechtssinne aus. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann hiernach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (und) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene krankhafte Veranlagung bzw. das anlagebedingte Leiden in dem bei Eintritt des Ereignisses bestehenden Stadium gehören - eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, daß diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demgemäß sogenannte Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, d.h. wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar war, daß es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis denselben Erfolg herbeigeführt hätte.
19Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30. Juni 1988 - 2 C 77.86 -, Zeitschrift für Beamtenrecht 1989, 57; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW), Urteil vom 6. April 1995 - 6 A 1203/94 -, Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Entscheidungssammlung, ES/C II 3.1 Nr. 56.
20Im vorliegenden Fall ist nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen, daß die Achillessehnenruptur im Sinne des Dienstunfallrechts ursächlich auf die Einwirkung von Kräften zurückzuführen ist, denen der Kläger ausgesetzt war, als er am April 19 bei einem Hallenfußballturnier den Ball führte und eine Drehbewegung vollzog. In diesem Zusammenhang kommt es entscheidend auf die Feststellungen des Arztes für Pathologie Dr. W. an, dem ein bis 0,8 cm langes Gewebestück von der Achillessehne des Klägers zur Verfügung stand. In seiner die Begutachtung vom April 19 ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom Oktober 19 erläutert Dr. W. das ihm zur Verfügung gestellte Gewebestück dahin, es habe sich um teilweise aufgefasertes Achillessehnengewebe mit umliegender Einblutung, Fibrinablagerungen sowie einer akuten entzündlichen Begleitreaktion mit Austritt von Granulozyten gehandelt; diese Veränderungen fänden sich typischerweise in der Randzone einer frischen Sehnenzerreißung. Für die Würdigung der Situation ist maßgebend, daß Dr. W. - auch für den Senat nachvollziehbar - erklärt hat, eine Festlegung, ob die 8 mm lange Gewebeprobe für die Gesamtsituation des Sehnengewebes bezüglich einer signifikanten Vorschädigung repräsentativ sei, könne nicht getroffen werden und wäre seines Erachtens spekulativ. Dr. W. hat dies mit einer schematischen Darstellung einer intakten Sehne und einer schematischen Darstellung einer zerrissenen Sehne erläutert, bei der deutlich wird, daß die ihm übersandte Probe nur einen Teil der Zerreißungsstelle betrifft. Er hat seine Auffassung über eine nicht hinreichende Aussagekraft der beurteilten Gewebeprobe in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ergänzend damit begründet, es hätte zur Beurteilung einer degenerativen Veränderung einer Probe bedurft, die den Rißrand und auch umliegendes gesundes Gewebe enthalten hätte. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang der Hinweis des sachverständigen Zeugen, fehlende signifikante Anzeichen einer Degeneration in dem beurteilten Gewebestück schlössen eine primäre Degeneration auch in diesem Bereich nicht aus, weil eine Zerreißung vorhandene degenerative Veränderungen überlagern könne.
21Das Vorbringen des Klägers ist nicht geeignet, die sachverständige Würdigung durch Dr. W. zu erschüttern, weshalb der Senat keine Veranlassung sieht, der Anregung des Klägers zu folgen und ein fachorthopädisches Gutachten einzuholen.
22Der Umstand, daß Dr. W. erklärt hat, eine gesunde Achillessehne könne ohne Einwirkung von außen nicht reißen, stellt die gutachterliche Würdigung nicht in Frage. Im vorliegenden Zusammenhang geht es um einen Beamten, der am Unfalltag das 30. Lebensjahr vollendet hatte und bei dem im Hinblick auf das Alter und eine anhaltende sportliche Betätigung nicht ausgeschlossen werden kann, daß am Unfalltag morphologisch faßbare Veränderungen - Granulationsgewebe, Narbengewebe, Verkalkungen und Verknöcherungen - bestanden, die nach den Angaben des Dr. W. nach Auffassung vieler Experten durch wiederholte Mikrorupturen (kleinste inkomplette Zerreißungen der Sehne) entstehen und die Faserstabilität der Sehne so beeinträchtigen, daß z.B. Bagatellverletzungen letztlich zur vollständigen Zerreißung führen. Weil die bei der Operation entnommene Gewebeprobe nach der nachvollziehbaren Würdigung des sachverständigen Zeugen Dr. W. nicht hinreichend aussagekräftig ist und nach den Umständen des vorliegenden Falles die Sehne im Bereich der Rißstelle möglicherweise über das altersentsprechende Maß hinaus nachteilig verändert war, ist der Nachweis der Kausalität nicht geführt. Die mangelnde Aufklärbarkeit des Sachverhalts geht nach der ständigen Rechtsprechung zur Beweislast im Dienstunfallrecht zum Nachteil des Klägers.
23OVG NW, Urteil vom 23. November 1994 - 6 A 2621/93 -, Schütz, a.a.O., ES/C II 3.1 Nr. 54. Zu den Anforderungen an die Kausalität übereinstimmend Baden- Württembergischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 18. Oktober 1994 - 4 S 2339/93 -.
24Der Senat sieht keine Möglichkeiten zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts. Daß der Chirurg Dr. C. , der beim Kläger die Achillessehnenoperation durchgeführt hat, hinreichend sichere Angaben zum Zustand des Gewebes machen kann, erscheint dem Senat ausgeschlossen, weil im Vordergrund seiner Bemühungen die Naht stand. Der Operationsbericht vom April 19 über den am April 19 durchgeführten Eingriff enthält keine Angaben zur Histologie. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß der vom Kläger vorgeschlagene Orthopäde Dr. T. über Erkenntnismöglichkeiten verfügt, die denen des Dr. W. überlegen wären. Der Hinweis des Klägers, der vorgeschlagene Sachverständige sei orthopädischer Spezialist für Knie- und Knöchelverletzungen und genieße einen überregional angesehenen Ruf, ändert nichts daran, daß auch dieser Arzt auf Tatsachengrundlagen angewiesen ist, die nachträglich nicht mehr gewonnen werden können. Dies gilt vor allem für eine Gewebeprobe, die weitere Teile der Achillessehne umfaßt.
25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozeßordnung.
26Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes hierfür nicht gegeben sind.
27Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes.
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