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Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer des 9.954 qm großen und teilweise mit einer landwirtschaftlichen Hofstelle - Wohnhaus und Nebengebäuden - bebauten Grundstücks Gemarkung M , Flur 1, Flurstück 1799, das mit einer Frontlänge von 92 m an die südlich etwa in Ost-West-Richtung verlaufende D Straße grenzt. Nach dem Bau der Autobahn A 33 und der neuen Bundesstraße 1 wurde die D Straße zur Kreisstraße (K 38) abgestuft. Die ca. 1,1 km lange Ortsdurchfahrt des Stadtteils M der Stadt P verfügte früher über eine befestigte Breite zwischen den Hochborden von ca. 14 m, bestehend aus zwei Fahrstreifen mit einer Breite von jeweils 4,5 m und angrenzenden Mehrzweckstreifen von jeweils 2,50 m. Zusammen mit den beiderseitig angelegten Gehwegen ergaben sich Parzellenbreiten zwischen 15 m und 25 m. Zum Zweck der weiteren Verdrängung des Durchgangsverkehrs und zur Geschwindigkeitsdrosselung wurde die Ortsdurchfahrt in dem Zeitraum von 1988 bis 1991 in zwei Bauabschnitten zurückgebaut. Die auf jeweils 3 m verengten Fahrstreifen wurden an einigen Stellen durch Verkehrsinseln bzw. Fahrbahnteiler unterbrochen. Daneben wurden beidseitig Trennstreifen angelegt, die teilweise als Parkstreifen, Bushaltebuchten bzw. Grünstreifen in unterschiedlicher Breite gestaltet sind. Hieran grenzen beidseitig jeweils 1,5 m breite Rad- und ebenso breite Gehwege, die zum Teil durch weitere Grünstreifen getrennt sind. Die letzte werkvertragliche Abnahme der Baumaßnahme erfolgte am 31. Oktober 1991.
3Der Beklagte wertete die erstmalige Herstellung von Radwegen einschließlich des Abgrenzungsgrüns als beitragsfähige Maßnahme. Entsprechend der Verteilungsregelung in § 4 der Straßenbaubeitragssatzung vom 6. November 1990 unterschied er bei den durch die Anlage erschlossenen Grundstücken zwischen einerseits im Außenbereich gelegenen und mit insgesamt 450 m an die D Straße grenzenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücken und andererseits bebauten bzw. baulich/gewerblich nutzbaren Grundstücken in beplanten Bereichen und im nicht beplanten Innenbereich. Die nach Maßgabe der Satzung vorgenommene "Vorverteilung" des beitragsfähigen Aufwandes im Verhältnis von 1:3 ergab für die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke einen Beitragssatz von 12,89 DM je laufenden Meter Angrenzungsbreite.
4Durch Bescheid vom 30. August 1993 zog der Beklagte den Kläger unter Zugrundelegung einer Angrenzungsbreite des Grundstücks von 92 m zu einem Straßenbaubeitrag von 1.185,88 DM heran. Den Widerspruch des Klägers wies er durch Widerspruchsbescheid vom 28. März 1994 zurück.
5Zur Begründung seiner dagegen rechtzeitig erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Seinem im Außenbereich gelegenen und landwirtschaftlich genutzten Grundstück würden durch die Anlegung separater Radwege keine wirtschaftlichen Vorteile vermittelt. Zwar sei unbestritten, daß der Ausbau von Straßen auch für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke vorteilhaft sei. Dieser Vorteil stütze sich jedoch darauf, daß Landwirte bei der typischen Bodennutzung den Straßenausbau auch für ihre Fahrzeuge mit in Anspruch nehmen könnten. Demgegenüber seien sonstige Teileinrichtungen der Straße wie etwa Gehwege, Radwege oder Parkstreifen für die landwirtschaftliche Grundstücksnutzung ohne jeden Vorteil. Solche Teileinrichtungen seien typischerweise nur für eine Wohn- oder Gewerbenutzung von Bedeutung. Im übrigen verstoße jedenfalls die Verteilung nach dem Frontmetermaßstab gegen den Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit. Der Frontmetermaßstab sei nur dann ein geeigneter Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wenn ein Abrechnungsgebiet eine nach Maß und Art im wesentlichen einheitliche Grundstücksnutzung aufweise. Das sei vorliegend nicht der Fall, da die Angrenzungsbreiten nicht gleichförmig seien und variierten. Der Vorteil für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke richte sich in erster Linie nach deren Größe und damit der Bewirtschaftungsmöglichkeit, nicht aber nach der zufälligen Angrenzungsbreite an die Straße.
6Der Kläger hat beantragt,
7den Beitragsbescheid des Beklagten vom 30. August 1993 in der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 28. März 1994 aufzuheben.
8Der Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen,
10und zur Begründung vorgebracht: Die erstmalige Herstellung beidseitiger Radwege habe eine Verbesserung der Straße zur Folge, weil der Straßenverkehr sicherer, leichter und gefahrloser geworden sei. Hierdurch würden auch den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken wirtschaftliche Vorteile vermittelt, da sie leichter und gefahrloser erreicht werden könnten, wodurch zugleich der Gebrauchswert erhöht werde. Insbesondere sei auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Radweges zur Bewirtschaftung anliegender landwirtschaftlicher Flächen nicht schlechthin ausgeschlossen. Deshalb bestehe grundsätzlich eine Beitragspflicht, die nach den Vorteilen unterschiedlich zu bemessen sei. Dem diene die sogenannte Vorverteilung, die unter den Gesichtspunkten der Praktikabilität und Durchschaubarkeit des Abrechnungsverfahrens eine hinreichende Vorteilsdifferenzierung zwischen einerseits landwirtschaftlichen Grundstücken und andererseits Grundstücken mit qualifizierter Nutzung ermögliche. Mit der Bewertung eines Verhältnisses von 1:3 sei eine gerechte Abwägung der unterschiedlichen Inanspruchnahmemöglichkeiten und Verbesserungsvorteile erfolgt. Schließlich stelle sich der Breitenmaßstab als geeigneter Maßstab für die Aufwandsverteilung innerhalb der Gruppe der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke dar. Denn bei den Landwirtschaftsgrundstücken sei eine beitragsrechtlich unterschiedlich zu bewertende Nutzbarkeit nicht feststellbar.
11Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
12Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte Berufung des Klägers, mit der er unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend macht: Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Bewertung seines Grundstücks als zum Innenbereich gehörend sei unzutreffend. Sie widerspreche sowohl der Auffassung des Beklagten als zuständiger Baugenehmigungsbehörde wie auch den Bestimmungen des Flächennutzungsplans. Ebenfalls könne eine Augenscheinseinnahme der tatsächlichen Verhältnisse zu keinem anderen Ergebnis führen. Die am Nord-Ost-Rand des Ortsteils M gelegenen Höfe seien nach Lage und Stellung der Baukörper so gestaltet, wie dies für den Außenbereich typisch sei. Die Hofstellen bildeten auch keinen städtischen Zusammenhang mit dem Innenbereich des Ortsteils M , da sie von diesem durch große Freiflächen abgetrennt seien. Angesichts der Außenbereichslage des Grundstücks stellten sich weiterhin die bereits erstinstanzlich aufgeworfenen beitragsrechtlichen Kernprobleme. Radwege seien zur Nutzung eines Außenbereichsgrundstücks weder erforderlich noch zweckmäßig. Das gelte vorliegend auch deshalb, weil die Ein- und Ausfahrt durch den direkt an die Grundstückseinfriedigung grenzenden Radweg erschwert werde und unübersichtlich geworden sei. Die Vorverteilung des Aufwandes zwischen Wohn- und Außenbereichsgrundstücken nach Frontlängen werde nicht beanstandet. Etwas anderes gelte jedoch für die in gleicher Weise erfolgte Aufwandsverteilung innerhalb der Gruppe bzw. des "Blocks" der Landwirtschaftsgrundstücke. Für diese Grundstücke sei der Frontmetermaßstab weder aus Gründen der Typisierung noch unter Vorteilsgesichtspunkten hinzunehmen, da die unterschiedlichen Grundstücksgrößen unberücksichtigt blieben.
13Der Kläger beantragt,
14unter Änderung des angefochtenen Urteils nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
15Der Beklagte beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen
17Er macht geltend: Nach den Darstellungen im Flächennutzungsplan liege das Grundstück im Außenbereich; hiervon werde auch nach dem Ergebnis der vom Berichterstatter durchgeführten Ortsbesichtigung weiterhin ausgegangen. Die satzungsgemäße Vorverteilung des beitragsfähigen Aufwandes nach den Angrenzungsbreiten werde allgemein als vorteilsgerecht anerkannt. Die in gleicher Weise erfolgende Verteilung innerhalb des Blocks der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke stelle sich ebenfalls als (noch) vorteilsgerecht dar. Insbesondere bestehe bei einheitlich landwirtschaftlich genutzten Grundstücken auch vor dem Hintergrund der Praktikabilität und Durchschaubarkeit des Abrechnungsverfahrens keine Verpflichtung zur Differenzierung nach Art und Maß der Grundstücksnutzung. Die durch die Herstellung der Radwege auch dem Grundstück des Klägers vermittelten Vorteile würden weder durch die Verschmälerung der Fahrbahn noch die Erschwernisse bei der Ein-/Ausfahrt kompensiert, zumal das Grundstück nicht an den Radweg, sondern den Gehweg grenze.
18Der Berichterstatter hat am 9. September 1997 die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Niederschrift (Blatt 97 bis 99 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Heranziehungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt deshalb keine Rechte des Klägers (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22Der Bescheid rechtfertigt sich aus § 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NW) i.V.m. der Satzung der Stadt P über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG NW vom 6. November 1990 (BS), unter deren zeitlicher Geltung die abgerechnete Maßnahme abgeschlossen worden ist. Nach § 1 BS erhebt die Stadt zum Ersatz des Aufwandes u.a. für die Herstellung und Verbesserung der Anlagen (nach dem Begriff des KAG NW) im Bereich der öffentlichen Straßen als Gegenleistung für die dadurch den Eigentümern der erschlossenen Grundstücke gebotenen wirtschaftlichen Vorteile Beiträge. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
23Die D Straße ist innerhalb der Ortsdurchfahrt M beitragsfähig ausgebaut worden. Die im Zusammenhang mit dem "Rückbau" erstmalig erfolgte Anlegung beidseitiger Radwege stellt eine Verbesserung der Straße als Ganzes dar. Durch die Schaffung der zusätzlichen Teilanlage Radweg wird die funktionale Aufteilung der Gesamtfläche vorteilhaft verändert. Die Anlegung von Radwegen fördert unter Aufrechterhaltung der bisherigen Verkehrskonzeption den Verkehrsablauf auf der Straße durch Trennung der verschiedenen Verkehrsarten. Die Fahrbahn wird dadurch entlastet, daß sie nunmehr nur noch den Kraftfahrzeugverkehr und nicht auch noch den Radverkehr aufnehmen muß. Dies hat zur Folge, daß der Kraftfahrzeugverkehr nicht durch langsamer fahrende Radfahrer behindert wird. Vor allem aber wird die Sicherheit für Radfahrer erheblich erhöht.
24Vgl. OVG NW, Urteile vom 29. November 1988 - 2 A 1678/86 - Gemhlt 1989, 232 (233), vom 29. November 1989 - 2 A 1419/87 - NWVBl 1990, 311 und vom 25. Mai 1992 - 2 A 1646/90 - S. 10 des amtlichen Umdrucks.
25Durch die erstmalige Herstellung von Radwegen werden den Anliegern grundsätzlich auch die für die Entstehung der Beitragspflicht erforderlichen wirtschaftlichen Vorteile im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG NW geboten. Diese sind gegeben, wenn der Ausbau zu Gebrauchsvorteilen an der Anlage führt, durch die die erschlossenen Grundstücke leichter und sicherer erreicht werden können. Hierdurch wird der Gebrauchswert der Grundstücke erhöht und den Grundstückseigentümern ein maßnahmebedingter und grundstücksbezogener wirtschaftlicher Vorteil geboten. Derartige Vorteile ergeben sich aus der zusätzlichen Anlegung von Radwegen deshalb, weil der Radverkehr einschließlich des Anliegerradverkehrs in diesem Bereich wesentlich sicherer wird. Außerdem werden die Kraftfahrzeuge auf der Fahrbahn nicht mehr durch Radfahrer behindert.
26Vgl. OVG NW, Urteile vom 29. November 1988 - 2 A 1678/86 - a.a.O., vom 29. November 1989 - 2 A 1419/87 - a.a.O. (313) und vom 25. Mai 1992 - 2 A 1646/90 - S. 13 des amtlichen Umdrucks.
27Der durch die erstmalige Anlegung von Radwegen typischerweise vermittelte wirtschaftliche Vorteil entfällt hier auch nicht deshalb, weil zugleich die Fahrbahn verengt worden ist. Grundsätzlich können Vorteile, die durch eine Ausbaumaßnahme bewirkt werden, infolge mit ihr einhergehender Verschlechterungen nur dann aufgehoben (kompensiert) werden, wenn beide dieselbe Teileinrichtung betreffen.
28Vgl. OVG NW, Urteil vom 8. Dezember 1995 - 15 A 2402/93 - NWVBl 1996, 144 (145).
29Das ist vorliegend nicht der Fall, denn der durch die Verengung der Fahrbahn eingetretene Nachteil betrifft allein diese - nicht beitragspflichtige - Teileinrichtung und nicht zugleich auch die allein streitgegenständliche Teileinrichtung Radweg. Ein Grund für eine nur ausnahmsweise darüber hinausgehende teileinrichtungsübergreifende Kompensation besteht ebenfalls nicht.
30Durch die erstmalige Herstellung der beiden Radwege werden auch dem Grundstück des Klägers wirtschaftliche Vorteile vermittelt. Dies folgt allerdings entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung nicht daraus, daß das Grundstück (noch) innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils M liegt und bereits deshalb der Beitragspflicht unterliegt. Die Beitragspflicht ergibt sich vorliegend vielmehr allein daraus, daß das dem Außenbereich zuzurechnende Grundstück u.a. mit einem bestandsgeschützten Wohnhaus bebaut ist.
31Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist das Grundstück des Klägers dem Außenbereich im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB zuzurechnen. Davon gehen bereits die Beteiligten übereinstimmend aus und diese Beurteilung findet ihre Bestätigung in dem vom Berichterstatter bei der Inaugenscheinnahme gewonnenen und den Mitgliedern des Senats vermittelten Eindruck von der Örtlichkeit sowie den vorliegenden Lichtbildern und dem Kartenmaterial.
32Das zu beurteilende Grundstück liegt außerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Ein Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB reicht soweit, wie die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zu beurteilende Fläche selbst diesem Zusammenhang angehört. Hierüber ist aufgrund einer umfassenden Wertung und Bewertung des im Einzelfall gegebenen konkreten Sachverhalts zu entscheiden. Grundlage und Ausgangspunkt einer solchen wertenden und bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten. Dabei kommt es für die Ausdehnung eines Bebauungszusammenhangs auf die Grundstücksgrenzen nicht entscheidend an. Erforderlich ist vielmehr, daß die zu beurteilende Fläche einen Bestandteil des Bebauungszusammenhangs bildet. Andererseits endet ein Bebauungszusammenhang nicht zwangsläufig mit dem letzten vorhandenen Gebäude. Der Bebauungszusammenhang kann durch besondere topographische oder geographische Umstände wie Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte beeinflußt werden. Die Berücksichtigung solcher äußerlich erkennbarer Umstände kann dazu führen, daß der Bebauungszusammenhang im Einzelfall abweichend von der Regel nicht am letzten Baukörper endet, sondern noch ein oder mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze mit einschließt. Wie weit der Bebauungszusammenhang über das letzte Gebäude hinaus reicht, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab.
33Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 1972 - IV C 6.71 - BRS 25 Nr. 36, vom 12. Dezember 1990 - 4 C 40.87 - BRS 50 Nr. 72 und Beschluß vom 1. April 1997 - 4 B 11.97 - NVwZ 1997, 899.
34Gemessen an diesen Kriterien endet der Bebauungszusammenhang nördlich der D Straße nicht (erst) mit der landwirtschaftlichen Hofstelle des Klägers, sondern bereits ca. 240 m westlich mit dem auf dem Grundstück Gemarkung M Flur 1, Flurstück 1265 (D Straße 367) errichteten Wohnhaus nebst Garage. Zwischen der dortigen Bebauung und den Gebäuden auf dem Grundstück des Klägers befindet sich allein die dem Grundstück des Klägers benachbarte, nur durch die Stichstraße "I L " getrennte und mit einem Wohngebäude und Nebengebäuden bebaute Hofstelle R . Mit ihrem jeweiligen Gebäudebestand und den zugehörigen Freiflächen werden beide Hofgrundstücke privilegiert außenbereichstypisch genutzt. Nördlich der D Straße wird der Bebauungszusammenhang im Beurteilungsbereich jedenfalls durch die Freifläche zwischen dem Flurstück 1265 und dem nächstgelegenen Gebäude auf dem Hof R unterbrochen. Die etwa 150 m breite und sich weit nach Norden erstreckende Fläche ist unbebaut und wird ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Sie tritt in der Örtlichkeit prägnant in Erscheinung und bildet eine den Bebauungszusammenhang deutlich trennende Zäsur. Das gilt gleichermaßen für die D Straße, die mit ihrer Gesamtbreite von mehr als 15 m schneisenartig den südlich vorhandenen Baubestand von den im Beurteilungsbereich liegenden nördlich angrenzenden Freiflächen und Hofstellen trennt.
35Dem hiernach im Außenbereich gelegenen Grundstück des Klägers werden durch den Straßenausbau wirtschaftliche Vorteile vermittelt, weil auf der straßennahen und mit mehreren landwirtschaftlichen Nebengebäuden bebauten Teilfläche - wirtschaftliche Einheit - auch ein (größeres) Wohnhaus errichtet ist, das als bereits realisiertes privilegiertes Vorhaben im Außenbereich Bestandsschutz genießt. Solchermaßen genutzten Grundstücken im Außenbereich kommen im wesentlichen dieselben gesicherten wirtschaftlichen Vorteile durch den Straßenausbau zugute wie Grundstücken im Innenbereich. Vgl. OVG NW, Beschluß vom 12. Mai 1995 - 15 B 551/95 - S. 6 f. des amtlichen Umdrucks.
36Im Gegensatz zu ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Grundstücken ohne Wohnbebauung ist bei landwirtschaftlichen Hofstellen eine im Außenbereich nur wegen Vorliegens eines Privilegierungstatbestandes nach § 35 Abs. 1 BauGB zulässige, grundsätzlich aber atypische Wohnnutzung realisiert, die nach straßenbaubeitragsrechtlichen Maßstäben der von Wohnbaugrundstücken im beplanten oder unbeplanten Innenbereich vergleichbar ist. Ist diese vorhandene Wohnbaunutzung auf einem Außenbereichsgrundstück zugleich in ihrem Bestand gesichert, besteht für die Grundstückseigentümer eine im Hinblick auf die Möglichkeit der Nutzung einer straßenbaulich verbesserten Anlage vergleichbare Situation zu solchen Eigentümern von bebauten oder unbebauten Wohnbaugrundstücken im Innenbereich; ebenso wie diese können die Eigentümer von landwirtschaftlichen Hofstellen mit bestandsgeschützter Wohnnutzung die verbesserte Anlage gleichermaßen d a u e r h a f t in Anspruch nehmen. Damit unterscheiden sich zugleich die ihnen aus einer straßenbaulich verbesserten Anlage vermittelten und gesicherten wirtschaftlichen Vorteile deutlich von den Vorteilen, die Eigentümern rein landwirtschaftlich genutzter Grundstücke, deren zukünftige Bebauung mit einem Wohnhaus ungesichert und ungewiß ist, zugute kommen.
37Diese Bewertung der Vorteilssituation gilt unabhängig von der Art und Weise, in der die straßenbauliche Verbesserung bewirkt wurde. Vorliegend hat die erstmalige Anlegung von Radwegen für das u.a. bestandsgeschützt wohnbaulich genutzte Grundstück des Klägers zur Folge, daß dessen Erreichbarkeit mit Fahrrädern nach der Ausbaumaßnahme sicherer und leichter geworden ist. Diesem Sicherheitsaspekt kommt auch wegen der Lage des Grundstücks am Ortsrand von M und der daraus zu schließenden verstärkten Inanspruchnahme(-möglichkeit) der Radwege Bedeutung zu.
38Hiernach ist die Beitragspflicht trotz Zuordnung des streitbefangenen Grundstücks zum Außenbereich dem Grunde nach gerechtfertigt. Die Straßenbaubeitragssatzung unterwirft nicht nur straßenbauliche Verbesserungsmaßnahmen an Erschließungsanlagen - nach der Begriffsbestimmung des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB - im beplanten oder unbeplanten Innenbereich der Beitragspflicht, sondern auch solche Maßnahmen, die an Anlagen im Außenbereich durchgeführt werden bzw. an Anlagen, die - wie hier in Teilstrecken der D Straße - einseitig Innenbereichsgrundstücke erschließen und einseitig an den Außenbereich grenzen. Gemäß § 1 BS ist jede Verbesserung von Anlagen (nach dem Begriff des KAG NW) im Bereich der öffentlichen Straßen beitragspflichtig, so daß die Beitragspflicht ausdrücklich nicht auf "Erschließungsanlagen" begrenzt ist. Auch die Regelungen zur Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes in § 3 Abs. 2 BS unterscheiden bei den Straßenarten und deren anrechenbaren Breiten u.a. nach ihrer Lage "in sonstigen Baugebieten, innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BauGB) sowie im Außenbereich (§ 35 BauGB)". Ferner enthalten die Bestimmungen über den Beitragsmaßstab in § 4 BS einen umfassenden und differenzierten Verteilungsmaßstab für Grundstücke im beplanten bzw. unbeplanten Innenbereich und Außenbereich sowie für land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen (§ 4 Abs. 4 Nr. 5 lit. f) bis i) BS).
39Die Beitragsforderung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Auf der Grundlage der maßnahmebedingten Ausbaukosten von 672.609,76 DM für die Radwege einschließlich des Abgrenzungsgrüns und der rechtsfehlerfreien Einstufung der D Straße als Hauptverkehrsstraße ist der beitragsfähige Aufwand - im Umfang von 10 v.H. - zutreffend mit 67.260,98 DM ermittelt; dagegen werden im übrigen auch vom Kläger keine Bedenken geltend gemacht. Ebenso erweist sich die Aufwandsverteilung, soweit sie sich auf die im beplanten bzw. unbeplanten Innenbereich gelegenen Grundstücke bezieht, als rechtsfehlerfrei. Demgegenüber steht zwar die sogenannte "Vorverteilung" und nachfolgende Aufwandsverteilung auf landwirtschaftliche Hofstellen mit Wohnbebauung nicht im Einklang mit den Bestimmungen der Straßenbaubeitragssatzung. Dieser Mangel in der Berechnung wirkt sich jedoch nicht zugunsten des Klägers aus, da bei zutreffender Anwendung der Satzung ein deutlich höherer Straßenbaubeitrag auf sein Grundstück entfällt.
40Eine Vorverteilung des beitragsfähigen Aufwandes und dessen anschließende Verteilung innerhalb des "Blocks" der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzflächen auf der Basis von Grundstücksbreiten an der Anlage werden durch den in § 4 Abs. 4 Nr. 5 lit. f) und g) BS geregelten Beitragsmaßstab nur "für im Außenbereich gelegene land- oder forstwirtschaftliche Nutzflächen" bzw. "für land- oder forstwirtschaftliche Nutzflächen im Außenbereich" zugelassen. Schon nach ihrem Wortlaut erfassen beide Satzungsbestimmungen in erster Linie die genannten Nutzflächen im Sinne von unbebauten Freiflächen mit entsprechender Nutzungsart. Der in dieser Weise eingegrenzte Anwendungsbereich der vorgenannten Satzungsbestimmungen ergibt sich auch aus der Systematik des satzungsrechtlichen Beitragsmaßstabes sowie dessen Sinn und Zweck. Während § 4 Abs. 4 Nr. 5 lit. f) und g) BS Sonderregelungen ausschließlich für die dort näher umschriebenen "Nutzflächen" trifft, regeln die vorangehenden Absätze des § 4 BS bei qualifizierter Grundstücksnutzung, insbesondere zulässiger oder tatsächlicher Nutzung als Wohnbaugrundstück, die Aufwandsverteilung "nach dem Verhältnis der beitragspflichtigen Grundstücksflächen" unter Berücksichtigung von "Maß und Art" der baulichen oder sonstigen Nutzbarkeit (§ 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BS). Die beitragspflichtige Grundstücksfläche bestimmt sich u.a. "bei Grundstücken, die nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen", in der Regel unter Anwendung einer Tiefenbegrenzung von 35 m (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BS) bzw. bei darüber hinausgehender tatsächlicher beitragsrechtlich relevanter Nutzung nach einer "unmittelbar hinter der tatsächlichen Nutzung in voller Grundstücksbreite verlaufenden Linie" (§ 5 Abs. 2 BS). Das Maß der Grundstücksnutzung ermittelt sich u.a. "in unbeplanten Gebieten" bei bebauten Grundstücken nach den tatsächlich vorhandenen Geschossen (§ 4 Abs. 4 Nr. 4 lit. a) BS). Aus diesem Satzungsgefüge folgt, daß jedenfalls für tatsächlich als Wohnbaugrundstücke genutzte Grundstücke in "unbeplanten Gebieten" und somit auch entsprechend genutzte Hofstellen im (unbeplanten) Außenbereich der qualifizierte Beitragsmaßstab (Flächenmaßstab) unter Berücksichtigung von Maß und Art der Nutzung gilt. Desweiteren ergibt sich vor dem aufgezeigten Hintergrund und dem Erfordernis zur Abgrenzung der unterschiedlichen Beitragsmaßstäbe, daß der allein in der Regelung über die Vorverteilung (§ 4 Abs. 5 Nr. 5 lit. f) Satz 1 BS) verwendete Klammerzusatz "(einschließlich bebauter Teile)" einschränkend auszulegen ist und insbesondere nicht mit Wohnhäusern und landwirtschaftlichen Nebengebäuden bebaute Grundstücke bzw. Grundstücksteilfächen im Außenbereich - Hofstellen als selbständige wirtschaftliche Einheiten - erfaßt. Solche Hofstellen unterliegen auch im (unbeplanten) Außenbereich der Straßenbaubeitragspflicht ausschließlich nach dem in der Beitragssatzung anderweitig geregelten Grundstücksflächen -/Vollgeschoßmaßstab. Demgemäß kommt dem Klammerzusatz Rechtswirkung nur zu, soweit von ihm untergeordnete Bebauung auf im Außenbereich gelegenen land- oder forstwirtschaftlichen Nutzflächen - wie beispielsweise Feld-, Geräte- oder sonstige Lagerschuppen bzw. Scheunen - erfaßt wird und diese untergeordnete Bebauung der Vorverteilung des umlagefähigen Aufwandes im Verhältnis 1 für nur land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundstücke zu 3 für die übrigen Grundstücke auf der Basis der Grundstücksbreiten an der Anlage nicht entgegensteht.
41Danach ergibt sich bei zutreffender Anwendung des satzungsrechtlichen Beitragsmaßstabes für das streitbefangene Grundstück des Klägers ein deutlich höherer Beitrag als der vom Beklagten in dem angefochtenen Bescheid auf 1.185,88 DM festgesetzte Straßenbaubeitrag. Auf der Grundlage der erstinstanzlich eingeholten und hier gleichermaßen anzuwendenden Ersatzberechnung unterliegt eine 4.324 qm große Teilfläche des insgesamt 9.954 qm großen Buchgrundstücks der Beitragspflicht. Wird zugunsten des Klägers angenommen, daß auch der benachbarte Hof R aus den dargelegten Gründen nicht nach dem Frontlängenmaßstab, sondern dem Grundstücksflächen-/Vollgeschoßmaßstab beitragspflichtig ist, errechnen sich für dieses Grundstück weitere 7.980 Flächeneinheiten. Die insgesamt berücksichtigungsfähigen Flächeneinheiten erhöhen sich mithin auf (66.467 qm + 4.324 qm + 7.980 qm =) 78.771 qm. Zugleich verringert sich die Gesamtfrontlänge der (unbebauten) Außenbereichsgrundstücke von 450 m um (92 m + 142 m =) 234 m auf (450 m - 234 m =) 216 m. Wird desweiteren zugunsten des Klägers unterstellt, daß auch diese vier, im maßgeblichen Bereich unbebauten Grundstücke mit der Gesamtfrontlänge von 216 m nicht beitragsfrei bleiben und der Beitragspflicht nach dem für unbebaute Außenbereichsgrundstücke geltenden Frontlängenmaßstab unterliegen, so ergäbe sich zunächst folgende Vorverteilung:
42Unbebauter Außenbereich 216 m x 1 = 216 m Innenbereich und Außenbereich mit Wohngebäuden (1.590 m + 92 m + 142 m) = 1.824 m x 3 = 5.472 m ----------
43insgesamt 5.688 m.
44Hiernach errechnete sich der Straßenbaubeitrag für das Grundstück des Klägers wie folgt:
4567.260,98 DM 5.472 m ------------ x -------- = 0,82 DM/qm x 4.324 qm = 3.545,68 DM. 78.771 qm 5.688 m
46Ob im übrigen unbebauten Außenbereichsgrundstücken überhaupt wirtschaftliche Vorteile durch die erstmalige Herstellung von Radwegen vermittelt werden und insbesondere eine Vorverteilung nach den Frontlängen im Verhältnis von 1 (für die vorgenannten Grundstücke): 3 (für Grundstücke im Innenbereich und mit Wohngebäuden bebaute Grundstücke im Außenbereich) vorteilsgerecht ist, bedarf hier keiner Entscheidung durch den erkennenden Senat. Selbst wenn die zuerst genannte Gruppe der Außenbereichsgrundstücke nicht der Beitragspflicht unterliegt und sich deshalb der ergänzende Beitragsmaßstab in § 4 Abs. 4 Nr. 5 lit. f) und g) BS als unwirksam erwiese, wäre die in der Straßenbaubeitragssatzung im übrigen vorhandene Verteilungsregelung für die Abrechnung der Maßnahme ausreichend. Nichts anderes würde selbst dann gelten, wenn allein die Aufwandsverteilung nach dem Frontmetermaßstab wegen nicht ausreichender Differenzierung keinen rechtlichen Bestand haben könnte. Angesichts der geringen Anzahl zu berücksichtigender unbebauter Außenbereichsgrundstücke (4) im Vergleich zu der Vielzahl beitragspflichtiger Grundstücke (59) und der wegen Art und Maß der Nutzung vom Umfang her nur eingeschränkten Beitragspflichtigkeit würde die Straßenbaubeitragssatzung auch vor dem Hintergrund des der Gemeinde gerade im Abgabenrecht zukommenden Rechts, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität zu typisieren,
47vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 13. April 1994 - 8 NB 4.93 - KStZ 1994, 231 (232 f.); ferner OVG NW, Beschluß vom 12. Mai 1995 - 15 B 551/95 - S. 9 des amtlichen Umdrucks
48und nach dem Grundsatz regionaler Teilbarkeit der Satzung
49vgl. dazu OVG NW, Beschluß vom 4. November 1997 - 15 A 529/95 - S. 9 des amtlichen Umdrucks; ferner Driehaus, Kommunalabgabengesetz, Loseblattsammlung (Stand: März 1997), § 8 Rdnrn. 422 ff.
50in jedem Fall eine ausreichende Verteilungsregelung aufweisen.
51Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
52Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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