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Die Berufung wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand: Wegen des Sach- und Streitstandes bis zum Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung nimmt der Senat auf die Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, die er sich in vollem Umfang zu eigen macht (§ 130 b Satz 1 VwGO).
2Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit dem Antrag,
3den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Deutschen Bundesbahn vom 18. Mai 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 1993 zu verpflichten, die beim Kläger am linken Kniegelenk bestehenden Beschwerden infolge eines Meniskusschadens und einer medialen Gonarthrose als Dienstunfall im Sinne von § 31 Abs. 3 des Beamtenversorgungsgesetzes anzuerkennen,
4durch das angefochtene Urteil voll stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Anspruch darauf zu, daß seine Beschwerden am linken Kniegelenk, soweit sie auf einem Meniskusschaden und einer medialen Gonarthrose beruhten, als Dienstunfall im Sinne von § 31 Abs. 3 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - anerkannt würden. Der Meniskusschaden gelte im Falle des Klägers als Dienstunfall, weil er nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung gerade an dieser Krankheit besonders ausgesetzt gewesen sei. Die Voraussetzungen von Ziff. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung seien erfüllt. Es handele sich im Falle des Klägers um einen Meniskusschaden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten. Da bei dem Kläger am linken Kniegelenk Meniskusschäden bestünden, greife gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG eine gesetzliche Vermutung dahingehend ein, daß von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der dienstlichen Verrichtung und der Erkrankung auszugehen sei. Dem Dienstherrn werde die Beweislast aufgebürdet, daß der Beamte sich die Krankheit nicht im Dienst zugezogen habe. Letzteres sei hier nicht der Fall, insbesondere sei die Erkrankung nicht Folge einer anlagebedingten Konstitution. Insoweit sei den eingeholten Gutachten von Prof. Dr. M. und Dr. W. zu entnehmen, daß kein Hinweis für das Vorliegen einer primären Kniegelenksarthrose bestehe, in deren Folge sich erst sekundär ein Meniskusschaden eingestellt habe. Vielmehr gelangten die Gutachter sogar zu der Folgerung, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit die berufliche Tätigkeit im Rangierdienst als Ursache des Meniskusschadens anzusehen sei. Dementsprechend sei der Meniskusschaden als Berufskrankheit im Sinne der Ziff. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten- Verordnung anzuerkennen. Daß die Gonarthrose als Folge des als Berufserkrankung anzuerkennenden Meniskusschadens zu bewerten sei, ergebe sich aus den Feststellungen von Prof. Dr. M. , denen auch der Sachverständige Dr. W. nicht widersprochen habe. Damit sei die Gonarthrose ihrerseits als Dienstunfall anzuerkennen.
5Der Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Er tritt der Anerkennung des Meniskusschadens sowie der Gonarthrose am linken Kniegelenk als Dienstunfall (Berufserkrankung) nach § 31 Abs. 3 BeamtVG entgegen und bezieht sich zur Begründung dafür auf ein von ihm eingeholtes orthopädisch-traumatologisches Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage des Arztes für Orthopädie Dr. O. vom 29. Dezember 1995, das er im Berufungsverfahren vorlegt. In diesem Gutachten nimmt Dr. O. u.a. wie folgt Stellung: Eine Differenzierung zwischen primärem und sekundärem Meniskusschaden sei angesichts eines fehlenden histologischen Befundes bezüglich des anläßlich der Arthroskopie am 24. Juni 1992 entnommenen Gewebes nicht sicher zu treffen. Hinweise auf eine lediglich sekundäre Meniskusschädigung ergebe jedoch - ausweislich des Arthroskopieberichtes - der Befund im äußeren Kompartiment, in dem unauffällige Strukturen des Außenmeniskus, aber bereits ein mäßiger Knorpelschaden des "lateralen Tibiaplateaus" beschrieben würden. Bezogen auf dieses äußere Kompartiment am linken Kniegelenk sei somit die Aussage zu treffen, daß der Verschleiß der Knorpelflächen der Meniskusdegeneration vorangehe. Dieser Befund sei weder im Gutachten von Dr. W. noch in demjenigen von Prof. Dr. M. ausreichend berücksichtigt worden. Bei ungeklärter Fragestellung bezüglich eines primären oder sekundären Meniskusschadens werde in beiden Gutachten einer konkurrierenden Verursachungsmöglichkeit (im Sinne einer entzündlichen rheumatischen Genese auch durch Stoffwechselstörungen) nicht ausdrücklich nachgegangen. Daher sei nach den vorliegenden Befundberichten der Einschätzung des Beratungsarztes des Beklagten Dr. Ried durchaus zu folgen. Lege schon der arthroskopische Bericht den Verdacht einer primären Arthrose und sekundären Meniskusschädigung nahe, so lasse auch die Meniskusentfernung am rechten Kniegelenk im Jahre 1973 - bei fehlenden arbeitstechnischen Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt - eine berufsbedingte Entstehung nicht wahrscheinlich machen. Ohne den Nachweis konkurrierender Verursachungsmöglichkeiten könnten berufsbedingte Belastungen von nur knapp mehr als zwölf Monaten ohne besondere Begründung nicht als für die Entstehung einer berufsbedingten Meniskuserkrankung ursächlich angenommen werden. Nur in Ausnahmefällen seien bei außergewöhnlichen meniskusstrapazierenden beruflichen Belastungen degenerative Veränderungen und darauf beruhende Beschwerden schon früher als drei Jahre nach der Exposition zu erwarten. In der zusammenfassenden Beurteilung kommt Dr. O. zu dem Ergebnis, daß die beruflichen Tätigkeiten im Rangierbetrieb für die Zeit vom 1. Oktober 1972 bis zum 28. Oktober 1973 und in der Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 11. März 1990 als meniskusbelastend im Sinne der Ziff. 2102 einzustufen seien. Konkurrierende Verursachungsmöglichkeiten gingen aus den aktenkundigen Befundmitteilungen nicht hervor. Unter Berücksichtigung des Vorschadens am Innenmeniskus des rechten Kniegelenkes, der anamnestischen Angabe von Beschwerden bereits zu Beginn der meniskusbelastenden Tätigkeiten im Jahr 1985 und des arthroskopischen Befundberichtes sei auch am linken Kniegelenk ein primärer Meniskusschaden nicht wahrscheinlich zu machen. Die in den Gutachten von Prof. Dr. M. und Dr. W. beschriebenen Veränderungen an den Kniegelenken mit annähernd seitengleicher Einschränkung der Beuge- und Streckfähigkeit seien auf die schicksalhaften Verschleißerscheinungen mit Schwerpunkt im retropatellaren und medialen Kompartiment zurückzuführen. Eine berufsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit könne somit nicht festgestellt werden.
6Der Beklagte beantragt,
7unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
8Der Kläger beantragt,
9die Berufung zurückzuweisen.
10Er verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen entgegen. Er legt seinerseits ein fachchirurgisches Gutachten von Dr. A. -A. -A. vom 16. Dezember 1996 vor. Hierin kommt Dr. A. -A. -A. zu dem Ergebnis, daß der vorliegende frühzeitige Verschleiß des linken Kniegelenkes sowie die Veränderung der beiden Innenmenisken auf die berufliche Belastung des Klägers als Rangierer bei der Deutschen Bundesbahn zurückzuführen seien. Diese Tätigkeit habe zu einer frühzeitigen Arthrose der Kniegelenke geführt. Er nimmt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v.H. an.
11Der Senat hat unter Berücksichtigung der in dem Gutachten des Orthopäden Dr. O. geltend gemachten Einwendungen gegen die von Prof. Dr. M. und Dr. W. erstellten Gutachten jeweils ergänzende Stellungnahmen dieser beiden Gutachter eingeholt.
12Dr. W. bestätigt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. September 1997 seine bisherige Einschätzung, daß die schädigenden Einwirkungen der Tätigkeit als Rangierer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Schädigungsfolge stünden. Dabei seien die schädigenden Einwirkungen jedenfalls als wesentliche Teilursache anzusehen. Dem widerspreche nicht die von Dr. O. angeführte Beschreibung einer Knorpeldegeneration auch am lateralen Tibiaplateau.
13Prof. Dr. M. stellt in seiner Stellungnahme vom 18. Februar 1998 fest, daß die berufsbedingten Voraussetzungen zur Anerkennung eines Meniskusschadens von arbeitstechnischer Seite gegeben gewesen seien. Vor der arthroskopischen Abklärung der Beschwerden des linken Kniegelenkes habe eine kniebelastende Tätigkeit des Klägers als Rangierer für einen Zeitraum von sechs Jahren und vier Monaten bestanden. Nach seinen arbeitsrechtlichen und medizinischen Überlegungen sei eine Mindestbelastungszeit von drei Jahren ausreichend, um Meniskusschäden hervorzurufen. Diese Zeiten seien im vorliegenden Fall um mehr als das Doppelte überschritten. Zudem genüge es, wie Dr. W. ausgeführt habe, daß die kniegelenkgefährdende Tätigkeit den Meniskusschaden nur mittelbar über die Verschlimmerung einer berufskrankheitenunabhängigen Arthrose verursacht habe. Soweit Dr. O. auf die Schäden im rechten Kniegelenk abhebe, sei dies für die Einschätzung der Ursächlichkeit des Schadens am linken Meniskus nur bedingt hilfreich. Abschließend falle auf, daß ausweislich des Operationsbefundes der Schaden im vorderen und mittleren Teil des Kniegelenkes gefunden worden sei. Dies sei der Bereich des Meniskus, der auch bei gestrecktem Knie (das Abspringen als Rangierer in das Gleis finde vor allem bei gestrecktem Kniegelenk statt) vermehrt unter Belastung komme. Rein degenerative Veränderungen, wie sie im Alter des Klägers allerdings beginnend auch gefunden würden, beträfen demgegenüber häufiger hintere Abschnitte. Diese Überlegung stütze die Annahme, daß der Meniskusschaden als berufsbedingt anzusehen sei. Auch er halte daher am Ergebnis seines Gutachtens vom 13. Oktober 1992 fest.
14Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen des Beklagten; hierauf wird Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
17Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, den beim Kläger am linken Kniegelenk bestehenden Meniskusschaden sowie die mediale Gonarthrose als Dienstunfall im Sinne von § 31 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - anzuerkennen. Insoweit ist davon auszugehen und versteht sich von selbst, daß nicht die Beschwerden des Klägers, sondern der Meniskusschaden und die Gonarthrose selbst anerkannt werden.
18Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG gilt, falls ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit erkrankt, dies als Dienstunfall, es sei denn, daß sich der Beamte die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die in Betracht kommenden Krankheiten bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates (§ 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG). Aufgrund dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung die Verordnung zur Durchführung des § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes (Bestimmung von Krankheiten für die beamtenrechtliche Unfallfürsorge) vom 20. Juni 1977 (BGBl. I S. 1004) erlassen. Nach § 1 dieser Verordnung werden als Krankheiten im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 8. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3329) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort im einzelnen bezeichneten Maßgaben bestimmt.
19Der Beklagte (vormals: die Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Hamburg, Verwaltungsstelle Berlin) hat es zu Unrecht abgelehnt, den vom Kläger geltend gemachten Meniskusschaden als Berufskrankheit im Sinne der vorgenannten Bestimmungen anzusehen.
20In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist zunächst davon auszugehen, daß der Antrag auf Anerkennung eines Dienstunfalls (einer Berufskrankheit) fristgerecht gestellt worden ist. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG sind Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz entstehen können, innerhalb einer Ausschlußfrist von 2 Jahren nach dem Eintritt des Unfalls bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden. Diese Frist gilt auch für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach § 31 Abs. 3 BeamtVG,
21vgl. Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, Loseblatt, Stand: März 1998, § 31 BeamtVG, Rdnr. 162; OVG NW, Urteil vom 2. Dezember 1997 - 6 A 2874/96 -,
22wobei der Beginn der Meldefrist im Falle des § 31 Abs. 3 BeamtVG durch den Zeitpunkt bestimmt wird, in dem der Beamte an einer Krankheit im Sinne der Berufskrankheiten-Verordnung erkrankt.
23Schütz, a.a.O., § 45 BeamtVG Rdnr. 9.
24Im vorliegenden Fall kommt es somit darauf an, ob eine Erkrankung des Meniskus bereits mehr als zwei Jahre vor der Unfallmeldung (am 23. Mai 1990) festgestellt werden kann. Dies ist nicht der Fall. Anhaltspunkte dafür, daß die - der Unfallmeldung zugrundeliegende - Erkrankung des Meniskus bereits zu einem so frühen Zeitpunkt aufgetreten wäre, bestehen nicht. Zwar hat der Kläger ausweislich des Arztbriefes des Orthopäden Wilms vom 22. März 1990 über seit ca. 5 Jahren bestehende Schmerzen in beiden Kniegelenken geklagt. Auch wenn sich die Erkrankung des Klägers über einen längeren Zeitraum hin entwickelt haben bzw. vorangeschritten sein sollte, reicht dies jedoch nicht aus, um eine Erkrankung an dem geltend gemachten Meniskusschaden etwa bereits im Jahre 1985 hinreichend sicher festzustellen.
25In materiell-rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung des Meniskusschadens als Dienstunfall (Berufskrankheit) im Sinne von § 31 Abs. 3 BeamtVG i.V.m. Ziff. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten- Verordnung vom 8. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3329) erfüllt sind.
26Dabei ist zunächst klarzustellen, daß auf den vorliegenden Fall Ziff. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKVO - in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22. März 1988 (BGBl. I S. 400) Anwendung findet. Denn die Frage, ob eine Krankheit als Dienstunfall gilt, ist nach dem Recht zu beantworten, das in dem Zeitpunkt gegolten hat, in dem sich der Beamte die Krankheit zugezogen hat.
27OVG NW, Urteil vom 2. Dezember 1997 - 6 A 2874/96 - mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung.
28Danach ist im vorliegenden Fall die ab 1. April 1988 geltende Fassung der Anlage 1 zur BKVO anzuwenden. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß es sich, wie bereits dargelegt, bei dem Krankheitsbild des Klägers um einen länger dauernden, fortschreitenden Prozeß handelt. Bezieht man insoweit den gesamten Zeitraum der (erneuten) Tätigkeit als Rangierer (d.h. ab 1985) in die Betrachtung ein, wird deutlich, daß jedenfalls ein erheblicher Teil dieses Zeitraumes nach dem Inkrafttreten der Änderungsverordnung liegt. Berücksichtigt man zudem, daß - wie bereits ausgeführt - hier jdenfalls nicht festgestellt werden kann, daß beim Kläger eine (schon hinreichend ausgebildete) Meniskuserkrankung bereits früher als zwei Jahre vor der Unfallmeldung bestanden hat, ist es geboten, die zu dem oben genannten Zeitpunkt geltende Rechtslage zugrundezulegen.
29Ziff. 2102 der Anlage 1 zur BKVO in der sonach maßgeblichen Fassung hat folgenden Wortlaut:
30"Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten."
31Danach kommt es im vorliegenden Fall für die entsprechende Anerkennung des beim Kläger am linken Kniegelenk bestehenden Meniskusschadens darauf an, ob 1. der Kläger nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an einem in Ziff. 2102 der Anlage 1 zur BKVO genannten Meniskusschaden besonders ausgesetzt war und ob er 2. an einer solchen, d.h. von Ziff. 2102 erfaßten Erkrankung des Meniskus tatsächlich erkrankt ist.
3. 32Beide Fragen sind zu bejahen.
33Zu 1.: Der "Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt" ist der Beamte, dessen konkrete dienstliche Tätigkeit - im Ganzen gesehen ihrer Art nach - erfahrungsgemäß (generell) eine hohe Wahrscheinlichkeit gerade dieser Erkrankung in sich birgt. Bei der Prüfung, ob eine besondere Gefährdung im vorbeschriebenen Sinne vorgelegen hat, ist nicht auf die individuelle Veranlagung des einzelnen Beamten abzustellen, sondern darauf, ob die Tätigkeit selbst nach der - aus einer Vielzahl von Fällen gewonnenen - Erfahrung generell mit hoher Wahrscheinlichkeit unter den gegebenen Verhältnissen zu der in Frage stehenden Erkrankung führt. Die besondere Gefährdung muß für die dienstlichen Verrichtungen typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein.
34Vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 29. Mai 1989 - 1 R 2/89 -, ZBR 1990 S. 60 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung; Schütz, a.a.O., § 31 BeamtVG, Rdnr. 107.
35Daß der Kläger aufgrund der von ihm konkret verrichteten Tätigkeiten der Gefahr der Erkrankung an einem Meniskusschaden besonders ausgesetzt war, ist anzunehmen. So wird bereits in dem Anschreiben der Deutschen Bundesbahn, Verwaltungsstelle Berlin, an Prof. Dr. M. vom 17. August 1992 davon ausgegangen, daß "die tätigkeitsbedingten Voraussetzungen nach der Verordnung zur Durchführung des § 31 Abs. 3 Beamtenversorgungsgesetz ... als gegeben angesehen werden können." Darüber hinaus gehen auch die Gutachter Prof. Dr. M. und Dr. W. von einer überdurchschnittlich meniskusbelastenden Tätigkeit des Klägers aus. Diese Einschätzung wird überdies von dem vom Beklagten beauftragten Gutachter Dr. O. geteilt. Darüber hinaus ist etwa auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung
36vgl. etwa Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. April 1994 - L 2 BU 10/91 LSG NRW -
37anerkannt, daß während der Beschäftigung im Rangierdienst Tätigkeiten zu verrichten sind, die die Kniegelenke erheblich überdurchschnittlich belasten.
38Zu 2.: Im Mittelpunkt des Falles steht die - zwischen den Beteiligten vor allem streitige - Frage, ob der Kläger tatsächlich an einer Berufskrankheit im Sinne von Ziff. 2102 der Anlage 1 zur BKVO erkrankt ist. Eine derartige Erkrankung setzt zum einen eine mehrjährige die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeit und zum anderen voraus, daß die Krankheit "durch physikalische Einwirkungen" verursacht ist (vgl. die Überschrift zu Ziff. 2 der Anlage 1 zur BKVO). Daß die Tätigkeit des Klägers als Rangierer für die Kniegelenke überdurchschnittlich belastend ist, kann nach den obenstehenden Ausführungen angenommen werden. Soweit es um deren mehrjährige Wahrnehmung geht, ist auch diese Voraussetzung erfüllt. So hat Prof. Dr. M. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. Februar 1998 zu Recht darauf hingewiesen, daß die kniebelastende Tätigkeit als Rangierer insgesamt über einen Zeitraum von sechs Jahren und vier Monaten (genauer: drei Monaten) bestanden hat. Abgesehen davon, daß Ziff. 2102 nach dem Inkrafttreten der bereits erwähnten Änderungsverordnung nicht mehr einen bestimmten Zeitraum der kniebelastenden Tätigkeit (früher: drei Jahre) verlangt, sind die Anforderungen an das zeitliche Ausmaß der kniebelastenden Tätigkeit aber auch dann als erfüllt anzusehen, wenn man eine Orientierung am 3-Jahres-Zeitraum verlangte. Soweit in dem Gutachten von Dr. O. vom 29. Dezember 1995 - ebenso wie in den Stellungnahmen des beratenden Arztes des Beklagten Dr. Ried - bereits hinsichtlich des erforderlichen zeitlichen Ausmaßes der belastenden Tätigkeit Bedenken geäußert werden, weil der Kläger der Anamnese zufolge bereits seit 1985 (und damit unmittelbar nach Wiederaufnahme der Tätigkeit als Rangierer) über Beschwerden geklagt habe, betrifft dies strenggenommen primär nicht den Zeitfaktor, sondern die weitere Frage, ob die beim Kläger vorliegenden Meniskusschäden am linken Kniegelenk durch physikalische Einwirkungen (des Dienstes) verursacht worden sind.
39Wie sich bereits aus dem Wortlaut von Ziff. 2102, aber insbesondere auch der systematischen Stellung unter Nr. 2 "durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten" ergibt, genügt nicht jeder - namentlich nicht ein anlagebedingter - Meniskusschaden für eine Anerkennung als Berufskrankheit und reicht insbesondere nicht allein der zeitliche Zusammenhang für die Anerkennung einer Berufskrankheit aus. Vielmehr verlangt die Anerkennung einer Berufskrankheit im Sinne von Ziff. 2102, daß die äußeren (physikalischen bzw. mechanischen) Einwirkungen den Körperschaden verursacht haben oder doch als wesentlich mitwirkende Teilursache des eingetretenen Meniskusschadens angesehen werden können. Wesentliche Ursachen können derartige Einwirkungen auch dann sein, wenn sie ein anlagebedingtes Leiden auslösen, beschleunigen oder wesentlich verschlimmern, sofern sie nicht im Verhältnis zu jener anderen (anlagemäßigen) Ursache derart in den Hintergrund treten, daß diese allein als maßgebend und richtungsweisend anzusehen ist. Für diese anspruchsbegründenden Voraussetzungen trägt der Beamte die materielle Beweislast.
40Vgl. zur Beweislast: Fürst, GKÖD, Loseblatt, Stand: April 1998, 0 § 31 Rdnr. 121.
41Die danach maßgebliche Frage, ob im vorliegenden Fall ein degenerativer Meniskusschaden als Folge der (berufsbedingten) schädlichen Einwirkungen anzunehmen ist, wie der Kläger meint, oder nur ein sekundärer Meniskusschaden als Folge einer anlagebedingten Kniegelenksarthrose vorliegt, wie der Beklagte meint, ist im erstgenannten Sinne zu beantworten. Wie den insoweit übereinstimmenden gutachterlichen Feststellungen von Prof. Dr. M. in seinem Gutachten vom 13. Oktober 1992 und Dr. W. in seinem Gutachten vom 4. November 1994 zu entnehmen ist, bestehen beim Kläger starke degenerative Veränderungen des linksseitigen Innenmeniskus, die nach dem Grad der Degeneration deutlich über dem Ausmaß der altersentsprechenden normalen Degeneration der Durchschnittsbevölkerung liegen. Beide Gutachter haben darauf abgestellt, daß aufgrund des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit sowie ihres beschriebenen Inhalts mit Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, daß die Tätigkeit als Rangierer in einem ursächlichen Zusammenhang mit den Meniskusschäden stehe. Dr. W. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. September 1997 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Tätigkeit des Klägers jedenfalls als wesentliche Teilursache für die Meniskuserkrankung anzusehen sei. Prof. Dr. M. hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 18. Februar 1998 den Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Meniskusschaden (auch) dadurch begründet gesehen, daß beim Kläger vor allem der vordere und mittlere Teil des Meniskus geschädigt sei. Dies sei der Bereich des Meniskus, der bei gestrecktem Knie - beim Rangierer beim Abspringen in das Gleis vorkommend - vermehrt unter Belastung komme. Hingegen beträfen rein degenerative Veränderungen häufiger hintere Abschnitte. Die Ausführungen der genannten Gutachter sind in sich schlüssig, plausibel und nachvollziehbar. Ihnen ist mit der gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen, daß die - von Prof. Dr. M. in seinem Gutachten vom 13. Oktober 1992 ausdrücklich festgestellte - anlagemäßige Gewebeminderwertigkeit bei der Verursachung der Kniegelenksschäden nicht derartig in den Vordergrund getreten ist, daß der mehrjährigen Tätigkeit als Rangierer darüber hinaus keine maßgebende und richtungsweisende Bedeutung mehr zugekommen wäre. Vielmehr sind das anlagebedingte Leiden und die berufsbedingten Noxen in der Weise aufeinander getroffen, daß sie zusammenwirkend den Meniskusschaden verursacht haben. Ist den berufsbedingten Schädigungen aber jedenfalls die Bedeutung einer wesentlich mitwirkenden Teilursache beizumessen, so sind sie als wesentlich mitursächlich für die Entstehung des Meniskusschadens anzusehen.
42Demgegenüber vermögen die Einwände insbesondere in dem von dem Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. O. vom 29. Dezember 1995 nicht durchzugreifen. Bezogen auf diese Einwendungen haben der im Verwaltungsverfahren tätige Gutachter Prof. Dr. M. sowie der vom Verwaltungsgericht bestellte Sachverständige Dr. W. jeweils in den genannten ergänzenden Stellungnahmen ihre in den Gutachten vertretenen Auffassungen und Ergebnisse bekräftigt. Hierzu ist im einzelnen auf folgendes hinzuweisen:
43Soweit Dr. O. auf die nach seiner Einschätzung zu kurze Expositionszeit hinweist, wobei seine diesbezüglichen Bedenken sich allerdings vorwiegend auf den hier nicht im Streit stehenden Meniskusschaden am rechten Kniegelenk beziehen, hat Prof. Dr. M. in der ergänzenden Stellungnahme vom 18. Febru-ar 1998 nochmals hervorgehoben, daß gerade auch nach medizinischem Kenntnisstand eine Mindestbelastungszeit von drei Jahren ausreichend sei, um Meniskusschäden der vorliegenden Art hervorzurufen. Hiervon ausgehend hat er die Dauer der schädlichen Einwirkungen im vorliegenden Fall als in jedem Falle hinreichend angesehen. Die Haupteinwände in dem Gutachten des Dr. O. beziehen sich auch nicht auf den Zeitfaktor, vielmehr bemängelt der Gutachter die unzureichende Berücksichtigung von Hinweisen auf eine sekundäre Meniskusschädigung in den Gutachten von Prof. Dr. M. und Dr. W. . Insoweit rückt Dr. O. den ausweislich des Arthroskopieberichtes vom 24. Juni 1992 erhobenen Befund im äußeren Kompartiment des linken Kniegelenkes in den Vordergrund, bei dem eine mäßige Knorpeldegeneration am lateralen Tibiaplateau im Gegensatz zu unauffälligen Strukturen des Außenmeniskus beschrieben worden ist. Er zieht hieraus den Schluß, daß der Verschleiß der Knorpelflächen der Meniskusdegeneration vorangehe, diese somit ursächlich nicht auf schädliche äußere Einwirkungen, sondern einen anlagebedingten Knorpelschaden zurückzuführen sei. Diesen Einwänden sind die Gutachter Prof. Dr. M. und Dr. W. in ihren ergänzenden Stellungnahmen allerdings jeweils überzeugend entgegengetreten. Prof. Dr. M. hat bereits in seinem Ausgangsgutachten auf das Zusammentreffen der anlagemäßigen Gewebeminderwertigkeit bzw. einer individuellen Elementarläsion mit der langjährigen kniebelastenden Tätigkeit hingewiesen, die zu Meniskusschäden und Arthrose typischerweise in beiden Kniegelenken geführt habe. Dr. W. hat ebenfalls anlagebedingte Vorschädigungen nicht generell ausgeschlossen, sondern vielmehr unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände dieses Falles die berufsbedingten Einwirkungen für wesentlich mitursächlich erachtet. Angesichts der von den beiden Gutachtern für die von ihnen vertretene Auffassung gegebenen Begründungen ist die Aussage von Dr. W. nachvollziehbar, die von Dr. O. in Bezug genommene Befunderhebung ausweislich des erwähnten Arthroskopieberichtes stehe seiner (Dr. Weyers) Meinung nicht entgegen. Hierin ist somit ein Widerspruch nicht zu erkennen.
44Auch den übrigen Einwendungen von Dr. O. sind die beiden anderen Gutachter überzeugend entgegengetreten:
45Dies gilt einmal hinsichtlich der Ausführungen von Dr. O. zu den Vorschäden am Innenmeniskus des rechten Kniegelenkes. Insoweit hat Prof. Dr. M. nachvollziehbar darauf hingewiesen, daß - angesichts des Fehlens histomorphologischer Untersuchungen der resezierten Meniskusanteile - der Schaden am rechten Kniegelenk hinsichtlich der Beurteilung der Ursächlichkeit des Schadens am linken Meniskus nur bedingt hilfreich sei. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß auch nicht feststeht, daß der Schaden am rechten Meniskus nicht durch physikalische Einwirkungen (des Dienstes) wesentlich mitverursacht wurde.
46Dies gilt zum anderen, soweit Dr. O. bemängelt, nach konkurrierenden Verursachungsmöglichkeiten (hier im Sinne einer entzündlichen rheumatischen Genese) sei nicht ausdrücklich geforscht worden. Zwar ist ihm zuzugeben, daß entsprechende weitergehende Untersuchungen wohl nicht mehr stattgefunden haben. Jedoch hat Prof. Dr. M. bereits in seiner im Verwaltungsverfahren von der Deutschen Bundesbahn, Verwaltungsstelle Berlin, eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 4. März 1993 eingehend konkurrierende Verursachungsfaktoren erörtert und diese sämtlich - namentlich auch bezüglich von Veränderungen aufgrund von Stoffwechselerkrankungen - ausgeschlossen.
47Nach den vorstehenden Darlegungen ist somit davon auszugehen, daß die - berufsbedingten - mechanischen Einwirkungen jedenfalls als wesentlich mitwirkende Teilursache für den beim Kläger am linken Kniegelenk bestehenden Meniskusschaden anzusehen sind.
48Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger sich diese Erkrankung außerhalb des Dienstes zugezogen haben könnte (§ 31 Abs. 3 Satz 1, letzter Halbsatz BeamtVG), was der Beklagte darlegen und ggf. beweisen müßte, bestehen nicht.
49Danach gilt der Meniskusschaden am linken Kniegelenk als Dienstunfall im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG.
50Daß die Arthrose des medialen Gelenkkompartiments ihrerseits als Folge des als Berufserkrankung anzusehenden Meniskusschadens zu bewerten ist, hat das Verwaltungsgericht unter Zugrundelegung der Bewertung von Prof. Dr. M. in seinem Gutachten vom 13. Oktober 1992 zutreffend dargelegt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 130 b Satz 2 VwGO).
51Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
52Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
53Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür (§§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG) nicht vorliegen.
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