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Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand: Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung P. , Flur 7, Flurstück 465/466 mit der postalischen Anschrift P. , L. 20, in W. . Das Grundstück ist aufgrund einer am 29. Mai 1980 erfolgten Zustimmung der Baugenehmigungsbehörde zur Bauanzeige mit einem Wohnhaus sowie zugehöriger Garage bebaut. Die Entsorgung von Schmutz- und Niederschlagswasser erfolgt durch Ableitung in die jeweils hierfür vorgesehenen und in der an das Grundstück des Klägers angrenzenden Straße verlegten Abwasserleitungen der Stadt W. .
2Nachdem im Mai und im Juli 1995 Untersuchungen der Hausanschlußleitung des Klägers durchgeführt worden waren, forderte der Beklagte den Kläger mit als Ordnungsverfügung" bezeichnetem Bescheid vom 9. August 1995 auf, die im einzelnen wie folgt bezeichnete Mängel am Hauskontrollschacht/Schmutzwas-serhausanschluß bis zum 6. November 1995 abzustellen:
3Hauskontrollschacht: Kontrollschacht feucht durch nicht fachgerechten Rohranschluß der Einlaufseite Abdeckring defekt, Wandungsteil fehlt
4Hausanschlußleitung: Abzweig im rechten Kämpfer bei 10,5 m ein Drainageanschluß.
5Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, daß die bei den Untersuchungen festgestellte Einleitung von Grundwasser aus den Drainageleitungen des Klägers in den Schmutzwasserkanal unzulässig sei, weil es sich hierbei nicht um Abwasser handele. Insofern komme allenfalls die Duldung einer Einleitung in den Regenwasserkanal in Betracht. Der unzulässige Anschluß führe zu erhöhtem Fremdwasseraufkommen im Schmutzwasserkanal; damit könne die Schmutzwasserfracht aufgrund von Verdünnung und Vermischung nicht so gering gehalten werden, wie dies von den anerkannten Regeln der Technik gefordert werde. Hinsichtlich der Durchführung einer Versorgungsleitung durch den Hauskontrollschacht kündigte der Beklagte nach fachtechnischer Überprüfung durch Mitarbeiter des Wasserwerks eine gesonderte Verfügung an.
6Am 16. August 1995 legte der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten Widerspruch ein. Zur Begründung verwies er darauf, daß bei Baubeginn vor 15 Jahren die Einleitung von Grundwasser nur in den Schmutzwasserkanal möglich gewesen sei, da der Kanal für Niederschlagswasser von der Stadt zu hoch verlegt worden sei.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 1995 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Hierzu führte er aus: In der Nacht vom 29. zum 30. Januar 1995 sei es bei ergiebigen Niederschlägen zu Rückstauungen in den Schmutzwasserleitungen des gesamten Baugebiets B. - Nord" gekommen. Als Ursache sei bei einer Begehung erhöhtes Fremdwasseraufkommen im Schmutzwasserkanal festgestellt worden. Dies sei Anlaß für eine Überprüfung der Hausanschlußleitungen im Baugebiet B. -Nord" mittels einer Fernaugekamera gewesen. Hierbei sei dann der unzulässige Anschluß festgestellt worden. Eine Pflicht zur Tieferlegung der Entwässerungsleitungen habe nicht bestanden; wenn der Kläger sein Drainagewasser in den Regenwasserkanal hätte einleiten wollen, hätte er die Höhendifferenz durch Einbau einer Pumpanlage überwinden können.
8Mit der am 14. September 1995 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen:
9Da der Untergrund unter seinem Wohnhaus sehr feucht sei, habe er eine Drainageleitung verlegen müssen, die mangels anderer Alternativen - der Regenwasserkanal sei nämlich zu hoch verlegt - an die Schmutzwasserleitung habe angeschlossen werden müssen. Die nunmehr gegen ihn erlassene Verfügung könne er nur dadurch erfüllen, daß er den unter seinem Wohnhaus befindlichen Drainageanschluß verschließe. Hierzu müsse jedoch die Bodenplatte seines Wohnhauses durchstoßen werden, was mit einer Zerstörung des gesamten Aufbaus einschließlich Estrich und Fußbodenheizung verbunden sei. Die Aufbruchstelle sei später nicht mehr hinreichend abzudichten. Demgegenüber sei selbst bei starken Regenfällen von einem zusätzlichen Zufluß von allenfalls 100 l auszugehen, die von dem Beklagten hinzunehmen seien. Die gegen ihn gerichtete Sanierungsaufforderung sei daher unverhältnismäßig.
10Der Kläger hat beantragt,
11den Bescheid des Beklagten vom 9. Au-gust 1995 und den Widerspruchsbescheid vom 7. September 1995 aufzuheben.
12Der Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und weiter ausgeführt:
15Bereits nach der Auflage Nr. 8 zu der durch den Oberkreisdirektor des Kreises H. als untere Bauaufsichtsbehörde erfolgten Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn vom 21. Januar 1980 sei der Kläger verpflichtet gewesen, die Be- und Entwässerung seines Grundstücks nach dem geltenden Ortsrecht der Stadt W. vorzunehmen. Danach hätte er vor Anschluß der Entsorgungsleitungen eine Genehmigung bei der Stadt einholen müssen, was jedoch nie erfolgt sei. Hätte er einen solchen Antrag gestellt, wären ihm auch Bestands- und Tiefenpläne zur Verfügung gestellt worden. Die Einleitung von nicht reinigungsbedürftigem Grund- und Drainagewasser belaste den Kanal und vor allem die Kläranlage.
16Mit Urteil vom 29. August 1996, auf dessen Gründe verwiesen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Gegen das ihm am 1. Oktober 1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. November 1996 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er auf seinen Vortrag in erster Instanz verweist.
17Der Kläger beantragt,
18das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Band) Bezug genommen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Der Senat hat das vom Verwaltungsgericht angenommene Passivrubrum geändert. Denn entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ist davon auszugehen, daß sich die Klage nicht gegen den Stadtdirektor, sondern vielmehr - prozessual zutreffend - gegen die Behörde richtet, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat (§ 78 Abs.1 Nr.2 VwGO, § 5 Abs.2 Satz 1 AGVwGO NW). Das war hier jedoch der Werkleiter des Abwasserwerks der Stadt W. .
24vgl. zur Behördeneigenschaft der Werkleitung eines Eigenbetriebs OVG NW Urt. vom 7. Dezember 1989 - 22 A 1013/88 - DÖV 1989, 594.
25Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
26Die Rechtsgrundlage für die gegen den Kläger in Form eines Verwaltungsaktes gerichtete Aufforderung, die weitere Einleitung von Grundwasser in die Schmutzwasserleitung zu unterlassen, ergibt sich unmittelbar aus dem zwischen ihm und der Gemeinde als Betreiberin der öffentlichen Abwasserentsorgung auf der Grundlage der Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluß an die öffentliche Abwasseranlage - Entwässerungssatzung - der Stadt W. vom 20. Dezember 1975, zuletzt geändert durch Satzung vom 1. September 1982 (EWS a.F.), bestehenden Kanalbenutzungsverhältnis,
27vgl. OVG, Urteile vom 28. November 1994 - 22 A 2466/93 - und 7. März 1994 - 22 A 753/92 -, NVwZ 1995, 244, sowie Beschluß vom 9. September 1993 - 22 B 1457/93 -, ZfW 1994, 423.
28Danach obliegt es dem Beklagten als Werkleiter, u. a. die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anschlußnehmer zum Schutz der kommunalen Abwasseranlage vor ungenehmigten Einleitungen zu treffen. Hierbei handelt es sich um ein Geschäft der laufenden Betriebsführung, die nach § 3 Abs.2 Satz 2 der Betriebssatzung für den Eigenbetrieb Abwasserwerk der Stadt W. vom 26. April 1995 nicht dem Stadtdirektor, sondern der Werkleitung obliegt.
29Der Beklagte ist befugt, dem Kläger die weitere Einleitung von Grundwasser in den städtischen Schmutzwasserkanal über seine Hausanschlußleitung zu untersagen, weil es sich hierbei nicht um Abwasser im Sinne von § 1 Abs.1 EWS a.F. (vgl. jetzt § 2 Nrn. 1. - 3. der Entwässerungssatzung der Stadt Wille- badessen vom 15. Mai 1996 - EWS -) handelt. Steht dem Kläger jedoch nach der Satzung ein Benutzungsrecht - und zwar weder für den Schmutzwasser- noch für den Regenwasserkanal - bzgl. der Ableitung von Grundwasser nicht zu, so liegt auf der Hand, daß ein solches Recht auch nicht daraus folgen kann, daß nach Auffassung des Klägers der Regenwasserkanal, in den der Beklagte die Einleitung zu dulden bereit ist, zu hoch liegt.
30Der Bescheid genügt auch den gemäß § 37 Abs.1 VwVfG NW an einen Verwaltungsakt zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen. Ungeachtet des nicht völlig eindeutigen Tenors läßt sich jedenfalls im Zusammenhang mit der Begründung des Bescheides hieraus hinreichend deutlich entnehmen, daß der Beklagte den Kläger zur Verhinderung jeglichen weiteren Zuflusses von Grundwasser in den kommunalen Schmutzwasserkanal und damit zu einem Unterlassen verpflichten wollte, wobei er ihm hinsichtlich der Art und Weise der Erfüllung dieser Unterlassungspflicht freie Hand ließ.
31Die dem Kläger in diesem Rahmen abverlangte Unterbindung des weiteren Zuflusses von Drainagewasser in den städtischen Schmutzwasserkanal verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es erscheint bereits als zweifelhaft, ob der Kläger - wie von ihm ohne nähere Begründung behauptet - der gegen ihn gerichteten Aufforderung tatsächlich nur nachkommen kann, indem er die Bodenplatte seines Wohnhauses durchbrechen läßt, um den unter dem Haus liegenden Drainageanschluß an die Schmutzwasserleitung zu beseitigen. Ebenso stellt es bisher eine unbelegte Behauptung des Klägers dar, daß die dann entstandene Bruchstelle anschließend nicht mehr hinreichend abgedichtet werden könnte. Ob dies zutrifft oder ob der Kläger den weiteren Zufluß von Grundwasser in die städtische Abwasserkanalisation nicht auch in anderer, weniger belastender Form verhindern kann, bedarf letztlich keiner abschließenden Entscheidung, weil auch die Notwendigkeit aufwendiger Maßnahmen zur Befolgung des gegen ihn gerichteten Unterlassungsgebots allein in seine Zurechnungssphäre fällt.
32Entscheidend ist insofern, daß der Kläger bzw. seine damaligen Auftragnehmer den unzulässigen Anschluß unter Umgehung der für die Überprüfung des korrekten Anschlusses an die öffentliche Abwasseranlage in § 11 Abs.4 EWS a.F. vorgesehenen Kontrollmechanismen hergestellt haben. Die hieraus resultierenden Risiken hat er deshalb selbst zu tragen. Eine Ausnahme käme allenfalls dann in Betracht, wenn das Beseitigungsverlangen als willkürlich bzw. schikanös erschiene. Hierfür fehlt jedoch jeder Anhaltspunkt.
33Es besteht vielmehr ein begründetes und schutzwürdiges Interesse des Beklagten an der Unterbindung der von dem Kläger vorgenommenen unzulässigen Grundwassereinleitung in die kommunale Abwasseranlage, schon deshalb, weil die Einleitung von in einer Drainage gesammeltem Grundwasser dazu führt, daß die kommunale Kläranlage über das erforderliche Maß hinaus mit nicht klärbedürftigem Wasser belastet wird.
34Es fehlt auch jeder Anhaltspunkt dafür, daß die tatsächlichen Grundwassereinleitungen nur ein so verschwindend geringes Ausmaß haben, daß eine Beeinträchtigung der oben bezeichneten Interessen des Beklagten faktisch ausgeschlossen ist. Hiergegen spricht vielmehr, daß der Kläger selbst die Unzumutbarkeit der Durchbrechung der vorhandenen Bodenplatte mit der Unmöglichkeit einer anschließenden Abdichtung aufgrund des nach wie vor hohen Grundwasserdrucks begründet. Zudem ist zu berücksichtigen, daß - wie im vorliegenden Fall - bei einer Vielzahl von unzulässigen Anschlüssen auch die Summe von jeweils im Einzelfall geringen Einleitungen zu den oben beschriebenen Schwierigkeiten führen kann und in diesen Fällen schon aus Gründen der Gleichbehandlung gegen sämtliche unrechtmäßigen Einleiter vorgegangen werden muß.
35Daher besteht - auch im Hinblick auf die hiervon ausgehende Präzedenzwirkung - ein berechtigtes Interesse des Beklagten an der Unterbindung von ungenehmigten Einleitungen in seine Schmutzwasserkanalisation. Vor diesem Hintergrund sind auch die von dem Kläger vorgetragenen Belastungen, selbst wenn sie das von ihm behauptete Ausmaß erreichen würden, nicht unzumutbar.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.10, 711 und 713 ZPO.
37Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs.2 VwGO nicht vorliegen.
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