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Auf die Beschwerde der Antragsteller wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Bonn – Registergericht – vom 16. Oktober 2024 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 21. November 2024 aufgehoben.
Die Sache wird an das Amtsgericht Bonn – Registergericht – zur Entscheidung über den Eintragungsantrag zurückgegeben.
Gründe:
2I.
3Die Antragsteller begehren mit Anmeldung vom 8. Oktober 2024 die Eintragung des Antragstellers zu 2. als Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. und die Eintragung einer Satzungsänderung der Antragstellerin zu 1.
4Das Amtsgericht hat die Handelsregisteranmeldung mit Beschluss vom 16. Oktober 2024 im Hinblick darauf beanstandet, dass die Antragsteller die Wohnanschrift des Antragstellers zu 2. nicht mitgeteilt hätten und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Verpflichtung zur Bekanntgabe der Wohnanschrift des Geschäftsführers gegenüber dem Gericht ergebe sich aus den für das Registerverfahren geltenden Verfahrensvorschriften, namentlich §§ 7, 23 FamFG, § 12 HGB. Nach § 23 FamFG seien Personen, die als Beteiligte in Betracht kämen vom Antragsteller möglichst genau zu bezeichnen, sodass diese eindeutig identifizierbar seien. Außerdem sei sicherzustellen, dass die Beteiligten für das Gericht zur ordnungsgemäßen Verfahrensführung unter ihrer Wohnanschrift erreichbar seien.
5Der dagegen eingelegten Beschwerde, beim Amtsgericht eingegangen am 11. November 2024, hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht mit Nichtabhilfebeschluss vom 21. November 2024 zur Entscheidung vorgelegt.
6Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakten Bezug genommen.
7II.
81. Die nach § 382 Abs. 4 S. 2, § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts vom 16. Oktober 2024 ist auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG ist eingehalten und die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG überschritten.
9Die Antragsteller sind beschwerdeberechtigt nach § 59 Abs. 1 FamFG. Ausweislich der Beschwerdeschrift haben sowohl die betroffene Gesellschaft als auch der neu einzutragende Geschäftsführer Beschwerde eingelegt. Die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG liegen vor, da die Zwischenverfügung sowohl die betroffene Gesellschaft als auch den Geschäftsführer, dessen Eintragung begehrt wird, in deren Rechten beeinträchtigt und insoweit materiell beschwert. Da die begehrten Eintragungen in das Handelsregister nur auf Antrag erfolgen, müssen daneben die Voraussetzungen des § 59 Abs. 2 FamFG vorliegen. Die Anmeldung einer Eintragung in das Handelsregister erfolgt im Namen der betroffenen Gesellschaft (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324; Beschluss vom 20. Februar 1989 – II ZB 10/88, BGHZ 107, 1 juris Rn. 6, Beschluss vom 16. März 1992 – II ZB 17/91, BGHZ 117, 323 juris Rn. 3) und soweit die Anmeldung auf eine deklaratorisch wirkende Eintragung – wie hier die Eintragung des neuen Geschäftsführers – gerichtet ist, (jedenfalls auch) im Namen der Anmeldepflichtigen, dh der Geschäftsführer der GmbH, § 78 GmbH (KG, Beschluss vom 29. November 2021 – 22 W 55/21, FGPrax 2022, 63, 64; gegen eine höchstpersönliche Pflicht der Geschäftsführer OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Dezember 2017 – 3 Wx 275/16, NZG 2018, 381 Rn. 12; offen gelassen BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324 juris Rn. 13). Insofern sind die Antragstellerin zu 1. als anmeldende Gesellschaft und der Antragsteller zu 2. als anmeldender Geschäftsführer durch die Zwischenverfügung auch formell beschwert iSd § 59 Abs. 2 FamFG.
102. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Zwischenverfügung.
11Das Amtsgericht darf eine Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister nach § 382 Abs. 4 S. 1 FamFG mit einer Zwischenverfügung beanstanden, wenn die Anmeldung unvollständig ist oder ihr ein anderes durch den Antragsteller behebbares Hindernis entgegensteht.
12a) Das Amtsgericht ist in formeller Hinsicht zutreffend davon ausgegangen, dass seine Beanstandung Gegenstand einer Zwischenverfügung iSv § 382 Abs. 4 S. 1 FamFG sein kann. Gegenstand einer Zwischenverfügung können nur behebbare Hindernisse sei, nicht aber Mängel der Anmeldung, deren Behebung eine inhaltliche Abänderung der eingereichten Anmeldung erfordert (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2021 – II ZB 25/17, juris Rn. 11 mwN). Die Beanstandung des Amtsgerichts betrifft ein behebbares Hindernis, da sie die Vervollständigung der eingereichten Anmeldung verlangt.
13b) Die Zwischenverfügung ist aber aus materiellen Gründen aufzuheben. Die vom Registergericht vertretene Rechtsauffassung hält – ungeachtet des nachvollziehbaren Interesses des Amtsgerichts an der Kenntnis der Wohnadressen der in das Handelsregister einzutragenden Geschäftsführer – rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Vollzug der Anmeldung der Eintragung des Antragstellers zu 2. als Geschäftsführer und der Satzungsänderung durften nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Wohnanschrift des einzutragenden Geschäftsführers mitzuteilen sei.
14aa) Die Anmeldung ist nicht unvollständig iSv § 382 Abs. 4 S. 1 Alt. 1 FamFG. Welchen Inhalt eine Anmeldung haben muss, richtet sich nach den die Eintragungsfähigkeit der beantragten Eintragung regelnden Vorschriften des materiellen Rechts und dem für das Eintragungsverfahren in Registersachen maßgeblichen Verfahrensrecht der §§ 23 ff, 378 ff FamFG.
15Nach § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer und nach § 54 Abs. 1 S. 1 GmbHG jede Satzungsänderung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Diese Vorschriften enthalten – im Gegensatz zu anderen die Eintragung regelnden materiellen Vorschriften wie zB § 106 Abs. 2 HGB – keine Vorgaben zum Inhalt der Anmeldung. Weder ihnen noch §§ 23 ff, 378 ff FamFG oder der aufgrund der Ermächtigung in § 387 Abs. 2 FamFG erlassenen Verordnung über die Errichtung und Führung des Handelsregisters (HRV) ist eine Verpflichtung der Gesellschaft oder der Geschäftsführer zu entnehmen, die Wohnanschrift der Geschäftsführer dem Registergericht mitzuteilen.
16Die einzige konkrete Regelung betreffend die Personalien der in das Handelsregister einzutragenden Geschäftsführer findet sich in § 43 Nr. 4 HRV. Danach sind in Abteilung B des Handelsregisters in Spalte 4 b) bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Geschäftsführer mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort anzugeben sind. Tatschen, die nach der HRV ins Handelsregister einzutragen sind, müssen Inhalt der entsprechenden Anmeldung sein (allgemeine Ansicht, BGH, Beschluss vom 23. Januar 2024 – II ZB 7/23, NZG 2024, 787 Rn. 22 mwN). Daraus ergibt sich zugleich, dass eine Anmeldung nur unvollständig iSd § 382 Abs. 4 Alt. 1 FamFG ist, wenn einzutragende Tatsachen nicht mitgeteilt werden. Einzutragen ist der Wohnort, nicht aber die Wohnanschrift. Davon geht auch das Amtsgericht zutreffend aus.
17bb) Der Anmeldung steht auch kein anderes behebbares Hindernis iSv § 382 Abs. 4 S. 1 Alt. 2 FamFG entgegen. Soweit das Amtsgericht die Auffassung vertritt, die Mitteilung der Wohnanschrift des Geschäftsführers sei zur Erfüllung der ihm im Rahmen des Registerverfahrens obliegenden hoheitlichen Aufgaben erforderlich, hält das rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
18(1) Das Amtsgericht geht im Ausgangpunkt zutreffend davon aus, dass nach § 23 Abs. 1 FamFG die Beteiligten des Registerverfahrens von dem Antragsteller möglichst so genau zu bezeichnen sind, dass diese eindeutig identifizierbar sind. Gleichfalls zutreffend ist die Annahme, dass ein Geschäftsführer, dessen Eintragung begehrt wird, wenn er nicht bereits nach § 7 Abs. 1 FamFG Beteiligter des Registerverfahrens ist, nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG als Beteiligter hinzuzuziehen ist.
19Zur eindeutigen Identifizierung des Geschäftsführers einer GmbH ist dessen Wohnanschrift im Allgemeinen nicht erforderlich. Im Rahmen der Antragstellung nach § 23 Abs. 1 FamFG kann hinsichtlich der Identifizierbarkeit eines Beteiligten kein strengerer Maßstab gelten als für dessen Eintragung in das Handelsregister. Sinn und Zweck des Handelsregisters ist es, dem Rechtsverkehr transparent und zuverlässig Informationen über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten und Gesellschaften zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören insbesondere Informationen über die Vertretungsverhältnisse von Gesellschaften (BGH, Beschluss vom 23. Januar 2024 – II ZB 7/23, NZG 2024, 787 Rn. 29 mwN). Um diesen Zweck zu erfüllen, ordnet das GmbHG an, dass die Person des Geschäftsführers in das Handelsregister einzutragen ist und Veränderungen anzumelden sind. Um die Geschäftsführer im Rechtsverkehr identifizieren zu können, sind sie nach § 43 HRV mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort anzugeben (BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 – II ZB 12/14, juris Rn. 15). Dieser Regelung liegt die – mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs übereinstimmende (EuGH, Urteil vom 9. März 2017 – C-398/17, ECLI:EU:C:2017:197 Rn. 48 ff.) – Wertung des Verordnungsgebers zugrunde, dass die in § 43 HRV aufgelisteten Informationen zur Identifizierung der Person des Geschäftsführers für den Rechtsverkehr erforderlich, aber auch ausreichend sind.
20Dafür spricht auch der mit Geltung zum 1. Juni 2023 geänderte Wortlaut der § 5 Abs. 1 und § 5a DONot. Zwar adressiert diese Vorschrift – worauf auch das Amtsgericht hinweist – die Notare und nicht das Registergericht. Dennoch kommt durch die Regelungen, die den Schutz persönlicher Daten zum Ziel haben, die allgemeine Wertung zum Ausdruck, dass Wohnanschriften nicht an das Handelsregister übermittelt werden sollen.
21Dass dem Gericht die Identifizierung anders als dem allgemeinen Rechtsverkehr nur anhand der zusätzlichen Angabe der Wohnadresse möglich ist, ist nicht erkennbar. Würde man die Angabe der Wohnadresse zur Identifizierung für erforderlich halten, müsste diese konsequenter Weise auch ins Handelsregister eingetragen werden, was indes das Amtsgerichts selbst ausdrücklich nicht annimmt.
22(2) Die Wohnadresse ist auch nicht Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Antragstellung nach § 23 FamFG. Für einen verfahrenseinleitenden Antrag nach § 23 Abs. 1 FamFG können keine strengeren Anforderungen als für die Klageerhebung nach § 253 ZPO gelten.
23Im Zivilprozess ist zur ordnungsgemäßen Klageerhebung die Bezeichnung der Parteien erforderlich, § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Allgemein anerkannt ist, dass zur Parteibezeichnung die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift gehört. Eine ladungsfähige Anschrift, die nicht nur die Wohnanschrift, sondern auch die Adresse einer Arbeitsstelle sein kann, ist jede Adresse, bei der auf Grundlage der Vorschriften der ZPO die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass dort eine ordnungsgemäße Zustellung vorgenommen werden kann (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2000 – VI ZR 198/99, BGHZ 145, 358 juris Rn. 24 mwN).
24Die Zustellung von Schriftstücken kann an jedem Ort erfolgen, an dem die Person angetroffen wird, § 177 ZPO. Wird eine Person in ihrer Wohnung oder dem Geschäftsraum nicht angetroffen, kann eine Ersatzzustellung in der Wohnung oder Geschäftsräumen durch Übergabe an die in § 178 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO genannten Personen oder durch Einlegen in den Briefkasten in einem zur Wohnung oder dem Geschäftsrum gehörenden Briefkasten erfolgen, § 180 ZPO.
25Davon ausgehend ist die Angabe der Geschäftsanschrift der Gesellschaft ausreichend. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass Zustellungen an den Antragsteller als Geschäftsführer der Antragstellerin in deren Geschäftsräumen erfolgen können. Davon geht auch das Amtsgericht aus, indem es ausführt, dass eine Ersatzzustellung an die Gesellschaft zwar möglich sei, die persönliche Erreichbarkeit des Geschäftsführers aber vorzugswürdig sei.
26(3) Die Wohnadresse ist auch nicht erforderlich, um die Erreichbarkeit des Geschäftsführers für das Gericht während des Registerverfahrens sicherzustellen. Das Amtsgericht nennt die Übermittlung von Anträgen nach § 23 FamFG, die abschließende Bekanntgabe des Registervollzugs nach § 383 FamFG, die Akteneinsicht nach § 13 FamFG, eine ggfls. erforderliche Anhörung nach § 34 FamFG sowie Zwangsmaßnahmen, die persönlich gegen den gesetzlichen Vertreter zu vollstrecken sind, als Beispiele für Verfahrenshandlungen des Gerichts, in denen die Zustellung an den Geschäftsführer persönlich erforderlich sei.
27Die Erreichbarkeit des Antragstellers wird auch diesen Fällen ausreichend durch die Angabe der Geschäftsanschrift der Gesellschaft sichergestellt. Soweit das Amtsgericht darauf verweist, dass es sich bei der überwiegenden Anzahl an Gesellschaften um kleinere Gesellschaften handele, bei denen nur ein kleines Geschäftslokal oder Büro bestehe und Fälle, in denen die Gesellschaften ihre Räumlichkeiten verlegten oder den Geschäftsbetrieb aufgäben, ohne das Registergericht darüber zu informieren, zum „Tagesgeschäft“ gehörten, mag das in der Sache zutreffen und die tägliche Arbeit des Registergerichts erschweren. Rechtlich ist eine GmbH aber verpflichtet, die Verlegung ihres Sitzes und die Änderung ihrer inländischen Geschäftsanschrift zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die stets bestehende Möglichkeit, dass eine GmbH die ihr obliegenden Anmeldepflichten nicht erfüllt, rechtfertigt es nicht, grundsätzlich die Mitteilung der Wohnanschriften ihrer Geschäftsführer zu verlangen. Sollte im Einzelfall die Zustellung an die Wohnanschrift des Geschäftsführers erforderlich sein, kann das Amtsgericht diese durch eine einfache Melderegisterauskunft bei der für den mitgeteilten Wohnort zuständigen Meldebehörde ermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2024 – II ZB 7/23, NZG 2024, 787 Rn. 46).
28Damit ist nicht ausgeschlossen, dass es Einzelfälle geben mag, in denen die Angabe einer Wohnanschrift zur Identifizierung oder Sicherstellung der Erreichbarkeit eines Beteiligten erforderlich sein kann. Im Allgemeinen kann die Angabe der Wohnanschrift der Geschäftsführer einer GmbH aber nicht zur Eintragungsvoraussetzung gemacht werden.
29III.
30Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts ist aufzuheben, da die Sache insoweit zur Entscheidung reif ist, § 69 Abs. 1 S. 1 FamFG. Die Sache ist an das Amtsgericht zur Entscheidung über den Eintragungsantrag unter Berücksichtigung der rechtlichen Beurteilung des Senats zurückzugeben, § 69 Abs. 1 S. 2, 4 FamFG.
31IV.
32Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 57 GNotKG.
33Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen.