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§ 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG befreit nur von der Erstellung eines weiteren Verkaufsprospektes hinsichtlich einer Teilemission. Der Emittent bleibt in diesem Fall weiter gemäß § 23 VermAnlG zur Veröffentlichung eines Jahresberichts verpflichtet.
Eine weitergehende Befreiung von den Bestimmungen des zweiten und dritten Abschnittes des VermAnlG war vom Gesetzgeber nicht gewollt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Bonn vom 13.11.2024 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten trägt die Rechtsbeschwerdeführerin. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe:
2I.
3Die Rechtsbeschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes durch die Rechtsbeschwerdegegnerin wegen der nicht ordnungsgemäßen Veröffentlichung der Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr 2020.
4Sie bietet die Beteiligung an einem L. durch den Anteilserwerb an einem Solarfonds an und unterliegt als Emittentin den Vorschriften des Vermögensanlagegesetzes (VermAnlG). Der entsprechende Verkaufsprospekt ist durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebilligt worden. Nachdem sie für das Geschäftsjahr 2020 (nur) die Bilanz offengelegt hatte, setzte das Bundesamt für Justiz (BfJ) – nach vorheriger Androhung und Nachfristsetzung – mit Verfügung vom 15.08.2022 im Hinblick auf die seiner Ansicht nach zusätzlich zu veröffentlichenden Rechnungsunterlagen (Anhang, Lagebericht, Gewinn- und Verlustrechnung, Bestätigungsvermerk sowie die Erklärung nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG i.V.m. §§ 264 Abs. 2 Satz 3 bzw. 289 Abs. 1 Satz 5 HGB) ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500 Euro wegen nicht vollständiger Erfüllung der Offenlegungspflicht fest.
5Gegen diese Festsetzung hat die Rechtsbeschwerdeführerin Beschwerde eingelegt und diese im Wesentlichen damit begründet, dass für sie im Hinblick auf den genehmigten Verkaufsprospekt der Befreiungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG einschlägig und daher die Offenlegung der Bilanz ausreichend gewesen sei.
6Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 13.11.2024 als unbegründet zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin als Emittentin von Vermögensanlagen auftrete und für sie insbesondere § 264a HGB und die §§ 24 und 26 VermAnlG gelten. Auf § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG könne sie sich im Rahmen ihrer Offenlegungspflicht nicht berufen, da diese Regelung nur Teilemissionen betreffe.
7Gegen diesen Beschluss des Landgerichts wendet sich die Rechtsbeschwerdeführerin mit ihrer Rechtsbeschwerde. Sie rügt die Verletzung des materiellen Rechts. Zur Begründung führt sie aus, dass die in § 2 Abs. 1 VermAnlG aufgezählten Tatbestände den Anbieter von Vermögensanlagen und nicht nur die Vermögensanlage von der Pflicht zur Erfüllung der erweiterten Rechnungslegungspflichten gemäß §§ 23 ff. VermAnlG befreiten. Vorliegend führe bereits die Veröffentlichung des von der BaFin genehmigten Prospektes dazu, dass eine Befreiung von den Offenlegungspflichten nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG greife.
8Die Rechtsbeschwerdeführerin beantragt,
9die Ordnungsgeldentscheidung des Bundesamts für Justiz vom 15.08.2022 (EHUG - 00198513/2021 - 01/02) für das Geschäftsjahr 2020 und den Beschluss des Landgerichts Bonn vom 13.11.2024 (11 T 716/22) aufzuheben,
10hilfsweise gemäß § 335 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HGB das Ordnungsgeld auf 500,00 Euro herabzusetzen, da es sich bei der Rechtsbeschwerdeführerin um eine Kleinstgesellschaft handelt.
11Das Bundesamt für Justiz hat mit Schriftsatz vom 14.01.2025 Stellung genommen und beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Es ist der Auffassung, dass das Landgericht aus den zutreffenden Erwägungen die Beschwerde zurückgewiesen habe.
12Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die angefochtene Entscheidung und den Inhalt der Verfahrensakte im Übrigen Bezug genommen.
13II.
14Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
151. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie infolge der Zulassung in dem angegriffenen Beschluss statthaft (§ 335a Abs. 3 S. 1 HGB) sowie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 335a Abs. 3 S. 2 HGB i.V.m. § 71 FamFG).
16Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde kann der Senat nach § 335 a Abs. 3 Satz 2 HGB i.V.m. §§ 74 Abs. 3, 32 FamFG im schriftlichen Verfahren treffen. Eine mündliche Verhandlung war vorliegend weder zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes noch aus sonstigen Gründen, etwa zur Wahrung des Rechts auf rechtliches Gehör, geboten.
172. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Rechtsbeschwerdeführerin im Zusammenhang mit den ihr obliegenden Offenlegungspflichten nicht auf § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG berufen kann.
18Die Rechtsbeschwerdeführerin unterliegt als Emittentin einer Vermögensanlage den Vorschriften des Vermögensanlagegesetzes (VermAnlG). Die Billigung des Verkaufsprospektes durch die BaFin führt jedoch nicht dazu, dass gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG die sich aus § 23 VermAnlG ergebenden Offenlegungspflichten entfallen. Der gegenteiligen Rechtsansicht der Rechtsbeschwerdeführerin vermag der Senat nicht zu folgen.
19Die Vorschrift des § 2 VermAnlG befreit bestimmte Vermögensanlagen und Angebotskonstellationen trotz grundsätzlichen Vorliegens eines öffentlichen Angebots der Vermögensanlage lediglich von der allgemein von § 1 Abs. 1 VermAnlG aufgestellten Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts. Die einzelnen Befreiungstatbestände dienen dabei der Verhinderung einer Überregulierung bestimmter Angebote, bei denen die Bonität des Emittenten, die Größe des Konzepts oder auch der angesprochene Anlegerkreis eine zwangsweise Schaffung einer weiteren Informationsquelle nicht rechtfertigen. Vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die angesprochenen Anleger die Informationen selbst beschaffen können und daher nicht schutzwürdig sind (Maas in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Prospektrecht Kommentar, 4. Auflage 2022, § 2 VermAnlG Rdnr. 4).
20Vor diesem Hintergrund ist die Ausnahme des hier entscheidungsrelevanten § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG so zu verstehen, dass für Angebote von Vermögensanlagen, die Teil eines Angebots sind, für das bereits im Inland ein gültiger Verkaufsprospekt veröffentlicht wurde, lediglich kein erneuter Prospekt erstellt werden muss (Maas a.a.O. Rdnr. 44 ff.). Die Ausnahme bezieht sich damit auf das (Teil-)Angebot einer Vermögensanlage und nicht allgemein auf den Emittenten (so allg. auch Kollrus, MDR 2015, 1334, 1335). Eine weitergehende Befreiung von den Bestimmungen des zweiten und dritten Abschnittes des VermAnlG war nach Ansicht des Senats vom Gesetzgeber nicht gewollt. Diese einschränkende Auslegung des Ausnahmetatbestands ergibt sich auch bereits aus den Gesetzgebungsmaterialien. So regelte bereits die durch § 2 VermAnlG ersetzte Norm des § 8f VerkaufsprospektG lediglich die Ausnahme von der Prospektpflicht. Im Falle der Nr. 5 erschien dem Gesetzgeber aufgrund des bereits veröffentlichten Verkaufsprospekts eine zusätzliche Information der potentiellen Anleger über die Vermögensanlage durch eine gesetzliche Prospektpflicht nicht geboten (vgl. BR-Drs. 341/04 S. 84). Anderweitige Offenlegungspflichten waren von dieser Regelung nicht betroffen. Die Norm wurde in das Vermögensanlagengesetz überführt, wobei der Gesetzgeber auch insoweit (nur) davon ausgegangen ist, dass „eine zusätzliche Information durch eine gesetzliche Prospektpflicht nicht geboten“ ist (vgl. BT-Drs. 17/6051 S. 32 unter Verweis auf die BT-Drs. 15/3174 S. 42).
21Letztlich gebieten auch Sinn und Zweck, nämlich der Schutz und das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit betreffend einzelne Unternehmen (und nicht betreffend die konkrete Vermögensanlage), dass die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 5 VermAnlG nur die jeweilige Vermögensanlage, nicht jedoch den Emittenten, erfasst.
22Damit sind das Bundesamt für Justiz und das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die am 08.09.2021 von der Rechtsbeschwerdeführerin eingereichten Unterlagen unvollständig waren. Es fehlten Anhang, Lagebericht, Gewinn- und Verlustrechnung, Bestätigungsvermerk oder Vermerk über dessen Versagung sowie die Erklärung nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG i.V.m. §§ 264 Abs. 2 Satz 3 bzw. 289 Abs. 1 Satz 5 HGB. Dieser Mangel ist auch in der gesetzten Nachfrist nicht behoben worden.
23Das festgesetzte Ordnungsgeld in Höhe von 2.500 Euro begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Es entspricht dem gesetzlichen Mindestbetrag, § 335 Abs. 1 S. 4 HGB.
24Die hilfsweise von der Rechtsbeschwerdeführerin unter Verweis auf § 335 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HGB beantragte Reduzierung des Ordnungsgeldes auf 500 Euro kommt nicht in Betracht. Gemäß § 26 Abs. 2 VermAnlG ist die Anwendbarkeit der größenklassenspezifischen Erleichterungen der §§ 326, 327 HGB für Emittenten, die unter das VermAnlG fallen, ausgeschlossen.
253. Die Kostenentscheidung für die Gerichtskosten basiert auf § 335a Abs. 3 Satz 2 HGB iVm § 84 FamFG. Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Verfahrensbeteiligten ist nicht veranlasst (§ 335a Abs. 3 Satz 6 iVm Abs. 2 Satz 6 HGB).
26Rechtsbehelfsbelehrung:
27Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.