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Zu den Voraussetzungen der Bestellung eines Notanwalts entsprechend § 78b ZPO im Klageerzwingungsverfahren.
Der Verfahrensbeistand in Kindschaftssachen gemäß §§ 158 ff. FamFG ist weder Zeuge noch Sachverständiger im Sinne von § 153 StGB.
Die Bestellung eines Notanwalts wird abgelehnt.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig verworfen.
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragstellerin legt der Beschuldigten eine falsche uneidliche Aussage, Verleumdung und üble Nachrede zur Last. Dem Vorwurf liegt im Wesentlichen zugrunde, dass die Beschuldigte, die in einem von der Antragstellerin vor dem Familiengericht angestrengten Verfahren betreffend den von ihr beantragten Umgang mit ihrem Enkel als Verfahrensbeistand bestellt worden ist, in einer schriftlichen Stellungnahme sowie in einem Erörterungstermin vor dem Familiengericht wissentlich falsche Angaben getätigt haben soll, welche geeignet seien, sie verächtlich zu machen und in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
4Die Staatsanwaltschaft Aachen hat das Verfahren mit Verfügung vom 21. August 2024 mangels hinreichenden Tatverdachtes gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat der Generalstaatsanwalt in Köln mit Bescheid vom 13. November 2024 zurückgewiesen. Gegen den am 21. November 2024 abgesandten Bescheid wendet sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 18. Dezember 2024, der am 20. Dezember 2024 bei Gericht eingegangen ist, mit dem sie zugleich die Bestellung eines Notanwaltes beantragt.
5II.
61. Die Bestellung eines Notanwalts war abzulehnen.
7a) Im Klageerzwingungsverfahren kann die Beiordnung eines Notanwalts entsprechend § 78b ZPO erfolgen, wenn die Partei nachweist, dass sie keinen zu ihrer Vertretung bereiten Anwalt gefunden hat und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint (vgl. SenE v. 15.02.2019 - III-1 Ws 15/19 - 14 -; SenE v. 10.01.2020 - III-1 Ws 115/19 - 98 -).
8b) Es kann dahingestellt bleiben, ob die vorgelegten E-Mails der Antragstellerin den Anforderungen an einen hinreichend substantiierten Vortrag, eine angemessene Anzahl in Betracht kommender Rechtsanwälte vergeblich um die Mandatsübernahme gebeten zu haben, genügen. Jedenfalls erscheint die von der Antragstellerin wegen falscher uneidlicher Aussage, Verleumdung und übler Nachrede begehrte Strafverfolgung nach dem Antragsvorbringen aussichtslos.
9aa) Eine Strafbarkeit gemäß § 153 StGB scheidet aus, denn einer falschen uneidlichen Aussage kann sich nur strafbar machen, wer als Zeuge oder Sachverständiger eine falsche Aussage abgibt. Dabei richtet sich die Stellung der Aussageperson im Verfahren nach der jeweiligen Verfahrensordnung, denn das materielle Strafrecht kennt keinen von den Prozessordnungen unabhängigen Zeugen- oder Sachverständigenbegriff (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.01.1996 - 1 Ws 107/95 - NStZ 1996, 282; Müller in Münchener Kommentar, StGB, 4. Aufl., § 153 Rn. 4).
10Nach dem Vortrag der Antragstellerin ist die Beschuldigte als Verfahrensbeistand gemäß § 158 ff. FamFG im Hinblick auf das von der Antragstellerin geltend gemachte Umgangsrecht mit ihrem Enkel (§ 1685 Abs. 1 BGB) vom Familiengericht bestellt worden. In dieser Funktion hat die Beschuldigte eine schriftliche Stellungnahme abgegeben (§ 158b Abs. 1 S. 2 FamFG) und ist in einem Erörterungstermin (§ 155 Abs. 2 FamFG) angehört worden. Bei dem Verfahrensbeistand handelt es sich indes weder um einen Zeugen noch um einen Sachverständigen, sondern dieser ist gemäß § 158b Abs. 3 S. 1 FamFG sog. Verfahrensbeteiligter. Er nimmt seine Aufgaben eigenverantwortlich wahr und ist nicht Ermittlungsgehilfe des Gerichts, sondern als „unabhängiger Beteiligter“ im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 FamFG ausschließlich dem Kindeswohl verpflichtet (Schumann in Münchener Kommentar, FamFG, 4. Aufl., § 158b Rn. 22). Er soll das Kind nicht begutachten, dies obliegt dem Sachverständigen (Schumann, a.a.O., § 158b Rn. 3). Beteiligte in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden aber auch nicht als Zeugen vernommen (Sternal, FamFG, 21. Aufl., § 30 Rn. 48; Wolters/Ruß in Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl., § 153 Rn. 10b; Vormbaum in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Saliger, StGB, 6. Aufl., § 153 Rn. 3; Müller in Münchener Kommentar, StGB, 4. Aufl., § 153 Rn. 4; Bosch/Schittenhelm in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 153 Rn. 4; vgl. zur „Berichtsperson“ auch: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.01.1996 - 1 Ws 107/95 - NStZ 1996, 282, beck-online).
11bb) Soweit die Antragstellerin der Ansicht ist, das Verhalten der Beschuldigten erfülle die Tatbestände der Verleumdung und der üblen Nachrede, erweist sich die Rechtsverfolgung bereits deshalb als aussichtslos, weil es sich bei den vorgenannten Delikten gemäß § 374 Abs. 1 Nr. 2 StPO um Privatklagedelikte, die im Wege eines Klageerzwingungsverfahrens gemäß § 172 Abs. 2 S. 3 StPO nicht verfolgt werden können (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 172 Rn. 2), handelt. Wird einem Beschuldigten ein Privatklagedelikt in Tateinheit mit einem Offizialdelikt vorgeworfen und liegt hinsichtlich des Offizialdelikts – wie vorliegend – kein hinreichender Tatverdacht vor, führt dies zur Unzulässigkeit des Antrags insgesamt (vgl. SenE v. 08.01.2002 - 1 Zs 652/01 - 82 -; SenE v. 28.01.2005 - 1 Zs 2103/04 - 8/05 -; SenE v. 09.03.2007 - 53 Zs 735/06 - 20/07 -; SenE v. 12.01.2016 - III-1 Ws 111/15 - 86 -; SenE v. 12.11.2019 - III-1 Ws 94/19 - 81 -; Modenhauer in Karlsruher Kommentar, StPO, 9. Aufl., § 172 Rn. 40 m.w.N.).
122. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist ungeachtet erheblicher inhaltlicher Mängel bereits deswegen unzulässig, weil er entgegen § 172 Abs. 3 S. 2 StPO nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist.
133. Da der Antrag auf gerichtliche Entscheidung schon als unzulässig verworfen wird, ist eine Kostenentscheidung gemäß § 177 StPO nicht veranlasst (Moldenhauer a.a.O., § 177 Rn. 1).