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Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 05.04.2024 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 72/23 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000,00 € festgesetzt.
Gründe
2I.
3Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen.
4II.
5Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Ihre prozessualen Einwände greifen nicht durch. Die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs liegen ebenfalls vor. Im Einzelnen:
61. Die von der Antragsgegnerin eingewandten prozessualen Aspekte rechtfertigen keine Aufhebung der einstweiligen Verfügung bzw. des Urteils des Landgerichts. Ein Verstoß gegen die Grundsätze der prozessualen Waffengleichheit liegt zwar vor, ist aber geheilt (dazu a.) und auch der Verfügungsgrund ist gegeben (dazu b.).
7a) Ein Verstoß gegen das Gebot der prozessualen Waffengleichheit liegt in der unterlassenen Anhörung der Antragsgegnerin vor Erlass der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht.
8Nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit kommt eine stattgebende Entscheidung über den Verfügungsantrag grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Gegenseite zuvor die Möglichkeit hatte, auf das mit dem Antrag geltend gemachte Vorbringen zu erwidern. Dabei kann jedoch nach Art und Zeitpunkt der Gehörsgewährung differenziert und auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt werden (vgl. BVerfG GRUR 2023, 1478, 1480 Rn. 28 - Mobbing-Vorwürfe). Insbesondere sind, worauf das Bundesverfassungsgericht auch in der vorgenannten Entscheidung verwiesen hat, die Möglichkeiten der Gegenseite in Eilverfahren zu berücksichtigen, die es ihr vorprozessual erlauben, sich zu dem abgemahnten Sachverhalt zu äußern, wenn sichergestellt ist, dass solche Äußerungen dem Gericht vollständig vorliegen. Hierfür kann auch auf die Möglichkeit zur Erwiderung gegenüber einer dem Verfügungsverfahren vorangehenden Abmahnung abgestellt werden. Dies gilt auch mit Rücksicht darauf, dass der Antragsgegner die Möglichkeit hat, eine Schutzschrift zu hinterlegen (vgl. sinngemäß BVerfG GRUR 2018, 1291, 1293 Rn. 34 - Steuersparmodell eines Fernsehmoderators, betreffend einen Gegendarstellungsanspruch).
9Eine solche Abmahnung ging zwar auch dem hier zu beurteilenden Verfügungsantrag voraus (vgl. Anlage AS7, Bl. 57 ff. GA); in der Antragsschrift ist die Abmahnung und die Reaktion der Antragsgegnerin hierauf dargestellt und die Antwort der Antragsgegnerin vollständig vorgelegt worden (S. 12 der Antragsschrift, Bl. 13 GA sowie Anlage AS8, Bl. 73 f. GA). Allerdings müssen in diesem Fall Abmahnung und Antragsschrift im Wesentlichen übereinstimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.04.2022, 1 BvR 812/22 Rn. 23; BVerfG GRUR 2018, 1291, 1293 Rn. 35 - Steuersparmodell eines Fernsehmoderators). Geringfügige Abweichungen sind zwar insbesondere bei der Reichweite des Unterlassungsanspruchs ggf. unschädlich, wenn das mit dem Verfügungsantrag beantragte und - ggf. nach Umformulierung durch das Gericht gem. § 938 Abs. 1 ZPO - schließlich mit der Beschlussverfügung tenorierte Verbot als „Minus“ bereits in dem außergerichtlichen Unterlassungsverlangen enthalten war (vgl. BVerfG GRUR 2023, 1644 Rn. 17 - Balkonkraftwerke).
10Eine geringfügige Abweichung liegt im Streitfall allerdings nicht vor, weil zum einen das Gutachten zur Bekanntheit und Kennzeichnungskraft der Marke der Antragstellerin erst mit der Antragsschrift vorgelegt worden ist und die eidesstattlichen Versicherungen betreffend die Verletzungshandlung ebenfalls erst mit dem Verfügungsantrag bzw. danach eingereicht worden sind. In der Abmahnung selbst wird, was der des Englischen mächtige Senat selbst feststellen kann (§ 185 Abs. 2 GVG), zur behaupteten Verletzungshandlung nur ausgeführt: „Our client has noticed at the ISM 2023 that you offer a product branded „Q. P.““, hat also zu einer entsprechenden Äußerung des Mitarbeiters der Antragsgegnerin zur Lieferung nach Deutschland gegenüber dem beauftragten Detektiv keine Angaben gemacht. Hierbei handelte es sich, wie im Rechtsstreit offenbar geworden ist und auch aus der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Verletzungshandlungen durch Ausstellen auf Messen folgt (vgl. nur BGH GRUR 2010, 1103 - Pralinenform II), jedoch um einen der zentralen Streitpunkte zwischen den Beteiligten. Der Antragsgegnerin war es hierdurch vorgerichtlich weder möglich zu den behaupteten Verletzungshandlungen noch zur Bekanntheit der Marke Stellung zu nehmen.
11Allerdings rechtfertigt, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 14.08.2020, 6 U 4/20 = GRUR-RS 2020, 39315 = WRP 2021, 381 - Dairygold), nicht jeder Verstoß gegen die aus der prozessualen Waffengleichheit folgenden Vorgaben bereits die Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Denn das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass in solchen Fällen - nach ggf. gebotener Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung - unter Berücksichtigung der Rechtsschutzinteressen des Antragstellers zwar eine neuerliche Prüfung der inhaltlichen Berechtigung der einstweiligen Verfügung unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners geboten ist. Es hat aber gerade keine vollständige Aufhebung allein aufgrund des Verfahrensfehlers für geboten erachtet (Beschluss vom 17.06.2020, 1 BvR 1380/20 = GRUR-RS 2020, 13380 Rn. 19 - Verfahren Berlin II). Dementsprechend ist der oben genannte Verstoß infolge der Durchführung des Widerspruchsverfahrens, in dessen Rahmen das Landgericht den Vortrag der Antragsgegnerin zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat, geheilt worden.
12b) Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Die Dringlichkeitsvermutung des § 140 Abs. 3 MarkenG ist insbesondere nicht dadurch erschüttert, dass die Antragstellerin die eidesstattlichen Versicherungen der auf der Messe eingesetzten Detektive erst im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 13.03.2024 vorgelegt hat (Anlage AS 9 und AS10, Bl. 252 ff. GA). Ein Fall der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit, der den Verfügungsgrund entfallen lässt, liegt zwar auch vor, wenn der Antragsteller das anhängige Verfügungsverfahren nicht zügig betreibt (vgl. Fezer/Klopschinski, in: Fezer MarkenR, 5. Aufl. 2023, § 140 Rn. 30m). Allerdings ist insofern zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin erstmals mit dem unter dem 26.02.2024 eingelegten Widerspruch Einwendungen gegen die Verletzungshandlung erhoben hatte, so dass sich die Antragstellerin - die zu diesem Zeitpunkt bereits durch die Beschlussverfügung gesichert war - erst zu diesem Zeitpunkt veranlasst sehen musste, ihren diesbezüglichen Vortrag weiter glaubhaft zu machen. Sie hatte sich hierzu in der Antragsschrift zwar einer nur „mittelbaren“ Glaubhaftmachung durch die eidesstattliche Versicherung der Frau W.-R. (Anlage AS6, Bl. 54 f. GA) bedient, die selbst nicht vor Ort war, hatte hierzu aber bereits den „Detektivbericht“ (Investigator’s report) des Herrn I. vorgelegt (Anlage AS5, Bl. 53 GA), der durch dessen spätere eidesstattliche Versicherung lediglich inhaltlich näher ausgeführt wurde. Eine verzögerliche Verfahrensführung lässt sich insoweit nicht feststellen.
13Der von der Antragsgegnerin (S. 2 des Schriftsatzes vom 10.09.2024, Bl. 210 eA) angenommene Widerspruch zwischen den eidesstattlichen Versicherungen der für die Antragstellerin tätigen Justiziarin W.-R. vom 15.05.2023 (Anlage AS6, Bl. 54 ff. GA) und vom 06.08.2024 (Anlage AS 12, Bl. 204 f. eA) besteht nicht und steht der Annahme der Glaubhaftmachung einer Antragstellung innerhalb der regelmäßig einen Monat nach Kenntnisnahme betragenden Dringlichkeitsfrist folglich nicht entgegen. Denn in der erstgenannten eidesstattlichen Versicherung hat Frau W.-R. im Kontext der Kenntnis von der Verletzungshandlung Ausführungen dazu gemacht, was sich aus dem bei ihr am 09.05.2023 eingegangenen „Investigator’s report“ des Herrn I., der ihr von der O.: übermittelt worden war, ergab, namentlich die Aussage des Mitarbeiters der Antragsgegnerin zur Lieferung nach Deutschland. Sie hat in der jüngeren eidesstattlichen Versicherung vom 06.08.2024 die Abläufe näher dahin beschrieben, dass dem „Investigator’s report“ die von dem Zeugen I. gefertigten Fotos am 27.04.2023 vorausgingen (in Übereinstimmung mit ihrer Schilderung vom 15.05.2023) und (insofern neu gegenüber der bisherigen eidesstattlichen Versicherung) ihr die O.. am 28.04.2023 eine Aufstellung von „verfolgenswerten“ Fällen übermittelt habe, aus der sich auch bereits die Begegnung des Herrn I. mit dem Mitarbeiter U. und dessen Äußerung zur Lieferung nach Deutschland ergeben habe. Diese Mitteilung habe sie dann zum Anlass genommen, eine Abmahnung gegenüber der Antragstellerin aussprechen zu lassen. Diese Schilderungen stehen nicht zueinander in Widerspruch, weil sich der eidesstattlichen Versicherung vom 15.05.2023 und dem (nahezu wortgleichen) Vortrag in der Antragsschrift nicht die Behauptung entnehmen lässt, die Zeugin habe erstmalig durch den am 09.05.2023 eingegangenen „Report“ Kenntnis von der behaupteten Verletzungshandlung erhalten. Vielmehr lässt sich ihre Schilderung zwanglos mit den bereits in der Antragsschrift geschilderten zeitlichen Abläufen überein bringen, wonach am 03.05.2023 eine Abmahnung gegenüber der Antragsgegnerin ausgesprochen wurde. Dies wäre bei Kenntnis erst durch den „Report“ am 09.05.2023 bereits zeitlich ausgeschlossen gewesen, fügt sich aber dazu, dass die Zeugin, wie sie in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 06.08.2024 geschildert hat, unter dem 28.04.2023 bereits von den Wahrnehmungen des Zeugen I. erfahren hatte.
14Entsprechendes gilt für die ergänzenden Angaben der Frau W.-R., die diese im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemacht hat, wozu sogleich näher auszuführen ist.
152. Der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin ergibt sich aus §§ 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1, 2 und 4, Abs. 5 S. 1 und 2 MarkenG. Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht von Erstbegehungsgefahr ausgegangen (dazu a.). Auch die übrigen Voraussetzungen liegen vor (dazu b.).
16a) Die Antragstellerin hat jedenfalls unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen ihrer zuständigen Justitiarin, Frau W.-R., im Termin zur mündlichen Verhandlung glaubhaft gemacht, dass die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Erstbegehungsgefahr besteht.
17Die Antragstellerin begehrt ein Verbot des Anbietens und Inverkehrbringens des Produkts der Antragsgegnerin in Deutschland.
18Zwar ist das Anbieten i.S. des § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG in einem wirtschaftlichen Sinn zu verstehen; Werbemaßnahmen, bei denen zum Erwerb der beworbenen Produkte aufgefordert wird, können die Anforderungen an das Anbieten erfüllen (vgl. BGH GRUR 2010, 1103 Rn. 22 - Pralinenform II). Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch, wie er vorliegend allein in Betracht kommt, setzt indes ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten. Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind (BGH, a.a.O., Rn. 23). Angesichts des Umstandes, dass die ISM gerichtsbekannt international ausgerichtet ist und sich an ein Fachpublikum, nicht aber an Endverbraucher, richtet, liegt es auch nicht - im Sinne greifbarer Anhaltspunkte - von vornherein auf der Hand, dass die dort ausgestellten Produkte in Deutschland angeboten oder in den Verkehr gebracht werden sollen. Ein entsprechender allgemeiner Erfahrungssatz, wonach auf Messen ausgestellte Produkte im Inland vertrieben werden sollen, besteht nicht (vgl. hierzu BGH GRUR 2015, 603 Rn. 21 ff. - Keksstangen). Für international ausgerichtete Fachmessen ist es charakteristisch, dass sich dort Aussteller aus verschiedenen Staaten an in- und ausländische Interessenten wenden. Bei solchen Messen geht es mithin gerade auch um die Anbahnung von Geschäftsbeziehungen zwischen ausländischen Parteien ohne Inlandsbezug (vgl. BGH GRUR 2017, 793 Rn. 25 - Mart-Stam-Stuhl).
19Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, wofür im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens die überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist (BGH NJW 1996, 1682), dass ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin gegenüber den aus dem Konzern der Antragstellerin heraus beauftragten Detektiven geäußert hat, dass die Antragsgegnerin das Produkt „Q. P.“ auf Anfrage auch nach Deutschland liefern werde.
20Dieser Geschehensablauf ist durch die eidesstattlichen Versicherungen der Herren I. und C. (Anlagen AS 9 und AS 10, Bl. 252 ff. GA) belegt. Solche Verkaufsgespräche können anerkanntermaßen ein Indiz für eine entsprechende Absicht darstellen (vgl. nur A. H., in: Ingerl/Rohnke/H., MarkenG, 4. Aufl. 2023, § 14 Rn. 225a sowie aus der Rechtsprechung BGH GRUR 2019, 196 Rn. 13 - Industrienähmaschinen). Diese Zeugen haben eine entsprechende Äußerung eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin, ausweislich der fotografierten Visitenkarte der Zeuge U., übereinstimmend bestätigt.
21Jedenfalls durch die Angaben der Frau W.-R. im Termin vom 27.09.2024 hat die Antragstellerin etwaige Zweifel an den Angaben der Detektive, die sich aus denkbaren Kommunikationsschwierigkeiten angesichts der verschiedenen Muttersprachen der Beteiligten oder potenziell missverstandenen Zuordnungen der Äußerungen zum konkreten Produkt sowie einer Fülle von verfolgten Fällen, innerhalb derer „Ausreißer“ im Sinne falsch erinnerter Gespräche nicht auszuschließen sind, mit für den Senat überzeugenden Ausführungen widerlegt. Sie hat bekundet, dass die eingesetzten Detektive, mit denen eine längere Zusammenarbeit bestehe und die daher erfahren in der Feststellung von Rechtsverletzungen seien, bereits im Vorhinein Schulungen speziell mit Blick auf die für eine rechtssichere gerichtliche Weiterverfolgung etwaiger Marken- oder sonstiger Rechtsverstöße erforderlichen Feststellungen stattfänden. Darüber hinaus sei auch sie als Justitiarin an dem verfahrensgegenständlichen Messegeschehen dahin beteiligt gewesen, dass sie eine Art „Vorsortierung“ der als Verletzungshandlung in Betracht kommenden - per A. an sie übersandten - Fotos vorgenommen habe und den Detektiven vor Ort gleichsam in Echtzeit Weisungen erteilt habe, welche der fotografierten Stände zwecks Überprüfung der Lieferbereitschaft nach Deutschland bzw. zwecks Fertigung besserer Fotos näher überprüft oder noch einmal aufgesucht werden sollten. In diesen Fällen seien die Detektive gehalten, speziell mit Blick auf das inkriminierte Produkt die Lieferbarkeit nach Deutschland zu erfragen und diese Erkenntnisse sodann zeitnah in einem von ihr konzipierten „Investigator’s Report“ festzuhalten. Die Detektive würden auf Tagessatzbasis und nicht nach „Treffern“ bezahlt; zudem sei diesen infolge der Schulungen und teilweise infolge vergangener Gerichtstermine klar, dass ihre Feststellungen vor Ort spätestens im Rahmen eines Gerichtsverfahrens einer kritischen Überprüfung standhalten müssten. Zweifel an den Angaben der Frau W.-R. hat der Senat nicht. Diese hat die Abläufe ruhig und besonnen sowie um Exaktheit und Präzision bemüht dargestellt und war erkennbar darauf bedacht, nur solche Angaben zu machen, die Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung waren. Sie war auf Nachfrage in der Lage, ihre Angaben zu ergänzen und hat ihre Vorgaben plastisch geschildert, wenn sie etwa die Anweisung an ihren mit den Detektivschulungen befassten italienischen Kollegen S. M. mit den Worten wiedergegeben hat: „Sag den Detektiven, alles andere [gemeint: Wahrnehmungen, die nicht gesichert sind und nicht zeitnah im Report festgehalten werden] ist Müll!“. Diese Angaben fügen sich zudem zu den bisherigen Ausführungen im Rahmen ihrer eingereichten eidesstattlichen Versicherungen und ergänzen sie.
22Bei dieser Sachlage sieht es der Senat als überwiegend wahrscheinlich an, dass eine entsprechende Aussage gefallen ist. Die Antragsgegnerin hat zwar eine hierzu in Widerstreit stehende eidesstattliche Versicherung ihres Mitarbeiters U. vorgelegt (Anlage AG1, Bl. 230 GA). Diese ist aber unter den Umständen des Streitfalls nicht geeignet, die Angaben der Antragstellerin zu widerlegen. Es kann dahinstehen, ob die von dem Landgericht angeführten Gesichtspunkte, die es bewogen haben, den eidesstattlichen Versicherungen der Detektive der Antragstellerseite mehr Glauben zu schenken, sämtlich uneingeschränkt tragfähig sind. Denn jedenfalls bei einer Gesamtschau der Interessenlage einerseits (bei der Antragsgegnerin handelt es sich um ein expandierendes Unternehmen, das, wie aus der jüngsten Fassung ihrer Webseite hervorgeht, auch auf dem deutschen Markt Fuß fassen will) und den oben beschriebenen besonderen Vorkehrungen, die die Antragstellerseite getroffen hat, um irrtümliche Falschbelastungen zu vermeiden andererseits, hält es auch der Senat für wahrscheinlicher, dass der Mitarbeiter U. der Antragsgegnerin sich in der von der Antragstellerin behaupteten Weise geäußert und zu einer Lieferung nach Deutschland bereit erklärt hat. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin sich erstmals im - erst drei Monate nach Zustellung der einstweiligen Verfügung eingelegten - Widerspruch auf eine entsprechende Angabe ihres Mitarbeiters berufen hat, während sie in ihrer Antwort auf die Abmahnung nur abstrakt die „Keksstangen“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs ins Feld geführt hatte, obwohl es für die damals bereits anwaltlich beratene Antragsgegnerin erkennbar sinnvoll gewesen wäre, sich schon zu diesem Zeitpunkt auf eine konkrete gegenteilige Erkenntnis ihres Mitarbeiters zu stützen. Auch wenn dies für sich genommen noch erklärbar sein mag, rechtfertigt es jedenfalls in einer Gesamtschau mit den weiteren Umständen die Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Angaben der Antragstellerin.
23Die hiergegen im Termin erhobenen Einwände der Antragsgegnerin verfangen nicht.
24Die vorgenannten Ausführungen der Frau W.-R. zu der Ausgestaltung der Abläufe bei der Feststellung von Rechtsverletzungen sind insbesondere nach Maßgabe der §§ 529, 531 ZPO zu berücksichtigen, obwohl sie jedenfalls in diesem Detaillierungsgrad erstmals im Berufungsverfahren gehalten worden sind. Es kann dahinstehen, ob sie als neu im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anzusehen sind oder ob es sich lediglich um Konkretisierungen bereits erstinstanzlich gehaltenen Sachvortrags handelt, die nicht unter diese Vorschrift fallen. Denn auch bei Einordnung als neu ist der Vortrag der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen. Die Frage der Anwendbarkeit der §§ 529, 531 ZPO im Verfügungsverfahren ist zwar umstritten (vgl. nur Schwippert, in: Peifer, Großkommentar zum UWG, 3. Aufl. 2022, § 12 Rn. 225 sowie Cassardt, in: Cepl/Voß, Prozesskommentar Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 3. Aufl. 2022, § 530 Rn. 18), wobei nach Auffassung des Senats eine differenzierende Betrachtung geboten ist und jedenfalls an den Vortrag zur fehlenden Nachlässigkeit (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (Senat, GRUR-RR 2018, 207, 211 Rn. 80 - Jeanshose mit V-Naht). Gemessen hieran bestand für die erstinstanzlich obsiegende Antragstellerin vor den Ausführungen des Senats zur möglicherweise fehlenden bzw. nicht ausreichend glaubhaft gemachten Erstbegehungsgefahr kein Anlass zu weiterem Vortrag; sie hat diesen unverzüglich nach Kenntnisnahme der Bedenken des Senats ergänzt und auch sogleich glaubhaft gemacht, weshalb Nachlässigkeit nicht anzunehmen ist. Als dringlichkeitsschädlich ist das Vorgehen der Antragstellerin aus gleichen Erwägungen ebenfalls nicht anzusehen.
25Auch konnte die eidesstattliche Versicherung im Termin vor dem Senat wirksam abgegeben und protokolliert werden, da diese auch mündlich erklärt werden kann (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 294 Rn. 4 m.w.N.); darüber hinaus wäre die Aussage von Frau W.-R. jedenfalls auch als solche einer präsenten Zeugin vom Senat zu verwerten gewesen.
26Die inhaltlichen Einwände der Antragsgegnerin gegen die Belastbarkeit der von Frau W.-R. geschilderten Abläufe greifen ebenfalls nicht durch. Die nicht erfolgte Vorlage von Notizen der Detektive durch die Antragstellerin ist deshalb unschädlich, weil durch die bereits geschilderte engmaschige Begleitung der Messebesuche der Detektive durch Frau W.-R. und die übrigen organisatorischen Vorkehrungen sichergestellt war, dass keine Zweifel daran bestanden, welche Fälle zur näheren Prüfung vorgesehen waren und dass diese zeitnah in dem einheitlichen Investigator’s Report festgehalten wurden. Vor diesem Hintergrund kann es auch nicht überzeugen, wenn die Antragsgegnerin meint, bei einer Messe wie der ISM könnten sich die Detektive nicht an Einzelfälle erinnern und daher auch keine - wie geschehen - detaillierte eidesstattliche Versicherung mehr abgeben, zumal es, wie von Frau W.-R. geschildert, nur in acht Fällen tatsächlich zu einer Weiterverfolgung der Vorgänge und einer entsprechenden Dokumentation kam. Soweit die Antragsgegnerin die Art der Honorierung der Detektive mit Nichtwissen bestritten hat, ist dies zwar zulässig, da diese nicht Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung ist. Angesichts der keinen Zweifeln unterliegenden eidesstattlichen Versicherung der Frau W.-R. vor dem Senat ist die Antragstellerin jedoch ihrer diesbezüglichen Glaubhaftmachungslast nachgekommen. Ein mögliches Eigeninteresse der Detektive an einer weiteren Beauftragung infolge „erfolgreicher“ Tätigkeit muss zwar im Ausgangspunkt in Rechnung gestellt werden, ist aber unter den Umständen des Streitfalls angesichts der Abläufe zu vernachlässigen. Denn die Detektive müssten nach den glaubhaften Schilderungen der Zeugin W.-R. im Gegenteil befürchten, nicht mehr beauftragt zu werden, wenn sie „falsch positive“ Reports erstellten, die einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhielten und so auch geeignet wären, die Reputation der Antragstellerin als eines namhaften Unternehmens negativ zu beeinflussen.
27b) Der markenrechtliche Unterlassungsanspruch besteht auch im Übrigen unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr, § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 MarkenG.
28aa) Die Antragstellerin ist aktivlegitimiert.
29Vom Bestand der Klagemarke ist angesichts deren Eintragung, wie die Berufung auch einräumt, nach der ständigen Rechtsprechung im Verletzungsprozess auszugehen. Bis zu einer rechtskräftigen Löschungsanordnung besteht die Schutzrechtslage und damit die Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung der Marke unverändert fort; allenfalls kommt - unter hier nicht vorliegenden Voraussetzungen - eine Aussetzung des Verletzungsverfahrens in Betracht (vgl. BGH GRUR 2014, 1101 Rn. 20 - Gelbe Wörterbücher; BGH GRUR 2016, 197 Rn. 21 - Bounty).
30Auch gegen die vom Landgericht angenommene rechtserhaltende Benutzung (§§ 25, 26 MarkenG) ist nichts einzuwenden. Sie liegt vor, wenn die Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (vgl. nur BGH GRUR 2021, 1389 Rn. 15 - Bewässerungsspritze II). Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, ist eine solche Nutzung durch den umfangreichen Vertrieb von entsprechend gekennzeichneten Produkten durch die Antragstellerin in Verbindung mit dem Gutachten in Anlage AS3 glaubhaft gemacht. Ausweislich dessen waren 68% aller Befragten der Auffassung, dass die Abbildung „F.“ im Zusammenhang mit Süßwaren auf ein ganz bestimmtes Unternehmen hinweise (dort S. 7, Bl. 30 GA). Die „F.“ wird hiernach gerade nicht als reines „Ornament“ wahrgenommen.
31bb) Das Landgericht ist zutreffend von einer markenmäßigen Benutzung der Klagemarke auf der beanstandeten Verpackung der „Q. P.” ausgegangen.
32Die Feststellung einer Markenbenutzung im Sinne einer Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG setzt grundsätzlich voraus, dass die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig erfolgt, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. BGH GRUR 2005, 414, 415 - Russisches Schaumgebäck). Wie der Senat bereits entschieden hat, ist bei der Verwendung fremder Marken als Bestandteil einer angegriffenen Gesamtkennzeichnung eine besonders kritische Sicht angezeigt und sollte nur in eindeutigen Fällen eine markenmäßige Benutzung verneint werden (Senat GRUR-RR 2009, 335, 336 - Power Moon).
33Gemessen hieran liegt eine markenmäßige Benutzung vor. Denn die von der Antragsgegnerin abgewandelt (in einem Schwung statt in mehreren) verwendete F. auf K. Hintergrund wird von den angesprochenen Verkehrskreisen, was der Senat selbst beurteilen kann und durch die Verkehrsbefragung in Anlage AS3 bestätigt wird, nicht lediglich als schmückendes Beiwerk oder als Zierrat, sondern herkunftskennzeichnend verstanden. Die angesprochenen Verkehrskreise sind nach der allgemeinen Lebenserfahrung daran gewöhnt, dass bildliche Gestaltungselemente einschließlich geometrischer Formen und Farben auf den Verpackungen der Antragstellerin im Wesentlichen gleichbleibend, d.h. nicht willkürlich und beliebig variierend, sondern bewusst zur Unterscheidung von Süßwaren anderer Herkunft eingesetzt werden (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BGH GRUR 2002, 171, 173 - Marlboro-Dach).
34cc) Zutreffend ist auch die Bejahung von Verwechslungsgefahr durch das Landgericht.
35Die Frage, ob Verwechslungsgefahr iSv § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH GRUR 2020, 870, 872 Rn. 25 - INJEKT/INJEX; BGH GRUR 2020, 1202 Rn. 19 - YOOFOOD/YO, je m.w.N.).
36Die Antragsgegnerin führt insofern zwar zu Recht aus, dass bei dem gebotenen Zeichenvergleich die Klagemarke lediglich in ihrer eingetragenen Form (und nicht in dem Gesamtbild der Verpackung) dem Produkt der Antragsgegnerin in der konkreten Verletzungsform gegenüberzustellen ist. Denn für den Umfang des Schutzes einer eingetragenen Marke ist der Gegenstand der Eintragung maßgeblich (vgl. nur BGH GRUR 2007, 235 Rn. 21 - Goldhase), während die konkrete Fassung der jeweiligen angegriffenen Bezeichnung maßgebend ist (vgl. BGH GRUR 2013, 1239 Rn. 31 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion). Dies führt im Streitfall jedoch nicht aus der Verwechslungsgefahr heraus.
37Es stehen sich folgende Zeichen gegenüber:
38„Bilddarstellung wurde entfernt“„Bilddarstellung wurde entfernt“
39Zunächst besteht Warenidentität oder zumindest hochgradige Ähnlichkeit, da die Antragsgegnerin ebenfalls E., lediglich in anderer Geschmacksrichtung, anbietet. Auch ist mit dem Landgericht von einer hohen bzw. überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft (zur Terminologie vgl. BGH GRUR 2013, 833, 838 Rn. 55 - Culinaria/Villa Culinaria) auszugehen, nachdem die Verkehrsbefragung in Anlage AS3 eine erhebliche Bekanntheit der Klagemarke ergeben hat und von fast 64% aller Befragten spontan dem Unternehmen der Antragstellerin zugeordnet wurde (S. 7 der Anlage AS3, Bl. 30 GA).
40Die Antragsgegnerin kann hiergegen nicht einwenden, dass die Antragstellerin die Klagemarke nicht isoliert, sondern in Verbindung mit anderen Gestaltungselementen bzw. einer Wortmarke (G.) einsetzt. Der Erfahrungssatz, dass bei kombinierten Wort-/Bildmarken erfahrungsgemäß dem Wortbestandteil eine höhere Kennzeichnungskraft zukommt, ist nicht uneingeschränkt verallgemeinerungsfähig (BGH GRUR 1989, 425, 427 - Herzsymbol; BGH GRUR 2002, 171, 174 - Marlboro-Dach) und im Streitfall dadurch widerlegt, dass die „F.“, wie gerade ausgeführt, von nahezu 2/3 der angesprochenen Verkehrskreise in der Verkehrsbefragung (Anlage AS3) schon für sich genommen als Herkunftshinweis aufgefasst wurde. Insofern ist es gerade nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung erhält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (vgl. BGH GRUR 2009, 772, 776 Rn. 57 - Augsburger Puppenkiste). Soweit die Berufung die letztgenannte Entscheidung zu ihren Gunsten anführt, führt dies schon deshalb nicht zum Erfolg, weil der dort zu beurteilende Sachverhalt ein anderer war. Denn im Fall des Bundesgerichtshofs trat bei der Wortmarke „Augsburger Puppenkiste“ der geografische Bestandteil nicht in den Hintergrund, war aber für sich genommen - wie auch der Begriff „Puppenkiste“ - kennzeichnungsschwach (BGH, a.a.O., Rn. 60). Dies trifft auf die Klagemarke jedoch nicht zu.
41Dabei hat im Streitfall außer Betracht zu bleiben, dass die Antragsgegnerin die „F.“ - ebenso wie die Antragstellerin - nicht als einziges Herkunftskennzeichen verwendet, sondern sich bei der Gestaltung der zur konkreten Verletzungsform gemachten Produktverpackung einer Vielzahl weiterer Elemente („Zitat wurde entfernt“) bedient hat. Denn diese Elemente stehen nach der Verkehrsauffassung einer Ähnlichkeit nicht entgegen. Zu prüfen ist in solchen Konstellationen einer Kombination von mehreren Zeichen im Einzelfall, in welchem markenmäßig bedeutsamen Gesamtzusammenhang die als verwechselbar beanstandete Kennzeichnung benutzt wird. Dieser ergibt sich aus der in Bezug genommenen konkreten Verletzungsform, die im Streitfall aus Wort- und Bildbestandteilen besteht (vgl. hierzu BGH GRUR 2002, 171, 174 - Marlboro-Dach). Demnach stehen einander die farbig eingetragene Bildmarke der Antragstellerin und die konkreten, aus Wort- und (farbigen) Bildbestandteilen bestehenden Gestaltungen der Verpackungen der mit der Marke „Q. P.“ der Antragsgegnerin versehenen Produktverpackungen einander gegenüber. Insofern kommt es maßgeblich darauf an, ob die angegriffene Gestaltung vom angesprochenen Verkehr wie bei einem Gesamtzeichen im Zusammenhang wahrgenommen wird oder ob - möglicherweise auf Grund bestimmter Werbemaßnahmen oder auf Grund bestimmter Kennzeichnungsgewohnheiten, z.F. der häufigen Verwendung von Zweitmarken allgemein oder insbesondere auf dem in Frage stehenden Warengebiet - der Verkehr daran gewöhnt ist, in einer Gesamtaufmachung wie den angegriffenen Verpackungen einzelnen Elementen eine eigenständige, von der Kennzeichnungsfunktion anderer Bestandteile unabhängige Kennzeichnungsfunktion zuzuerkennen (BGH GRUR 2002, 171, 174 - Marlboro-Dach; vgl. auch BGH GRUR 2008, 1002, 1003 Rn. 19 - Schuhpark sowie Boddien, in: Ingerl/Rohnke/H., MarkenG, 4. Aufl. 2023, § 14 Rn. 828).
42Gemessen hieran sind die obigen Wertungen zur selbstständig kennzeichnenden Wirkung der Klagemarke auch auf die Wirkung, die die angegriffene Gestaltung auf den Betrachter ausübt, zu übertragen. Denn die angesprochenen Verkehrskreise werden, was der Senat selbst feststellen kann, da er zu diesen Verkehrskreisen zählt, die „F.“ der Antragsgegnerin trotz deren teilweiser Verdeckung durch andere Gestaltungselemente gleichwohl als eigenständiges Element wahrnehmen und sie als herkunftshinweisend verstehen; dies wird bestätigt durch die Verkehrsbefragung in Anlage AS3. Die Antragstellerin verwendet, wie sich aus Anlage AS2 (Bl. 23 GA) ergibt, die Marke zudem ohne weitere Wortbestandteile auch auf den Umkartons, in denen die Einzelpackungen dem Verbraucher im Supermarktregal begegnen, so dass von einer entsprechenden Verkehrsgewöhnung auszugehen ist:
43„Bilddarstellung wurde entfernt“,
44Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (BGH GRUR 2008, 1002,Rn. 33 - Schuhpark).
45Allerdings ist der Grad der Zeichenähnlichkeit im Streitfall als unterdurchschnittlich anzusetzen, weil die von der Antragsgegnerin verwendete Welle in einem Schwung ausgeführt ist und ihr auch die zwei Tropfen (einer groß, einer klein), die die B. als Bestandteil der Produkte repräsentieren, fehlen. Jedoch kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch eine große Unterscheidungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 24.03.2011, C-552/09 P, BeckRS 2011, 80284 Rn. 65 - X. ./. HABM = Slg. I-2011, 2068). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Es liegt ein Fall der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne vor. Denn zwar reichen bloße Assoziationen an ein fremdes Kennzeichen nicht aus. Besondere Umstände für die Annahme wirtschaftlicher oder organisatorischer Zusammenhänge liegen aber regelmäßig vor, wenn eine Marke in ein zusammengesetztes Kennzeichen übernommen wird, in der sie neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung beibehält (vgl. BGH GRUR 2020, 1202, 1205 Rn. 39 - YOOFOOD/YO). So liegt es auch hier, nachdem sowohl die Kennzeichnungskraft hoch ist als auch Warenidentität besteht. Die angesprochenen Verkehrskreise werden daher annehmen, dass wirtschaftliche oder organisatorische Zusammenhängen zwischen den Zeicheninhabern bestehen, weil sie der „F.“ innerhalb der weiteren von der Antragsgegnerin angebrachten Kennzeichnungen eigenständige und herkunftshinweisende Bedeutung beimessen, was durch die von der Antragstellerin vorgelegte Verkehrsbefragung (Anlage AS3) glaubhaft gemacht ist. Zwar erscheint die Welle in der angegriffenen Produktgestaltung weniger dominant und ruhiger als die Klagemarke; der angesprochene Verkehr hat sich aber, wie ausgeführt, im Bereich der hier in Rede stehenden Süßwaren an eine eigene herkunftshinweisende Funktion dieses Gestaltungselements gewöhnt. Er wird es daher innerhalb der übrigen Produktgestaltung wahrnehmen und es dahin deuten, dass es sich um ein Produkt eines Unternehmens handelt, das mit der Antragstellerin wirtschaftlich verbunden ist. Auch der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung „Stofffähnchen“ (BGH GRUR 2009, 766, 772 Rn. 70) angenommen, dass bei gesteigerter Kennzeichnungskraft der Klagemarke und bestehender Warenidentität - wie hier - die Verwendung eines ähnlichen Zeichens auch dann Verwechslungsgefahr begründen kann, wenn es zusammen mit einem (von den Produkten des Anspruchstellers abweichenden) Markennamen erscheint (vgl. hierzu auch grundlegend EuGH GRUR 1998, 387, 390 Rn. 24 - Springende Raubkatze).
46III.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die im Termin erfolgten Darlegungen der Antragstellerin zum konkreten Ablauf der Feststellung der Verletzungshandlung rechtfertigen nicht die Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO. Zwar erfasst diese Vorschrift grundsätzlich auch die vorliegende Konstellation, in der die Antragstellerin als Rechtsmittelgegnerin infolge (unterstellt:) neuen Vorbringens im zweiten Rechtszug das Rechtsmittel erfolgreich abwehrt (vgl. nur Herget, in: Zöller, a.a.O., § 97 Rn. 14 m.w.N.). Allerdings hatte die Antragstellerin, wie oben ausgeführt, infolge ihres erstinstanzlichen Obsiegens zuvor keinen Anlass ergänzend zu dieser Frage vorzutragen, weshalb es jedenfalls am für die Anwendung der Vorschrift erforderlichen Verschulden fehlt (vgl. hierzu Göertz, in: Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl. 2024, § 97 Rn. 43).
48Dieses Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.