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Die Berufung der Klägerin gegen das am 03.04.2024 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 134/23 - wird zurückgewiesen.
Aufgrund der Rücknahme der Widerklage ist die Verurteilung der Klägerin unter Ziff. III des am 03.04.2024 verkündeten Urteils der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 134/23 - zur Zahlung von 4.105,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit 16.05.2023 wirkungslos geworden.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin hat die Beklagte wegen verschiedener Werbeaussagen für das u.a. ein natürliches hochkonzentriertes Spezialextrakt aus der Tomate enthaltende Nahrungsergänzungsmittel „D.“ auf Verpackung und Beipackzettel, wegen des Inverkehrbringens des Produktes mit einer bestimmten Kennzeichnung der Pflichtangaben nach § 4 Abs. 2 NemV und wegen der Abgabe des Produktes als solchem auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Die Beklagte hat widerklagend Zahlung von Kosten für die Abwehr der Abmahnung verlangt. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Köln vom 03.04.2024 Bezug genommen.
4Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verpflichtet. Die Klage auf Erstattung von Abmahnkosten hat die Kammer abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Abmahnung der Klägerin genüge nicht den formalen Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 UWG, so dass die Widerklage Erfolg habe.
5Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufungen eingelegt.
6Die Beklagte hat unter dem 24.09.2024 ihre Berufung zurückgenommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.09.2024 hat sie außerdem die Widerklage zurückgenommen.
7Die Klägerin hat sich ursprünglich gegen die Abweisung ihrer Klage auf Zahlung von 4.886,02 € Abmahnkosten und gegen die Verurteilung zur Zahlung von 4.105,90 € gewandt. Nach Rücknahme der Widerklage hält sie ihren Zahlungsanspruch aufrecht. Sie rügt, dass das Landgericht von zu engen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sei, die weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG in Einklang stünden. Die Parteien seien miteinander bekannt und der Beklagten damit klar, dass sie, die Klägerin, mit der Abmahnung nicht primär ein finanzielles Interesse verfolge. Ihre Aktivlegitimation ergebe sich aus der in der Abmahnung angeführten Entscheidung des OLG Frankfurt. Insoweit sei es reiner Formalismus, Angaben zur Größenkategorie der Zahl der Verkäufe zu fordern, die nach der Gesetzesbegründung nicht dargelegt werden müssten, sondern nur als ein Beispiel angeführt würden.
8Die Klägerin beantragt sinngemäß,
9unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung Ziff. II des Tenors aufzuheben und wie folgt neu zu fassen:
10Die Beklagte wird verurteilt, 4.886,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Berufung zurückzuweisen.
13Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
14II.
15Die zulässige Berufung der Klägerin hat nach Rücknahme der Widerklage in der Sache keinen Erfolg.
161. Aufgrund der Rücknahme der Berufung der Beklagten ist die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Unterlassungsverurteilung gemäß Ziff. I des Tenors rechtskräftig. Es stellt sich auch nicht mehr die Frage, ob die vom Landgericht angeordnete Sicherheitsleistung hinsichtlich der Unterlassung zu hoch gegriffen ist.
172. Die Rücknahme der Widerklage hat zur Folge, dass das Urteil des Landgerichts hinsichtlich der Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 4.105,90 € nebst Zinsen - Ziffer III des Tenors - wirkungslos geworden ist, § 269 Abs. 3 ZPO.
183. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 4.886,02 € aus § 13 Abs. 3 UWG, da ihr Abmahnschreiben vom 25.08.2023 (Anl. K9) nicht den formellen Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG genügt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen. Die Einwände der Klägerin überzeugen nicht.
19Was eine Abmahnung inhaltlich enthalten muss, ist durch § 13 Abs. 2 UWG 2020 im Sinne von Mindestanforderungen erstmals gesetzlich geregelt worden, wobei es schon zuvor zu einer Abmahnung gehört hatte, dass der Abmahnende seine Sachbefugnis darlegt, also kundtut, warum er sich für berechtigt hält, den beanstandeten Verstoß zu verfolgen. Der Gesetzgeber hat sich an der Neuregelung des § 97a Abs. 2 UrhG orientiert, deren Evaluation ergeben habe, dass präzisere Angaben in der Abmahnung den Abgemahnten eine bessere Einschätzung ihrer Position erlaube (s. KBF-Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 13 Rn. 12; Ahrens in: Büscher, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 9; BT-Drs. 19/12084, Seite 31). Nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG müssen in der Abmahnung klar und verständlich die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 UWG angegeben werden. Es geht um die Grundlagen der Gläubigerposition des Abmahners. Diese müssen bei einem Mitbewerber nicht nur ergeben, dass er als Unternehmer zu dem Abgemahnten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht, erforderlich sind darüber hinaus auch Angaben zur Marktstellung. Mit Blick auf § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG in der aufgrund des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs seit Dezember 2021 geltenden Fassung müssen Mitbewerber Angaben darüber machen, dass sie in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen, z.B. durch Größenkategorien der Zahl der Verkäufe oder ähnlichem (BT-Drs. 19/12084, Seite 26 und 31; KBF-Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 13 Rn. 14, § 8 Rn. 3.29a; außerdem muss nach der Gesetzesbegründung für § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG die Größenordnung der Marktstellung in angemessener Relation zur Anzahl der ausgesprochenen Abmahnungen stehen, was dafür sprechen könnte, zudem eine Angabe zur Zahl der Abmahnungen in den letzten Monaten zu verlangen, s. Ahrens in: Büscher, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 17). Aus der Verschärfung der Anforderungen an die Anspruchsberechtigung in § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG folgt im Rahmen des § 13 Abs. 2 UWG eine Steigerung der Darlegungslast (s. KBF-Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 13 Rn. 14). Die Ansicht der Klägerin, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG verlange keinen Begründungsformalismus, kann insoweit nicht beigetreten werden, als nach dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung der Abmahnende den Anspruch aus § 13 Abs. 3 UWG eindeutig nur dann hat, wenn er die formellen Anforderungen nach § 13 Abs. 2 UWG erfüllt (BT-Drs. 19/12084, Seite 31). Der Wille des Gesetzgebers kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass unter Hinweis auf Sinn und Zweck der Verschärfung des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG – Verringerung der Zahl der potentiellen Anspruchsberechtigten und damit der Gefahr, dass Abmahnungen primär aus finanziellen Interessen ausgesprochen werden (s. BT-Drs. 19/12084, Seite 26) – auf die geforderten klaren und verständlichen Angaben in der Abmahnung verzichtet und stattdessen daran angeknüpft wird, was der abgemahnten Partei möglicherweise schon bekannt ist oder sie wissen könnte. Vortrag allein zur Stellung als Mitbewerber ist für einen Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG jedenfalls nicht ausreichend. Erforderlich ist daneben auch zumindest ansatzweise Vortrag zur eigenen Geschäftstätigkeit. Erst dann stellt sich die Frage nach dem gebotenen Umfang und inwieweit nicht allzu strenge Anforderungen zu stellen sein mögen.
20Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in der Abmahnung überhaupt keine Angaben dazu gemacht, in welchem Umfang sie ihre Waren vertreibt. Sie hat lediglich angeführt, bekanntermaßen eine Mitbewerberin der Beklagten zu sein, und insoweit auf den Beschluss des OLG Frankfurt vom 13.03.2023 im Verfahren 6 W 80/22 verwiesen. Aus dessen in der Abmahnung zitierten Feststellungen ergibt sich jedoch ebenfalls nichts zu Umfang und Dauer der Geschäftstätigkeit der Klägerin, auch nichts aus den sonstigen Ausführungen des OLG Frankfurt in dem als Anlage K11 vorgelegten Beschluss. Die Klägerin hatte in jenem Verfahren nicht auf der Aktivseite gestanden. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass sich die Passivlegitimation der Klägerin im Verfahren vor dem OLG Frankfurt nach anderen Kriterien richtete als die Klagebefugnis im vorliegenden Verfahren. Daraus, dass die Gesetzesbegründung Angaben zur Größenkategorie der Verkaufszahlen als eine nur beispielhafte Möglichkeit nennt, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten, da sie in der Abmahnung auch nichts Anderes dafür vorgetragen hat, dass sie Waren in nicht unerheblichem Maße vertreibt.
21III.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
23Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.
24Gegenstandswert für das Berufungsverfahren:
25bis zum 24.09.2024 408.991,92 €,
26danach 4.886,02 €.