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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 14.02.2024 – 84 O 132/23 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zur Klarstellung insgesamt wie folgt gefasst wird:
I. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft betreffend den Zeitraum bis einschließlich 31.12.2023 zu erteilen, in welchem Umfang und für welchen Zeitraum die Beklagte die nachfolgend aufgeführte Handlung begangen hat, und zwar aufgeschlüsselt nach Gegenstand der Verkaufsangebote, nach Zeitpunkt und Menge der verkauften Artikel sowie nach Verkaufspreisen:
Ein angebotenes Marken-Lebensmittel mit einem Zugabeartikel zu versehen, der mit einer eigenen Marke der Beklagten gekennzeichnet ist („Y. Erfrischungstuch“), und in den Verkaufsangeboten wahrheitswidrig den Eindruck erweckt, das jeweilige Lebensmittel trage die Marke des Zugabeartikels („Y.“), wie insgesamt geschehen nach Anlage K 5 des Urteils;
II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der diesem durch die Verletzungshandlungen nach Ziffer I. bis einschließlich 31.12.2023 entstanden ist.
III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.501,18 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2023 zu bezahlen Zug um Zug gegen Erteilung einer dem Umsatzsteuergesetz entsprechenden Rechnung.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz und des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Dieses und das angefochtene Urteil sind – nach Maßgabe der vorstehenden Änderungen - vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:
bis zum 08.04.2024: 48.000,00 €
danach: 6.000,00 €.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
2I.
3Die Parteien streiten um von dem Kläger angenommene Verstöße der Beklagten gegen lebensmittelrechtliche Informationsvorschriften sowie behauptete Verstöße gegen das Irreführungs- und Behinderungsverbot des UWG auf der Plattform B.
4Der Kläger vertrieb bis zum 31.12.2023 als Händler auf B. zahlreiche Produkte aus dem Lebensmittelbereich, insbesondere Würzsaucen, Nudeln, Snacks und Naschwaren im weitesten Sinne. Darüber hinaus betrieb er den Webshop www.P.com, auf dem er ebenfalls die vorgenannten Waren verkauft. Seit dem 01.01.2024 hat der Kläger seine Einzelhandelstätigkeit aufgegeben und sämtliche wirtschaftlich relevanten (materiellen wie immateriellen) Güter in die Gesellschaft E. G.-P.COM B.V. mit Sitz in X. (L.) eingebracht.
5Die Beklagte bietet ebenfalls unter www.B.de Saucen, Nudeln, Snacks und Naschwaren an.
6Nach einer Abmahnung des Klägers durch die Beklagte vom 27.07.2023 betreffend fehlende lebensmittelrechtliche Pflichtangaben überprüfte der Kläger seinerseits die Angebote der Beklagten und mahnte diese unter dem 02.08.2023 (Anlage K4 im Verfahren 84 O 165/23, Bl. 255 ff. GA) ab, weil ein von der Beklagten angebotenes Produkt namens „Z. – BBQ-Sauce Original – N01“ die Angabe des verantwortlichen Lebensmittelunternehmers nicht enthielt, sondern lediglich den Markennamen des Produkts unter „Hersteller“ aufführte. Zeitgleich wandte sich der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers an denjenigen des Beklagten und unterbreitete den Vorschlag, dass die Parteien eine Vereinbarung schließen, wonach sich die Parteien wechselseitig zunächst ohne anwaltliche Hilfe bei Wettbewerbsverstößen hierauf aufmerksam machen und Gelegenheit zur Korrektur geben sollten (Anlage B2 im Verfahren 84 O 132/23, Bl. 134 f. GA). Eine solche Einigung kam nicht zustande, so dass der Beklagte wegen des von ihm abgemahnten Verstoßes unter dem 23.08.2023 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf gegen den Kläger erwirkte (Anlage K3 in 84 O 132/23, Bl. 34 ff. GA). Der Kläger machte die von ihm abgemahnten Verstöße zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, und zwar mit Klageschrift vom 07.09.2023 (Bl. 226 ff. GA) in dem Verfahren 84 O 165/23 (vormals 31 O 234/23).
7Ebenfalls am 07.09.2023 mahnte der Kläger die Beklagte erneut ab, diesmal wegen eines Angebots der Beklagten, bei der diese Spaghetti in unterschiedlichen Gebinden anbot, wobei die Beklagte diesen Waren jeweils einen geringwertigen Artikel beigab, der im konkreten Fall mit „Y. Erfrischungstuch“ bezeichnet war. Neben der Abbildung der Spaghetti und unterhalb der Überschrift war als Marke „Y.“ angegeben, ebenso in den allgemeinen Produktinformationen (vgl. Anlage K5 in 84 O 132/23, Bl. 46 ff. GA, Hervorhebungen durch rote Umrandung jeweils nachträglich durch den Kläger vorgenommen):
8„Bilddarstellung wurde entfernt“
9Bei den Produktinformationen hieß es:
10„Bilddarstellung wurde entfernt“
11Das Produktbild hatte folgende Erscheinung (vgl. S. 10 der Klageerwiderung in 81 O 132/23, Bl. 115 GA):
12„Bilddarstellung wurde entfernt“
13Bei diesem Angebot fehlten das nach Lebensmittelrecht anzugebende Zutatenverzeichnis und die Nährwertangaben.
14Diese Verstöße machte der Kläger mit Klageschrift vom 29.09.2023 in dem Verfahren 84 O 132/23 geltend und wies dort darauf hin, dass bereits eine weitere Klage des Klägers gegen die Beklagte anhängig sei (Bl. 5 GA).
15Der Kläger hat die letztere Gestaltung als unlautere Behinderung in Gestalt der „Monopolisierung“ der eindeutigen Produktnummern bei B. (sog. T.‘s) durch die Beklagte sowie als irreführend angesehen. Die Beklagte hat dies angesichts der Ausweichmöglichkeiten des Klägers auf andere T.‘s in Abrede gestellt und gegen sämtliche Ansprüche den Einwand des Rechtsmissbrauchs erhoben.
16Mit Beschluss vom 13.12.2023 (S. 1 des Protokolls vom 13.12.2023, Bl. 220 GA) hat das Landgericht die beiden anhängigen Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
17Wegen des näheren Sach- und Streitstandes bis zur Entscheidung in erster Instanz und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen (Bl. 396 ff. GA).
18Das Landgericht hat beiden Klagen weitestgehend (abgesehen von einer Zug um Zug-Verurteilung bezüglich der Erstattung der Abmahnkosten) stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Geltendmachung der Ansprüche durch den Kläger sei nicht rechtsmissbräuchlich. Dies gelte zunächst, soweit der Kläger die Abmahnung der Beklagten zum Anlass genommen habe, seinerseits den Internetauftritt der Beklagten zu überprüfen und selbst Abmahnungen auszusprechen. Die in diesem Zusammenhang von dem Kläger geforderten Erklärungen seien auch nicht über das, was zulässigerweise gefordert werden könne, hinausgegangen, nachdem der Kläger eine strafbewehrte Unterlassungserklärung in der Abmahnung vom 07.09.2023 nur hinsichtlich der behaupteten Irreführung/Behinderung, nicht aber hinsichtlich des Informationspflichtverstoßes gefordert habe. Hierauf sei auch die Geltendmachung der Abmahnkosten beschränkt.
19Auch mit der Abmahnung vom 02.08.2023 sei lediglich die Abgabe einer einfachen und nicht strafbewehrten Unterlassungserklärung gefordert worden. Das Schreiben des Klägervertreters vom 02.08.2023 sei der Versuch einer sachgerechten Einigung gewesen und könne daher keinen Rechtsmissbrauch begründen. Die Verfolgung der Unterlassungsansprüche in zwei getrennten Prozessen sei ebenfalls nicht rechtsmissbräuchlich, nachdem zwar die Möglichkeit einer Klageerweiterung bestanden hätte, es sich aber um mehrere Zuwiderhandlungen gehandelt habe, hinsichtlich derer die Verfolgung in separaten Klageverfahren nicht von vornherein zu beanstanden sei. Auch in der Gesamtschau liege kein Rechtsmissbrauch vor. Die Beklagte sei beweisfällig für ihre Behauptung geblieben, dass der Kläger andere Personen zur gezielten Manipulation der T. in Gestalt der Entfernung der lebensmittelrechtlichen Pflichtinformationen angestiftet habe. Die Werbung der Beklagten mit einem Beigabe-Artikel unter Angabe ihrer eigenen Marke sei jedenfalls irreführend, weil unterhalb der Produktbezeichnung in dem dafür vorgesehenen Feld „Marke“ eine Bezeichnung eingetragen sei („Y.“), die nicht die Marke des Hauptprodukts sei. Der angesprochene Verkehr verstehe eine solche Angabe regelmäßig als Hinweis auf den Hersteller des Produktes, was die Beklagte aber unstreitig nicht sei. Auch bestehe kein Verkehrsverständnis dahingehend, dass es sich bei der Angabe um einen Hinweis darauf handele, dass die Ware unmittelbar oder auch nur mittelbar aus den Beständen der Beklagten stamme. Die Informationen zum Zutatenverzeichnis und zur Nährwertdeklaration (hinsichtlich der Spaghetti) sowie (hinsichtlich der Sauce) zum verantwortlichen Lebensmittelunternehmer fehlten unstreitig, sodass insoweit ein Unterlassungsanspruch bestehe.
20Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der im Wesentlichen geltend gemacht wird: Die Klage sei vollständig unbegründet bzw. soweit Erledigung eingetreten sei, auch von Anfang an unbegründet gewesen. Das Landgericht habe insbesondere bei dem Gegenvorschlag des Klägers zur Beilegung der wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten übersehen, dass § 8c Abs. 2 UWG eine Änderung der Beweislast herbeigeführt habe; zudem habe der Kläger lediglich angeboten, rechtswidrige Angebote in den nächsten drei Wochen zu korrigieren.
21Der zeitliche Zusammenhang zwischen den vom Kläger ausgesprochenen Abmahnungen und den Änderungen der mit der T. verbundenen Produktinformationen sei auffällig, zumal ein Mitbewerber der Parteien gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten von einem Gespräch mit einem anderen Mitbewerber berichtet habe, wonach dieser von dem Kläger darauf angesprochen worden sei, man solle gemeinsam gegen die Beklagte vorgehen und ebenso Änderungen an bestehenden Listings vornehmen. Es sei außerdem davon auszugehen, dass die vom Kläger mit der Abmahnung vom 07.09.2023 gerügten Verstöße diesem bereits bei Ausspruch der ersten Abmahnung bekannt gewesen seien, weshalb das Vorgehen des Klägers auf eine unzulässige Salami-Taktik hinauslaufe. Vor diesem Hintergrund sei auch die Verfolgung in zwei getrennten gerichtlichen Verfahren rechtsmissbräuchlich, zumal der Kläger die bereits anhängige Klage in der weiteren Klageschrift unter Angabe des Aktenzeichens ausdrücklich erwähnt habe und ihm so eine Klageerweiterung als schonenderes Mittel ohne weiteres möglich gewesen wäre. Die von dem Landgericht angenommene Irreführung hinsichtlich des Angebots der Spaghetti bestehe nicht; in einem vergleichbaren Fall habe das Oberlandesgericht Schleswig eine Irreführung verneint, weil der maßgebliche Gesamteindruck des Angebots eindeutig erkennen lasse, wer der Hersteller des angebotenen Produkts sei. Eine solche eindeutige Gestaltung in Überschrift und Produktbild sei auch im Streitfall gegeben.
22Die Beklagte beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung
23die Klage abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Unterlassungsansprüche entfallen und Auskunfts- und Schadensersatzansprüche nur bis zum 31.12.2023 bestehen.
26Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens.
27II.
28Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg und hat nur eine Anpassung des erstinstanzlichen Tenors an die übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien zur Folge. Das Landgericht hat das Vorliegen von Rechtsmissbrauch zutreffend verneint. Die Unterlassungsansprüche bestanden zum Zeitpunkt der Erledigung, sodass auch die Annexansprüche fortbestehen, allerdings zeitlich begrenzt bis zum 31.12.2023.
291. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.
30Gemäß § 8c Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG ist die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände rechtsmissbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Von einem Rechtsmissbrauch ist auszugehen, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs von sachfremden Gesichtspunkten leiten lässt. Diese müssen jedoch nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (BGH GRUR 2021, 752, 755 Rn. 38 m.w.N. - Berechtigte Gegenabmahnung). Die Einfügung von Regelbeispielen in § 8c Abs. 2 UWG hat dabei keine Änderung der vorherigen Rechtslage bewirkt; es handelt sich bei der Regelung nicht um eine gesetzliche Vermutung, sondern eine weiterhin eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls erfordernde Aufzählung von Indizien, die für einen Rechtsmissbrauch sprechen können (vgl. Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl. 2024, § 8c Rn. 12).
31Das Landgericht hat unter zutreffender Anwendung dieses Maßstabes richtig angenommen, dass die von der Beklagten angeführten Umstände nicht ausreichen, um Rechtsmissbräuchlichkeit zu belegen. Insofern kann weitestgehend auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden. Hierzu bedarf es nur folgender ergänzender Anmerkungen:
32a) Ihren in 1. Instanz noch erhobenen Einwand, dass die von dem Kläger geforderte Unterlassungserklärung wegen § 13a Abs. 4 UWG (keine strafbewehrte Unterlassungserklärung und keine Abmahnkosten bei Erstverstoß gegen Informationspflichten) rechtsmissbräuchlich zu weit gefasst sei, hat die Beklagte in der Berufung fallenlassen und ausdrücklich ausgeführt, die Gegenabmahnung sei für sich genommen nicht zu beanstanden (S. 2 der Berufungsbegründung, Bl. 134 eA). Dies ist zutreffend. Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, ist es für die Annahme von Rechtsmissbrauch auch nicht ausreichend, dass die Gegenabmahnung des Klägers in zeitlichem und situativem Zusammenhang mit der von dem Beklagten ausgesprochenen Abmahnung bzw. dem Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf stand, mithin der Kläger gegen die Beklagte im Wege einer „Retourkutsche“ vorgegangen ist. Dies ist für sich betrachtet nicht missbräuchlich. Vielmehr reicht es aus, wenn nach einer Abmahnung oder Klage das Verhalten des Abmahnenden überprüft wird und sodann Verstöße entdeckt werden (Senat, GRUR-RR 2021, 176, 178 Rn. 27 - Zeitsprung 1883).
33b) Der Vorschlag, den der Klägervertreter in seinem Anschreiben vom 02.08.2023 unterbreitet hat, lief, anders als die Beklagte suggeriert, gerade nicht auf einen wechselseitigen Verzicht auf die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche hinaus, sondern diente vielmehr der Etablierung eines Verfahrens (notice & take down), das im Falle festgestellter Verstöße dafür sorgen sollte, dass ein wettbewerbskonformer Zustand ohne Einschaltung von Anwälten und die damit verbundenen Kosten hergestellt würde. Diese Zielrichtung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Schreibens, wonach es Ziel des Vorschlags sei „Wettbewerbsverletzungen schnell und effizient zu beseitigen“ (S. 5 der Anlage K4 im Verfahren 84 O165/23, Bl. 259 GA). Dies ist nicht zu beanstanden, auch nicht vor dem Hintergrund, dass der Klägervertreter mitteilte, der Kläger benötige zur Beseitigung der bereits festgestellten Verstöße einen längeren Zeitraum. Denn dies bezog sich gerade nicht auf künftige Verstöße. Durch die Anheimstellung gerichtlichen Vorgehens (das die Beklagte dann auch durch die einstweilige Verfügung bei dem Landgericht Düsseldorf wählte) für den Fall, dass diese Dauer der Beseitigung zu lang sei, hat der Kläger auch zu erkennen gegeben, dass er der Beklagten den Weg zu einer Durchsetzung des Wettbewerbsrechts nicht – etwa durch Verfahrensverzögerung und damit verbundenen Verlust der Dringlichkeit für die Beklagte – versperren wollte.
34c) Die Beklagte ist für den Einwand, dass die als fehlend gerügten Angaben bewusst durch eine von dem Kläger angestiftete Person aus der T. entfernt worden seien, beweisfällig geblieben und hat trotz der diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil auch in der Berufung keinen Beweis angeboten, wie sie selbst einräumt (S. 3 der Berufungserwiderung, Bl. 135 eA). Soweit die Beklagte einen vermeintlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen Änderung der Information und Abmahnung als ausreichenden Anknüpfungspunkt für Rechtsmissbrauch sieht, hat sie bereits nicht zu beweisen vermocht, dass die Angebote unmittelbar zeitlich vor der Abmahnung geändert worden sind. Hinsichtlich der angebotenen Barbecue-Sauce folgt dies bereits daraus, dass der von der Beklagten selbst vorgelegte Screenshot (Anlage B1 im Verfahren 84 O 165/23, Bl. 285 GA) aus der „Wayback-Machine“, der den Zustand vor Manipulation zeigen soll, ebenfalls die falsche bzw. fehlende Angabe des Herstellers aufweist. Dies hat der Kläger im Schriftsatz vom 26.10.2023 zutreffend hervorgehoben (dort S. 2, Bl. 308 GA), sodass noch nicht einmal das von der Beklagten angenommene Indiz eines zeitlichen Zusammenhangs erwiesen ist. Nachdem die Beklagte das Angebot der Spaghetti, das sie mit einem Erfrischungstuch verknüpft hat, offenkundig selbst erstellt hat, wie der Kläger auch unbestritten vorgetragen hat (S. 4 der Berufungserwiderung, Bl. 169 eA; S. 3 des Schriftsatzes vom 15.07.2024, Bl. 202 eA), und daher auch alleinige - eventuell abgesehen von B. selbst - Schreibrechte für die T. hat, ergibt sich auch insofern nicht schlüssig, dass ein unbeteiligter bzw. vom Kläger angestifteter Dritter die diesbezüglichen Informationen entfernt haben sollte.
35d) Schließlich ist auch die Geltendmachung mehrerer Verstöße in zwei verschiedenen Verfahren bzw. durch zwei verschiedene Abmahnungen nicht zu beanstanden und stellt unter den Umständen des Streitfalls keine unzulässige „Salami-Taktik“ dar. Nach § 8c Abs. 2 Nr. 6 UWG ist eine missbräuchliche Geltendmachung im Zweifel anzunehmen, wenn mehrere Zuwiderhandlungen, die zusammen hätten abgemahnt werden können, einzeln abgemahnt werden. Hiermit hatte der Gesetzgeber Fälle im Auge, die von der Rechtsprechung bereits zuvor unter dem Aspekt der nicht sachlich gerechtfertigten Mehrfachverfolgung von Verstößen als missbräuchlich angesehen worden waren (vgl. BT-Drs. 19/22238, S. 17). Hiernach konnte zwar auch die getrennte Verfolgung unterschiedlicher Streitgegenstände den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, wenn sie gleich gelagert oder ähnlich waren (etwa OLG Düsseldorf GRUR-RR 2014, 164, 165 – Karnevals-Wurfware). Bereits an der Voraussetzung der Ähnlichkeit fehlt es indes im Streitfall.
36Denn mit der ersten Klageschrift hatte der Kläger das Fehlen einer Pflichtinformation nach dem Lebensmittelrecht gerügt (S. 2 der Klageschrift vom 07.09.2023, Bl. 227 GA), während das später anhängig gemachte Verfahren im Schwerpunkt die vom Kläger als unlautere Behinderung angesehene Verbindung von Produkten mit einem geringwertigen Artikel mit der Marke der Beklagten zum Gegenstand hatte (S. 2 der Klageschrift vom 29.09.2023, Bl. 3 GA). Soweit in letzterem Verfahren auch lebensmittelrechtliche Vorschriften als verletzt gerügt worden sind, handelte es sich dabei gleichsam um „Beifang“, nachdem die konkrete Verletzungsform auch die Verletzung dieser Informationspflichten abdeckte, diese aber erkennbar nicht im Vordergrund standen. Da der mit der ersten Klageschrift geltend gemachte Verstoß leicht festzustellen war, während die Fallgruppe der Behinderung bzw. Irreführung umfangreichere Möglichkeiten für eine Rechtsverteidigung der Beklagten bot, entsprach es im Streitfall sachgerechter Prozessführung, nicht die bereits anhängige Klage zu erweitern, sondern den anders gelagerten Verstoß separat geltend zu machen. Denn in Bezug auf den ersten Verstoß durfte der Kläger, wie er mit Recht geltend macht (vgl. S. 5 der Berufungserwiderung, Bl. 170 eA), berechtigterweise mit einem schnellen Verfahrensablauf, u.U. sogar einem Anerkenntnis, rechnen und war nicht zur Vermeidung des Vorwurfs des Rechtsmissbrauchs gehalten, diesen mit dem absehbar streitig geführten Vorwurf der Behinderung wegen des Sperrens von Angeboten zu verbinden. Entgegen der Auffassung der Beklagten (S. 2 des Schriftsatzes vom 16.07.2024, Bl. 213 eA) ist der Streitfall, in dem beide Parteien eine Vielzahl von Angeboten auf dem B. Marketplace vorhalten, auch nicht unbedingt mit einem Fall vergleichbar, in dem eine Webseite eines Wettbewerbers auf Verstöße untersucht wird und dem Abmahnenden sodann zumindest von dem Landgericht München abverlangt worden ist, sämtliche Verstöße auf dieser Webseite zu bündeln und gemeinsam abzumahnen. Nachdem die zitierten Entscheidungen von Land- und Oberlandesgericht München in den gängigen Online-Datenbanken nicht aufzufinden sind, kann auch nicht beurteilt werden, was aber für die Vergleichbarkeit entscheidend wäre, wie die Webseite ausgestaltet war, welchen Umfang sie hatte und welche Verstöße gerügt wurden.
37Zudem hat der Kläger, was die Beklagte selbst hervorhebt, in der später eingereichten Klage ausdrücklich auf das bereits anhängige Verfahren hingewiesen und so die Möglichkeit einer Verfahrensverbindung und der damit einhergehenden Reduzierung der Kostenlast (jedenfalls hinsichtlich der Terminsgebühr und der Gerichtskosten infolge des degressiven Streitwerts) geschaffen. Wegen dieser Nennung des anderweitigen Verfahrens kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger versucht habe, eine ungerechtfertigte Mehrfach-/Parallelverfolgung ähnlicher Verstöße zu verschleiern bzw. eine Gesamtschau zu vermeiden, wie aber die Beklagte meint (S. 6 der Berufungsbegründung, Bl. 138 eA).
382. Infolge der Aufgabe seiner Geschäftstätigkeit durch den Kläger bestehen die Unterlassungsansprüche (§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG) nicht mehr, weil dieser nicht mehr als Mitbewerber anzusehen ist. Nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien bedarf es lediglich einer Entscheidung über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen (§ 91a Abs. 1 S. 1 ZPO) und war der Tenor der angefochtenen Entscheidung entsprechend neu zu fassen. Hiernach hat die Beklagte die hierdurch entstandenen Kosten zu tragen, weil sowohl die Ansprüche wegen Verstößen gegen das Lebensmittelrecht (dazu a.) als auch derjenige wegen der Verbindung von Angeboten mit den Markenangaben der Beklagten bestanden (dazu b.).
39a) Die Beklagte wendet sich mit der Berufung nicht mehr dagegen, dass die mit den Klagen gerügten Verstöße gegen die Lebensmittelinformations-VO (VO 1179/2011, im Folgenden: LMIV) wegen fehlenden Zutatenverzeichnisses, fehlender Nährwertangaben (jeweils Spaghetti) und fehlender Angabe des verantwortlichen Lebensmittelherstellers (Sauce) gegeben sind und insofern die Unlauterkeit im Sinne von § 3 UWG begründende Zuwiderhandlungen gegen §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1, 9 Abs. 1 lit. b), lit. c) und lit. l) LMIV bzw. Art. 9 Abs. lit. h) LMIV vorliegen. Ihr Einwand des Rechtsmissbrauchs, insbesondere des vorsätzlichen Änderns des Angebots durch von dem Kläger angestiftete Personen, greift nicht durch, wie oben näher ausgeführt.
40b) Der Unterlassungsanspruch bezüglich der Spaghetti unter Beigabe eines geringwertigen Erfrischungstuchs war nach §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 4 UWG gerechtfertigt. Hiernach handelt unlauter, wer Mitbewerber gezielt behindert.
41Eine Behinderung in diesem Sinne liegt vor, wenn die wettbewerbliche Entfaltungsmöglichkeit des Mitbewerbers beeinträchtigt wird. Das setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (vgl. BGH GRUR 2018, 317 – Portierungs-Auftrag; BGH GRUR 2002, 902 – Vanity-Nummer). Hierzu zählen alle Wettbewerbsparameter, wie der Absatz, wobei die Eignung zur Behinderung ausreicht, auch wenn diese noch nicht eingetreten ist. Die Schwelle der als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmenden Behinderung ist überschritten, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht in erster Linie auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (vgl. BGH GRUR 2008, 917 – EROS). Hierbei sind auch die gesetzlichen Wertungen zu berücksichtigen, insbesondere auch das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Das Interesse des Handelnden kann allerdings auch dann zurücktreten, wenn dieses weniger schutzwürdig ist als das Interesse des Gegenübers oder der Allgemeinheit. Hat eine Handlung bei objektiver Betrachtung nachteilige Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen, die so erheblich sind, dass sie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Gesetzes von den Marktteilnehmern nicht hingenommen werden müssen, dann ist diese ebenfalls als unlauter anzusehen (vgl. BGH GRUR 2007, 800 – Außendienstmitarbeiter).
42Die Voraussetzungen einer unlauteren Behinderung liegen im Streitfall vor, wie der Senat in einer vergleichbaren Konstellation bereits entschieden hat (Urteil vom 26.03.2021, 6 U 11/21, MMR 2021, 569 = GRUR-RR 2021, 311 – American Food and Drinks).
43Denn die von der Beklagten vorgenommene Erstellung von Angeboten dient unter den Umständen des Streitfalls allein dazu, andere Anbieter davon abzuhalten, die gleichen Produkte in derselben Gebindemenge ebenfalls bei B. anzubieten.
44Nach den vorgelegten Richtlinien von B. für die Erstellung von B. Standard-Identifikationsnummern, kurz T. (Anlage K6 in 84 O 132/23, Bl. 49 ff. GA), darf ein Produkt nur einmal unter einer solchen T.“ angeboten werden. Dies hat zur Folge, dass der erste Anbieter eines bestimmten Produktes ein Angebot erstellen muss, an das sich weitere Anbieter „anhängen“ können, aber auch dürfen und müssen. Den weiteren Anbietern ist es hiernach untersagt, für dasselbe Produkt ein neues Angebot unter einer neuen T. zu erstellen. Hierzu heißt es in den Richtlinien:
45„Die Erstellung einer neuen T. für ein Produkt, das bereits im B.-Katalog vorhanden ist, ist nicht gestattet und kann nach den vorgenannten Bedingungen dazu führen, dass dem betreffenden Händler die Verkaufsberechtigung oder die Berechtigung für die Erstellung von T.‘s vorübergehend oder dauerhaft entzogen wird“.
46Dies hat, wie der Senat bereits in anderer Sache festgehalten hat (Senat GRUR-RR 2021, 311 Rn. 39 – American Food and Drinks), zur Folge, dass der erste Anbieter eines bestimmten Produkts durch die Gestaltung des ersten Angebots, mit dem die T. angelegt wird, zahlreiche Vorgaben machen kann, insbesondere als Markeninhaber. So kann er – wie die Beklagte im Streitfall – eine eigene Marke in das mit der T. verknüpfte Angebot dergestalt einpflegen, dass diese zwingend bei weiteren Angeboten von anderen Verkäufern, die denselben Artikel auf der Plattform anbieten wollen, ebenfalls erscheint, wodurch diese sich aber – da sie das Erfrischungstuch nicht mit anbieten – der Gefahr einer Markenverletzung aussetzen. Hierdurch kann die Beklagte die Angebote für eine bestimmte Produktkategorie für sich monopolisieren und Wettbewerber faktisch ausschließen, zumal sie es nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers (S. 5 der Klageschrift vom 29.09.2023, Bl. 6 GA) in der Hand hat, ob sie Anträge von Mitbewerbern auf Freischaltung für das „Anhängen“ an ein von ihr erstelltes Angebot positiv bescheidet. Anders als in der genannten Senatsentscheidung besteht zwar im Ausgangspunkt insofern ein Anlass für die Nennung der Marke „Y.“, als die Beigabe Erfrischungstuch mit dieser Marke gekennzeichnet ist. Gleichwohl besteht unter den Umständen des Streitfalls kein rechtfertigender Grund für dessen Aufnahme in Artikelbild und Beschreibung, nachdem es sich nach dem objektiven Erscheinungsbild um eine in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Produkt selbst stehende Beigabe mit dem Markenaufdruck der Beklagten handelt. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass ihr ein solches Kopplungsangebot im Interesse der Wettbewerbsfreiheit ermöglicht werden müsste, nachdem sie im Streitfall weder dargelegt hat noch erkennbar wäre, inwieweit die Beigabe eines Artikels mit einem Wert im Cent-Bereich, zumal mit einer weitgehend unbekannten Marke, einen verkaufsfördernden Effekt herbeiführen sollte. Vielmehr verstößt die Beklagte hiermit auch gegen die T.-Richtlinien von B., in denen folgende Verhaltensweise als Missbrauch von Varianten von T.‘s gekennzeichnet wird (vgl. Anlage K6, dort S. 3, Bl. 51 GA):
47„Hinzufügen von falschen untergeordneten Varianten, die keine echten Varianten des übergeordneten Produkts sind. Hierzu zählen unter anderem:
48o Hinzufügen von Produkten, die sich grundlegend von der übergeordneten T. unterscheiden
49o Hinzufügen von Produktbildern und/oder -namen, die grundlegend von der übergeordneten T. abweichen“
50Demnach hat die Beklagte ein Produkt, nämlich das Erfrischungstuch, hinzugefügt, das sich grundlegend von der übergeordneten T. (für die Spaghetti) unterscheidet und so eine – nach der B.-Definition – falsche Produktvariante erstellt.
51Es geht im Streitfall – anders als die Beklagte meint – nicht darum, ob ein Verstoß gegen diese Richtlinien, die vertragliche Regelungen zwischen B. und den jeweiligen Marketplace-Händlern darstellen, für sich genommen die Unlauterkeit begründen kann (vgl. hierzu OLG Hamm MMR 2011, 241 - Drei Angebote). Der Senat verkennt insbesondere nicht, dass die Durchsetzung der insoweit geltenden Vorgaben grundsätzlich im Verhältnis der jeweiligen Vertragspartner erfolgen sollte, mithin indem B. auf vertraglicher Grundlage gegen die Verletzung seiner Richtlinien durch die Beklagte einschreitet (vgl. hierzu OLG Hamm MMR 2011, 241, 242). Denn das bloße Sich-Hinwegsetzen über Vertragsbedingungen reicht für die Bewertung einer geschäftlichen Handlung als wettbewerbswidrig regelmäßig nicht aus, weil dies zu einer Verdinglichung schuldrechtlicher Pflichten führte, die mit der Aufgabe des Wettbewerbsrechts nicht im Einklang stünde. Erforderlich ist auch insoweit das Hinzutreten besonderer Umstände, die das Wettbewerbsverhalten als unlauter erscheinen lassen (BGH GRUR 2014, 785, 788 Rn. 35 - Flugvermittlung im Internet). Solche Umstände liegen im Streitfall vor, in dem nicht der Unlauterkeitstatbestand des Rechtsbruchs (§ 3a UWG), der für privatautonome Regelungen keine Anwendung findet (vgl. nur Köhler/Odörfer, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 3a Rn. 1.57 m.w.N.), sondern derjenige der unlauteren Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG) einschlägig ist. Insofern hat auch das Oberlandesgericht Hamm es in der genannten Entscheidung für möglich gehalten, dass eine gezielte Behinderung durch Verstöße gegen Plattformbedingungen vorliegen kann, dies allerdings unter den Randbedingungen des dort zu beurteilenden Sachverhaltes verneint. Denn der dortige Anspruchsgegner hatte sich nicht zwischen den Unterlassungsgläubiger und die Kunden gestellt, sondern durch einen Verstoß gegen die Grundsätze zur Einstellung von identischen Angeboten lediglich für seine erhöhte Sichtbarkeit in der Suchliste gesorgt.
52Anders liegt es im Streitfall, bei dem die Gesamtschau der Umstände die Unlauterkeit der Behinderung begründet. Denn die Eintragung der Bezeichnung, die nicht der Marke des Hauptprodukts entspricht, erfolgt bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht, um den eigenen Wettbewerb zu fördern, sondern alleine, um den Wettbewerb von Dritten zu behindern und damit im Sinne einer gezielten Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG (vgl. hierzu BGH GRUR 2008, 621, 624 Rn. 32 – AKADEMIKS).Die Beklagte hält durch ihre Vorgehensweise die Verbraucher vom Erwerb der gleichen Gebindegröße von Mitbewerbern wie dem Kläger ab, weil dieser sich nicht (jedenfalls nicht ohne Risiko der Markenverletzung) an das Angebot „anhängen“ kann und insofern vollständig am Angebot eines gleichartigen Produkts in gleichartiger Menge gehindert wird. Es kommt hinzu, dass hierdurch die für den Verbraucher wesentliche Möglichkeit, den Verkäufer mit dem günstigsten Verkaufspreis auszuwählen, vereitelt werden kann (vgl. Senat GRUR-RR 2021, 311 Rn. 45 – American Food and Drinks). Bei dieser Sachlage verfängt auch der Einwand der Beklagten nicht, dem Kläger sei es unbenommen, sich an eine T. „anzuhängen“, bei der ein Produkt nicht als Set angeboten wird (S. 9 der Klageerwiderung vom 03.11.2023, Bl. 114 GA). Denn der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass es für erfolgreiche Händler auf dem B. Marketplace von entscheidendem Interesse ist, große Gebinde mit im Verhältnis entsprechend geringen Versandkosten anzubieten, weil ansonsten (bei Einzelangeboten) die Versandkosten in Relation zum Produktpreis für den Verbraucher nicht mehr attraktiv sind, weil sie fast den Kaufpreis des Lebensmittels erreichen, was gerade auf das hier streitgegenständliche Produkt zutrifft (S. 6 des Schriftsatzes vom 16.11.2023, Bl. 187 GA). Wenn die Beklagte – wie im Streitfall - ein Gebinde mit sechs Packungen durch Nennung ihrer Marke für sich beansprucht hat, ist dem Kläger die Nutzung dieser T. jedenfalls faktisch verwehrt, weil er sonst Gefahr liefe, die Marke der Beklagten unberechtigt zu verwenden. Es liegt mithin gerade nicht die – lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstandende – Fallgestaltung vor, dass dem Verbraucher die Möglichkeit zum Einkauf zu denselben wirtschaftlichen Vorteilen auch bei dem Kläger überlassen bleibt und dieser erst aufgrund einer autonomen Entscheidung das Angebot der Beklagten wahrnimmt (vgl. hierzu Wille, in: Büscher, UWG, 3. Aufl. 2024, § 4 Nr. 4 Rn. 46 m.w.N.). Vielmehr „fängt“ die Beklagte die Kunden, die sich – wegen der ansonsten hohen Versandkosten im Vergleich zum Warenwert – allein für größere Gebinde der angebotenen Ware interessieren, von vornherein ab, indem sie ein auf sich selbst zugeschnittenes und mit ihrer Marke untrennbar verbundenes Angebot in attraktiven Gebindegrößen erstellt hat.
53c) Der Senat kann vor diesem Hintergrund offenlassen, ob das Angebot – wie das Landgericht angenommen hat – eine Irreführung über die betriebliche Herkunft der Spaghetti darstellt und daher auch unter diesem Aspekt unlauter ist (§§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG). Denn die Irreführung muss den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst haben, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Auf eine solche wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung kann zwar in der Regel aus dem Hervorrufen einer Fehlvorstellung geschlossen werden. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn über Umstände getäuscht worden ist, die für das Marktverhalten der Gegenseite lediglich eine unwesentliche Bedeutung haben (vgl. BGH GRUR 2018, 950, 954 Rn. 43 - Namensangabe), wie es im Streitfall auch bei der Nennung der dem Verbraucher regelmäßig nicht bekannten Marke „Y.“, mit der dieser keine besonderen Gütevorstellungen verbindet, der Fall sein mag. Dies kann im Streitfall indes auf sich beruhen, weil die Unlauterkeit sich, wie ausgeführt. bereits aus § 4 Nr. 4 UWG ergibt.
543. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass auch die Auskunfts- und Schadensersatzansprüche des Klägers, gegen die die Beklagte keine gesonderten Einwendungen erhebt, vom Landgericht zu Recht zugesprochen worden sind. Sie sind allerdings infolge der Aufgabe der Geschäftstätigkeit des Klägers jeweils auf den Zeitpunkt bis zum 31.12.2023 zu begrenzen, wie der Kläger mit Schriftsatz vom 19.03.2024 (hinsichtlich der Jahreszahl berichtigt in der Berufungserwiderung) zutreffend beantragt hat. Einer eigenständigen Anschlussberufung des Klägers bedurfte es insoweit nicht, weil die zeitliche Begrenzung von der Beklagten jedenfalls als Minus zu ihrem vollständigen Abweisungsantrag gebilligt worden ist (S. 7 der Berufungsbegründung, Bl. 139 eA).
55III.
56Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 91a ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
57IV.
58Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der Rechtsstreit betrifft lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsgrundsätze im konkreten Einzelfall; entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige abstrakt-generelle Rechtsfragen stellen sich im Verfahren nicht.