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Zur Ermittlung und Schätzung von materiellen Schäden, die durch ein behandlungsfehlerbedingtes Wachkoma eines mittlerweile verstorbenen Patienten entstanden sind, insbesondere der Kosten für behindertengerechtes Wohnen, des Pflegeaufwands und des Erwerbsschadens.
Hat der Schädiger Leistungen an den zwischenzeitlich sozialhilfeberechtigten Geschädigten erbracht – wie hier aufgrund eines unwirksamen Vergleichs - , besteht ein Freistellungsanspruch des Geschädigten gegen den Schädiger nur dann und insoweit, als nunmehr ein fälliger Rückforderungsanspruch des Sozialhilfeträgers gegen den Geschädigten besteht, der Sozialhilfeträger Leistungen auf vom Schädiger zu ersetzende Schäden erbracht hat und die an den Geschädigten bereits erbrachte Zahlung zur Abdeckung des Rückforderungsanspruchs nicht ausreicht.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 06.05.2022 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – Az. 9 O 265/20 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Dieses sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Der Sohn der Klägerin (im Folgenden: Erblasser) wurde vom 01.04.2005 bis zum 04.04.2005 im Haus der Beklagten in Q. stationär behandelt. Durch einen Behandlungsfehler der behandelnden Ärzte der Beklagten erlitt er u.a. einen hypoxischen Hirnschaden, ein apallisches Syndrom, eine hochgradige spastische Tetraparese und Schluckstörungen. Er war bis zu seinem Tod auf eine PEG-Versorgung angewiesen, sein Sprachvermögen war aufgehoben und er litt an einer Globalinkontinenz. Er war in die Pflegestufe III mit Härtefall eingestuft.
4Das Landgericht Bonn sprach dem Erblasser im Vorprozess (Az. 9 O 425/08) mit Urteil vom 04.02.2010 ein Schmerzensgeld in Höhe von 200.000,00 € zu. Des Weiteren stellte es fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Erblasser alle weiteren vergangenen und zukünftigen materiellen Schäden sowie alle weiteren zukünftigen, nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, welche aus der Behandlung im April 2005 resultieren, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden. Nach Rechtskraft des Urteils schlossen die Parteien des Vorprozesses – der Erblasser vertreten durch die Klägerin als damalige Betreuerin – einen Abfindungsvergleich. In diesem wurde eine Zahlung von insgesamt 1.650.000,00 € zur Abgeltung aller Ansprüche des Erblassers (einschließlich des titulierten Schmerzensgeldes) vereinbart. Der Vergleichsbetrag wurde an den Erblasser gezahlt, der Vergleich nachfolgend aber (betreuungs-)gerichtlich nicht genehmigt. Der Senat stellte daraufhin rechtskräftig die Unwirksamkeit des Vergleichs fest (vgl. Urteil des Landgerichts Bonn vom 08.03.2017, Az.: 9 O 348/16, Beschluss des Senats vom 06.12.2017, Az. 5 U 59/17).
5Nach dem zwischenzeitlichen Tod des Erblassers am 00.00.2018 forderte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 13.11.2020 den Berufshaftpflichtversicherer der Beklagten unter Fristsetzung bis zum 04.12.2020 auf, eine Endregulierung des Schadens vorzunehmen. Weitere Zahlungen erfolgten jedoch nicht.
6Die Klägerin hat in erster Instanz aus ererbtem Recht des Erblassers gegen die Beklagte weitere Zahlungsansprüche in einer Gesamthöhe von 1.612.053,42 € geltend gemacht und darüber hinaus Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 8.661,90 € nebst Zinsen begehrt. Hierzu hat sie wie folgt vorgetragen: Neben dem titulierten Schmerzensgeld in Höhe von 200.000,00 € habe der Erblasser Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Fahrzeuges sowie für die Errichtung eines behindertengerechten Hauses. Außerdem müsse die Beklagte der Klägerin den für die Pflege des Erblassers angefallenen eigenen Aufwand und die für die Fremdpflege angefallenen Kosten ersetzen, ferner die von ihm geleisteten Zuzahlungen an den ambulanten Pflegedienst und an das Sanitätshaus. Sie sei außerdem verpflichtet, den dem Erblasser entstandenen Erwerbsschaden zu ersetzen. Zur Begründung der geltend gemachten Ansprüche hat die Klägerin behauptet, für die Anschaffung und den notwendigen Umbau eines behindertengerechten Fahrzeuges seien Kosten in Höhe von insgesamt 62.783,63 € angefallen, die sich aus den Kosten für den Erwerb eines Mercedes Benz Viano in Höhe von 55.551,58 €, den Kosten des Einbaus eines Behindertenlifts in Höhe von 7.000,00 € und des Einbaus eines Spezialsicherungsgurts für den Behindertenlift in Höhe von 232,05 € zusammensetzten. Das Fahrzeug sei – insoweit unstreitig – am 19.01.2019 mit einem Kilometerstand von 36.500 km für 23.000 € verkauft worden. Für die Errichtung eines behindertengerechten Hauses seien ersatzfähige Aufwendungen in Höhe von 414.482,04 € angefallen. Der Erblasser habe einen Rohbau gekauft und von einem Bauträger nach seinen vermehrten Bedürfnissen fertigbauen lassen, weil anderweitiger Wohnraum, der seinen Wohnbedürfnissen genügt habe, auf dem Wohnungsmarkt nicht zu finden gewesen sei. Das Haus bestehe aus einer von der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann bewohnten Wohnung im Obergeschoss mit 63,25 qm und aus von dem Erblasser selbst genutzten Wohnräumlichkeiten im Erdgeschoss von insgesamt 66,81 qm nebst einem Gäste-WC von 2,47 qm. Es verfüge über eine Garage, in der Vorräte an Pflegeartikeln gelagert worden seien. Der bewohnbare Teil des Untergeschosses von 56,09 qm sei von mit der Pflege des Erblassers befassten polnischen Pflegekräften bewohnt worden. Insgesamt weise das Objekt eine Wohn- und Nutzfläche von 194,98 qm auf. Für den Bau des Objektes seien von dem Erblasser insgesamt 941.784,05 € aufgewandt worden, wovon nicht zu berücksichtigende 480.809,55 € auf die Kosten des Grundstückskaufs entfielen. Insgesamt verblieben 460.974,50 €, die abzüglich eines Abzugs in Höhe von 10 % wegen reiner Baukosten in einer Gesamthöhe von 414.482,04 € von der Beklagten zu erstatten seien. Alternativ hat die Klägerin den Anspruch damit begründet, dass dem Erblasser bei der Errichtung 461.071,50 € an schädigungsbedingten Mehrkosten entstanden seien. Insoweit hat sie die Kosten für Bau, Innenausbau, Sanitär etc. mit 162.953,21 € beziffert, die Kosten für Architekt, Handwerker, Zusatzbau mit 222.963,34 €, die Wohngebäude- und Hausratversicherung mit 438,91 €, die Kosten für Inneneinrichtung und Ausstattung mit 63.960,31 € und die Kosten für Außenanlagen mit 10.685,73 €. Sie hat behauptet, es habe eine behindertengerechte Zufahrt mit Bordsteinabsenkung, Rampe und ein langer barrierefreier Weg zur Haustür angelegt werden müssen. Ein erhöhter Warmwasserbedarf des Erblassers zur Linderung der bei ihm bestehenden Spastiken habe einen großen Warmwasserspeicher erforderlich gemacht. Zudem habe der Erblasser einer extra großen Badewanne bedurft. Im Garten hätten barrierefreie Wege errichtet werden müssen. Es seien extrabreite Türen benötigt und eingebaut worden und auch ein Kamin. An diesem habe sich der Erblasser besonders gut entspannen können. Die Klägerin hat behauptet, sie und ihr verstorbener Ehemann hätten – insoweit unstreitig – für das Mitbewohnen des von dem Erblasser errichteten Hauses keine Miete gezahlt, eine solche sei aber auch nicht geschuldet gewesen, weil sie im Gegenzug die 24-Stunden-Pflege des Erblassers sowie die Betriebskosten übernommen hätten. Außerdem hätten sie beide wegen der Pflege des Erblassers ihre Erwerbstätigkeit aufgeben müssen.
7Die Klägerin hat weiter die Ansicht vertreten, es sei ein schädigungsbedingter Pflegeaufwand für den Erblasser in einem Umfang von insgesamt 2.358.280.58 € angefallen. Dabei hat sie zunächst behauptet, diese würden sich aus Kosten für die Pflege durch Familienangehörige tagsüber in Höhe von 1.106.194,30 € bei einer Stundenzahl von insgesamt 88.495,55 und einem Stundensatz von 12,50 € (vgl. zur Zusammensetzung im einzelnen Bl. 10 d.A.) sowie nachts inklusive Pauschalabgaben in Höhe von 699.138,63 € bei einer Stundenzahl von insgesamt 43.737,95 und einem Stundensatz von 14,00 € (vgl. zur Zusammensetzung im einzelnen Bl. 10 d.A.) sowie Kosten für polnische Pflegekräfte in Höhe von 552.947,65 € (vgl. zur Zusammensetzung im einzelnen Bl. 11 f. d.A.) zusammensetzen. Zuletzt hat sie behauptet, für die Pflege durch Familienangehörige tagsüber seien für den Zeitraum von Juni 2005 bis Dezember 2008 34.641,85 Stunden, für Januar 2009 bis Dezember 2012 27.433,60 Stunden, für Januar 2013 bis August 2014 7.343 Stunden, für September 2014 bis Dezember 2016 13.613 Stunden und für die daran anschließende Zeit bis Oktober 2018 5.405,85 Stunden angefallen, insgesamt 88.437,30 Stunden. Sie hat gemeint, bei einem Stundensatz von durchschnittlich 11 € stehe ihr hierfür ein Anspruch in Höhe von 972.810,03 € zu. Zusätzlich mit einem durchschnittlichen Stundensatz von 11 € zu vergüten seien Bereitschaftszeiten in einem Umfang von insgesamt 43.737,95 Stunden, für die von der Beklagten weitere 481.117,45 € zu zahlen seien. Hinzu kämen die Kosten für Minijobber für den Zeitraum vom September 2007 bis Oktober 2017 in einer Gesamthöhe von 700.967,20 € inklusive Sozialabgaben (vgl. zur Zusammensetzung im einzelnen Bl. 2114 ff. d.A.) sowie die für die Beschäftigung von polnischen Pflegekräften angefallenen Kosten in einer Gesamthöhe von 78.110.29 € (vgl. zur Zusammensetzung im einzelnen Bl. 11 f. d.A.) nebst pauschaler Verpflegungskosten in Höhe von 5.680,00 €. Die Klägerin hat behauptet, dieser Aufwand sei schädigungsbedingt erforderlich gewesen, um die Pflege des Erblassers sicherzustellen. Dieser habe einer 24-Stunden-Betreuung und Pflege bedurft, wobei für viele Pflegetätigkeiten zwei Personen gleichzeitig benötigt worden seien, so etwa beim Aufstehen aus dem Liegen oder Sitzen, beim Stehen, bei der Teilwäsche, dem Baden, Duschen, dem Inkontinenzmaterialwechsel und der mehrfach täglich und häufig auch nachts erforderlichen Lagerung. Die Familie habe daher neben der von ihr selbst übernommenen Pflege die Bereitschaftszeiten abdecken müssen, um im Falle eines plötzlichen Ausfalls einer Pflegekraft unmittelbaren Ersatz vor Ort zu haben. Eine Ersatzkraft habe stets vorgehalten werden müssen. Die Klägerin hat weiter behauptet, der Erblasser habe von behördlicher Seite Leistungen wie folgt erhalten: von der Stadt Q. für den Zeitraum vom 01.05.2006 bis zum 30.04.2014 Sozialhilfeleistungen in Höhe von 501.898,10 €, von der Stadt H. für den Zeitraum von Dezember 2016 bis Januar 2018 Sozialhilfeleistungen in Höhe von 135.870,69 €, vom B. für den Zeitraum von Februar 2018 bis Oktober 2018 Sozialhilfeleistungen in Höhe von 88.712,64 €. Zudem seien an den Erblasser für den Zeitraum von August 2007 bis Juni 2008 2.850,32 €, für den Zeitraum von April 2013 bis August 2014 4.987,97 €, für den Zeitraum von September 2014 bis Dezember 2016 14.446,30 € und für den Zeitraum vom 08.12.2016 bis Oktober 2018 16.498,62 € als Zuzahlung ausgezahlt worden. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die vorstehenden Beträge seien nicht von der Klageforderung in Abzug zu bringen, da sie von ihr an die Leistungsträger zurückgezahlt werden müssten. Sie hat behauptet, die Stadt Q. habe – insoweit unstreitig – den gezahlten Betrag zurückgefordert. Der Bescheid vom 24.04.2018 sei bestandskräftig. Rückzahlungen seien von ihr – insoweit unstreitig – noch nicht geleistet worden. Für die Erstellung des Gutachtens der F. GmbH vom 07.08.2013 nebst ergänzender Stellungnahme seien dem Erblasser Kosten in Höhe von 4.527,69 € entstanden. Darüber hinaus habe der Erblasser Zuzahlungen zu Rechnungen des Sanitätshauses und des ambulanten Pflegedienstes in Höhe von insgesamt 29.257,17 € erbracht, die von der Beklagten zu erstatten seien. Schließlich sei dem Erblasser ein Erwerbsschaden in Höhe von 197.250,00 € entstanden. Der Erblasser habe vor dem schädigenden Ereignis Architekt bzw. Innenarchitekt werden wollen. Insoweit hat die Klägerin zunächst behauptet, der Erblasser habe das Abitur bereits bestanden gehabt und Architektur studieren wollen; das Studium hätte er ohne das schädigende Ereignis regulär mit 28 Jahren abschließen können und in diesem Fall ein jährliches Bruttoeinkommen von 45.000,00 € erzielt, netto ca. 26.300,00 €, dies spätestens ab dem Jahr 2010. Bis zu seinem Tod hätte er damit 7,5 Jahre gearbeitet und verdient. Zuletzt hat die Klägerin behauptet, der Erblasser habe vor dem Schadensfall das Fachabitur erlangt, ein Praktikum im Bereich der Innenarchitektur absolviert und entsprechende Minijobs angenommen gehabt. Nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten habe er beabsichtigt, ein Studium der Innenarchitektur aufzunehmen, sobald er sich unter Berücksichtigung seiner Erkrankung fit genug gefühlt hätte.
8Die Klägerin hat beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.262.053,42 € abzüglich geleisteter 1.650.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.12.2020 zu zahlen, 2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.331,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.12.2020 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Klägervortrag im Einzelnen bestritten und die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe über die von ihr bereits erbrachte Zahlung hinaus kein weitergehender Anspruch auf Zahlung an sich selbst zu. Soweit schädigungsbedingte Aufwendungen von dritter Seite erbracht worden seien und nunmehr möglicherweise von der Klägerin zurückgefordert würden, sei eine Rückzahlung – unstreitig – nicht erfolgt. Daher sei die Klägerin im Hinblick auf etwaige übergegangene Ansprüche der dritten Leistungserbringer gegen die Beklagte nicht aktivlegitimiert und keine Anspruchsinhaberin. Sie hat gemeint, im Falle einer Verurteilung zur Zahlung an die Klägerin drohe der Beklagten eine doppelte Inanspruchnahme. Die Beklagte hat die Zusammensetzung der Klageforderung für nicht nachvollziehbar gehalten und gerügt, der Klägervortrag sei insgesamt unsubstantiiert und die geforderten Beträge übersetzt.
10Das Landgericht hat die Klage mit am 06.05.2022 verkündeten und der Klägerin am 09.05.2022 zugestellten Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe bereits auf der Grundlage ihres eigenen Vortrags – soweit er schlüssig sei – kein über die unstreitig bereits vorgerichtlich von der Beklagten erbrachte Zahlung von 1.650.000,00 € hinausgehender Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld mehr zu, § 287 ZPO. Schlüssig dargelegt worden seien von der Klägerin allenfalls der Schmerzensgeldanspruch in der bereits zuerkannten Höhe von 200.000 €, eigene familiäre Pflegeaufwendungen in Höhe von 791.184,50 € unter Zugrundelegung eines angemessenen Stundensatzes von 10 €, Aufwendungen für die Pflege des Erblassers durch Minijobber in Höhe von 700.967,20 € einschließlich Sozialabgaben, Aufwendungen für die Betreuung und Pflege des Erblassers durch polnische Pflegekräfte in Höhe von – lediglich schlüssig vorgetragenen – 72.845,25 €, Verpflegungskosten für polnische Pflegekräfte in Höhe von 5.680,00 €, Gutachterkosten F. in Höhe von 4.527,69 €, Kfz-Kosten in Höhe von 39.783,63 €, eigenen Zuzahlungen an das Sanitätshaus und den ambulanten Pflegedienst in einer Gesamthöhe von 29.257,17 €, Aufwendungen für die Errichtung eines behindertengerechten Hauses in einer Gesamthöhe von 153.008,45 € und eines auf die Klägerin übergegangenen Erwerbsschadens des Erblassers in Höhe von 197.250,00 €. Von dem danach der Klägerin maximal zustehenden Betrag in Höhe von 2.194.503,89 € seien unstreitige Zahlungen Dritter in Höhe von 765.264,64 € in Abzug zu bringen, so dass ein Betrag von 1.429.239,25 € verbleibe. Diese Zahlungen Dritter müsse sich die Klägerin anrechnen lassen, da eine Rückzahlung bislang unstreitig noch nicht erfolgt sei. Der mithin maximal geschuldete Schadensersatz- und Schmerzensgeldbetrag liege unterhalb des bereits von der Beklagten an die Klägerin gezahlten Betrages von 1.650.000 €, so dass kein weitergehender Anspruch mehr verbleibe. Ein – insoweit allenfalls denkbarer – Freistellungsanspruch sei von ihr trotz gerichtlichen Hinweises nicht geltend gemacht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand sowie die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die am 09.06.2022 bei Gericht eingegangene und nach Fristverlängerung bis zum 09.08.2022 unter dem 09.08.2022 begründete Berufung der Klägerin.
11In der Berufungsinstanz verfolgt die Klägerin einen Gesamtanspruch in Höhe von 3.239.053,42 € weiter, den sie nunmehr auf einen Zahlungsantrag und einen Freistellungsantrag verteilt. Der von ihr im Berufungsverfahren weiter verfolgte Gesamtanspruch setzt sich zusammen aus dem titulierten Schmerzensgeld von 200.000,00 €, den Kosten für die Anschaffung und Umrüstung eines behindertengerechten Fahrzeuges von 39.783,63 €, den Kosten für den Bau eines behindertengerechten Hauses von 414.482,04 €, Pflegeaufwendungen von insgesamt 2.358.280,58 €, Zuzahlungen an das Sanitätshaus und den ambulanten Pflegedienst von insgesamt 29.257,17 € und einem Erwerbsschaden des Erblassers von 197.250,00 € abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 1.650.000 €, mithin 1.589.053,42 €. Von dem so berechneten Gesamtbetrag verlangt die Klägerin nunmehr einen Teilbetrag in Höhe von 765.264,64 € im Wege der Freistellung der Klägerin von den Rückforderungen der Städte Q. und H. sowie des B.es und einen Teilbetrag in Höhe von 823.788,78 € im Wege der Zahlung an die Klägerin selbst. Sie vertritt die Ansicht, es handele sich bei der Umstellung der Anträge um eine auch in der Berufungsinstanz noch zulässige Klageänderung. Sie rügt, das landgerichtliche Urteil weise gravierende Rechtsfehler auf. Die Schadensschätzung des Landgerichts gemäß § 287 ZPO sei zu grob und lasse wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht. Die vom Landgericht ermittelten Beträge seien deutlich zu gering bemessen. Die Klägerin meint, das Landgericht sei gehalten gewesen, Beweis zur Schadenshöhe zu erheben anstatt sich auf eine bloße eigene Schätzung zu beschränken. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die vom Landgericht vorgenommenen Kürzungen bei den Aufwendungen für die Pflege des Erblassers und die Kosten eines behindertengerechten Hauses. Hinsichtlich der notwendigen Aufwendungen für die Pflege des Erblassers sei das Landgericht gehalten gewesen, den angebotenen Sachverständigenbeweis zu den im Pflegegutachten der Fa. F. GmbH dargelegten Gegenrechnungen zu erheben. Die Klägerin meint darüber hinaus, sie müsse sich die von der Pflegeversicherung erbrachten Leistungen nicht anrechnen zu lassen. Hierzu behauptet sie, diese seien entweder unmittelbar mit dem Pflegedienst abgerechnet worden oder zwar an die Klägerin gezahlt, jedoch unmittelbar an die Pflegekräfte weitergereicht worden, weshalb sie als kostenneutral bzw. bloßer Durchlaufposten anzusehen seien.
12Die Klägerin beantragt,
131. auf ihre Berufung das Urteil des LG Bonn vom 20.12.2021 zu 9 O 265/20 am 12.9.2019 teilweise abzuändern und insgesamt wie folgt neu zu fassen:
14Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 823.788,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 5.12.2020 zu zahlen.
152. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von 765.264,64 € zu erstattenden Sozialleistungen gegenüber der Stadt Sankt Augustin, die Stadt H. und dem Rhein Sieg Kreis freizustellen.
163. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von den durch die Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 10.331,46 € freizustellen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und unter Wiederholung und Vertiefung desselben. Sie hält die Antragsumstellung im Berufungsverfahren für unzulässig und verweigert ihre Einwilligung in diese. Sie erhebt im Einzelnen Einwendungen gegen die Schadensberechnung der Klägerin und vertritt darüber hinaus die Auffassung, die Klägerin müsse sich über die vom Landgericht in Abzug gebrachten behördlichen Leistungen hinaus auch die von der Pflegeversicherung erbrachten Leistungen für die Pflege des Erblassers anrechnen lassen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die im Berufungsrechtszug zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen werden.
21II.
221.
23Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Zulässig ist insbesondere auch die im Berufungsrechtszug vorgenommene Umstellung der Klageanträge, § 533 ZPO. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung ihre Anträge im Hinblick auf die Erwägungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung angepasst und verlangt nunmehr nur noch den die Sozialhilfeleistungen übersteigenden Teil ihrer im Berufungsrechtszug weiter verfolgten Zahlungsansprüche zur Zahlung an sich und im Übrigen in Form einer Freistellung von den Rückforderungen der beteiligten Träger der Sozialhilfe. Die darin liegende Änderung des Klagebegehrens ist auch im Berufungsrechtszug noch zulässig. Sie ist prozessual bereits nicht als Klageänderung zu werten, § 264 Nr. 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift stellt es bereits keine Klageänderung dar, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird. Dies ist bei qualitativen Änderungen des Antrags bei gleichbleibendem Klagegrund der Fall, etwa bei dem Übergang auf die Forderung von Schuldbefreiung statt Zahlung und umgekehrt (vgl. Zöller-Greger, ZPO 35. Auflage, § 264 Rn. 3b m.w.N.; BGH NJW 1994, 944). Hierunter fällt der vorliegend erfolgte teilweise Übergang vom Zahlungsbegehren auf ein Freistellungsbegehren. Der zugrundeliegende Lebenssachverhalt ist identisch und der erstinstanzliche Parteivortrag der Entscheidung des Senates ohnehin zugrunde zu legen.
242.
25Die Berufung der Klägerin hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die berechtigten Ansprüche der Klägerin sowohl auf Zahlung an die Klägerin selbst als auch auf Freistellung von den Rückforderungen der Sozialhilfeträger durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten erfüllt wurden und übersteigende Ansprüche der Klägerin aus übergegangenem Recht ihres Sohnes nicht bestehen, § 362 BGB.
263.
27Berechtigt sind die auf Zahlung an die Klägerin gerichteten streitgegenständlichen Ansprüche aus übergegangenem Recht des Erblassers in einer Gesamthöhe von 1.289.809,07 €. Diese sind durch die im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnenden Leistungen der Pflegekasse in Höhe von 50.365,59 € gemindert und der verbleibende Restanspruch in Höhe von 1.239.443,48 € durch die von der Beklagten erbrachte vorgerichtliche Zahlung von 1.650.000 € vollumfänglich untergegangen. Im Einzelnen:
28(a)
29Der auf die Klägerin übergegangene Schmerzensgeldanspruch des Erblassers in Höhe von 200.000 € ist bereits im Vorprozess rechtskräftig ausgeurteilt worden und in dieser Höhe zugunsten der Klägerin in den begründeten Gesamtanspruch einzustellen.
30(b)
31Begründet ist die Klageforderung darüber hinaus in Höhe der vom Landgericht zugrunde gelegten und von der Klägerin im Berufungsrechtszug nur noch geforderten Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Fahrzeuges zum Transport des Erblassers in Höhe von 39.783,63 €. Insoweit hat die Klägerin nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, für die Anschaffung und den Umbau eines Mercedes Benz Viano insgesamt 62.783,63 € zum Zwecke des Transports des Erblassers aufgewendet zu haben. Dies hat sie durch entsprechende Rechnungen belegt (vgl. Anlage K3, Bl. 23 ff. d.A., Bl. 1473, 1480 ff. d.A.). Dass die Anschaffung ausschließlich dem Transport des Erblassers diente, ergibt sich aus Sicht des Senates bereits daraus, dass das Fahrzeug nur kurze Zeit nach dem Tod des Erblassers am 19.01.2019 mit einem – gemessen an der Nutzungszeit eher geringen – Kilometerstand von 36.500 km verkauft wurde. Nach Abzug des beim Verkauf des Fahrzeuges erzielten Veräußerungserlöses von 23.000 € verbleiben ersatzfähige Aufwendungen in Höhe von 39.783,63 €. Davon ist auch das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgegangen (vgl. Seite 8 der landgerichtlichen Entscheidung, Bl. 4249 d.A.). Gegen die vom Landgericht in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen wendet sich die Berufung der Klägerin zu Recht nicht.
32(c)
33Der Senat folgt dem Landgericht ferner in der Schätzung der ersatzfähigen Kosten für behindertengerechtes Wohnen auf 153.008,45 €. Diese Schätzung bewegt sich innerhalb des dem Prozessgericht im Rahmen des § 287 ZPO zustehenden Schätzermessens und ist sorgfältig begründet. Fehler vermag der Senat insoweit nicht zu erkennen. Die von der Klägerin gerügte Ungenauigkeit der landgerichtlichen Schätzung ist jedem Schätzvorgang seinem Wesen nach immanent und weder zu vermeiden noch rechtlich zu beanstanden. Sie ist vom Gesetzgeber im Anwendungsbereich des § 287 ZPO aus Praktikabilitätsgründen bewusst in Kauf genommen worden. Die Einwendungen, mit denen sich die Klägerin im Berufungsrechtszug gegen die konkrete landgerichtliche Schadensschätzung wendet, lassen eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen des Landgerichts zu den von ihm vorgenommenen Kürzungen in Gänze vermissen und beschränken sich auf eine bloße Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags und ihrer abweichenden Schadensbezifferung. Dies rügt auch die Beklagte in der Berufungserwiderung zu Recht (vgl. ab Seite 9 der Berufungserwiderung, Bl. 111 ff. BA). Dass dem Landgericht im Rahmen der Schätzung Ermessensfehler unterlaufen wären, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Schätzung steht im Gegenteil im Einklang mit den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen und erscheint angemessen, um die ersatzfähigen Mehraufwendungen für behindertengerechtes Wohnen abzudecken. Eine höhere Schadensschätzung ist auch aus Sicht des Senates nicht geboten.
34aa. Im Ausgangspunkt ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Geschädigte nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen Ersatz für seinen schädigungsbedingten räumlichen und ausstattungsmäßigen Mehrbedarf nur nach Maßgabe derjenigen Dispositionen verlangen kann, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage getroffen hätte (vgl. OLG Stuttgart VersR 1998, 366 Rn. 31; BGHZ 163, 351 Rn. 31). Es muss sich um dauernd und regelmäßig erforderliche Mehraufwendungen handeln (vgl. BGH VersR 1982, 238). Bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, den dauerhaften und regelmäßigen Mehrbedarf zu befriedigen, bestimmt sich der Anspruch des Geschädigten danach, wie der Bedarf in der von ihm zumutbar gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt (vgl. BGHZ 163, 351 Rn. 31; OLG Stuttgart VersR 1998, 366 Rn. 31 m.w.N.). Vorliegend haben die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann den Erblasser im häuslichen Umfeld betreut und gepflegt, dies zunächst bis Ende Februar 2016 in einer angemieteten Doppelhaushälfte und nachfolgend in einem für den Erblasser neu errichteten, in seinem Eigentum stehenden freistehenden Haus in H.. Die Kosten für die behindertengerechte Gestaltung der vom Erblasser genutzten Räumlichkeiten hat das Landgericht nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze zutreffend seinen schädigungsbedingt vermehrten Bedürfnissen zugeordnet. Für sie hat der Schädiger zwar grundsätzlich in Form einer Rente aufzukommen, jedoch ist es dem Geschädigten unter bestimmten Voraussetzungen auch nicht verwehrt, seinen Mehrbedarf durch Einsatz eines einmalig aufzubringenden Kapitalbetrags zu befriedigen (vgl. BGH VersR 1982, 238; BGHZ 163, 351 Rn. 31; OLG Stuttgart VersR 1998, 366 Rn. 33; OLG Hamm VersR 2003, 780). Davon ist auch das Landgericht zu Recht ausgegangen.
35bb. Indes kann der Geschädigte nicht sämtliche mit dem Kauf oder Bau eines den vermehrten Bedürfnissen des Geschädigten Rechnung tragenden Hauses zusammenhängenden Kosten vom Schädiger ersetzt verlangt werden. Sähe man dies anders, würde ihm letztlich auf Kosten des Schädigers Immobiliareigentum verschafft. Das ginge weit über das hinaus, was der Geschädigte billigerweise vom Schädiger verlangen kann (BGH VersR 1982, 238 Rn. 10). Dadurch erhielte er im Ergebnis einen Vermögenszuwachs, mit dem Vorteile verbunden wären, die über den Zweck weit hinausgehen, ein dauerndes, jedoch auf die Lebenszeit des Geschädigten begrenztes erhöhtes Bedürfnis zu befriedigen (vgl. BGHZ 163, 351 Rn. 31; BGH VersR 1982, 238 Rn. 11). Darüber hinaus ist zu sehen, dass mit dem Kauf oder Bau eines behindertengerechten Hauses zugleich auch das für jedermann allgemein bestehende Bedürfnis nach Wohnraum mit abgedeckt wird, dessen Befriedigung zu den gewöhnlichen Lebenshaltungskosten gehört und vom Schädiger nicht zu erstatten ist (vgl. BGHZ 163, 351 Rn. 31; BGH VersR 1982, 238 Rn. 11). Er kann in schadensrechtlicher Hinsicht lediglich in einem Umfang an den Baukosten beteiligt werden, der es vermeidet, den Geschädigten ungerechtfertigt zu bereichern (BGH VersR 1982, 238 Rn. 12). An diesen Grundsätzen hat sich das Landgericht bei der von ihm vorgenommenen Schadensschätzung in Anlehnung an die Schadensschätzungen anderer Oberlandesgerichte – etwa des OLG Stuttgart (VersR 1998, 366) – in nicht zu beanstandender Weise orientiert (vgl. Seiten 8 ff. des landgerichtlichen Urteils, Bl. 4249 ff. d.A.). Es hat in einem ersten Schritt diejenigen Kosten herausgefiltert, die unmittelbar zur Befriedigung des ausstattungsmäßigen pflegebedingten Mehrbedarfs des Erblassers dienen, bspw. den überdachten Außenlift mit Nebenkosten, die Zufahrtsrampe zum Eingang, die Kosten des großen Warmwasserspeichers, diverse Sanitärrechnungen, die große Eckbadewanne, einen Spiegelschrank, Einrichtungen für die polnischen Pflegekräfte und die Nachtwachen sowie die Kosten der Absenkung des Randsteins (vgl. dazu die tabellarische Auflistung auf Seiten 8 f. des landgerichtlichen Urteils, Bl. 4249 f. d.A.). Hierzu gerechnet hat das Landgericht mit zutreffender Begründung auch die Kosten für die Ausstattung des Hauses mit einem Kamin, weil die von ihm ausgehende Wärme nach dem unwidersprochenen Klägervortrag der Entspannung des Erblassers zuträglich war. Soweit es allerdings die Kosten des tatsächlich angeschafften Sandsteinkamins als übersetzt angesehen und auf die Kosten eines kostengünstigeren Kamins abgestellt hat, unterliegt auch dies nicht der Beanstandung durch den Senat. Denn die von der Kaminwärme ausgehende Entspannungswirkung ist von der konkreten Ausführung des Kamins unabhängig. Ein verständiger Geschädigter hätte sich daher mit einem kostengünstigeren Kamin begnügt. Konkrete Einwendungen gegen diese Kürzung finden sich in der Berufungsbegründung ebenso wenig wie eine Erläuterung, welche Vorteile gerade ein Sandsteinkamin für den Erblasser gehabt haben sollte. Hinsichtlich der weiteren von der Klägerin in ihre Schadensbezifferung eingestellten Kosten für Außenanlagen, Markisen, Fliesen, Inneneinrichtung, Beleuchtung etc. ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei diesen Ausstattungsmerkmalen sämtlich um solche handelt, die zur Standardausstattung eines jeden Wohnhauses gehören und nicht gerade der schädigungsbedingten Behinderung des Erblassers und seinen vermehrten Bedürfnissen geschuldet sind. Sie können ebenso wenig unmittelbar auf die Schädigung des Erblassers zurückgeführt werden wie die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für den Wintergarten. Mehr als den vom Landgericht insoweit angesetzten Betrag für die Kosten des zu seiner Befestigung dienenden Fundaments kann daher nicht verlangt werden. Nicht auf die Schädigung des Erblassers zurückgeführt hat das Landgericht auch zu Recht die Kosten für die Sauna in der von der Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann bewohnten Wohnung im Obergeschoss. Insoweit erschließt sich auf der Grundlage des Klägervortrages bereits nicht, inwieweit diese den Bedürfnissen des Erblassers zuzuordnen sein sollte und nicht den eigenen Wohnbedürfnissen der Klägerin. Letzteres wird durch die Lage der Sauna im Obergeschoss in der von der Klägerin bewohnten Wohnung nahe gelegt. Demgegenüber könnten etwaige Mehrkosten der Ausstattung des Hauses mit breiteren rollstuhlgängigen Türen den vermehrten Bedürfnissen des Erblassers zugeordnet werden, wenn sie schlüssig vorgetragen wären. Dem Klägervortrag ist indes nicht zu entnehmen, dass und ggf. in welcher Höhe vorliegend Mehrkosten entstanden sind. Da das Haus auch ohne die Schädigung des Erblassers mit Türen auszustatten gewesen wäre, können nicht die Gesamtkosten angesetzt werden. Ob und in welcher Größenordnung Mehrkosten angefallen sind, vermag der Senat auch weder den klägerseits zu den Akten gereichten Rechnungen zu entnehmen noch enthält die Berufungsbegründung in diesem Punkt ergänzenden Vortrag. Entsprechendes gilt für die Kosten der Eingangstür. Mit einer solchen wäre das Haus auch ohne die Schädigung des Erblassers auszustatten gewesen. Die vorliegend geltend gemachten Kosten für die Eingangstür scheinen dem Senat weniger den Türmaßen als vielmehr dem Umstand geschuldet zu sein, dass es sich um eine antike, speziell aufgearbeitete Eichentür handelt. Derartige Aufwendungen hätte ein verständiger Geschädigter in der gegebenen Situation nicht getätigt. Was die übrigen im Anlagenkonvolut K12 (Bl. 1583 ff., 1659 ff., 1899 ff. d.A.) zu den Akten gereichten Rechnungen anbelangt, fehlt es ebenfalls an dem erforderlichen schlüssigen Klägervortrag zu einem Zusammenhang mit den pflegebedingten Bedürfnissen des Erblassers, so dass die aus ihnen hervorgehenden Aufwendungen keine Berücksichtigung finden können. Es ist im Zivilprozess Sache der klagenden Partei, dem Gericht die zur Begründung des geltend gemachten Anspruches erforderlichen Tatsachen substantiiert darzutun. Daran fehlt es bezüglich des behinderungsbedingten Ausstattungsmehrbedarfs und seiner Abgrenzung von den allgemeinen Wohnkosten in beiden Instanzen, weshalb lediglich der vom Landgericht ermittelte Betrag von 123.258,45 € zugrunde gelegt werden kann und eine Berücksichtigung weitergehender Kosten ausscheidet.
36Zu dem so ermittelten Betrag hinzugerechnet hat das Landgericht in einem zweiten Schritt die auf den pflegebedingten flächenmäßigen Mehrbedarf des Erblassers entfallenden Aufwendungen. Dabei hat das Landgericht ausgehend von einem geschätzten Flächenbedarf des Erblassers ohne die Behinderung von 70 qm (was der Erdgeschossfläche entspricht) die Flächen im Unter- und Obergeschoss mit Blick auf die notwendige 24-Stunden-Pflege des Erblassers durch die polnischen Pflegekräfte einerseits (56 qm Untergeschoss) sowie die Klägerin und ihren Ehemann andererseits (63 qm Obergeschoss) als schädigungsbedingten Mehrbedarf gewertet und ist zu einem flächenmäßigen Mehrbedarf von insgesamt 119 qm gelangt. Soweit die Klägerin demgegenüber meint, für eine gesunde Person sei – in Anlehnung an die sozialhilferechtlichen Bestimmungen – nur ein Flächenbedarf von 50 qm anzusetzen und der flächenmäßige Mehrbedarf des Erblassers entsprechend zu erhöhen, vermag der Senat ihr nicht zu folgen. Aus dem eigenen Vortrag der Klägerin ergibt sich, dass der Erblasser keiner Familie entstammt, deren Lebens- und Wohnverhältnisse an sozialhilferechtlichen Maßstäben zu orientieren sind. Die Klägerin selbst verweist auf den akademischen Familienhintergrund mit zwei Elternteilen, die vor dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit des Erblassers als Akademiker in guten Berufen arbeiteten. Dem trägt die landgerichtliche Schätzung angemessen Rechnung. Auf diesen flächenmäßigen Mehrbedarf entfallen von den nach Vorabzug der unmittelbar pflegebedingten Mehrkosten verbleibenden allgemeinen Baukosten von 123.258,45 € gerundet 1.750 € pro Quadratmeter, für die Mehrbedarfsfläche des Erblassers daher 208.250 €. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz geringfügig höhere Baukosten als vom Landgericht zugrunde gelegt behauptet, können diese aus Sicht des Senates im Rahmen der Schätzung vernachlässigt werden, zumal das Landgericht die Kosten je Quadratmeter zugunsten der Klägerin aufgerundet hat.
37Dabei ist das Landgericht indes zu Recht nicht stehen geblieben, sondern hat die auf die Mehrbedarfsfläche entfallenden Aufwendungen in einem dritten Schritt bereinigt. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung ohne Erfolg. Der Senat tritt dem Landgericht in der Einschätzung bei, dass der ersatzfähige schädigungsbedingte Mehrbedarf nur den regelmäßigen lebzeitigen Mehrbedarf des Geschädigten abdecken, ihm oder seinen Erben aber nicht einen Vermögenszuwachs über den Tod hinaus verschaffen darf (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart VersR 1998, 366). Der Erblasser hat das von ihm errichtete Haus vor seinem Tod jedoch nur wenige Jahre genutzt, weshalb der vorstehend ermittelte Betrag einer Bereinigung bedarf. Wie diese Bereinigung auszusehen hat, hat der BGH in die Schätzung der Tatgerichte gestellt (vgl. BGH VersR 1982, 238 Rn. 20). Die von dem Landgericht vorgenommene Schätzung ist vertretbar und überschreitet den Schätzrahmen nicht. Dass die behinderungsbedingte Mehrausstattung den Wert des Hauses nicht erhöht hat und insoweit eine Bereinigung nicht zu erfolgen hat, davon ist das Landgericht zu Gunsten der Klägerin ausgegangen (so auch OLG Stuttgart VersR 1998, 366 Rn. 90). Die von der Klägerin in der Berufungsbegründung erneut geforderte Bereinigung in Form eines 10 %igen Abschlags hat das Landgericht zutreffend nicht für ausreichend erachtet, um einen Vermögenszuwachs der Klägerin als Erbin des Erblassers zu vermeiden. Die Klägerin verkennt insoweit, dass sich der vorliegende Sachverhalt in einem entscheidenden Punkt von demjenigen unterscheidet, der der Entscheidung des OLG Stuttgart zugrunde lag. Während in dem vom OLG Stuttgart zu entscheidenden Fall prognostisch eine Nutzungsdauer des Hauses durch den Geschädigten selbst von 66 Jahren zu schätzen und der Bereinigung zugrunde zu legen war, ist der Erblasser vorliegend bedauerlicherweise nach nur etwa 2,5-jähriger Nutzungsdauer verstorben und hat der Klägerin ein fast neuwertiges Haus mit einem erheblichen Restwert und einer erheblichen Restnutzungszeit hinterlassen. Dieser Vermögenszuwachs kann nicht zu Lasten der Beklagten bei der Klägerin verbleiben, sondern muss in angemessenem Umfang abgeschöpft werden, was durch die landgerichtliche Schätzung eines Restwertes von 1.500 €/qm angemessen erfolgt. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von der Klägerin selbst zu den Akten gereichte Marktbewertung des Hauses sogar einen höheren (Rest-)wert von 1.700 €/qm ausweist. Ob die Klägerin den Vermögenszuwachs durch einen Verkauf des Hauses realisiert hat oder das Haus selbst nutzt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Im einen wie im anderen Fall ist ihr Vermögen entsprechend vermehrt, ohne dass dies schadensersatzrechtlich zu rechtfertigen wäre. Nach Bereinigung ergeben sich ersatzfähige Aufwendungen für den flächenmäßigen Mehrbedarf des Erblassers von 29.750 € (208.250 € - 178.500 €), § 287 ZPO. Dies ergibt in der Addition die auch vom Landgericht zutreffend errechneten ersatzfähigen Kosten für behindertengerechtes Wohnen von 153.008,45 €.
38(d)
39Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für die Pflege des Erblassers, die die Klägerin in der Berufungsbegründung in Übereinstimmung mit ihren Angaben in der Klageschrift auf 2.358.280,58 € beziffert (vgl. Seiten 9 ff. der Klageschrift, Bl. 9 ff. d.A.), gliedern sich in Aufwendungen für die Pflege des Erblassers durch Minijobber (hierzu unter aa.), Aufwendungen für zu seiner Betreuung eingesetzte polnische Pflegekräfte (hierzu unter bb.) und in familiärer Eigenleistung erbrachten Pflegeaufwand (hierzu unter cc.).
40aa. Ein Teil der Pflege des Erblassers wurde durch Minijobber sichergestellt, die vornehmlich im Rahmen von Nachtwachen tätig wurden. Hinsichtlich der hierfür geltend gemachten Aufwendungen hat das Landgericht sich in der angefochtenen Entscheidung mangels Entscheidungserheblichkeit von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent darauf beschränkt, die von der Klägerin vorgetragenen (vgl. Seiten 12 ff. des Schriftsatzes vom 14.02.2022, Bl. 2114 ff. d.A.) – unstreitigen und daher auch aus Sicht des Senates prozessual zugrunde zu legenden – Gesamtaufwendungen von 700.967,20 € inklusive Sozialabgaben zugrunde zu legen (vgl. Seiten 7 f. des landgerichtlichen Urteils, Bl. 4248 f. d.A.). Den Anfall von Aufwendungen für Minijobber in dieser Höhe hat die Klägerin zugleich auch durch eine Vielzahl von zu den Akten gereichten Urkunden, insbesondere von ihr selbst erstellte Auflistungen, die Vorlage der Halbjahresschecks und der auf die Minijobber bezogenen Korrespondenz mit der Stadt Q. belegt (vgl. Anlagenkonvolut K6). Aus den Urkunden geht allerdings auch hervor, dass die Kosten für die Minijobber in weit überwiegendem Umfang nicht von dem Erblasser selbst getragen wurden, sondern von den jeweils zuständigen Trägern der Sozialhilfe. Dieser Umstand ergibt sich auch aus dem klägerseits zu den Akten gereichten Rückforderungsbescheid der Stadt Q., der für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.08.2014 Leistungen der Stadt Q. für Nachtwachen in einer Gesamthöhe von 407.334,86 € ausweist (vgl. Bl. 371 d.A.; siehe auch die Detailaufstellung Bl. 2964 ff. d.A.). Entsprechend wurde nach erneuter Sozialhilfebewilligung durch die Stadt H. am 08.12.2016 ab diesem Zeitpunkt verfahren und die Kosten der Nachtwache von der Stadt H. getragen. Dies entspricht dem eigenen schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin, nach der sie die von den Minijobbern geleisteten Stunden monatlich an die Stadt gemeldet habe und Stundenaufstellungen erstellt worden seien, um sie beim Sozialamt Q. und später beim Sozialamt der Stadt H. zu belegen (vgl. Seiten 8 f., 11 ff. des Schriftsatzes vom 30.08.2021, Bl. 667 f., 670 ff. d.A.). Dem entsprechenden Hinweis des Senates in der mündlichen Verhandlung (vgl. Sitzungsprotokoll vom 24.05.2023, Bl. 144 BA) hat die Klägerin nicht widersprochen. Daraus folgt für die vorzunehmende Schadensberechnung, dass lediglich in dem Zeitraum, in dem zugunsten des Erblassers keine Sozialhilfe bewilligt war – d.h. von dem auf den 03.09.2014 datierenden Aufhebungsbescheid bis zur Neubewilligung am 08.12.2016 – die Aufwendungen für die Tätigkeit der Minijobber von dem Erblasser selbst getragen wurden. Dann aber können im Rahmen des Zahlungsantrages – anders als es der Berechnung der Klägerin zugrunde liegt – nicht die Gesamtaufwendungen für die Minijobber angesetzt werden, sondern nur die im Zeitraum vom 03.09.2014 bis zum 07.12.2016 von dem Erblasser selbst getätigten Aufwendungen. Denn nur insoweit ist ihm ein Schaden entstanden und hat er einen Ersatzanspruch gegen die Beklagte erlangt, der im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin übergegangen ist. Im Übrigen ist die Klägerin wegen des mit der Übernahme der Aufwendungen durch die Träger der Sozialhilfe erfolgten gesetzlichen Anspruchsübergangs auf diese nicht aktivlegitimiert, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat. Die in diesem Zeitraum von dem Erblasser getätigten Aufwendungen hat die Klägerin in erster Instanz im Schriftsatz vom 14.02.2022 (vgl. Seiten 12 ff. des Schriftsatzes vom 14.02.2022, Bl. 2114 ff. d.A.) mit 132.574,70 € inklusive Sozialabgaben beziffert. Dies fügt sich zu den von ihr zu den Akten gereichten Urkunden und den in ihnen ausgewiesenen Beträgen und lässt sich anhand der Halbjahresschecks nachvollziehen. Die Beklagte ist dieser Berechnung nicht rechtserheblich entgegengetreten. Der Betrag ist daher in prozessualer Hinsicht zugrunde zu legen. Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 24.09.2024 begründungslos angeführten abweichenden Beträge (Seiten 1 f. des Schriftsatzes vom 24.09.2024, Bl. 455 f. BA) beziehen sich nach dem Inhalt des Schriftsatzes auf abweichende Zeiträume als vom Senat zugrunde gelegt und negieren den gesetzlichen Anspruchsübergang. Die von der Klägerin angeführten Beträge stellen die Gesamtaufwendungen für die Minijobber dar und nicht die allein streitentscheidenden Aufwendungen für den Zeitraum vom 03.09.2014 bis zum 07.12.2016. Sollte der Schriftsatz vom 24.09.2024 so zu verstehen sein, dass im Hinblick auf die Aufwendungen für die Minijobber neue Zahlen behauptet werden sollen, wäre dies im jetzigen Stadium des Rechtsstreits nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz verspätet und nicht mehr zuzulassen. Ein Schriftsatznachlass in diesem Punkt ist weder von der Klägerin beantragt noch gewährt worden.
41bb. Im Hinblick auf die geltend gemachten Aufwendungen für die Tätigkeit polnischer Pflegekräfte beginnend mit dem Monat Mai 2016 bis zum Tod des Erblassers hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung (vgl. Seiten 7 f. des landgerichtlichen Urteils, Bl. 4248 f. d.A.) mangels Entscheidungserheblichkeit von seinem rechtlichen Standpunkt aus zugunsten der Klägerin wiederum ohne nähere Prüfung schlüssig vorgetragene Aufwendungen in Höhe von 72.845,25 € zuzüglich pauschaler Verpflegungskosten in Höhe von weiteren 5.680 € zugrunde gelegt. Soweit von der Klägerin im Berufungsrechtszug wiederholt ohne Begründung abweichende Beträge genannt werden (vgl. Seite 18 der Berufungsbegründung, Bl. 69 BA: 78.110,29 €; Seite 2 f. des Schriftsatzes vom 24.09.2024, Bl. 456 f. BA: 88.770,29 €), lassen sich diese anhand der zu den Akten gereichten Rechnungen nicht nachvollziehen. Diese weisen lediglich Aufwendungen in der von dem Landgericht ermittelten Gesamthöhe von 72.845,25 € für die Jahre 2016 bis 2018 aus (vgl. Rechnungen im Anlagekonvolut K6, Bl. 82 ff., 104 ff., 119 ff. d.A.). Sie setzen sich zusammen aus Aufwendungen im Jahr 2016 in Höhe von 17.628,71 €, für das Jahr 2017 in Höhe von 29.215,10 € und für das Jahr 2018 und in Höhe von 26.001,44 €. Nicht belegt und auch nicht substantiiert vorgetragen worden ist der Anfall der im Schriftsatz vom 24.09.2024 erneut thematisierten Verpflegungskosten (vgl. Seiten 2 f. des Schriftsatzes vom 24.09.2024, Bl. 2 f. Bl. 456 f. BA). Weder liegen dem Senat vertragliche Vereinbarungen vor, aus denen sich die Verpflichtung des Erblassers zur Zahlung pauschaler Verpflegungskosten ergibt, noch lässt sich die von der Klägerin behauptete Höhe oder die Erbringung entsprechender Zahlungen anhand der in der Akte befindlichen Urkunden nachvollziehen. Zu den Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen mit den polnischen Pflegekräften ist weder schriftsätzlich vorgetragen worden noch findet sich in der Akte eine Kopie eines vollständigen Dienstleistungsvertrages. Bestandteil des Anlagenkonvoluts K6 sind nur die ersten beiden Seiten des Dienstleistungsvertrages vom 01.03.2018 (Bl. 116 ff. d.A.), die sich zu den Verpflegungskosten nicht verhalten. Trotz entsprechender schriftsätzlicher Ankündigung (dort Seiten 14 ff. des Schriftsatzes vom 30.08.2021, Bl. 673 ff. d.A.) ist – entgegen der Behauptung im Schriftsatz vom 24.09.2024 (Seite 2 des Schriftsatzes vom 24.09.2024, Bl. 456 BA) – auch mit Schriftsatz vom 30.08.2021 kein weiterer Vertrag überlassen worden. Sollten die mit dem Schriftsatz vom 24.09.2024 zu den Akten gereichten Aktenordner weitere Belege in Bezug auf die Verpflegungskosten enthalten, wären diese jedenfalls im jetzigen Stadium des Rechtsstreits aus den bereits genannten Gründen nicht mehr zuzulassen. Die Aktenordner sind erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsrechtszug zu den Akten gereicht worden. Ein Schriftsatznachlass in diesem Punkt ist seitens der Klägerin weder beantragt noch gewährt worden.
42Von den mithin prozessual lediglich zugrunde zu legenden Gesamtaufwendungen für polnische Pflegekräfte ab dem Monat Mai 2016 von 72.845,25 € sind wiederum nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die nach der erneuten Sozialhilfebewilligung am 08.12.2016 angefallenen Aufwendungen nicht von dem Erblasser selbst, sondern von den jeweils zuständigen Trägern der Sozialhilfe getragen worden (vgl. Seite 16 des Schriftsatzes vom 30.08.2021, Bl. 675 d.A.). Insoweit ist es mit Érbringung der Leistungen kraft Gesetzes zu einem Anspruchsübergang auf diese gekommen und die Aktivlegitimation der Klägerin entfallen. Darauf hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2023 hingewiesen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 24.05.2023, Bl. 144 BA). Die Klägerin kann daher von der Beklagten lediglich die von dem Erblasser selbst im Zeitraum bis zum 07.12.2016 getätigten Aufwendungen ersetzt verlangen. Auf diesen Zeitraum entfallen ausweislich der zu den Akten gereichten Rechnungen insgesamt Aufwendungen in einem Gesamtumfang von 15.407,94 €, wobei der Senat in Ermangelung einer taggenauen Abrechnung seitens des Leistungserbringers hinsichtlich der Dezemberrechnung 2016 im Wege der Schätzung einen anteiligen Betrag von 7/31 der Rechnungssumme, mithin einen Betrag von 647,72 € angesetzt hat. Der von der Klägerin auch in Bezug auf die polnischen Pflegekräfte in ihrem Schriftsatz vom 24.09.2024 genannte abweichende Betrag lässt sich anhand der Belege nicht nachvollziehen. Etwaige mit diesem Schriftsatz zu den Akten gereichte neue Belege wären nicht mehr zuzulassen. Erneut lässt die Klägerin den erfolgten Anspruchsübergang auf die beteiligten Träger der Sozialhilfe unberücksichtigt.
43cc. Den innerfamiliär geleisteten Pflegeaufwand schätzt der Senat auf insgesamt 736.506,40 €, § 287 ZPO. Der von der Klägerin geforderte höhere Betrag lässt sich mit den in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen nicht in Einklang bringen.
44(1) Für die Bemessung des innerfamiliären Pflegeaufwandes in zeitlicher Hinsicht kann aus Sicht des Senates nicht auf die von der Klägerin nachträglich für den vorliegenden Rechtsstreit angefertigten Stundenaufstellungen abgestellt werden. Bei ihnen handelt es sich um bloßen Parteivortrag. Darüber hinaus bemisst sich der ersatzfähige Pflegeaufwand nicht nach der tatsächlich geleisteten, sondern nach der objektiv notwendigen Pflege und Betreuung. Letztere wird in den klägerseits erstellten Stundenaufstellungen, die sich etwa im Monat November 2005 auf im Durchschnitt 32 Stunden täglich belaufen, ersichtlich nicht dargestellt. Der Senat stellt nicht in Abrede, dass die Familie sich in einem ganz erheblichen zeitlichen Umfang mit der Pflege und Betreuung des Erblassers befasst hat. Insoweit ist indes in schadensrechtlicher Hinsicht eine Abgrenzung des objektiv notwendigen schädigungsbedingten Pflegemehraufwands von derjenigen Beschäftigung mit dem Erblasser vorzunehmen, die aus familiärer Verbundenheit und persönlicher Zuneigung zu ihm erfolgt ist. Letztere stellt – selbst wenn sie durch die Schädigung vermehrt veranlasst gewesen sein sollte – keinen kommerzialisierbaren Vermögensschaden dar. Ausgangspunkt und Grundlage für die Schätzung des objektiv erforderlichen Pflegeaufwands kann aus Sicht des Senates allein das Pflegegutachten der F. GmbH vom 07.08.2013 (Bl. 1510 ff. d.A.) sein, auf das sich die Klägerin selbst im vorliegenden Rechtsstreit durchgängig berufen hat. Mangels erheblicher inhaltlicher Einwendungen der Beklagten gegen die in diesem Pflegegutachten getroffenen Feststellungen zum zeitlichen Umfang des Pflegebedarfs ist die Einholung eines weiteren Pflegegutachtens aus Sicht des Senates nicht veranlasst. Die in ihm getroffenen Feststellungen bilden aus Sicht des Senates eine hinreichende Grundlage und ausreichende Anknüpfungspunkte für die tatrichterlich vorzunehmende Schadensschätzung. Keine rechtliche Relevanz kommt insoweit allerdings den von ihr in Bezug genommenen in diesem Gutachten angestellten Gegenrechnungen zu. Entgegen der Auffassung der Klägerin war und ist daher eine Beweiserhebung über ihre Richtigkeit prozessual weder veranlasst noch geboten. Diese Gegenrechnungen beziehen sich auf den Fall, dass der Gesamtpflegeaufwand des Erblassers durch einen professionellen Pflegedienst oder im Rahmen eines Arbeitgebermodells durch sozialversicherungspflichtig beschäftigte Pflegekräfte und Familienangehörige bewältigt worden wäre. So war die Pflege des Erblassers aber unstreitig nicht organisiert, sondern sie erfolgte durch Minijobber und polnische Pflegekräfte einerseits und durch nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigte Familienangehörige andererseits. Daher sind die in die Gegenrechnungen eingerechneten Sozialabgaben und der Unternehmensgewinn des Pflegedienstes tatsächlich nur in einem sehr geringen Umfang angefallen. Eine fiktive Einbeziehung dieser tatsächlich nicht angefallenen Aufwendungen in die Schadensschätzung, wie sie der Klägerin offenbar vorschwebt, kommt nicht in Betracht. Geschätzt werden kann nur der im Rahmen der konkreten Organisation der Pflege des Erblassers angefallene Pflegeaufwand in dem Umfang, in dem er objektiv notwendig war.
45(2) Aus dem Pflegegutachten der F. GmbH ergibt sich, dass der Erblasser rund um die Uhr pflegebedürftig war (24-Stunden-Pflege), nicht dagegen, dass rund um die Uhr zwei Pflegekräfte erforderlich waren. Soweit die Klägerin Gegenteiliges behauptet (vgl. zuletzt Seite 4 der Berufungsbegründung, Bl. 55 BA), vermag der Senat ihr nicht zu folgen. Das Pflegegutachten beschränkt sich darauf, einzelne pflegerische Tätigkeiten zu benennen, die die Anwesenheit und Mithilfe zweier Pflegepersonen erfordern, so etwa das Aufstehen, das Stehen mit Hilfe, die Mobilisierung in den Rollstuhl hinein, die Teilwäsche, der Wechsel des Inkontinenzmaterials, das Baden und Duschen und das mehrfach tägliche sowie zweimal nächtliche Lagern (vgl. Seiten 12, 21 f. des Gutachtens der F. GmbH vom 07.08.2013, Bl. 1521, 130 f. d.A.). Diese sind aus Sicht des Senates in Form eines Zuschlags zu den für die Pflege anzusetzenden 24 Stunden/Tag zu berücksichtigen. Den zeitlichen Umfang dieser Verrichtungen schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf durchschnittlich 3 Stunden täglich. Zugrunde zu legen ist daher ein für die Pflege und Betreuung des Erblassers notwendiger zeitlicher Aufwand von 27 Stunden täglich. Zusätzliche Bereitschaftszeiten sind nicht anzusetzen. Solche werden auch in dem Pflegegutachten der F. GmbH zu Recht nicht angesetzt. Bei einer 24-Stunden-Pflege ist naturgemäß der gesamte Zeitraum des Tages abgedeckt und der Pflegebedürftige niemals allein. Zu Recht hat daher das Landgericht es in der angefochtenen Entscheidung abgelehnt, den klägerseits geltend gemachten Zeitaufwand für „Bereitschaftsdienste“ der Familie als zusätzlichen Pflegeaufwand zu berücksichtigen (vgl. Seiten 6 f. des landgerichtlichen Urteils, Bl. 4247 d.A.). Das Vorhalten der eigenen Arbeitskraft für den Fall eines plötzlichen Ausfalls der primären Pflegekraft – sei es professionell oder innerfamiliär – zählt weder zu den ersatzfähigen vermehrten Bedürfnissen des Geschädigten noch kann die ständige Vorhaltung einer weiteren Bereitschaftskraft für den Fall der Verhinderung der Primärpflegekraft als objektiv erforderlich angesehen werden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei dem Erblasser teilweise auch nachts Verrichtungen vorgenommen werden mussten, die die Anwesenheit zweiter Pflegekräfte erforderten, etwa die Lagerung und der Wechsel des Inkontinenzmaterials. Für diese kurzen Einzeltätigkeiten würde ein verständiger Geschädigter nicht rund um die Uhr eine zweite Pflegekraft vorhalten, sondern sich darauf beschränken, lediglich punktuell für die Dauer der jeweiligen Verrichtung auf eine zweite Pflegekraft zurückzugreifen, sei es in festen Intervallen oder bei Bedarf. Der Umstand, dass die Familie des Erblassers im gleichen Haus wie dieser wohnte und aus diesem Grund jederzeit erreichbar war, rechtfertigt keine abweichende rechtliche Beurteilung. Soweit es das von der Klägerin dargestellte nächtliche Beruhigen des Erblassers bei Unruhe und Albträumen durch Familienmitglieder anbelangt, handelt es sich bei diesem ohnehin nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen schadensersatzrechtlich nicht um einen Betreuungsaufwand, der über die üblicherweise im Krankheitsfall zu erwartende persönliche Zuwendung innerhalb der Familie hinausgeht (vgl. BGH VersR 2019, 51 Rn. 12 m.w.N.), sondern um einen solchen, der in den selbstverständlichen originären Aufgabenbereich der Familie fällt und für den der entgeltliche Einsatz einer professionellen Pflegekraft bei vernünftiger Betrachtung als praktische Alternative ernsthaft nicht in Frage kommt, weil es sich auf den Bereich der unvertretbaren Zuwendung bezieht (vgl. BGH NJW 1999, 2819). Dass sich der Erblasser in diesen Situationen nicht von Fremden, sondern nur von der Familie beruhigen ließ, hat auch die Klägerin selbst vorgetragen und diese Einschätzung damit bestätigt. Dieser Bereich ist – wie bereits dargestellt – dem Begehren materiellen Schadensersatzes nach der Rechtsprechung aber nicht zugänglich (vgl. BGH NJW 1999, 2819 Rn. 10).
46Was die Höhe des für den innerfamiliären Pflegeaufwand anzusetzenden Stundensatzes anbelangt, erscheint der vom Landgericht angesetzte Stundensatz von 10 € (netto) vertretbar und angemessen. Er bewegt sich innerhalb des zulässigen Schätzrahmens und überschreitet das tatrichterliche Schätzermessen nicht. Die hiergegen von der Klägerin im Berufungsrechtszug erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es um sehr unterschiedliche Pflege- und Betreuungstätigkeiten und zum Teil um lange zurückliegende Zeiträume geht und dieser Betrag einen Durchschnittswert der Stundensätze für die Jahre 2005 bis 2018 darstellt. Auch der Senat hat wiederholt für in dieser Zeit erbrachte Pflegetätigkeiten von Familienangehörigen Schätzungen in der gleichen Größenordnung vorgenommen, § 287 ZPO.
47(3) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ergibt sich folgender von der Beklagten zu ersetzender innerfamiliärer Pflegeaufwand:
48Für den Zeitraum vom 26.06.2005 bis zum 18.10.2005 ist ein ersatzfähiger familiärer Pflegeaufwand nicht anzusetzen. In diesem Zeitraum war der Erblasser ausweislich der Bestätigung des W. e.V. vom 31.01.2006 und dem dieser Bestätigung beigefügten beispielhaften Leistungsnachweis (vgl. Anlage K6, Bl. 343 f. d.A.; vgl. zu diesem Zeitraum auch Anlage K5, Bl. 38 d.A.) stationär in einer Einrichtung untergebracht, in der er professionell durch Pflegekräfte betreut und gepflegt wurde und diverse Therapien erhielt. Der Senat stellt nicht in Abrede, dass er in diesem Zeitraum von seiner Familie besucht wurde und diese viel Zeit mit ihm verbracht hat. Die hierfür aufgewandte Zeit ist nach den vorskizzierten schadensrechtlichen Grundsätzen indes nicht dem Bereich der ersatzfähigen Befriedigung schädigungsbedingter vermehrter Bedürfnisse zuzuordnen, sondern dem Bereich der üblicherweise im Krankheitsfall zu erwartenden persönlichen Zuwendung innerhalb der Familie, die unvertretbar und nicht kommerzialisierbar ist. Soweit die Klägerin vorträgt, diesen Zeitraum genutzt zu haben, um sich von den professionellen Pflegekräften abzuschauen, wie der Erblasser zu pflegen sei, stellt dies bereits keine Pflegeleistung im schadensersatzrechtlichen Sinne dar und kann daher keine Berücksichtigung finden. Ohnehin wurde unstreitig auch nach Beendigung der stationären Unterbringung des Erblassers in der Einrichtung weiterhin morgens und abends ein ambulanter Pflegedienst tätig, der die Grundpflege des Erblassers übernahm.
49In dem Zeitraum vom 19.10.2005 bis 31.08.2007 wurde der Erblasser von seiner Familie im häuslichen Umfeld gepflegt (vgl. Anlage K5, Bl. 38 d.A.). Dies geschah zunächst durch die Familie allein ohne Minijobber und polnische Pflegekräfte, lediglich unterstützt durch einen professionellen ambulanten Pflegedienst, der morgens und abends in einem Umfang von jeweils 1 Stunde die Grundpflege des Erblassers übernahm. Letzteres ist zwar von der Klägerin schriftsätzlich nicht thematisiert worden, ergibt sich jedoch aus der von ihr als Anlage K16 zu den Akten gereichten eigenen Auflistung (vgl. Bl. 2156 ff. d.A.) und den vorgelegten Rechnungen des tätig gewordenen ambulanten Pflegedienstes. Bei im Durchschnitt 30,44 Tagen/Monat und einem zugrunde zu legenden Gesamtpflegeaufwand des Erblassers von 27 Stunden täglich, der in einem Umfang von 2 Stunden täglich durch den ambulanten Pflegedienst und im Übrigen von der Familie des Erblassers geleistet wurde, ergibt sich ein ersatzfähiger vermehrter Pflege- und Betreuungseigenaufwand von insgesamt 17.042 Stunden (25 Stunden x 30,44 Tage x 22 Monate zzgl. 25 Stunden x 12 Tage) à 10 €, mithin 170.420 €.
50Ab dem 01.09.2007 bis zum 28.02.2016 wurden nach dem eigenen schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin organisatorische Veränderungen dergestalt vorgenommen, dass zusätzlich zu dem Tätigwerden des ambulanten Pflegedienstes zunehmend Minijobber in die Pflege und Betreuung des Erblassers einbezogen wurden, um die Familie zu entlasten. Das geht auch aus dem Gutachten der F. GmbH hervor, in dem vom Einsatz von Nachtwachen in der Zeit zwischen 22.30 Uhr und 7.00 Uhr morgens, mithin einem zeitlichen Umfang von 8,5 Stunden täglich die Rede ist. Dieser extern erbrachte Pflegeaufwand ist in zeitlicher Hinsicht von dem innerfamiliären Pflegeaufwand in Abzug zu bringen, so dass sich für diesen Zeitraum ein täglicher innerfamiliärer Pflegeaufwand von 16,5 Stunden ergibt (27 Stunden - 2 Stunden - 8,5 Stunden), insgesamt bei im Schnitt 30,44 Tagen pro Monat im vorstehenden Zeitraum 51.230,52 Stunden à 10 €, somit 512.305,20 €.
51Ende Februar 2016 zog die Familie in das von dem Erblasser neu errichtete Haus, wo der Erblasser bis zu seinem Tod am 00.00.2018 lebte. Dort wurde er zunächst weiter in der vorstehend skizzierten Weise gepflegt. Ab dem Monat Mai 2016 wurden zusätzlich polnische Pflegekräfte in seine Pflege und Betreuung involviert. Diese wohnten im Haus des Erblassers und entlasteten die Familie des Klägers weiter, indem sie seine Betreuung in einem zeitlichen Umfang von 168 Stunden pro Monat sicherstellten. Dies entspricht einer täglichen Betreuungszeit von 5,5 Stunden, die von dem innerfamiliären Pflege- und Betreuungsaufwand in Abzug zu bringen ist. Darüber hinaus wurde nach den eigenen Angaben der Klägerin in der Anlage K5 die Einsatzzeit der Nachtwachen ausgeweitet und diese in einem zeitlichen Umfang von 10 bis 11 Stunden täglich eingesetzt, jeweils in der Zeit von 21 Uhr abends bis 7 oder 8 Uhr morgens. Ab Januar 2017 erfolgte nach den eigenen Angaben der Klägerin eine weitere Ausweitung der von Minijobbern übernommenen Pflege- und Betreuungsleistungen in zeitlicher Hinsicht (vgl. Anlage K5, Bl. 39 d.A.). Daneben wurde weiterhin täglich morgens und abends der ambulante Pflegedienst für jeweils eine Stunde tätig und führte die Grundpflege durch. Ausgehend von einer Gesamtpflegezeit von 27 Stunden verblieben folglich weiterhin ein täglicher Pflege- und Betreuungsaufwand von 8 Stunden bei der Familie des Erblassers und wurde von dieser in Eigenleistung erbracht (27 Stunden - 10 bzw. 11 Stunden – 5,5 Stunden – tageweise geleistete Stunden der Minijobber). Bei im Schnitt 30,44 Tagen pro Monat ergibt dies insgesamt einen Pflegeaufwand von 7.792,64 Stunden à 10 €, was 77.926,40 € entspricht. Allerdings tritt der Senat dem Landgericht in der Einschätzung bei, dass bei der Schadensschätzung nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann in diesem Zeitraum zur Sicherstellung der Betreuung unstreitig mietfrei die Wohnung im Obergeschoss des von dem Erblasser errichteten Hauses bewohnten. Hierbei handelt es sich um einen so erheblichen vermögenswerten Vorteil, dass er – entgegen der Auffassung der Klägerin (vgl. Seite 8 des Schriftsatzes vom 30.08.2021, Bl. 667 d.A.) – im Wege der Vorteilsanrechnung Berücksichtigung finden muss. Soweit die Klägerin meint, die einschlägige Rechtsprechung stehe einer Anrechnung der ersparten Aufwendungen für Miete entgegen, wird dies durch die von ihr in Bezug genommene Entscheidung (vgl. KG Berlin Schaden-Praxis 2010, 147) nicht gestützt. Diese betrifft einen in tatsächlicher Hinsicht gänzlich anders gelagerten Fall, namentlich die Frage, ob sich ein Geschädigter bei einer Heimunterbringung auf Kosten des Schädigers im Wege der Vorteilsanrechnung ersparte Aufwendungen für die Miete einer eigenen Wohnung anrechnen lassen muss, obwohl er diese mit Blick auf den in ihr wohnenden Sohn gar nicht gekündigt und daher tatsächlich keine Aufwendungen erspart hat. Aus dieser Entscheidung kann für die vorliegend in Rede stehende Frage der Anrechnung des Wohnvorteils im Wege des Vorteilsausgleichs ersichtlich nichts gezogen werden. Jedoch vermag der Senat anders als das Landgericht nicht zu erkennen, dass der durch das mietfreie Wohnen der Klägerin zugeflossene Vermögensvorteil den – erheblichen – eigenen Pflegeaufwand der Klägerin und ihrer Familie vollständig kompensiert hätte. Angesichts der Lage und Ausstattung der Wohnung mit einer Sauna sowie der Möglichkeit der Gartenmitbenutzung schätzt der Senat den Mietwert der Wohnung auf 12 € kalt pro m², was bei einer Wohnungsgröße von 63 m² einen monatlichen Mietwert von 756 € und für den in Rede stehenden Zeitraum von 32 Monaten einen auf den Pflegeaufwand anzurechnenden Vorteil von 24.192 € ergibt. Nach Abzug des Wohnvorteils verbleibt ein ersatzfähiger Pflegeaufwand von 53.734,40 €.
52(e)
53Die von der Klägerin in der Klageschrift geltend gemachten und durch Rechnungen belegten Zuzahlungen für die Leistungen des ambulanten Pflegedienstes sowie Rechnungen des Sanitätshauses in einer Gesamthöhe von 29.257,17 € hat das Landgericht von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent wiederum ohne nähere Prüfung in dieser Höhe zugunsten der Klägerin in die Schadensberechnung unterstellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt (vgl. Seite 8 des landgerichtlichen Urteils, Bl. 4249 d.A.). Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin diese vorstehenden bereits erstinstanzlich geltend gemachten Zuzahlungen in identischer Höhe weiter, ohne insoweit ergänzenden Sachvortrag zu halten. In der Klageschrift findet sich in diesem Zusammenhang die Behauptung, der Erblasser habe Zuzahlungen an das Sanitätshaus in einer Gesamthöhe von 381,80 € erbracht sowie Zuzahlungen an die DRK Sozialstation P. in Höhe von 5.309,88 € im Jahr 2015, in Höhe von 6.942,02 € im Jahr 2016, in Höhe von 8.769,37 € im Jahr 2017 und Höhe von 7.854,10 € im Jahr 2018 (vgl. Seite 13 der Klageschrift, Bl. 13 d.A.). Die Addition dieser Beträge ergibt den von der Klägerin in die Klageforderung eingestellten Gesamtbetrag von 29.257,17 €. Zuzahlungen in dieser Höhe konnten von dem Senat anhand der von der Klägerin mit der Klageschrift als Anlagenkonvolut K8 zu den Akten gereichten Rechnungen (Bl. 372 ff. d.A.) im Wesentlichen rechnerisch nachvollzogen werden. Auch insoweit gilt jedoch, dass diese Zuzahlungen bis auf den Zeitraum der fehlenden Sozialhilfebewilligung nicht von dem Erblasser selbst geleistet, sondern von dem jeweiligen Träger der Sozialhilfe übernommen wurden und es im Umfang der Leistungserbringung zu einem gesetzlichen Anspruchsübergang auf diese gekommen ist. Dies entspricht dem eigenen Vortrag der Klägerin (vgl. Seite 16 des Schriftsatzes vom 30.08.2021, Bl. 675 d.A.), der sich zu der zu den Akten gereichten Aufstellung der Stadt Q. fügt (vgl. Bl. 2961 d.A.). Anspruchsberechtigt ist die Klägerin daher nur insoweit, als diese Aufwendungen aus dem Vermögen des Erblassers geleistet und diesem nicht von dritter Seite erstattet wurden. Dies ist in Bezug auf die in der Klageschrift geltend gemachten Zuzahlungen aber nur in einem Umfang von 12.574,75 € der Fall. In den Zeitraum der fehlenden Sozialhilfebewilligung vom 03.09.2024 bis zum 07.12.2016 fällt von den in der Klageschrift thematisierten und im Anlagenkonvolut K8 zu den Akten gereichten Rechnungen des Sanitätshauses aber lediglich die Rechnung des Sanitätshauses T. und K. vom 22.02.2016 über 194,73 € (Bl. 372 d.A.). Die übrigen Sanitätshausrechnungen vom 01.09.2017 und vom 17.07.2017 über 152,18 € und 34,89 € (Bl. 373 f. d.A.) datieren auf einen späteren Zeitraum nach erneuter Sozialhilfebewilligung durch die Stadt H.. Von den in der Klageschrift thematisierten und mit dieser im Anlagenkonvolut K8 zu den Akten gereichten Rechnungen der DRK Sozialstation P. fallen lediglich diejenigen aus dem Jahr 2015 in einer Gesamthöhe von 5.880,54 € (vgl. Bl. 375 ff. d.A.) und diejenigen aus dem Jahr 2016 bis zum 07.12.2016 in einer Gesamthöhe von 6.499,48 € in diesen Zeitraum. Mangels taggenauer Abrechnung hat der Senat insoweit die Dezemberrechnung 2016 (vgl. Bl. 398 d.A.) wiederum anteilig zu 7/31 angesetzt, § 287 ZPO. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung demgegenüber den Betrag der in diesem Zeitraum vom Erblasser selbst erbrachten Zuzahlungen abweichend mit 14.446,30 € beziffert (vgl. Seite 18 der Berufungsbegründung, Bl. 69 BA), geschieht dies begründungs- und kommentarlos und ohne weitere Erläuterung. Dies kann angesichts des gleichzeitig in der Berufungsbegründung unverändert beibehaltenen Gesamtbetrages der geltend gemachten Zuzahlungen aus Sicht des Senates nicht dahingehend verstanden werden, dass im Berufungsrechtszug im Wege der Klageerweiterung weitere oder andere Zuzahlungen streitgegenständlich gemacht werden sollen, dies zumal zu den Voraussetzungen des § 533 ZPO, an dem sich eine Klageerweiterung oder -änderung messen lassen müsste, nicht vorgetragen wird. Vor diesem Hintergrund kann der bloßen Benennung anderer Beträge oder der Thematisierung anderer Zuzahlungen auch nicht inzident der Wille zu deren Einführung in den Rechtsstreit entnommen werden. Einen solchen hat die Klägerin auf den Hinweis des Senates in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht zum Ausdruck gebracht. Bei gleichzeitig geltend gemachtem identischen Gesamtbetrag und Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag fehlte es darüber hinaus auch bei Annahme einer Klageerweiterung oder -änderung an der erforderlichen Abgrenzung der Zuzahlungen und der Klarstellung des Verhältnisses, in dem sie zueinander stehen sollen. Gegenstand des Rechtsstreits in beiden Instanzen sind daher lediglich die in der Klageschrift aufgeführten und im Anlagenkonvolut K8 belegten Zuzahlungen.
54Soweit die Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.09.2024 weitere Zuzahlungen thematisiert (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes vom 24.09.2024, Bl. 456 BA), betreffen diese zum einen nur zu einem geringen – auch von ihr selbst lediglich mit 14.007,05 € bezifferten – Teil den Zeitraum der fehlenden Sozialhilfebewilligung. Sollte dies als Klageerweiterung zu verstehen und in den mit diesem Schriftsatz überlassenen Aktenordnern weitere Rechnungen zu den Akten gereicht worden sein, könnte die Klägerin hiermit – ungeachtet der auch für diesen Schriftsatz geltenden vorstehenden Erwägungen zur Auslegung ihres Vorbringens – im jetzigen Stadium des Rechtsstreits nicht mehr gehört werden. Der Zulassung dieses Vorbringens stehen die §§ 531 II, 533, 296a ZPO entgegen. Einer Wiedereröffnung des Verfahrens gemäß § 156 ZPO steht der Gesichtspunkt der Verfahrensbeschleunigung entgegen.
55(f)
56Ohne Erfolg verfolgt die Klägerin im Berufungsrechtszug einen Anspruch auf Ersatz des von ihr in beiden Instanzen mit 197.250 € bezifferten Erwerbsschadens des Erblassers weiter. Über diesen hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung mangels Erheblichkeit nicht abschließend entscheiden müssen und ihn ohne nähere Prüfung zugunsten der Klägerin in der geltend gemachten Höhe zugrunde gelegt (Seite 12 des landgerichtlichen Urteils, Bl. 4253 d.A.). Die von ihm gleichwohl geäußerten Bedenken hinsichtlich der Berechtigung dieses Anspruches teilt der Senat. Zwar ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Erblasser ohne das schädigende Ereignis zu irgendeinem Zeitpunkt eine berufliche Tätigkeit aufgenommen und aus dieser Einkünfte erzielt hätte. Der klägerseits unterbreitete Sachverhalt lässt aus Sicht des Senates indes eine Bemessung des entgangenen Einkommens nicht zu, auch nicht in Form eines geschätzten Mindestschadens. Insoweit fehlt es an ausreichenden Anknüpfungsgrundlagen, um abschließend beurteilen zu können, dass ohne das schädigende Ereignis mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Einkommen in der geltend gemachten oder einer konkret zu ermittelnden anderen Größenordnung erzielt worden wäre, §§ 287 ZPO, 252 S. 2 BGB. Zu einer solchen Prognose sieht sich der Senat nicht imstande vor dem Hintergrund, dass der am 22.10.1982 geborene Erblasser zur Zeit der Diagnose seiner Herzerkrankung im Jahr 2003 bereits 20 bzw. 21, zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses 22,5 Jahre alt war. Die Schule hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits seit einiger Zeit beendet. Wie sein damaliger Ausbildungsstand war und welcher beruflichen Beschäftigung er seinerzeit nachging, ist von der Klägerin trotz der Hinweise des Landgerichts (vgl. Sitzungsprotokoll vom 21.12.2021, Bl. 2086 d.A.) und der in der angefochtenen Entscheidung geäußerten Erwägungen in beiden Instanzen weder schlüssig vorgetragen worden noch hat sie Belege welcher Art auch immer – Abschlusszeugnis, Einkommensnachweise, Einschreibeunterlagen etc. – zu den Akten gereicht. Die Klägerin hat sich darauf beschränkt, den akademischen familiären Hintergrund des Erblassers zu betonen. Selbst wenn man diesen zugunsten der Klägerin trotz auch insoweit fehlender Belege zugrunde legen wollte, stellt dies allein weder einen Beleg noch gar einen Beweis für die überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erwerbsschadens des Erblassers in der geltend gemachten Höhe dar. Hierfür bedürfte es mindestens noch weiterer ergänzender Informationen und Belege, etwa in Bezug auf den von dem Erblasser erzielten Schulabschluss und seine beruflichen Tätigkeiten nach Beendigung der Schule. Die Prognose wird aus Sicht des Senates weiter erschwert durch die schwerwiegende Erkrankung des Erblassers und die zum schädigenden Ereignis bereits auf der Grundlage des eigenen Klägervortrages bestehende Lücke in seiner Erwerbsbiographie. Die vorstehenden Umstände sowie die fehlenden Informationen machen es aus Sicht des Senates unmöglich, den Beginn und erfolgreichen Abschluss eines Studiums – welchen Studiums auch immer – mit hinreichender Wahrscheinlichkeit prognostizieren zu können, erst Recht nicht entsprechend der Behauptung der Klägerin innerhalb der Regelstudienzeit. Hierfür fehlt es schlicht an ausreichenden Anknüpfungstatsachen. Der Klägervortrag enthält solche nicht, sondern stellt sich im Gegenteil als fluktuierend und wechselhaft dar. So hat die Klägerin in der Klageschrift (vgl. ab Seiten 13 unten der Klageschrift, Bl. 13 ff. d.A.) zunächst vorgetragen, der Erblasser habe zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses sein Abitur bestanden gehabt und Architektur studieren wollen. Dieses Studium hätte er ohne das schädigende Ereignis mit 28 Jahren abgeschlossen und ab dann eine Tätigkeit als Architekt mit einem jährlichen Einkommen von 45.000 € brutto/ 26.300 € netto aufgenommen, die er bis zu seinem Tod ausgeübt hätte. Mit Schriftsatz vom 30.08.2021 (vgl. Seite 17 des Schriftsatzes vom 30.08.2021, Bl. 676 d.A.) hat sie demgegenüber behauptet, der Erblasser habe die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit als Innenarchitekt beabsichtigt. Ein entsprechendes Studium hätte er im Sommer 2005 begonnen und im Jahr 2009, spätestens im Jahr 2010 abgeschlossen. Auf den Hinweis des Landgerichts hin hat die Klägerin schließlich behauptet, der Erblasser habe nach der 12. Schulklasse das Fachabitur gemacht und danach ein Praktikum in einem Betrieb im Bereich der Innenarchitektur absolviert und daneben Minijobs angenommen. Er habe nach Absprache mit den behandelnden Ärzten ein Studium der Innenarchitektur beginnen wollen, sobald er sich hierfür fit genug gefühlt hätte (vgl. Seiten 11 f. des Schriftsatzes vom 14.02.2022, Bl. 2113 f. d.A.). Im F. Gutachten vom 07.08.2013 (Bl. 1516 d.A.) findet sich demgegenüber die Angabe, der Erblasser habe vor dem Schadensereignis sein Abitur nachholen und sodann Innenarchitektur studieren wollen. Diese Divergenzen und Unklarheiten im klägerischen Sachvortrag legen aus Sicht des Senates nahe, dass konkrete Studiums- und Berufspläne seitens des Erblassers zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses nicht bestanden und seine Pläne für die Zukunft unklar waren oder sich jedenfalls als schwankend darstellten. Dass der Erblasser mit seiner schweren Erkrankung ohne das schädigende Ereignis im Sommer 2005 sowohl die Voraussetzungen für eine Einschreibung an der Universität erfüllt hätte und er dazu auch noch fit genug gewesen wäre, um ein Studium zu beginnen, ist daher aus Sicht des Senates bereits nicht als schlüssig dargetan. Konkrete Pläne für den Beginn des Studiums oder gar eine Einschreibung für das Wintersemester 2005/2006 hat die Klägerin nicht einmal behauptet. Angesichts der offenbar seinerzeit gesundheitlich nur eingeschränkten Belastbarkeit des Erblassers kann auch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von einem erfolgreichen Abschluss des – gerichtsbekannt anspruchsvollen und arbeitsintensiven – Studiums der Architektur oder Innenarchitektur ausgegangen werden, noch dazu innerhalb der Regelstudienzeit. Gleiches gilt für die anschließende Aufnahme einer vollschichtigen beruflichen Tätigkeit als Architekt oder Innenarchitekt. Bei in Gänze fehlenden Anknüpfungstatsachen scheidet auch die Schätzung eines Mindestschadens gemäß § 287 ZPO aus. Eine solche hinge ohne schlüssigen Vortrag zur Art und zur Qualität des Schulabschlusses, der nach Beendigung der Schule ausgeübten beruflichen Tätigkeit(en), ohne konkrete Pläne für die Zukunft und in Unkenntnis der seinerzeitigen körperlichen Verfassung des Erblassers völlig „in der Luft“ und ließe jede Tatsachengrundlage vermissen. Nicht in Betracht kommt aus Sicht des Senates auch die Schätzung eines Mindestschadens in Höhe des jährlichen steuerfreien Grundbetrages, wie die Klägerin es in ihrem Schriftsatz vom 24.09.2024 fordert (vgl. Seite 3 des Schriftsatzes vom 24.09.2024, Bl. 457 BA). Inwieweit der vom Gesetzgeber normierte jährliche steuerfreie Grundbetrag einen Rückschluss auf das von dem Erblasser ohne das schädigende Ereignis erzielte Einkommen zulassen können sollte, erschließt sich dem Senat nicht. Nicht alle Deutschen gehen einer beruflichen Tätigkeit nach, aus der sie ein Einkommen mindestens in Höhe des jährlichen steuerfreien Grundbetrages erzielen. Das Existenzminimum wird in diesem Fall durch die Gewährung von Sozialhilfe sichergestellt. Entgangene Leistungen der Sozialhilfe stellen schadensersatzrechtlich aber keinen Erwerbsschaden dar.
574.
58Auf ihre nach den vorstehenden Erwägungen berechtigten Ansprüche muss sich die Klägerin im Wege der Vorteilsausgleichung die dem Erblasser aus der Pflegeversicherung gewährten Leistungen in einer Gesamthöhe von 50.365,59 € anrechnen lassen. Nicht anzurechnen sind allerdings die gemäß der von der Klägerin zu den Akten gereichten Bescheinigung der Pflegeversicherung vom 26.04.2024 (vgl. Bl. 347 ff. BA) dem Erblasser gewährten Pflegesachleistungen, die auch in den Jahren 2005 bis 2009 in gleicher Höhe bezogen worden sein dürften. Diese Leistungen wurden von der Pflegeversicherung unmittelbar mit dem ambulanten Pflegedienst abgerechnet zur Abgeltung der von diesem durchgeführten Leistungen der Grundpflege. Die Tätigkeit des ambulanten Pflegedienstes ist in dem abgerechneten Stundenumfang vom Senat bereits bei der Ermittlung des innerfamiliären Pflegeaufwandes berücksichtigt worden. Eine darüber hinausgehende Anrechnung kommt nicht in Betracht. Anzurechnen sind indes – entgegen der Auffassung der Klägerin – einerseits das aus der Bescheinigung der Pflegversicherung vom 26.04.2024 hervorgehende im letzten Lebensmonat des Erblassers gezahlte anteilige Pflegegeld für Oktober 2018 in Höhe von 410,59 € (vgl. Bl. 354 BA) sowie die von der Pflegeversicherung erbrachten Leistungen für die Verhinderungspflege und zusätzliche Betreuungsleistungen/Entlastungsbetrag. Dass diese Leistungen von dem Erblasser bezogen wurden, hat die Klägerin schriftsätzlich nicht in Abrede gestellt. Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass die insoweit erfolgten Leistungen der Pflegeversicherung entsprechend dem Klägervortrag an die Pflegekräfte weitergeleitet wurden (vgl. Seite 16 des Schriftsatzes vom 30.08.2021, Bl. 675 d.A.). Die Weiterleitung der Leistungen führt aber in rechtlicher Hinsicht nicht dazu, dass diese – wie die Klägerin meint – als kostenneutrale Durchlaufposten gewertet werden könnten. Denn durch diese Leistungen hat sich die Familie des Erblassers Entlastung von der Pflege des Erblassers verschafft, indem sie Pflegekräfte mit ihrer Vertretung beauftragt und diese aus von der Pflegeversicherung zur Verfügung gestellten Mitteln bezahlt hat. Dadurch hat sich ihr eigener ersatzfähiger Pflegeaufwand entsprechend vermindert. In Ermangelung eines gegenteiligen Klägervortrags geht der Senat im Wege der Schätzung davon aus, dass die beauftragten Pflegekräfte zu einem durchschnittlichen Stundensatz von 10 € tätig geworden sind, § 287 ZPO.
59Unter Zugrundelegung der von der Klägerin im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Quittungen und Bescheinigungen der BIG sind nach den vorstehenden Erwägungen Leistungen aus der Pflegeversicherung für die Verhinderungspflege in den Jahren 2008 bis 2018 anzurechnen in Höhe der jeweiligen jährlichen Höchstbeträge, mithin für die Jahre 2008 und 2009 in Höhe von jeweils 1.470 € zzgl. 735 € (Bl. 397 BA), für die Jahre 2010 und 2011 in Höhe von jeweils 1.510 € zzgl. 755 € (Bl. 398 BA), für die Jahre 2012 bis 2014 in Höhe von jeweils 1.550 € zzgl. 775 € (Bl. 399 f. BA) und für die Jahre 2015 bis 2018 in Höhe von jeweils 1.612 € zzgl. 806 € (Bl. 400 ff. BA), insgesamt 25.587 €.
60Im Hinblick auf die von der Pflegeversicherung erbrachten zusätzlichen Betreuungsleistungen gemäß § 45b SGB XI/Entlastungsbetrag ergibt sich aus den von der Klägerin zu den Akten gereichten Quittungen beginnend ab dem Jahr 2014 ebenfalls eine durchgängige Ausschöpfung der monatlichen Höchstbeträge bis zum Tod des Erblassers im Oktober 2018 (vgl. Bl. 403 ff. BA). Konkret wurden im Jahr 2014 insgesamt 2.400 €, in den Jahren 2015 bis 2017 jeweils 2.496 € und im Jahr 2018 2.080 € von der Pflegeversicherung an den Erblasser geleistet, insgesamt 11.968 €. Soweit die Klägerin mitgeteilt hat, für die Zeit davor zu einer Vorlage von Belegen außerstande zu sein, geht der Senat im Hinblick auf die zusätzlichen Betreuungsleistungen davon aus, dass auch in den Jahren zuvor spätestens ab dem Jahr 2008 derartige Leistungen in Höhe der jeweiligen monatlichen Höchstbeträge erbracht wurden. Soweit die Klägerin dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zunächst in Abrede gestellt hat, hat sie dieses Bestreiten auf konkretes Befragen und Vorhalt des Akteninhalts nicht aufrechterhalten. Aus den von ihr selbst zu den Akten gereichten Urkunden ergibt sich auch unzweifelhaft, dass die Klägerin bereits im Juli 2009 Widerspruch gegen einen Bescheid der Pflegekasse erhoben hatte, mit der ihr nur der normale monatliche Betreuungsbetrag von 100 € gewährt werden sollte. Ihr Begehren war damals auf die Gewährung erhöhter zusätzlicher Betreuungsleistungen in Höhe von 200 € monatlich gerichtet. Dieser Widerspruch zeugt davon, dass der Klägerin bereits seinerzeit die Anspruchsberechtigung des Erblassers bekannt war und zusätzliche Betreuungsleistungen von ihm auch in Anspruch genommen wurden, die bislang gewährten monatlichen Leistungen von 100 € aber nicht auskömmlich waren. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass zusätzliche Betreuungsleistungen spätestens ab dem Jahr 2008 zunächst in Höhe des normalen monatlichen Höchstbetrages von 100 € in Anspruch genommen wurden und beginnend mit der Stattgabe des Widerspruchs der Klägerin im September 2009 in monatlicher Höhe von 200 €. Zugrunde zu legen sind aus Sicht des Senates daher für das Jahr 2008 Leistungen in Höhe von 1.200 €, für das Jahr 2009 in Höhe von 1.600 € und für die Jahre 2010 bis 2013 in Höhe von jeweils 2.400 €, insgesamt weiteren 12.400 €. Ob – was die Klägerin in Abrede gestellt hat – seitens des Erblassers auch für die Jahre 2006 und 2007, für die die Klägerin Belege nicht hat vorlegen können, vergleichbare Leistungen der Verhinderungspflege und zusätzliche Betreuungsleistungen aus der Pflegeversicherung bezogen wurden, wofür aus Sicht des Senates bei gewöhnlichem Lauf der Dinge einiges spricht, bedarf keiner abschließenden Entscheidung durch den Senat und kann dahinstehen. Denn bereits die Anrechnung der vorstehenden Leistungen der Pflegeversicherung führt zu einer Minderung der berechtigten Ansprüche der Klägerin in einer Gesamthöhe von 1.289.809,07 € um 50.365,59 €. Der danach verbleibende Ersatzanspruch der Klägerin in Höhe von 1.239.443,48 € ist durch die vorgerichtlich von der Beklagten auf den unwirksamen Vergleich erbrachte Zahlung von 1.650.000 € vollumfänglich erfüllt und zudem um 410.556,52 € überzahlt worden.
615.
62In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen und der Überzahlung der berechtigten Ansprüche der Klägerin in der vorgenannten Größenordnung kann auch der von der Klägerin im Berufungsrechtszug neu formulierte Freistellungsanspruch keinen Erfolg haben.
63(a)
64Dies gilt hinsichtlich der Stadt H. und des B. ungeachtet der von ihnen an den Erblasser erbrachten Sozialhilfeleistungen bereits deshalb, weil weder schlüssig vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass insoweit überhaupt Rückforderungsansprüche gegen die Klägerin bestehen und geltend gemacht werden. Für die Stadt H. ist lediglich bekannt, dass diese an den Erblasser gemäß dem Schreiben vom 02.07.2019 Sozialhilfeleistungen in einer Gesamthöhe von 135.870,92 € erbracht hat. Dass die Sozialhilfebewilligung aufgehoben und ein Rückforderungsbescheid erlassen wurde, wird von der Klägerin weder behauptet noch sind entsprechende Bescheide zu den Akten gereicht worden, dies auch auf den Hinweis des Senates hin nicht. Entsprechend stellt sich die Situation für den B. dar. Der bloße Umstand, dass beide Rechtsträger sich nach dem Vortrag der Klägerin vorbehalten haben, abhängig von dem Ausgang dieses Rechtsstreits und dem Zufluss weiterer Geldmittel zum Vermögen der Klägerin Ansprüche gegen diese zu prüfen, ist nicht ausreichend, um einen Freistellungsanspruch zu begründen. Vor Abschluss der Prüfung fehlt es bereits im Ansatz an fälligen Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber diesen beiden Rechtsträgern, von denen Freistellung begehrt werden kann. Darüber hinaus fließen der Klägerin durch das vorliegende Urteil auch keine Geldmittel zu, so dass eine etwaige Anspruchsprüfung ins Leere geht.
65(b)
66Anders stellt sich die Situation in Bezug auf die Stadt Q. dar. Diese hat unter dem 24.04.2014 auf der Grundlage eines vorangegangenen Aufhebungsbescheids vom 03.09.2014 einen Rückforderungsbescheid gegen die Klägerin erlassen und erbrachte Sozialhilfeleistungen in einer Gesamthöhe von 501.899,10 € zurückgefordert (vgl. Anlage K7, Bl. 370 ff. d.A.). Der von der Klägerin gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch ist bislang offenbar nicht beschieden worden und das Widerspruchsverfahren ruht nach der Auskunft des B.es vom 04.03.2024 (Bl. 355 BA). Damit ist der Rückforderungsbescheid wirksam und begründet eine fällige Verbindlichkeit der Klägerin, von der diese im Grundsatz Freistellung beanspruchen kann. Unter Berücksichtigung der beklagtenseits bereits an die Klägerin erbrachten Zahlung kann diese jedoch nur dann Freistellung verlangen, wenn die bereits von der Beklagten geleistete Zahlung nicht ausreicht, um auch die Verbindlichkeit, von der Freistellung begehrt wird, abzudecken. Dies kann hier nicht festgestellt werden.
67Der Senat hat im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens nur über diejenigen schadensbedingten Leistungen zu entscheiden, die Gegenstand des Rechtsstreits sind. Dies gilt nicht nur im Rahmen des Zahlungsantrages, sondern auch im Rahmen des Freistellungsantrages. Nur soweit sich der Rückforderungsbescheid der Stadt Q. auf die streitgegenständlichen Schäden bezieht und infolge der von dieser erbrachten Leistungen ein gesetzlicher Anspruchsübergang auf die Stadt Q. erfolgt ist, steht die begehrte Freistellung zur Entscheidung des Senates. Hierauf hat der Senat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung hingewiesen. Konkret bedeutet dies, dass allein über die Freistellung der Klägerin von der Rückforderung der Stadt Q. bezüglich der Aufwendungen für die Pflege des Erblassers durch Minijobber und polnische Pflegekräfte sowie für Zuzahlungen zu Rechnungen des Sanitätshauses sowie Rechnungen der DRK Sozialstation P. zu entscheiden ist. Seitens der Stadt Q. sind Sozialhilfeleistungen lediglich bis zum 03.09.2014 erbracht worden. Sämtliche der klägerseits in der Klageschrift thematisierten Zuzahlungen fallen aber nicht in den Zeitraum des Leistungsbezuges durch die Stadt Q.. Auch polnische Pflegekräfte wurden von dem Erblasser erst ab dem Monat Mai 2016 beschäftigt, lange nach der Beendigung des Bewilligungszeitraumes. Dass prozessual nicht davon auszugehen ist, dass im Berufungsrechtszug weitere oder andere Zuzahlungen streitgegenständlich gemacht werden sollen, hat der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt. Auf die dortigen Erwägungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Gleiches gilt, soweit die Klägerin in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.09.2024 andere Zuzahlungsbeträge benennt. Soweit ausweislich des Rückforderungsbescheids in der Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.08.2014 von der Stadt Q. Leistungen in Höhe von 407.334,86 € für die als Nachtwachen eingesetzten Minijobber erbracht wurden und nunmehr von der Klägerin zurückgefordert werden (vgl. Bl. 371 BA), besteht grundsätzlich ein Freistellungsanspruch ihrerseits. Dieser ist jedoch durch die erfolgte Überzahlung der Klägerin in den Freistellungsanspruch übersteigender Höhe bereits erfüllt. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin besteht nicht.
68(c)
69Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 14.02.2022 geltend gemachten und in der Berufungsbegründung aufgegriffenen (vgl. Seite 18 der Berufungsbegründung, Bl. 69 BA) behaupteten weiteren Zahlungen „der Sozialhilfeträger“ in Höhe von 2.850,32 €, 4.987,97 €, 14.446,30 € und 16.498,62 € als Zuzahlungen zu den Kosten des Pflegedienstes (vgl. Seite 18 des Schriftsatzes vom 14.02.2022, Bl. 2120 d.A.) sind nicht schlüssig dargetan. Weder erschließt sich aus den vorgenannten Schriftsätzen, von welchem Träger konkret diese Leistungen erbracht worden sein sollen, noch, ob sie in den vorgenannten Leistungen der beteiligten Träger der Sozialhilfe bereits enthalten sind oder zusätzlich erbracht wurden, ggf. auf welcher rechtlichen Grundlage. Ein Beleg für diese behaupteten Zuzahlungen findet sich in den im Schriftsatz angegebenen Anlagen – insbesondere in der hierfür in der Berufungsbegründung in Bezug genommenen Anlage K16 – nicht. Dass überhaupt und in dieser Höhe von irgendeiner Stelle – ggf. welche? – eine gesonderte Rückforderung erfolgt wäre, ist ebenfalls weder ersichtlich noch auch nur ansatzweise substantiiert dargetan.
706.
71Die Nebenforderungen teilen das rechtliche Schicksal der Hauptforderungen.
72III.
73Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 24.9.2024 gibt zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlass, § 156 ZPO. Dies folgt aus den vorstehenden Ausführungen.
74Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
75Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 543 II 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
76Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 1.589.053,42 € (Antrag zu 1): 823.788,78 €; Antrag zu 2): 765.264,64; Antrag zu 3): -, § 4 ZPO).