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Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) vom 01.10.2024 wird der Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Wermelskirchen vom 25.09.2024 – 45 VI 140/22 – aufgehoben.
Die Sache wird dem Amtsgericht Wermelskirchen zur erneuten Entscheidung über den Genehmigungsantrag vom 11.09.2024 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zurückgegeben.
Gründe:
21.
3Im Grundbuch von T. des Amtsgerichts Wermelskirchen, Blatt N01, ist als Eigentümerin die Erblasserin verzeichnet. Zur Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben ist die Beteiligte zu 1) bestellt worden.
4Mit Vertrag vom 00.04.2024 (UVZ-Nr. N02 des verfahrensbevollmächtigten Notars, Bl. 96 ff. AG) verkaufte die Beteiligte zu 1) den Grundbesitz mit Wirkung und auf Rechnung des Nachlasses an die Beteiligten zu 2) und 3). Abschnitt VI der Urkunde enthält die Auflassung und Grundbuchanträge. In Abschnitt VII. bevollmächtigten die Urkundsbeteiligten den Notar im Zusammenhang mit der Einholung der nachlassgerichtlichen Genehmigung. In Abschnitt VIII. („Vollmacht zur Kaufpreisfinanzierung“) ist unter 1. ausgeführt:
5„Der Verkäufer bevollmächtigt den Käufer unwiderruflich und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, alle zweckmäßigen Erklärungen im Zusammenhang mit der Bestellung und rangrichtigen Eintragung von Grundpfandrechten mit beliebigen Zinsen und Nebenleistungen zulasten des Kaufgegenstandes und des Grundeigentums abzugeben, auch den jeweiligen Eigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Grundeigentum zu unterwerfen. Diese Vollmacht ist sofort wirksam und gilt über den Tod des Verkäufers hinaus; sie kann nur vor dem beurkundenden Notar oder seinem Vertreter ausgeübt werden und ist im Übrigen im Außenverhältnis unbeschränkt.“
6Mit Beschluss vom 11.06.2024 (Bl. 121 ff. AG) genehmigte der Nachlassrechtspfleger die Erklärungen der Nachlasspflegerin „in der notariellen Urkunde vom 00.04.2024 (UR-Nr.: N02 Notar Dr. C. KG. in Wermelskirchen) betreffend Veräußerung des Grundbesitzes, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Wermelskirchen, Gemarkung T. Blatt N01“.
7Am 11.09.2024 haben die Beteiligten zu 2) und 3) auf dem genannten Grundbesitz im Namen des Eigentümers eine Grundschuld zu Gunsten der FX. eG bestellt. In Abschnitt 7. haben die Beteiligten den Notar im Zusammenhang mit der Einholung der nachlassgerichtlichen Genehmigung bevollmächtigt. Handelnd für die unbekannten Erben der Erblasserin als Verkäufer aufgrund der Vollmacht vom 00.04.2024, UVZ-Nr. N02, stimmten sie der Grundpfandrechtsbestellung zu (Bl. 139 ff. AG). Der Notar hat den Antrag mit Schriftsatz vom 12.09.2024 bei dem Nachlassgericht eingereicht (Bl. 138 AG).
8Mit Beschluss vom 25.09.2024 hat der Nachlassrechtspfleger die Erklärungen in der vorgenannten Erklärung nicht genehmigt und zur Begründung ausgeführt, es bedürfe insoweit keiner Genehmigung nach §§ 1850, 1888 BGB. Die Urkunde enthalte keine Erklärung der Nachlasspflegerin im Namen der unbekannten Erben, da sie bei der Beurkundung nicht beteiligt gewesen sei. Auch liege eine umgrenzte Finanzierungsvollmacht im Sinne der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 01.08.2023 – I – 3 Wx 86/23 – vor, sodass sich keine Genehmigungsbedürftigkeit ergebe. Darüber hinaus fehle es am Rechtsschutzbedürfnis; eine Nachfrage beim Grundbuchamt habe ergeben, dass dort eine zusätzliche Genehmigung grundsätzlich für entbehrlich gehalten werde.
9Gegen den am 30.09.2024 zu Händen des verfahrensbevollmächtigten Notars zugestellten Beschluss wendet sich die am 22.10.2024 mit Schriftsatz vom 01.10.2024 in Form eines elektronischen Dokuments eingegangene Beschwerde (Bl. 165 ff. AG). Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.
102.
11Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache vorläufigen Erfolg.
12Mit der vom Amtsgericht gegebenen Begründung kann die begehrte Genehmigung nicht versagt werden.
13Dem Rechtsschutzbedürfnis des Antrages steht nicht entgegen, dass eine Nachfrage bei dem Grundbuchamt ergeben habe, dort werde eine Genehmigung nicht für erforderlich erachtet. Die Antragsteller sind nicht darauf zu verweisen, zunächst bei dem Grundbuchamt den Eintragungsantrag zu stellen. Vielmehr können sie unabhängig davon vorab den Genehmigungsantrag bei dem Nachlassgericht stellen, das die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit selbständig zu prüfen hat. Es besteht ein Interesse an einer Genehmigung unabhängig davon, ob das Grundbuchamt eine solche fordert. Wäre die Auffassung des Grundbuchamtes unzutreffend, würde eine rechtswidrige Eintragung vorgenommen.
14Unzutreffend ist die Auffassung des Nachlassgerichts, die Erklärungen in der Urkunde vom 11.09.2024 bedürften keiner nachlassgerichtlichen Genehmigung nach §§ 1850, 1888 BGB. Dies lässt sich nicht damit begründen, dass die Beteiligte zu 1) als Nachlasspflegerin an der Beurkundung nicht persönlich beteiligt war. Denn die Beteiligten zu 2) und 3) erklärten die Zustimmung im Namen der unbekannten Erben als Verkäufer aufgrund der ihnen in der Urkunde vom 18.04.2024 durch die Beteiligte zu 1) eingeräumten Vollmacht, sodass es sich um eine Verfügung der Beteiligten zu 1) als Nachlasspflegerin handelte. Die Genehmigungsbedürftigkeit der Grundschuldbestellung entfällt auch nicht wegen der mit Beschluss vom 11.06.2024 erteilten Genehmigung. Zu Unrecht stützt sich das Nachlassgericht auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 01.08.2023 – I – 3 Wx 86/23 –, weil die Überlegungen in jener Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sind. In dem betreffenden obiter dictum (juris Rn. 29) heißt es:
15„Erteilt der unter Betreuung stehende Grundstücksverkäufer dem Grundstückskäufer in dem notariellen Grundstückskaufvertrag eine exakt umgrenzte und nach ihrem Inhalt auf die Finanzierung des Kaufpreises beschränkte Belastungsvollmacht, muss das Betreuungsgericht bereits bei der Genehmigung des notariellen Kaufvertrages nach § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB (2009) auch die durch die Belastungsvollmacht betroffenen Belange des Betreuten berücksichtigen und zur Geltung bringen. Genehmigt das Betreuungsgericht - wie hier - den Kaufvertrag ohne jede Einschränkung, ist dem von § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB (2009) intendierten Schutz vollumfänglich Genüge getan, und zwar sowohl hinsichtlich des Grundstücksverkaufs als auch in Bezug auf die zur Kaufpreisfinanzierung erteilte Belastungsvollmacht des Grundstückskäufers. Die nachfolgende Bestellung der Grundschuld erschöpft sich bei einer wirtschaftlichen Betrachtung dann in einer schlichten Umsetzung dessen, was das Betreuungsgericht bereits im Zusammenhang mit der Belastungsvollmacht gebilligt hatte. Dementsprechend wirft die Grundschuldbestellung im Allgemeinen - und so auch hier - keine betreuungsrechtlichen Fragen auf, die gerichtlich nicht schon bei der Genehmigung des notariellen Kaufvertrages geprüft und für bedenkenfrei erachtet worden sind. Eine betreuungsgerichtliche Genehmigung der nach Maßgabe der Belastungsvollmacht bestellten Grundschuld läuft in diesen Fällen auf eine bloße Förmelei hinaus.“
16Danach liegt jener Entscheidung zugrunde, dass der Grundstückskaufvertrag eine exakt umgrenzte und nach ihrem Inhalt auf die Finanzierung des Kaufpreises beschränkte Belastungsvollmacht enthält und das genehmigende Gericht bereits bei der Genehmigung des notariellen Kaufvertrages auch die durch die Belastungsvollmacht betroffenen Belange berücksichtigt hat. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben: Die Belastungsvollmacht im Kaufvertrag stellt sich schon nicht als eng umgrenzt dar. Überdies ist der Genehmigung vom 11.06.2024 – jedenfalls nicht mit hinreichender Gewissheit – zu entnehmen, dass ihr eine Prüfung auch der Belastungsvollmacht vorausgegangen ist: Denn der Passus im Genehmigungsbeschluss „betreffend Veräußerung des Grundbesitzes“ lässt die Auslegung zu, dass sich die Genehmigung allein auf die zur Veräußerung notwendigen Erklärungen wie die Auflassung, nicht aber darüber hinaus auch auf die Belastungsvollmacht bezieht. Auch spricht der Aufbau der Kaufvertragsurkunde dafür, dass sich die in Abschnitt VII. vorgesehene Einholung der nachlassgerichtlichen Genehmigung sich allein auf die vorangehenden Regelungsgegenstände, nicht aber auch auf die erst danach in Abschnitt VIII. geregelte Belastungsvollmacht erstrecken sollte.
17Da nach dem Gesagten hier eine andere Sachlage als in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall vorliegt, kann der Senat offenlassen, ob der vom OLG Düsseldorf vertretenen Abkehr (juris Rn. 26) von den Grundsätzen der herrschenden Meinung zu folgen ist. Die herrschende Meinung hält eine eigenständige Genehmigung der auf der Grundlage der Finanzierungsvollmacht vorgenommenen Belastung für erforderlich (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.12.2004, 3 W 130/04; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 16.6.2011, 20 W 251/11; OLG Hamm, Beschluss vom 20.9.2013, I-15 W 251/13; ablehnend gegenüber der Entscheidung des OLG Düsseldorf: Lamberz, FamRZ 2023, 1820 ff.).
18Das Nachlassgericht wird daher in Bezug auf die Urkunde vom 11.09.2024 von der Erforderlichkeit einer Genehmigung auszugehen und in die Prüfung einzutreten haben, ob die Voraussetzungen für deren Erteilung erfüllt sind. In diesem Zusammenhang wird das Nachlassgericht zu prüfen haben, ob die Nachlasspflegschaft (sowie die Verfahrenspflegschaft für die unbekannten Erben) aufzuheben ist, weil deren Voraussetzungen nach § 1960 Abs. 1 BGB entfallen sein könnten: Ausweislich der dem Senat übersandten Akten hat die Nachlasspflegerin mit Schreiben vom 16.11.2023 die Beteiligte zu 5. als Erbin namhaft gemacht und hat deren Betreuerin einen Antrag auf Genehmigung der Erbausschlagung am 19.03.2024 beim Betreuungsgericht zurückgenommen. Bekannt ist die Person des Erben, wenn mit zumindest hoher Wahrscheinlichkeit feststeht, wer Erbe ist; eines Erbscheins bedarf es in diesem Zusammenhang nicht. Im Falle einer Aufhebung der Nachlasspflegschaft tritt an die Stelle der Genehmigung des Nachlassgerichts diejenige des Erben (§§ 1888 Abs.1, 1856 Abs. 3 BGB).
193.
20Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
21Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG sind nicht erfüllt.