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Die Beschwerde der Beteiligten vom 08.08.2024 gegen den am 05.07.2024 erlassenen Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Grundbuchamts – Düren vom 04.07.2024 – 0 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
21.
3Die Beteiligte ist seit dem 00.00.1987 aufgrund Auflassung vom 00.00.1987 als Eigentümerin des im Beschlusskopf bezeichneten Grundbesitzes eingetragen.
4Ihre Mutter, Frau U. G. C., verstarb laut einem mit der Beschwerde in einfacher Kopie vorgelegten Erbschein des Amtsgerichts Heinsberg (Bl. 132) am 00.00.2003 und wurde von der Beteiligten beerbt. Weiter heißt es dort:
5„Nacherbfolge ist angeordnet. Sie tritt mit dem Tod der Vorerbin ein. Nacherben sind die Kinder der Vorerbin, ersatzweise ihre Geschwister.
6Z. R. …
7S. J.…“
8Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 21.07.2006 bestellte die Beteiligte „zugunsten der vorgenannten Nacherben“ auf dem vorbezeichneten Grundbesitz eine Grundschuld in Höhe von 187.000,-- € und bewilligte sowie beantragte deren Eintragung. Der in Bezug genommene vorangehende Absatz lautet wie folgt:
9„Frau A. X. ist nicht befreite Vorerbin der am 00.00.2003 verstorbenen Frau U. G. C. ... Nacherben sind die Kinder der Vorerbin, ersatzweise ihre Geschwister, Frau Z. R. … und Herr S. J.… Frau A. X. ist kinderlos.“
10Am 00.00.2006 trug das Grundbuchamt die Grundschuld im Betrag von 187.000,-- € in Blatt N01 in Abteilung II unter lfd. Nr. 3 „für S. J., …, und Z. R.… in Erbengemeinschaft“ ein. Am 00.00.2006 trug es Abteilung III in Bezug auf die vorstehend genannte Eintragung folgenden Veränderungsvermerk ein:
11„Die Gläubigerbezeichnung lautet richtig:
12Nacherben der Frau U. G. C..
13Diese sind die Kinder der A. X. geb. J.…, ersatzweise Frau Z. R., …, und S. J.,…, in Erbengemeinschaft“
14Mit Schreiben vom 16.02.2024 (Bl. 93) hat die Beteiligte unter Vorlage notariell beglaubigter Löschungsbewilligungen der Frau Z. R. (Bl.95) und des Herrn S. J. (Bl. 97) die Löschung der vorbenannten Grundschuld beantragt und vorgebracht, sie habe keine Kinder und werde altersbedingt auch keine mehr bekommen. Mit Zwischenverfügung vom 01.03.2024 (Bl. 99) hat die Grundbuchrechtspflegerin beanstandet, es bedürfe der Bewilligung durch alle Nacherben; die Bewilligung der Ersatznacherben reiche nicht aus. Es seien sowohl eine eidesstattliche Versicherung, dass die Beteiligte keine Kinder habe, als auch eine Bewilligung eines nach § 1882 BGB für die unbekannten Nacherben zu bestellenden Pflegers mit betreuungsgerichtlicher Genehmigung erforderlich. Die Beteiligte, vertreten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, hat eine eigene eidesstattliche Versicherung mit dem Inhalt vorgelegt, keine Abkömmlinge zu haben, weder leibliche noch an Kindes Statt angenommene Kinder (Bl. 112 ff.).
15Mit am 05.07.2024 erlassenem Beschluss vom 04.07.2024 (Bl. 121 ff.) hat die Grundbuchrechtspflegerin den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sei die Löschungsbewilligung eines Pflegers für die unbekannten Nacherben erforderlich, weil nicht ausgeschlossen sei, dass die Beteiligte noch Kinder annehme. Den Eintragungsunterlagen sei nicht zu entnehmen, dass mit „Nacherben“ nur die leiblichen Kinder der Vorerbin gemeint seien.
16Hiergegen wendet sich die mit Schriftsatz vom 08.08.2024 (Bl. 124 ff.) eingelegte Beschwerde der Beteiligten, mit der sie unter Berufung auf Ausführungen zum familiären Hintergrund und zum Inhalt des Testaments ihrer Mutter im Wesentlichen geltend macht, es sei eindeutig, dass ausschließlich eine Erbfolge „in der Blutlinie“ gewollt gewesen sei. In diesem Sinne habe das Amtsgericht Heinsberg auch den Erbschein erteilt. Sie – die Beteiligte - habe im Jahre 2003 ein durch sie als Vorerbin ererbtes Grundstück (Grundbuch von Heinsberg, Blatt N02) verkaufen wollen; in diesem Zusammenhang sei ein Pfleger für die unbekannten Erben bestellt worden. Nach dem Verkauf habe das Vormundschaftsgericht die Auflage erteilt, den Kaufpreis mündelsicher anzulegen. Im Jahre 2006 sei die Absicherung der möglichen Nacherben dahingehend abgeändert worden, dass aus dem festgelegten Betrag ein Teilbetrag freigegeben worden sei, Zug-um-Zug gegen Eintragung der Grundschuld über 187.000,-- €. Sie stützt sich weiter auf ein Schreiben des Amtsgerichts Heinsberg vom 16.01.2024 (Bl. 134 f.). In diesem ist ausgeführt, im damaligen Verfahren sei die Pflegschaft aufgehoben worden; die Anordnung einer weiteren Pflegschaft sei nicht beabsichtigt, denn es sei davon auszugehen, dass im Testament der Erblasserin nur die leiblichen Kinder der Vorerbin gemeint gewesen seien. Weiter macht die Beschwerde geltend, die Beteiligte habe die Altersgrenze für die Adoption Minderjähriger überschritten.
17Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt sowie zur Begründung ausgeführt, im Grundbuchverfahren erfolge keine Prüfung dahingehend, welcher Wille hinter der Bestellungs- und Bewilligungserklärung gestanden habe. Soweit die Beteiligte geltend mache, die Altersgrenze für eine Minderjährigenadoption überschritten zu haben, sei auch eine Adoption Volljähriger möglich.
182.
19Die nach § 71 Abs. 1 GBO statthafte Grundbuchbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil das Grundbuchamt den Löschungsantrag mit Recht zurückgewiesen hat.
20a)
21Eine Löschung nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO scheidet aus, weil es sich bei der vorliegenden Eintragung der Grundschuld nicht um eine ihrem Inhalt nach unzulässige Eintragung handelt. Dem steht nicht entgegen, dass in Bezug auf die Eintragung der Nacherben noch kein Grundschuldgläubiger existierte. Der Senat schließt sich der Auffassung des Reichsgerichts (Beschluss vom 09.03.1907 – V 27/07 – RGZ 65, 277, 281; ebenso Grüneberg/Ellenberger, BGB, 83. Aufl. 2024, § 1 Rn. 9) an, wonach ungeachtet der Rechtsfähigkeitsregelung in § 1 BGB ein Grundpfandrecht auch für noch nicht gezeugte Nachkommen (nondum concepti) eingetragen werden kann. In der Literatur wird z.T. - dem vom Ergebnis her zustimmend – ein „subjektiv bedingter Erwerb“ befürwortet (Staudinger/Kannowski, BGB, Neubearbeitung 2024, § 1, Rn. 25). Soweit eine Gegenansicht (Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Neubearbeitung 2019, Einleitung zu §§ 1113 ff., Rn. 94 ff.) meint, es fehle zunächst zwingend an der dinglichen Einigung über die Bestellung des Grundpfandrechts, so trifft dies in dieser Allgemeinheit nicht zu, weil der im Rahmen des formellen Konsensprinzips genügenden Bewilligung des Eigentümers eine dingliche Einigung mit einem Pfleger für die noch nicht existenten Berechtigten (§ 1882 BGB) zugrunde gelegen haben kann.
22b)
23Auch liegen die Voraussetzungen für eine Löschung auf der Grundlage des § 22 Satz 1 GBO mangels einer Bewilligung durch einen Pfleger für die unbekannten Nacherben mit gerichtlicher Genehmigung nicht vor. Nach dieser Bestimmung bedarf es zur Berichtigung des Grundbuchs der Bewilligung des Berechtigten nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Hieran fehlt es. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich nicht, dass das Grundbuch in Ansehung der Eintragung der Grundschuld für die Nacherben unrichtig ist. Der Senat schließt sich der Auffassung des Grundbuchamtes an, dass es nicht mit einer für das Grundbuchverfahren genügenden Gewissheit auszuschließen ist, dass im Zeitpunkt des Nacherbfalles Kinder der Beteiligten als Nacherben vorhanden sein können. Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann der im Eintragungsvermerk und in der zu seiner Auslegung heranzuziehenden Bewilligung der Beteiligten vom 21.07.2006 verwendete Begriff „Kinder“ nicht auf leibliche Kinder eingegrenzt werden. Soweit sie auf die familiären Vorstellungen und das Testament der Mutter der Beteiligten abhebt, können diese im Grundbuchverfahren schon wegen des Formerfordernisses des § 29 GBO keine Berücksichtigung finden. Zudem handelt es sich bei der Bestellung der Grundschuld um eine Verfügung unter Lebenden der Beteiligten im Jahre 2006, wobei die Bestellungserklärung keine Bezugnahme auf eine letztwillige Verfügung der Mutter aus dem Jahre 1998 als Auslegungsanhalt enthält. Für die von der Beschwerde vertretene Auslegung der Grundschuldbestellung als Verfügung unter Lebenden spricht auch nicht der Inhalt des der Vorerbin erteilten Erbscheins. Denn auch dort ist schlicht von den „Kindern“ der Vorerbin ohne Eingrenzung die Rede; auch hier findet sich kein Anhalt für den Ausschluss von Adoptivkindern.
24Für die Auffassung der Beschwerde streitet auch nicht die von ihr zitierte Entscheidung des OLG Hamm vom 11.02.1997 – 15 W 439/96. Denn in jenem Fall, der anders als der vorliegende Fall die Löschung eines Nacherbenvermerks gemäß § 51 GBO zum Gegenstand hatte, waren im Nacherbenvermerk die zu Nacherben berufenen Kinder namentlich benannt (s. bei juris Rn. 10), weshalb das OLG Hamm die Einbeziehung etwaiger Adoptivkinder als Abweichung vom Wortlaut ansah (juris Rn. 16). Im vorliegenden Fall sind hingegen ausschließlich die Ersatznacherben namentlich benannt, die (primären) Nacherben dagegen unbekannt.
25Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, die Beteiligte habe die „Altersgrenze“ für eine Minderjährigenadoption überschritten. Im Gegensatz zu einer Mindestaltersgrenze (§ 1743 BGB) gibt es eine gesetzliche Höchstgrenze nicht. Ob ein bestimmtes Alter des Annehmenden dem Wohl des (minderjährigen) Kindes i.S.d. § 1741 BGB widerspricht, ist eine Frage des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Gesamtumstände. Zudem verweist das Grundbuchamt mit Recht auf die verbleibende Möglichkeit der Annahme eines Volljährigen als Kind. Bei einer derartigen Sachlage würde die eidesstattliche Versicherung des Vorerben auch nicht für die Löschung eines Nacherbenvermerks genügen, sondern bedürfte es der Bewilligung durch einen Pfleger für die unbekannten Nacherben (OLG München, Beschluss vom 13.01.2014 – 34 Wx 166/13 –, juris Rn. 15; vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.07. 2009 – 8 W 63/09 –, juris Rn. 13 ff.).
26Im Ergebnis muss daher eine Löschung der Grundschuld allein auf der Grundlage der Bewilligungen der beiden Ersatznacherben ausscheiden.
273.
28Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
29Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 GBO liegen wegen grundsätzlicher Bedeutung vor. Insbesondere ist die Frage des Beginns der Rechtsfähigkeit in Bezug auf einen Grundschuldgläubiger in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, soweit ersichtlich, nicht geklärt.
30Rechtsmittelbelehrung:
31Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben. Sie ist
32binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Be-schlusses durch Einreichung einer in deutscher Sprache abgefassten und unterschrie-benen Beschwerdeschrift eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: Bundesgerichtshof, 76125 Karlsruhe) einzulegen. Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nachnäherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
33Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die
34Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Be-schluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird. Sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, ist die Rechtsbeschwerde binnen einer Frist von einem Monat zu begründen; diese Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses und kann auf Antrag durch den Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss
35enthalten:
361. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung
37beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge)
382. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
39a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung
40ergibt;
41b) soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug
42auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel
43ergeben.
44Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 187.000,-- €
45(§ 53 Abs. 1 Satz 1 GNotKG)