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Die Beschwerde des Standesamts Hürth gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 03.01.2024 zum Aktenzeichen 378 III 175/23 wird zurückgewiesen.
Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat das Standesamt als Beschwerdeführer zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
2I.
3Die Beteiligten zu 3. und 4. haben als rechtliche Eltern die Nachbeurkundung der Geburt der Beteiligten zu 5. (Kind) im Geburtsregister der Stadt Hürth beantragt.
4Die Beteiligten zu 3. und 4. sind beide deutsche Staatsbürger und seit dem 00.00.0000 verheiratet. Aufgrund einer von ihnen mit einer ukrainischen ledigen Leihmutter geschlossenen Vereinbarung wurde das Kind unter Verwendung von Spermien des Beteiligten zu 3. und einer gespendeten Eizelle gezeugt und von der Leihmutter am 00.00.0000 in der Ukraine geboren.
5Am 00.00.2022 trug das Stadtstandesamt H./Ukraine die Geburt des Kindes in das Geburtsregister ein, wobei mit Einwilligung der Leihmutter als Vater der Beteiligte zu 3. und als Mutter die Beteiligte zu 4. eingetragen wurden. Mit notarieller Urkunde vom 00.00.2022 – UVZ-Nr. N01 erklärte der Beteiligte die Vaterschaftsanerkennung, nachdem die Leihmutter bereits unter dem 00.00.2022 vor einem ukrainischen Privatnotar die Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung des Beteiligten zu 3. erklärt hatte.
6Mit Urteil vom 00.00.2023, rechtskräftig seit dem 00.00.2023, stellte das Amtsgericht Kiew fest, dass die Beteiligten zu 3. und 4. die Eltern des Kindes sind. Das Amtsgericht Brühl erkannte das ukrainische Urteil mit Beschluss vom 07.09.2023, rechtskräftig seit dem 04.10.2023, an.
7Auf die Zweifelsvorlage des Standesamts hat das Amtsgericht Köln das Standesamt mit Beschluss vom 03.01.2024 – 378 III 175/23 angewiesen, die Geburt der Beteiligten zu 5. dergestalt zu beurkunden, dass die Beteiligten zu 3. und 4. als ihre Eltern eingetragen werden und der Geburtsname des Kindes „G." lautet. Das Amtsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Entscheidung des Amtsgerichts Kiew ex tunc-Wirkung zukomme, weil sie eine lediglich deklaratorische Feststellung über einen nach ukrainischem Recht bestehenden Rechtszustand treffe und keine Veränderung der bestehenden Rechtslage herbeiführe, weshalb die Beteiligte zu 4. zum maßgeblichen Zeitpunkt der Geburt des Kindes bereits als rechtliche Mutter anzusehen und entsprechend einzutragen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss (Bl. 47 ff. AG-Akte = Bl. 15 ff. GA) nebst Berichtigungsbeschluss vom 19.01.2024 (Bl. 64 f. AG-Akte) Bezug genommen.
8Gegen den ihm am 08.01.2024 zugestellten Beschluss hat das Standesamt mit am 05.02.2024 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 01.02.2024 Beschwerde eingelegt und diese im Wesentlichen damit begründet, dass die in der Zweifelsvorlage dargelegten Bedenken, ob nicht als Haupteintrag zunächst die Leihmutter nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB iVm § 1591 BGB als Mutter einzutragen sei, nicht ausgeräumt seien. Das Urteil des Amtsgerichts Kiew sei erst nach der Geburt der Beteiligten zu 5. ergangen. Das Amtsgericht Düsseldorf habe in seinem Beschluss vom 30.06.2023 – 98 III 8/23 in einem vergleichbaren Fall die Ansicht vertreten, dass ein erst nach der Geburt des Kindes ergangenes – wenngleich anerkennungsfähiges – Urteil nur zur Änderung der Rechtslage ex nunc führe und jegliche nach der Geburtsbeurkundung eintretende Veränderung des Personenstandes des Kindes in einer Folgebeurkundung zu dokumentieren sei. Es bestünden mithin zu dem Sachverhalt unterschiedliche rechtliche Auffassungen und es fehle an einer höchstrichterlichen Entscheidung. Den Beteiligten zu 3. und 4. entstünden durch die vom Standesamt vorgeschlagene Vorgehensweise hinsichtlich der Reihenfolge der Beurkundung keine Nachteile, weil in der Geburtsurkunde lediglich der letzte Stand der Beurkundung abgebildet werde, so dass in der Urkunde nur die Beteiligten zu 3. und 4. aufgeführt würden. Wegen aller Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift (Bl. 69 ff. AG-Akte = Bl. 22 ff. GA) verwiesen.
9Mit Beschluss vom 07.02.2024 (Bl. 71 AG-Akte = Bl. 27 GA) hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
10Die Beteiligten zu 3. und 4. verteidigen die angefochtene Entscheidung. Auf die Beschwerdeerwiderung vom 25.03.2024 (Bl. 46 ff. GA) wird verwiesen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Beschluss des Amtsgerichts und ergänzend auf die Akten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
12II.
13Die nach den §§ 58 Abs. 1 FamFG, 51 Abs. 1 PStG statthafte Beschwerde des Standesamts ist zulässig, insbesondere gemäß den §§ 63, 64 FamFG, 51 Abs. 1 PStG form- und fristgerecht eingelegt worden.
14In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat das Standesamt zu Recht nach § 49 Abs. 1 PStG angewiesen, die Beteiligten zu 3. und 4. gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 iVm § 36 Abs. 1 Sätze 1 und 2 PStG als Eltern in den Ersteintrag bei der Nachbeurkundung der Geburt des Kindes im deutschen Geburtenregister aufzunehmen.
151.
16Die Beteiligten zu 3. und 4. sind nach § 36 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 PStG als Eltern des Kindes antragsberechtigt. Ihre rechtliche Elternschaft ergibt sich aus der rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts Kiew vom 00.00.2023, deren Anerkennung in Deutschland durch das Amtsgericht Brühl mit ebenfalls rechtskräftigem Beschluss vom 07.09.2023 ausgesprochen wurde (§§ 108, 109 FamFG). Das Kind hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Die allgemeinen Voraussetzungen der Nachbeurkundung werden von der Beschwerde auch nicht in Zweifel gezogen.
172.
18Auch in der Sache sind die gegen die angefochtene Entscheidung erhobenen Einwände der Beschwerde unbegründet.
19a) Die Beurkundung der Auslandsgeburt hat aufgrund der Anerkennung der Auslandsentscheidung mit dem Inhalt zu erfolgen, wie er sich aus der Entscheidung ergibt (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2022 – XII ZB 142/20, juris Rn. 24 mwN). Soweit aus der Entscheidung des Amtsgerichts Kiew vom 00.00.2023 die rechtliche Elternstellung der Beteiligten zu 3. und 4. folgt, pflichtet der Senat dem Amtsgericht Köln darin bei, dass sich aus den Ausführungen des ukrainischen Gerichts ergibt, dass der Entscheidung nach ukrainischem Recht lediglich feststellende und keine rechtsbegründende Wirkung zukommt. Das Amtsgericht Kiew hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass nach [richtig statt in der Übersetzung „Teil 2 Art. 123“, Bl. 21R AG-Akte] Art. 123 Abs. 2 des Familiengesetzbuchs der Ukraine im Fall der Implantation eines Menschenembryos, der vom Ehepaar infolge der Anwendung von reproduktionsmedizinischen Hilfstechniken gezeugt wurde, in den Körper einer anderen Frau, dieses Ehepaar als Kindeseltern anerkannt ist (vgl. zu der Vorschrift in im Wesentlichen entsprechenden Übersetzungen OLG München, Beschluss vom 12. Oktober 2017 – 31 Wx 243/16, juris Rn. 2; OLG Hamm, Beschluss vom 26. September 2017 – 15 W 413/16, juris Rn. 7; vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. März 2019 – XII ZB 320/17, juris Rn. 9). Das ukrainische Recht weist mithin gemäß Art. 123 Abs. 2 des ukrainischen Familiengesetzbuches in Leihmutterfällen den Wunscheltern von Gesetzes wegen die Elternschaft zu (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Februar 2019 – 1 UF 71/18, juris Rn. 20). Die durch das Amtsgericht Kiew getroffene Feststellung beruht dabei auf einer Sachprüfung insofern, als das Gericht auf der Grundlage der nach Art. 76 der Zivilprozessordnung der Ukraine maßgeblichen Beweismittel die Voraussetzungen des Art. 123 Abs. 2 des Familiengesetzbuchs der Ukraine geprüft und deren Vorliegen im Streitfall bejaht hat. Aus dem Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 123 Abs. 2 des Familiengesetzbuchs der Ukraine hat das ukrainische Gericht die Feststellung der rechtlichen Elternschaft der Beteiligten zu 3. und 4. gefolgert, wobei zu konstatieren ist, dass sämtliche Voraussetzungen bereits im Zeitpunkt der Geburt vorlagen, so dass davon auszugehen ist, dass die Feststellung bereits für den Zeitpunkt der Geburt getroffen wurde. Für die bloß feststellende und nicht rechtsbegründende Wirkung spricht auch der Wortlaut der Entscheidung („Dem Antrag … bezüglich der Feststellung der Familienbeziehungen ist stattzugeben.“, „Die Tatsache gilt als festgestellt, …“) sowie der Umstand, dass der Entscheidung keinerlei Anknüpfungspunkte für die Annahme zu entnehmen sind, dass das festgestellte Eltern-Kind-Verhältnis zu einem späteren Zeitpunkt als dem der Geburt des Kindes begründet worden sei bzw. dass zuvor ein abweichendes – welches? – Eltern-Kind-Verhältnis bestanden habe. Dem Amtsgericht Köln ist vor diesem Hintergrund darin beizupflichten, dass dem ukrainischen Urteil nicht zu entnehmen ist, dass durch die Entscheidung eine zuvor bestehende abweichende Rechtslage bzw. Familienbeziehung – namentlich eine ursprüngliche Mutterschaft der Leihmutter, wie sie nach deutschem Recht bestanden hätte – ex nunc abgeändert worden sein könnte. All dies spricht dafür, dass die ukrainische Entscheidung eine bereits mit Geburt kraft Gesetzes wirksame rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung lediglich festgestellt hat und der Entscheidung insofern keine rechtsbegründende Wirkung zukommt. Stellt die anerkannte oder anzuerkennende ausländische Entscheidung eine mit Geburt bestehende Elternschaft der Wunscheltern fest, wirkt dies im Zweifel auf die Geburt zurück, es sei denn, aus der Entscheidung ergibt sich etwas anderes (Anm. Dutta zu Amtsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2023 – 98 III 8/23, juris). Letzteres ist hier – wie ausgeführt – nicht der Fall. Dieses Ergebnis korrespondiert zudem mit dem Inhalt der vorgelegten ukrainischen Geburtsurkunde, wonach die entsprechende standesamtliche Eintragung der Beteiligten zu 3. und 4. als Kindeseltern am 00.00.2022 – X Tage nach der Geburt und rund ein halbes Jahr vor der Entscheidung des Amtsgerichts Kiew – vorgenommen wurde (Bl. 3 AG-Akte; vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. Januar 2022 – XII ZB 142/20, juris Rn. 24). Das ukrainische Gericht nimmt im Rahmen seiner Entscheidung auf die ukrainische Geburtsurkunde ausdrücklich Bezug, ohne die eingetragene Eltern-Kind-Zuordnung bzw. deren Zeitpunkt – bereits vor seiner feststellenden Entscheidung – in Frage oder auch nur zur Disposition zu stellen. Soweit nach alldem die rechtskräftig anerkannte Auslandsentscheidung mit dem Inhalt erfolgt ist, die rechtliche Elternschaft der Beteiligten zu 3. und 4. kraft Gesetzes zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes festzustellen, folgt daraus nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs, dass auch die Beurkundung mit der Maßgabe der Rückwirkung – ex tunc – auf den Zeitpunkt der Geburt – und nicht erst im Wege eines von der Beschwerde favorisierten Folgeeintrags – zu erfolgen hat.
20b) Dieser Bewertung steht entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht entgegen, dass bei Anwendung deutschen Rechts zunächst die Leihmutter Mutter des Kindes wäre, weil diese das Kind geboren hat (§ 1591 BGB). Soweit das Standesamt die Anwendbarkeit des deutschen Abstammungsrechts aus der Kollisionsvorschrift des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB herleitet, wird übersehen, dass die Mutterschaft der Beteiligten zu 4. durch die anerkannte ausländische Entscheidung verbindlich festgestellt ist. Die gerichtliche Feststellung, dass eine ausländische Entscheidung anerkannt wird, ist für deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden bindend, § 108 Abs. 2 Satz 2 iVm § 107 Abs. 9 FamFG (Zöller-Geimer, ZPO, 35. Aufl., § 108 FamFG, Rn. 4; Sternal-Dimmler, FamFG, 21. Aufl., § 108 Rn. 87). Wie schon ausgeführt, kommen der anerkannten Auslandsentscheidung im Inland grundsätzlich dieselben Wirkungen zu, die sie auch in dem Staat hat, in dem sie ergangen ist (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2022 – XII ZB 142/20, juris Rn. 24 mwN; Prütting/Helms-Hau, FamFG, 6. Aufl., § 108 juris Rn. 10; Sternal-Dimmler, FamFG, 21. Aufl., § 108 Rn. 2 mwN). Weist die im Ausland ergangene Entscheidung die statusrechtliche Elternstellung daher – ausschließlich – den Wunscheltern zu, kommen die Vorschriften des materiell-rechtlichen Internationalen Privatrechts nicht zur Anwendung (vgl. Hepting/Dutta, Familie und Personenstand, 3. Aufl., Teil IV-161 mwN; jeweils zum „Vorrang des Verfahrensrechts vor dem Kollisionsrecht“ vgl. Hepting/Dutta, aaO, Teil VI-76; Wagner in StAZ 2012, 294, 295; zum Prüfungsvorrang der im Inland anerkannten Auslandsentscheidung gegenüber Art. 19 EGBGB vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. März 2019 – XII ZB 530/17, BGHZ 221, 300-308, juris Rn. 14; Beschluss vom 20. März 2019 – XII ZB 320/17, juris Rn. 11 ff., 17; OLG Hamm, Beschluss vom 26. September 2017 – 15 W 413/16, juris Rn. 32, 44; OLG München, Beschluss vom 12. Oktober 2017 – 31 Wx 243/16, juris Rn. 3 f., 10; OLG Celle, Beschluss vom 23. Januar 2023 – 21 UF 171/19, juris Rn. 48).
21c) Der Senat schließt sich ferner dem Amtsgericht Köln darin an, dass sich die Beschwerde zur Begründung ihrer Rechtsauffassung – insoweit abweichend von der Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 30. Juni 2023 – 98 III 8/23 (juris Rn. 29) – auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 42 Abs. 3 PStV berufen kann.
22aa) Zwar hat das Amtsgericht Düsseldorf (aaO, unter Verweis auf BR-Drucks. 417/18 S. 53) zutreffend dargelegt, dass aus der Begründung zu § 42 Abs. 3 PStV hervorgehe, dass die Regelung die Vorschrift zur Fortführung der Personenstandsregister in § 5 des Gesetzes ergänzt und die bereits bestehende standesamtliche Praxis statuiert, jegliche nach der Geburtsbeurkundung eintretende Veränderung des Personenstands des Kindes in einer Folgebeurkundung zu dokumentieren. Es trifft auch zu, dass es in der Begründung weiter heißt, dass die Regelung insoweit auch die Nachbeurkundung einer nach ausländischem Recht erlangten Elternschaft unter Mitwirkung einer Leihmutter betreffe, soweit sie nach deutschem Recht anerkannt wird (BR-Drucks. 417/18 S. 53). Jedoch hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 12. Januar 2022 – XII ZB 142/20 klargestellt, dass das Geburtenregister nur der Dokumentation der rechtlichen, nicht aber (auch) einer davon abweichenden biologischen oder genetischen Elternschaft dient. Dementsprechend beziehe sich der Grundsatz der Registerwahrheit nicht auf die biologische oder genetische Wahrheit, sondern fordere vielmehr, dass die bestehende Rechtslage zutreffend wiedergegeben wird. Bei der Beurkundung der Geburt sei folglich die zum Zeitpunkt der Geburt bestehende rechtliche Elternstellung maßgeblich. Durch die Vorschrift in § 42 Abs. 2 Satz 1 PStV, werde dies nicht in Frage gestellt. Diese regele lediglich die Bezeichnung der rechtlichen Elternteile, nicht aber ordne sie die Eintragung eines biologischen, nicht rechtlichen Elternteils an. Eine Abweichung der – aufgrund § 73 PStG erlassenen – Durchführungsverordnung von den gesetzlichen Regelungen des Personenstandsgesetzes sei ersichtlich nicht beabsichtigt und wäre im Übrigen auch nicht von der gesetzlichen Verordnungsermächtigung gedeckt gewesen. Dass nach § 42 Abs. 3 PStV die Annahme eines Kindes im Geburtenregister ausschließlich in einer Folgebeurkundung zu dokumentieren sei, erkläre sich daraus, dass die im Haupteintrag zu beurkundende rechtliche Elternschaft bei Geburt davon noch abweiche. Das sei jedenfalls in der dort vorliegenden Fallkonstellation, dass noch vor der Geburt des Kindes durch eine im Inland anzuerkennende Auslandsentscheidung ausgesprochen wurde, dass nicht die Leihmutter, sondern die Wunscheltern die Kindeseltern sind, nicht gegeben (zum Ganzen BGH, Beschluss vom 12. Januar 2022 – XII ZB 142/20, juris Rn. 25 f. mwN).
23bb) Soweit der Bundesgerichtshof in der vorzitierten Entscheidung offen gelassen hat, ob und inwiefern im – hier vorliegenden – Fall einer erst nach der Geburt durch Entscheidung zur rechtlichen Abstammung begründeten rechtlichen Eltern-Kind-Beziehung etwas anderes gelte (BGH, aaO, Rn. 26), ist dies aus Sicht des Senats jedenfalls dann zu verneinen, wenn – wie im Streitfall – durch die ausländische Abstammungsentscheidung das rechtliche Eltern-Kind-Verhältnis (ex tunc) mit Wirkung zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes verbindlich festgestellt wurde. Auch in diesem Fall fordert der Grundsatz der Registerwahrheit, dass die bestehende Rechtslage zutreffend wiedergegeben wird, so dass für die Beurkundung der Geburt die zum Zeitpunkt der Geburt bestehende rechtliche Elternstellung maßgeblich ist. Wie vorstehend unter 2. b) ausgeführt, ist die Elternschaft der Beteiligten zu 3. und 4. durch die anerkannte ausländische Entscheidung verbindlich festgestellt und für deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden bindend, § 108 Abs. 2 Satz 2 iVm § 107 Abs. 9 FamFG (Zöller-Geimer, ZPO, 35. Aufl., § 108 FamFG, Rn. 4; Sternal-Dimmler, FamFG, 21. Aufl., § 108 Rn. 87). Eine – vorherige – Beurkundung der Leihmutter als Mutter wäre rechtlich unzutreffend und würde gegen die Registerwahrheit verstoßen.
24cc) Eine Erstbeurkundung der Leihmutter als Mutter des betroffenen Kindes ist auch nicht aus anderen Gründen geboten, insbesondere nicht deshalb, weil – wie es in der Begründung zu § 42 PStV (BR-Drucks. 417/18 S. 53) heißt – zu verhindern wäre, dass eine Veränderung der Elternschaft des Kindes (z.B. durch eine Adoption oder eine Vaterschaftsanfechtung) unmittelbar in die Erstbeurkundung der Geburt einfließt und damit die leibliche Mutterschaft oder Vaterschaft nach § 1592 BGB zu dem Kind nicht mehr erkennbar ist. Zum einen handelt es sich vorliegend aus den dargelegten Gründen in – was allein maßgeblich ist – rechtlicher Hinsicht nicht um eine „Veränderung der Elternschaft des Kindes“, weil die rechtliche Elternschaft mit Wirkung zum Zeitpunkt der Geburt durch die anerkannte Auslandsentscheidung verbindlich feststeht. Es gibt – worauf die Beteiligten zu 3. und 4. zutreffend hinweisen – auch noch keine Eintragung im inländischen Geburtsregister, die ggf. zu verändern oder zu korrigieren sein könnte. Ferner ist § 42 Abs. 2 PStV auf den Beteiligten zu 3. nicht anwendbar, weil dessen Elternstellung nicht auf § 1592 BGB beruht, wie es von § 42 Abs. 2 Satz 2 PStV vorausgesetzt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2022 – XII ZB 142/20, juris Rn. 28). (Auch) Soweit es die Mutter betrifft, unterscheidet sich der Streitfall in Bezug auf die Möglichkeit, die leibliche Mutterschaft bzw. die Leihmutterschaft zu erkennen bzw. nachvollziehen zu können, nicht von dem vom Bundesgerichtshof mit seinem Beschluss vom 12. Januar 2022 – XII ZB 142/20 entschiedenen Fall. Auch in der vom Bundesgerichtshof behandelten Fallkonstellation wurde das Kind von einer Leihmutter geboren und lässt sich dies anhand des Geburtsregisters nicht nachvollziehen. Ob die die rechtliche Eltern-Kind-Beziehung begründende Entscheidung zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes bereits getroffen war oder erst nach der Geburt getroffen wurde, rechtfertigt aus Sicht des Senats in Bezug auf die Frage, ob ein berechtigtes und im Rahmen der Beurkundung zu wahrendes Interesse an einer Erkennbarkeit der Leihmutterschaft bestehen kann, jedenfalls dann keine abweichende Bewertung, wenn die rechtliche Elternschaft mit (Rück-) Wirkung zum Zeitpunkt der Geburt festgestellt ist. Auch ein etwaiges (späteres) Auskunftsinteresse des Kindes hinsichtlich der Identität der Leihmutter rechtfertigt keine andere Beurteilung. Wie bereits ausgeführt, dient das Geburtenregister nur der Dokumentation der rechtlichen, nicht aber (auch) einer davon abweichenden biologischen oder genetischen Elternschaft. Ferner ist davon auszugehen, dass regelmäßig andere Möglichkeiten der Informationsbeschaffung bestehen, insbesondere die Wunscheltern Auskunft erteilen können und sich – wie vorliegend der Fall – die Identität der Leihmutter zudem aus den Gerichtsakten ergibt.
25dd) Schließlich pflichtet der Senat – was die Heranziehung der Vorschrift des § 42 PStV betrifft – dem Amtsgericht Köln darin bei, dass eine Vergleichbarkeit mit der Situation der Annahme an Kindes Statt ohnehin nicht gegeben ist, als im Fall der Leihmutterschaft die genetische und die biologische Mutterschaft auseinanderfallen. Das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung erfordert es daher im Gegensatz zur Adoption nicht, jedenfalls nicht in vergleichbarer Weise, ihm Kenntnisse über die Person seiner Leihmutter zu verschaffen.
263.
27Das Kind ist – auch insofern ist die angefochtene Entscheidung zu bestätigen – mit dem Geburtsnamen „G.“ zu beurkunden. Der Senat nimmt zur Meidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden und nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des Amtsgerichts Köln, denen er sich anschließt. Einwände in Bezug auf die Beurkundung des Geburtsnamens des Kindes werden mit der Beschwerde nicht erhoben. Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen der Zweifelsvorlage noch vorgebracht hatte, für das Kind sei der Geburtsname „O.“ analog § 1617 Abs. 1 BGB zu beurkunden (Bl. 1R AG-Akte), kann dahinstehen, ob die Beschwerde hieran unter Berücksichtigung der Ausführungen des Amtsgerichts Köln festhält. Jedenfalls kann dem nicht gefolgt werden, da die Beteiligten zu 3. und 4. – wie das Amtsgericht Köln zutreffend ausführt – zu keinem Zeitpunkt den Namen „O.“ zum Ehenamen oder zum Geburtsnamen des Kindes bestimmt haben. Vielmehr haben sie zwischenzeitlich formgerecht den bisherigen Familiennamen der Beteiligten zu 4. „G.“ zum Ehenamen bestimmt, den das Kind gemäß § 1616 BGB als Geburtsnamen erhält.
28III.
29Standesämter und Aufsichtsbehörden sind gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 PStG von Gerichtskosten befreit. Außergerichtliche Kosten sind allerdings dem Standesamt gemäß § 84 FamFG aufzuerlegen, weil es erfolglos eine Beschwerde eingelegt hat (vgl. Gaaz/Bornhofen/Lammers- Bornhofen, 5. Aufl., § 51 PStG Rn. 29).
30Weil keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts bestehen, ist auch im Rechtsmittelverfahren gemäß den §§ 36 Abs. 3, 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG von einem Geschäftswert von 5.000 EUR auszugehen.
31Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil die Sache eine grundsätzliche, höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage aufwirft. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12. Januar 2022 – XII ZB 142/20 klargestellt, dass bei einer im Ausland durchgeführten Leihmutterschaft die Wunscheltern jedenfalls dann in den Haupteintrag im Geburtenregister als Erstbeurkundung – d.h. nicht erst im Rahmen einer Folgebeurkundung – als Eltern aufzunehmen sind, wenn bereits im Zeitpunkt der Geburt eine in Deutschland anzuerkennende ausländische Entscheidung vorliegt, die die rechtliche Elternschaft der Wunscheltern ausspricht. Ob und inwiefern im Fall einer erst nach der Geburt durch Entscheidung zur rechtlichen Abstammung begründeten rechtlichen Eltern-Kind-Beziehung etwas anderes gilt, hat der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung ausdrücklich offen gelassen (BGH, aaO, FamRZ 2022, 629-632, juris Rn. 26). Ob die Anerkennung der ausländischen Entscheidung eine Elternschaft der Wunscheltern ex nunc oder ex tunc bewirkt, hat – wie das vorliegende Verfahren verdeutlicht – personenstandsrechtliche Relevanz und ist umstritten.