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Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 19.12.2023 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Nr. I. des Landgerichts Köln vom 29.11.2023 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
G r ü n d e :
21.
3Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG statthafte sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig, insbesondere übersteigt der Beschwerdewert den Betrag von 200 € (§ 567 Abs. 2 ZPO).
42.
5In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde jedoch ohne Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht zugunsten der Beklagten die geltend gemachten Kosten für den privat beauftragen Sachverständigen festgesetzt.
6a) Die Kosten für den von der Beklagten privat beauftragten Gutachten Dr. J. sind notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 ZPO.
7Die Beauftragung des Sachverständigen Dr. J. erfolgte prozessbezogen, da seine Stellungnahmen erst im Juni 2018 – Klageerhebung war im Februar 2016 – und erst nach Erstellung des für die Beklagte nachteiligen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen (Mai 2018) erfolgten.
8Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte, insbesondere in Fällen bejaht, in denen die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war; hierzu gehören auch Fälle, in denen die Partei ohne Einholung eines Privatgutachtens ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag (vgl. BGH, Beschluss vom 20.12.2011 − VI ZB 17/11, BGHZ 192, 140 ff. = NJW 2012, 1370; Senat, Beschluss vom 04.05.2016 – 17 W 216/15, BeckRS 2016, 116881 – jeweils mwN).
9So liegt der Streitfall. Es ging vorliegend um medizinisch durchaus anspruchsvolle Fragestellungen im Zusammenhang mit der Schädigung des Sehnervs, was einer augenärztlichen Bewertung bedurfte. Es kann auch von einem größeren Versicherungsunternehmen nicht erwartet werden, dass insoweit interne Sachkunde vorgehalten wird. Auch in dem Fall, welcher der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.12.2011 zugrunde lag, war ein Versicherungskonzern auf Beklagtenseite beteiligt.
10Die Beklagte hat die schriftlichen Stellungnahmen des Dr. J. zur Akte gereicht und auf dieser Grundlage zum gerichtlich eingeholten Gutachten Stellung genommen. Es ist für die Erstattungsfähigkeit nicht erforderlich, dass das Gutachten Eingang in das Urteil gefunden hat oder die Überzeugungsbildung des Gerichts im Sinne der Beklagten beeinflusst hat.
11b) Soweit sich der Kläger auch bezüglich der Höhe gegen die Kostenfestsetzung wendet, hat das Rechtsmittel ebenfalls keinen Erfolg.
12aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass der Rechtspfleger bei der Festsetzung die gesamte von dem Sachverständigen Dr. J. angesetzte Stundenzahl berücksichtigt hat. Der klägerseits angestellte Vergleich mit der Bearbeitungszeit des gerichtlich beauftragten Sachverständige veranlasst den Senat zu keiner anderen Bewertung, da Bearbeitungszeiten individuell sind. Eine unangemessen lange Bearbeitungszeit ist nicht ersichtlich, zumal sich die schriftlichen Ausführungen des Dr. J. auf insgesamt circa 15 Seiten erstrecken und er sich inhaltlich auch mit dem gerichtlichen Gutachten auseinandergesetzt hat, was einen zeitlichen Mehraufwand insgesamt plausibel macht. Die Gesamtvergütung von 2.231,50 € steht auch nicht außer Verhältnis zum Streitgegenstand.
13bb) Auch bezüglich des angesetzten Stundenlohns zeig die sofortige Beschwerde keinen Fehler in der Kostenfestsetzung auf.
14Bei einem privat beauftragten Sachverständigen sind hinsichtlich der Frage der Angemessenheit des Stundenlohns nicht die Stundensätze des JVEG maßgeblich; auch eine entsprechende Anwendung kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 25.01.2007 – VII ZB 74/06, juris Rn. 11; Beschluss vom 07.02.2013 – VII ZB 60/11, juris Rn. 30; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.02.2009 – 12 W 11/09, juris Rn. 12; OLG Köln, Beschluss vom 21.09.2015 – 17 W 64/15, BeckRS 2015, 19513 Rn. 19 ff.; Flockenhaus in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 91 Rn. 59c; Zöller/Herget, ZPO, 35. Aufl., § 91 Rn. 13.73). Lediglich wenn die Stundensätze des Privatgutachters ganz erheblich von den im JVEG vorgesehenen Sätzen abweichen, bedarf es einer besonderen Darlegung ihrer Notwendigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 25.01.2007 – VII ZB 74/06, juris Rn. 11; OLG Köln, Beschluss vom 21.09.2015 – 17 W 64/15, BeckRS 2015, 19513 Rn. 19).
15Die von dem Beklagten in Bezug genommenen Gebührensätze des JVEG oder die Vorschrift des § 13 JVEG finden für die Beurteilung der Notwendigkeit der Kosten im Streitfall daher keine Anwendung. Im Übrigen weicht der von dem Sachverständigen Dr. J. angesetzte Stundensatz nicht derart erheblich von den Sätzen des JVEG ab, dass eine Erstattungsfähigkeit unter diesem Gesichtspunkt in Frage stehen könnte oder eine gesonderte Erläuterung geboten wäre. Es handelt sich vielmehr um eine durchaus übliche Abweichung bei der privaten Beauftragung eines Sachverständigen.
163.
17Es besteht keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die maßgeblichen Fragen sind – wie aufgezeigt – durch höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung geklärt; im Übrigen handelt es sich um eine Beurteilung der Umstände des Einzelfalls.
18III.
19Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.