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Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15.08.2023 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 5 O 3/20 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 379.298,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.09.2019 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten gem. § 717 Abs. 2 ZPO 75.364,21 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 13.09.2019 bis einschließlich 30.09.2023 sowie Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 379.298,51 € für die Zeit vom 13.09.2019 bis einschließlich 30.09.2023, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.10.2023 zu zahlen Zug um Zug gegen Erklärung der Freigabe der Prozessbürgschaft der Sparkasse V., Nr. N01/N02/N03, vom 20.09.2023 über 675.650,18 € in Höhe der zugesprochenen Widerklageforderung einschließlich Zinsen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens LG Köln 5 OH 4/18 werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahren tragen der Kläger zu 20 % und der Beklagte zu 80 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 454.662,72 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger ist Betreiber der U. in M. Er beauftragte den Beklagten am 08.12.2016 mit der umfangreichen Sanierung der großen Sandtrainierbahn (Ausbesserungsvertrag über die Sanierung der Sandtrainerbahn) zum Angebotspreis von 304.104,50 € brutto (netto 255.550,00 €). Die VOB/B ist in den Vertrag einbezogen (§ 1 (4) des Vertrages, Anl. CBH 3, Bl. 13 LGA).
4Die Leistung wurde am 02.03.2017 abgenommen. Bereits Ende März 2017 rügte der Kläger Wasserstellen auf der Bahn. Mit Schreiben vom 15.11.2017 setzte der Kläger Frist zur Mängelbeseitigung bis 02.12.2017, teilte dann aber mit E-Mail vom 23.11.2017 mit, dass die Nachbesserung bis auf weiteres verschoben werde und ein Gutachten über den Nachbesserungsvorschlag des Beklagten abgewartet werde. Nach weiteren vergeblichen Nachbesserungsversuchen des Beklagten an der Tretschicht und einem durchgeführten selbständigen Beweisverfahren ließ der Kläger die Trainierbahn durch die K. J. GmbH sanieren, die hierfür einen Betrag in Höhe von brutto 673.814,12 € in Rechnung stellte. Diesen Betrag sowie Gutachter- und Bauleitungskosten, insgesamt 693.547,60 €, nebst Zinsen i.H.v. 9 % Punkten über dem Basiszinssatz, hat der Kläger mit der Klage geltend gemacht.
5Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen aller weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens Bezug genommen wird, hat nach Beweisaufnahme der Klage überwiegend stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 454.662,72 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.9.2019 verurteilt. Das Landgericht hat die Rechnung der K. J. GmbH um Sowieso-Kosten (Entwässerung, netto 180.132,34 €) und Stundenlohnarbeiten (netto 7.414,12 €) auf brutto 452.042,52 € gekürzt und ferner einen Betrag von 2.620,22 € für Probenentnahmen und deren Auswertung zugesprochen.
6Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er die vollständige Klageabweisung begehrt.
7Er bestreitet das Vorliegen eines Mangels bei Abnahme. Die Sachverständige habe den Zustand der Bahn erst im Rahmen ihres Ortstermins eineinhalb Jahre nach der Abnahme gesehen. Die beanstandete Tretschicht habe der Kläger flächendeckend Anfang 2018 mit selbst beschafftem Sand aufgefüllt. Die Bahn habe nach den Vereinbarungen der Parteien nicht bei jedem Wetter, wohl aber normalem Regen nutzbar sein sollen. Der von ihm geplante Aufbau der Bahn habe dem bisherigen Aufbau der Bahn entsprochen und habe 40 Jahre funktioniert. Er entspreche den FFL-Reitplatzempfehlungen. Die Gefällemessungen seien nicht verwertbar, die Sachverständige habe sie nicht selbst vorgenommen, ferner habe er Beweis dafür angetreten, dass seine Mitarbeiter das Gefälle ordnungsgemäß hergestellt hätten. Die Tragschicht könne auch durch unsachgemäße Pflege und Befahren mit schwerem Gerät durch den Kläger verformt worden sein. Den Anschluss der Tragschicht an den Entwässerungsgraben habe die Sachverständige nicht untersucht. Die Tragschicht sei unmittelbar an den Entwässerungsgraben angeschlossen gewesen.
8Der Beklagte bestreitet die Erforderlichkeit der Kosten der K. J. GmbH und ist der Ansicht, es müssten weitere Sowieso-Kosten abgezogen werden.
9Ferner fehle es an der für den Schadensersatz erforderlichen Fristsetzung. Diese sei auch nicht entbehrlich.
10Schließlich wendet er sich gegen die Umsatzsteuer, da der Kläger vorsteuerabzugsberechtigt sei. Zinsen könnten lediglich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt werden.
11Mit seiner Hilfswiderklage begehrt der Beklagte die Rückzahlung eines Betrages von 614.227,44 € (Urteilssumme einschließlich titulierter Zinsen bis 30.09.2023), den er unstreitig nach Erhalt einer Prozessbürgschaft und vorhergehender Korrespondenz am 30.09.2023 gezahlt hat. Er behauptet, die Zahlung habe er zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistet.
12Der Beklagte beantragt,
13das angefochtene Urteil des Landgerichts Köln vom 15.08.2023 - Geschäftszeichen: 5 O 3/20 – teilweise abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen;
14hilfsweise, für den Fall, dass der Senat die Klage abweist,
15nach § 717 Abs. 2 ZPO den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 614.227,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2023 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe der Prozessbürgschaft der Sparkasse V., Nr. N01/N02/N03, vom 20.09.2023 über 675.650,18 €.
16Der Kläger beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Er verteidigt das angefochtene Urteil. Den neuen Reitsand habe der Beklagte Anfang 2018 im Zuge eines Nachbesserungsversuchs aufgebracht. Er, der Kläger, habe nur das Material beschafft.
19Die Hilfswiderklage sei unbegründet, weil der Beklagte nicht zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt habe. Die Zwangsvollstreckung sei weder angedroht noch eingeleitet worden.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
21II.
22Auf das Vertragsverhältnis finden die Regelungen des gesetzlichen Werkvertragsrechts in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung Anwendung. Ferner haben die Parteien die VOB/B in den Vertrag einbezogen, wobei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Fassung 2016 galt.
23Die Berufung hat nur teilweise hinsichtlich der Höhe des ausgeurteilten Betrages und des Zinssatzes Erfolg.
241. Der Beklagte ist dem Kläger dem Grund nach zum Schadensersatz aufgrund mangelhafter Werkleistung verpflichtet, §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB bzw. § 13 Abs. 7 VOB/B.
25Der Kläger hat die zunächst auf Vorschuss gerichtete Klage in zulässiger Weise nach Abschluss der Sanierungsarbeiten auf Ersatz der Kosten umgestellt. Er macht diese ausdrücklich als Schadensersatz geltend. Ob sich der Anspruch nach § 13 Abs. 7 VOB/B richtet oder im Hinblick auf § 9 Abs. 1 des Vertrages, wonach der Auftragnehmer entsprechend der gesetzlichen Vorschriften des BGB Gewähr für die vertragsgemäße Beschaffenheit seiner Leistungen leistet, ausschließlich die gesetzlichen Vorschriften Anwendung finden, kann dahinstehen, weil sich für den vorliegenden Fall keine Unterschiede ergeben.
26a) Das Landgericht geht zu Recht davon aus, dass das Werk des Beklagten Mängel aufwies, die eine Neuherstellung erforderten.
27Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme ist die Leistung des Beklagten mangelhaft, weil eine fachgerechte und funktionstaugliche Entwässerung der Anlage nicht gewährleistet ist. Die Tatsachenfeststellung des Landgerichts ist nach § 529 Abs. 1 ZPO auch der Entscheidung im Berufungsverfahren zugrunde zu legen, sofern sie nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist oder aus sonstigen Gründen Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen bestehen, die eine erneute Tatsachenfeststellung im Berufungsverfahren gebieten. Solche Zweifel bestehen nicht.
28Die Beweislast für die Mangelhaftigkeit der Leistung liegt beim Kläger, da er die Leistungen abgenommen hat und die hier streitgegenständlichen Mängel nicht bereits vor oder bei Abnahme gerügt hat.
29Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Leistungen des Beklagten schon von der Konzeption her nicht geeignet waren, eine funktionstaugliche Entwässerung der Sandtrainierbahn zu gewährleisten. Dies hat die Sachverständige in ihren drei Gutachten im selbständigen Beweisverfahren, ihrem Ergänzungsgutachten im Hauptsacheverfahren sowie den zwei Anhörungsterminen nachvollziehbar ausgeführt.
30Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag sollte die Entwässerung der Bahn allein über einen am Innenkreis der Bahn liegenden Drainagegraben erfolgen. Der Beklagte brachte auf dem vorhandenen festen Untergrund eine Tragschicht aus Recycling-Material mit einer Körnung 0/8 mm auf, ferner sollte er nach dem Vertrag ein Gefälle von 2 % zur Innenseite der Trainier-Bahn herstellen. Auf diese jedenfalls weitgehend wasserundurchlässige Tragschicht sollte Reitsand aufgebracht werden. Schließlich sollte die alte Rasenfläche an die neue Bahn angearbeitet werden. So sieht es das Angebot des Beklagten vor, welches Grundlage der Beauftragung war. Eine zusätzliche vertikale Entwässerung, wie sie die Ausschreibung des Klägers (Anl. CBH 1 zur Klage, dort S. 2, LGA 9) enthielt, war nicht vorgesehen.
31Dieses Konzept ist schon deshalb ungeeignet, weil aufgrund der örtlichen Verhältnisse die Ableitung des anstehenden Regenwassers in den Drainagegraben nicht gewährleistet ist. Die Sachverständige Dr. W.-N., die u.a. öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für den Reitplatzbau ist, hat hierzu ausgeführt, dass aufgrund der zwischen Bahn und Drainagegraben angebrachten Rails eine fachgerechte Pflege in diesem Bereich nicht möglich ist. Es hat sich zwischen Bahn und Drainagegraben eine Wanne gebildet, in der das Wasser steht. Der Drainagegraben hat einen zu großen Abstand zu den Rails. Das erforderliche Gefälle zum Drainagegraben – so es denn jemals vorgelegen hat – kann nicht erhalten werden, da aufgrund der Rails ausreichende Pflegemaßnahmen nicht möglich sind (Gutachten vom 25.11.2021 (LGA 421, 422). Regelmäßige Pflege – so die Sachverständige – ist neben ordnungsgemäßer Anlage einer Rennbahn der Garant zur Funktion. Findet diese nicht statt, wird auch eine ordnungsgemäß erstellte Rennbahn nicht funktionieren. Im vorliegenden Falle wurde die Rennbahn allerdings so errichtet, dass eine ordnungsgemäße Pflege überhaupt nicht möglich ist.
32Ferner berücksichtigt das Konzept des Beklagten nicht die wellenförmigen Unebenheiten in Längsrichtung der Bahn, die dazu führen, dass jeweils an der tiefsten Stelle Wasser steht. Hierzu hat die Sachverständige in ihrem Erstgutachten im selbständigen Beweisverfahren vom 13.11.2018 auf S. 19 (LGA 44) ausgeführt:
33„Welche Maßnahmen vorgesehen waren, um das der Schwerkraft folgende Wasser abzuleiten, damit Wasseransammlungen an den niedrigsten Punkten verhindert werden und so gleichmäßige Bedingungen, eine der Grundanforderungen an eine Trainingsbahn, geschaffen werden können, bleibt das Geheimnis des Bauunternehmers.“
34Ihre Kritik hat sie im Gutachten (LGA 421 ff) und den beiden Anhörungen im Hauptsacheverfahren wiederholt und vertieft.
35Die Sachverständige geht des Weiteren davon aus, dass das erforderliche Gefälle zum Drainagegraben von 1,7 % bis 2 % (vereinbart waren 2 %) nicht eingehalten ist. Aufgrund der vom Kläger in Auftrag gegebenen Messungen sei dieses Gefälle nur an etwa 28 % der Messpunkte erreicht.
36Ferner rügt die Sachverständige, dass sich zwischen der wasserundurchlässigen festen Tragschicht und der oberen Tretschicht keine ausreichende Trennschicht gebildet hat. Diese habe sich nach Mitteilung des Beklagten durch Ablagerungen der Feinanteile am Sand bilden sollen. Solche Feinanteile habe sie bei ihrer Besichtigung der Sandtrainierbahn nicht festgestellt. Das Fehlen der Trennschicht kann dazu führen, dass die Pferde bis auf die Tragschicht durchtreten, was sie auch konkret an vielen Stellen festgestellt hat (s. Fotos S. 15 des Erstgutachtens, LGA 40, und Protokoll der Anhörung vom 03.05.2022, LGA 467). Das Durchtreten auf die feste Tragschicht kann zu Verletzungen der Pferde und Stürzen führen.
37Zu diesen Ausführungen der Sachverständigen behauptet der Beklagte, seine Leistung sei zum Zeitpunkt der Abnahme mängelfrei. Die Sachverständige habe die Bahn erst im September 2018 und damit eineinhalb Jahre nach Abnahme besichtigt. Er benennt zwei Zeugen (einen davon erstmals in der Berufung) dazu, dass seine Mitarbeiter das Gefälle ordnungsgemäß hergestellt und überprüft hätten und er bestreitet die Messergebnisse des vom Kläger beauftragten Instituts. Hinsichtlich der Trennschicht beruft er sich darauf, dass Anfang 2018 der Rennsand ausgetauscht worden sei. Das Gefälle und die Trennschicht könnten auch durch unsachgemäße Pflege der Tretschicht und Benutzung von schwerem Gerät durch den Kläger beschädigt worden sein.
38Diese Einwendungen stellen den Mangel in der Leistung des Beklagten nicht in Frage.
39Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Ergebnisse der Messungen hinreichend belastbar sind. Die Sachverständige hat die Messungen nicht selbst durchgeführt, sondern ihrem Gutachten Messungen zugrunde gelegt, welche der Kläger in Auftrag gegeben hatte. Die Sachverständige sieht keinen Anlass für Zweifel an den Messergebnissen. Für ein zertifiziertes Vermessungsbüro sei die Messung eine simple Aufgabe (Anhörung vom 03.05.2022, LGA 463R). Ergänzend hat sie noch eine Stellungnahme des Vermessungsbüros eingeholt, die sie im Termin vom 13.01.2023 zur Akte gereicht hat. Danach erfolgten die Messungen mit GPS und weisen Toleranzen von 0,02 – 0,03 m auf, die mittlere Abweichung der Messpunkte (373 Messpunkte) sei mit 0,018 m dokumentiert (Schreiben des Vermessungsbüros an die Sachverständige vom 06.01.2023, LGA 578). Die Sachverständige hat sich in ihrer Anhörung vom 13.01.2023 zu diesem Schreiben nicht mehr geäußert. Sie war bisher von einer Messung mit Lasern ausgegangen (Anhörung vom 03.05.2022). Welche Methode genauer ist und wie üblicherweise die Toleranzen liegen, hat sie nicht näher erläutert. Das Schreiben des Vermessungsbüros gab ihr aber auch keinen Anlass, die Messergebnisse jetzt in Frage zu stellen. Letztlich kommt es hierauf nicht an, da schon aufgrund der generellen Ungeeignetheit der alleinigen Entwässerung über einen seitlichen Entwässerungsgraben von der Mangelhaftigkeit der Leistung auszugehen ist. Selbst wenn das Gefälle zunächst ordnungsgemäß hergestellt war, war nicht gesichert, dass es dauerhaft funktionstauglich und zur Ableitung des Wassers geeignet blieb, weil die hierfür erforderliche Pflege aufgrund der Örtlichkeiten nicht möglich ist. Aus dem gleichen Grund bedarf es auch nicht der Vernehmung der vom Beklagten angebotenen Zeugen zur seinerzeitigen Herstellung des Gefälles. Allerdings hat die Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass die vom Beklagten im Hinblick auf die Herstellung des Gefälles geschilderte Orientierung an der Grasnarbe nicht geeignet ist, ein korrektes Gefälle zu erreichen. Diese Vorgehensweise ist für sie nicht nachvollziehbar, da die Grasnarbe nicht mit der eingebauten Drainschicht korrespondiert. Ferner habe der Beklagte nicht dargelegt, dass die Grasnarbe bzw. ihr Gefälle zuvor erfasst worden ist.
40Soweit der Beklagte geltend macht, das Gefälle der Tragschicht und die Trennschicht könnten nach Abnahme durch unsachgemäße Behandlung der Bahn mit schwerem Gerät beschädigt worden sein, hält die Sachverständige dies für theoretisch möglich, im konkreten Fall aber nicht für plausibel. Hinsichtlich der Trennschicht hat sie keine Feinstanteile vorgefunden und geht auch nicht davon aus, dass der Sand über die gesamte Bahn ausgetauscht worden ist. Auch wären bei unsachgemäßer Pflege die Schäden nur an einzelnen Stellen aufgetreten und nicht über die gesamte Bahn. Die vom Beklagten mit der Berufung vorgelegte privatgutachterliche Stellungnahme des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Verkehrswegebau Prof. Dr.-Ing. G. D. (Anl. B 5, OLGA 77) begründet ebenfalls keine Zweifel an den Feststellungen der Sachverständigen Dr. W.-N. Der Privatgutachter hat die Anlage nicht gesehen. Er kann auch nur die theoretische Möglichkeit einer Veränderung des Gefälles der Tragschicht durch unsachgemäße Pflege feststellen. Soweit er darauf verweist, dass bei Abnahme eine Wanne zwischen Bahn und Entwässerungsgraben nicht vorhanden war und nur durch unzureichende Pflege entstanden sein kann, stellt das die Feststellungen der Gerichtsgutachterin nicht in Frage, dass aufgrund der Örtlichkeiten die erforderliche Pflege gar nicht möglich war.
41Soweit der Beklagte meint, die Mängel an der Anlage seien erst nach Abnahme eingetreten, spricht hiergegen neben den oben dargelegten Argumenten insbesondere auch der Umstand, dass die ersten Mangelerscheinungen bereits unmittelbar nach der Abnahme aufgetreten sind und vom Kläger gerügt wurden. Noch im Monat der Abnahme fand ein erster Ortstermin der Parteien zu den Rügen statt.
42b) Dem Anspruch auf Ersatz der Sanierungskosten steht nicht entgegen, dass der Kläger dem Beklagten keine hinreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.
43Allerdings fehlt eine förmliche Fristsetzung. Soweit der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 15.11.2017 eine Frist zur Beseitigung der Mängel gesetzt hatte, hat er diese Frist nach Vorlage eines Sanierungsvorschlags des Beklagten wieder aufgehoben bis zur gutachterlichen Prüfung des Vorschlages. Im Anschluss haben die Parteien im Dezember 2017 und Januar 2018 über Möglichkeiten der Nachbesserung verhandelt und es wurden Anfang 2018 Arbeiten durchgeführt, welche der Beklagte allerdings auch – zumindest teilweise – in Rechnung gestellt hat. Nach diesen Arbeiten ist eine erneute Fristsetzung nicht mehr erfolgt.
44Dem Landgericht ist aber dahin zu folgen, dass eine weitere Fristsetzung entbehrlich war. Die Nacharbeiten Anfang 2018 haben nicht zum Erfolg geführt. Der Beklagte hat seine Verantwortlichkeit stets in Abrede gestellt und auch die Nacharbeiten nicht – wie für eine Mängelbeseitigung geboten – kostenfrei durchgeführt. Im Beweisverfahren hat er jegliche Mängel seiner Leistung bestritten und tut es noch heute. In seiner Antragserwiderung im Beweisverfahren hat er vortragen lassen, dass er jegliche Mängelbeseitigung „ernsthaft und abschließend“ ablehnt. Das lässt Rückschlüsse darauf zu, dass eine weitere Fristsetzung bloße Förmelei gewesen sei. Der Beklagte hat sich in erster Instanz noch darauf berufen, dass der Kläger ihn ggfs. zu einer Nachbesserung gegen Erstattung von Sowieso-Kosten hätte auffordern müssen. Dabei übersieht er, dass es im Stadium der Nacherfüllung Sache des Unternehmers ist, wie er die Nachbesserung durchführt. Der Kläger war daher nicht gehalten, seinerseits zu ermitteln, welche Art der Nachbesserung in Betracht kommt und ob hierbei Sowieso-Kosten anfallen. Es wäre vielmehr Sache des Beklagten gewesen, dem Kläger zu erklären, dass eine fachgerechte Nachbesserung der Entwässerung nur mit kostenpflichtigen Zusatzmaßnahmen zu bewerkstelligen ist, und hierfür gegebenenfalls einen Zuschuss zu verlangen.
452. Die Berufung ist hinsichtlich der Höhe der zugesprochenen Forderung teilweise begründet.
46Das Landgericht hat der Klage stattgegeben in Höhe des mit der K. J. GmbH vereinbarten Pauschalpreises ohne zusätzliche Stundenarbeiten und gekürzt um den Titel Entwässerung, ferner hat es die Kosten für Probenentnahmen und deren Auswertung durch die O. F. Q. GmbH in Höhe von 2.620,20 € brutto zugesprochen.
47a) Die Sanierung der Trainierbahn war zur Beseitigung der Mängel und Herstellung einer fachgerechten Entwässerung grundsätzlich geeignet und erforderlich. Die Sachverständige hat im selbständigen Beweisverfahren ausgeführt, dass die Bahn zur Beseitigung der Mängel grundlegend erneuert werden muss (Ausgangsgutachten vom 13.11.2018, LGA 53) und das Sanierungskonzept gemäß Angebot der K. J. GmbH für grundsätzlich geeignet und die Kosten als marktüblich angesehen (Ergänzungsgutachten vom 09.08.2019, LGA 81f).
48b) Das Landgericht hat die Schlussrechnung der K. J. GmbH bereits um die Kosten für eine im Auftrag des Beklagten nicht enthaltene zusätzliche Entwässerung unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten gekürzt.
49Der Beklagte macht weitere Sowieso-Kosten geltend, nämlich Pos. 1.1.70 Revisions- und Bestandspläne, Pos. 1.2 Prüfungskosten, Pos. 1.5.10 Überarbeiten Planum, Pos. 1.5.20 Einbau Lavaschicht sowie anteilige die Kosten der Baustelleneinrichtung (Titel 1.1).
50Die Aufschlüsselung der Rechnung ergibt sich aus der abschließenden Kostenermittlung einschließlich Pauschalierungsangebot der K. J. GmbH vom 12.08.2019 (Anlage CBH 27, LGA 308). Die Darlegungs- und Beweislast für Sowieso-Kosten liegt beim Beklagten. Für die Feststellung der erforderlichen Kosten und die Ermittlung eventueller Sowieso-Kosten gilt § 287 ZPO.
51Eine Kürzung des Titels 1.1 Baustelleneinrichtung, 38.139,33 € netto, ist nur hinsichtlich der Pos. 1.1.70 Revisions- und Bestandspläne mit 2.771,00 € netto = 3.297,49 € brutto geboten. Hierbei handelt es sich um Kosten, die allein mit der zusätzlichen Entwässerung (Titel 1.4) mit Kontrollschächten und gesonderten Drainageleitungen zusammenhängen. Für eine weitere anteilige Kürzung besteht kein Anlass. Als Sowieso-Kosten sind nur die Kosten anzusetzen, um welche die Arbeiten des Beklagten teurer geworden wären, wenn von vornherein die jetzige Ausführung beauftragt worden wäre. Der Titel 1.1. enthält keine weiteren Positionen, die der zusätzlichen Entwässerung zugeordnet werden könnten.
52Die Kosten für Bodenuntersuchungen (Titel 1.2 Prüfungen, netto 4.663.64 €), insbesondere auf Wasserdurchlässigkeit nach Einbau der TT. und Tretschicht sowie Ebenflächigkeitsmessungen und Schichtstärkenmessungen sind keine Sowieso-Kosten. Diese Leistungen hätte auch der Beklagte durchführen müssen, weil sie auch für das Konzept des Beklagten erforderlich waren, und zwar nach dem mit ihm geschlossenen Vertrag ohne gesonderte Vergütung.
53Das gleiche gilt für das Überarbeiten des Planums nach Herstellung der Baugrundentwässerung (Pos. 1.5.10, netto 13.280,00 €). Es ist nicht ersichtlich, dass diese Position nur aufgrund der anderen Entwässerung angefallen ist. Vielmehr gehört die Herstellung des Planums auch zur Leistung des Beklagten. Mit welchem Betrag diese Leistung im Pauschalpreis enthalten war, hat der Beklagte nicht dargelegt.
54Schließlich ist ein Abzug aufgrund Sowieso-Kosten auch nicht in der Pos. 1.5.20 (Einbau Trag-/Trennschicht aus Lava, 183.360,00 €) gerechtfertigt.
55Mit dem Beklagten war zwar keine Lavaschicht vereinbart, wohl aber die Herstellung einer zusätzlichen Tragschicht und einer Trennschicht. Sowieso-Kosten sind daher nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Beklagte den von ihm angebotenen Pauschalpreis nicht aufgeschlüsselt und nicht vorgetragen, welche Kosten auf die von ihm hergestellte zusätzliche Tragschicht entfallen.
56Soweit der Beklagte die Zahlung der Schlussrate in Höhe von 90.714,12 € bestreitet, kommt es hierauf schon deshalb nicht an, weil das Landgericht unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten Kürzungen vorgenommen hat, die diesen Betrag übersteigen. Den vom Landgericht ausgurteilten Betrag hat der Kläger bezahlt, die Zahlungen sind in der Schlussrechnung quittiert.
57Aus der Rechnung der K. J. GmbH verbleibt daher zunächst ein Betrag in Höhe von brutto 448.745,03 €,
58b) Die Kosten für die Bodenproben (2.620,20 €) gehören zum ersatzfähigen Schaden. Sie waren zur Ermittlung der Mangelursache und der ggfs. erforderlichen Nachbesserung erforderlich.
59Ob der Kläger den Betrag gezahlt hat, ist wegen § 250 S. 2 BGB unerheblich. Der bei unterbliebener Zahlung zunächst bestehende Freistellungsanspruch wandelt sich aufgrund der Leistungsverweigerung des Beklagten in einen Zahlungsanspruch um.
60c) Aus dem Betrag von insgesamt 451.365,23 € ist im Rahmen des Vorteilsausgleichs die hierin enthaltene Umsatzsteuer herauszurechnen.
Ein Unternehmer kann sich nach § 15 UStG die Umsatzsteuer, die er einem anderen Unternehmer für Lieferungen und sonstige Leistungen „für sein Unternehmen“ gezahlt hat, als Vorsteuer vom Finanzamt erstatten lassen. Der Kläger ist offenbar umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer, er verfügt ausweislich seines Briefkopfs über eine Umsatzsteuer-ID. Die Kosten für die Instandsetzung der Trainingsbahn unterliegen dem Vorsteuerabzug. Der Kläger betreibt die Rennbahn, so dass die Bauleistungen zur Sanierung der Sandtrainierbahn durch die K. J. GmbH für sein Unternehmen ausgeführt wurden. An seinem Vortrag im Termin, er könne lediglich 10 % der Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen, hält der Kläger nicht mehr fest. Vielmehr hat er diesen Vortrag mit Schriftsatz vom 05.09.2024 dahin korrigiert, dass er die gesamte in der Rechnung der K. J. GmbH enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht hat.
62Der ersatzfähige Schaden beläuft sich daher auf 379.298,51 €.
633. Schließlich bedarf das angefochtene Urteil hinsichtlich der ausgeurteilten Zinsen der Korrektur. Der Kläger kann auf die berechtigte Klageforderung lediglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangen. Der erhöhte Zinssatz des § 288 Abs. 2 BGB von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gilt ausdrücklich nur für Entgeltforderungen. Maßgeblich hierfür ist das Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Im Verhältnis des Klägers zum Beklagten handelt es sich um Schadensersatz, nicht um eine Entgeltforderung aus einem Rechtsgeschäft.
64III.
65Die Hilfswiderklage für den Fall des Erfolgs der Berufung ist auf die Rückzahlung der auf das Urteil an den Kläger gezahlten Beträge gerichtet. Sie ist im Umfang der Begründetheit der Berufung ebenfalls begründet.
661. Der Anspruch ergibt sich aus § 717 Abs. 2 ZPO und kann in der Berufung im Wege der Widerklage geltend gemacht werden. Wie der Beklagte im Termin klargestellt hat, ist der Antrag so auszulegen, dass bei teilweisem Erfolg der Berufung die anteilige Rückzahlung begehrt wird (zu § 717 Abs. 2 ZPO bei teilweisem Erfolg des Rechtsmittels BGH, Urt. v. 25.06.2015 – VII ZR 220/14, BauR 2015, 1664, 1673).
672. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt hat. Voraussetzung für den verschuldensunabhängigen Anspruch ist, dass die Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt. Der Schuldner muss sich dem Vollstreckungsdruck beugen. Das setzt wiederum voraus, dass die Vollstreckung bei Nichtzahlung konkret drohte. Dazu reicht nicht schon das Vorliegen des Titels aus, der Gläubiger muss vielmehr deutlich gemacht haben, dass er zur Vollstreckung schreiten wird, wenn der Schuldner nicht leistet. Nur dann ist die weitreichende, verschuldensunabhängige Haftung nach § 717 Abs. 2 ZPO gerechtfertigt. Der Gläubiger muss die Möglichkeit haben, diese Haftung zu vermeiden (BGH Urt. v. 16.12.2010 – Xa ZR 66/10, NJW-RR 2011, 338).
68Nach der vorliegenden unstreitigen Korrespondenz nach Erlass des landgerichtlichen Urteils hat der Beklagte die Zahlung zur Abwendung der Vollstreckung geleistet. Ausgangspunkt der Korrespondenz war, dass der Kläger dem Beklagten die Prozessbürgschaft übersandt hat (E-Mail vom 26.09.2023, Anl. B6, OLGA 79). Der Beklagte bat daraufhin darum, von der Vollstreckung abzusehen, wünschte aber noch eine Klärung hinsichtlich der Bürgschaft. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärte mit E-Mail vom 27.09.2023: „Ihrem Mandanten wird eine Zahlungsfrist bis zum 17.10.2023 gewährt. Bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt keine Vollstreckung.“ (Anl. B 8, OLGA 82). Nach Verlängerung der Frist erfolgte dann die Zahlung. Beide Prozessbevollmächtigte waren sich einig, dass die Prozessbürgschaft einen eventuellen Rückzahlungsanspruch abdecken soll. Dies genügt für den Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO. Der Beklagte musste bereits die Übersendung der Prozessbürgschaft so verstehen, dass der Kläger die Vollstreckung beabsichtigte. Andernfalls wäre die mit Kosten verbundene Beschaffung der Bürgschaft nicht erforderlich gewesen. Jedenfalls die Fristsetzung vom 27.09.2023 musste der Beklagte so verstehen, dass nach deren Ablauf jederzeit mit der Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen gerechnet werden musste. Umgekehrt hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, auch nach Ablauf der Frist zunächst keine Vollstreckung zu beabsichtigen, sondern das Berufungsverfahren abzuwarten.
693. Aus der Zahlung in Höhe von 614.227,44 € entfallen auf die berechtigte Klageforderung 379.298,51 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 13.09.2019 bis einschließlich 30.09.2023. In Höhe des darüber hinausgehenden Betrages ist die Hilfswiderklage begründet. Das betrifft eine nicht begründete Hauptforderung von 75.364,21 € nebst Zinsen sowie die über 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz hinausgehenden Zinsen auf die begründete Hauptforderung.
70IV.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
72Der Hilfswiderklage kommt kein eigenständiger, über das Berufungsbegehren hinausgehender Streitwert zu. Es handelt sich um denselben Streitgegenstand wie die Berufung (BGH, Beschl. v. 15.11.1962, NJW 1963, 300; Zöller/Herget, ZPO, 35. Aufl., § 3 Rn. 16.142).
73Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Fall auf der Grundlage anerkannter Grundsätze alleine nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes entschieden.