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Auf die Berufungen beider Parteien und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers sowie unter Berücksichtigung der Klageänderung und -erweiterung sowie der übereinstimmenden Erledigungserklärung wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 16.12.2022 (Az. 20 O 758/21) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass folgende Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Kranken-/ Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer KV N07 bis zum 28.02.2021 unwirksam waren:
a) im Tarif Z. die Erhöhung zum 01.04.2017 um 69,62 € monatlich,
b) im Tarif FG. IA. die Erhöhung zum 01.04.2017 um 0,27 € monatlich.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages aus den folgenden Erhöhungen des Monatsbeitrags in den folgenden Zeiträumen verpflichtet war:
a) im Tarif Z. die Erhöhung zum 01.04.2017 um 69,62 € in der Zeit vom 01.01.2020 bis zum 31.03.2020,
b) im Tarif FG. IA. die Erhöhung zum 01.04.2017 um 0,27 € in der Zeit vom 01.01.2020 bis zum 28.02.2021.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 212,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.08.2023 zu zahlen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zum 21.08.2023 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf die unter 2) aufgeführten Beitragserhöhungen in den dort genannten Zeiträumen gezahlt hat.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat der Kläger zu tragen.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
8. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3- ohne Tatbestand gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO -
4II.
5Die zulässige Berufung des Klägers, mit der er die Klage erweitert hat, hat in der Sache nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die zulässige Berufung der Beklagten, mit der sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung und zur Auskunftserteilung wehrt, ist hinsichtlich der Verurteilung zur Auskunft in der Sache nicht mehr zu bescheiden, nachdem die Parteien die Auskunftsklage übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die verbliebene Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
61. Berufung des Klägers
7a) Die Berufung des Klägers ist zulässig. Die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderliche Mindestbeschwer von 600,- € ist bereits durch die Berufung gegen die teilweise Abweisung des erstinstanzlich gestellten Klageantrages zu 1) (Beschwer: 1.049,79 €) erreicht. Bei dieser Sachlage ist nicht zu prüfen, inwieweit die Berufung in Bezug auf den – jetzt nicht mehr weiterverfolgten - Klageantrag zu 3) (unbestimmter Leistungsantrag) zulässig wäre (s. dazu – bejahend – die Senatsurteile vom 19.09.2023 in den Verfahren 9 U 156/22, 9 U 220/22, 9 U 231/22 und 9 U 262/22). Der Kläger kann die nunmehr vorgenommene Konkretisierung und Bezifferung hinsichtlich der neu angeführten Beitragsanpassungen jedenfalls im Rahmen einer Erweiterung der zulässig eingelegten Berufung verfolgen. Es unterliegt grundsätzlich keinen prozessualen Bedenken, wenn der in erster Instanz ganz oder teilweise unterlegene Kläger in zulässiger Weise Berufung einlegt und dieses zulässig eingelegte Rechtsmittel zugleich zu einer Erweiterung der Klage nutzt (vgl. BGH, Beschl. v. 29.09.2011 – IX ZB 106/11 -, VersR 2012, 75, juris Rn. 7; BGH, Urt. v. 06.11.1986 – IX ZR 8/86 -, VersR 2987, 411, juris Rn. 32). So liegt es hier.
8Prozessuale Bedenken gegen die Klageänderung bzw. –erweiterung bestehen nicht.
9Die Umstellung in zweiter Instanz ist - mag sie auch schon in erster Instanz möglich gewesen sein - nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätet, denn eine Klageänderung ist kein Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO (BGH, NJW 2017, 491).
10Die Klageänderung ist – wenn man hier nicht § 264 Nr. 2 ZPO anwenden will – jedenfalls nach § 533 ZPO gerechtfertigt. Sie ist sachdienlich, weil sie den Streit zwischen den Parteien erledigt und sie kann auch auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Zu Letzterem gilt, dass die Beitragsanpassungen der betroffenen Jahre schon, wenn auch in allgemein gehaltener Form, Gegenstand des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien waren (Bl. 5, 9 f., Bl. 806 ff. eA LG) und – auch wenn der Vortrag für das Landgericht nicht entscheidungserheblich war – in die Berufungsinstanz gelangt ist (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 429, juris-Rz. 11). Insbesondere steht der Annahme der Sachdienlichkeit nicht entgegen, dass die Bezifferung bzw. Konkretisierung aufgrund der mit der Klageerwiderung erfolgten Auskunft der Beklagten schon erstinstanzlich möglich gewesen wäre, denn die Zulassung in der Berufungsinstanz vermeidet einen neuen Prozess (vgl. BGH, NJW-RR 1994, 1143, juris Rz. 26; NJW-RR 1990, 505, juris-Rz. 13).
11b) Die Berufung hat Erfolg, soweit der Kläger sich – unter zulässiger Erweiterung des Leistungsantrags - gegen die Beitragserhöhungen zum 01.04.2017 in den Tarifen Z. um 69,62 € monatlich und FG. IA. um 0,27 € monatlich wendet.
12aa) Hinsichtlich der formellen Wirksamkeit der nunmehr in Rede stehenden Beitragsanpassungen ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
13Nach § 203 Abs. 5 VVG werden die Neufestsetzung der Prämie und die Änderungen nach § 203 Abs. 2 und 3 VVG zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Änderungen und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt. Nach inzwischen gefestigter Auffassung des Bundesgerichtshofs zu den formellen Anforderungen an eine wirksame Beitragsanpassung im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG, der der Senat folgt, erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung einer Prämie zunächst die Angabe der Rechnungsgrundlage – Versicherungsleistungen, Sterbewahrscheinlichkeit oder beide –, deren nicht nur vorübergehende, den festgelegten Schwellenwert überschreitende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 S. 1 VVG veranlasst hat (vgl. BGH, Urt. v. 26.04.2023 – IV ZR 17/22 -, juris-Rz. 20 f.; BGH, Urteil vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19 –, NJW 2021, 378, 380, Rn. 26 ff.; BGH, Urteil vom 16.12.2020 – IV ZR 314/19 –, r+s 2021, 95, 96, Rn. 21 ff.; BGH, Urteil vom 10.03.2021 – IV ZR 353/19 –, BeckRS 2021, 5402; BGH, Urteil vom 14.04.2021 – IV ZR 36/20 –, BeckRS 2021, 9277). Zudem muss ein Versicherungsnehmer den Mitteilungen klar entnehmen können, dass die veränderte Rechnungsgrundlage einen geltenden und im Gesetz oder in den Tarifbedingungen festgelegten Schwellenwert überschritten hat (Schwellenwerterfordernis; BGH, Urt. v. 23.04.2023 – IV ZR 17/22 -, juris-Rz. 21; BGH, Urteil vom 31.08.2022 – IV ZR 252/20 –, Rn. 13; BGH, Urteil vom 21.07.2021 – IV ZR 191/20 – NJW-RR 2021, 1260, 1261 f. Rn. 26). Schließlich muss die Mitteilung erkennen lassen, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des Anpassungsverfahrens (also die Überschreitung des Schwellenwertes) für die konkret in Rede stehende Tarifanpassung gegeben waren (sog. Tarifbezug; vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2023 - IV ZR 293/20 -, juris-Rz. 19).
14Der Bundesgerichtshof hat vor diesem Hintergrund die Mitteilung folgender Gründe als ausreichend erachtet:
15„Damit dies so bleibt, sind wir wie alle privaten Krankenversicherer verpflichtet, einmal jährlich die kalkulierten Leistungsausgaben mit den zukünftig erforderlichen zu vergleichen. Dies erfolgt für jeden Tarif separat und getrennt nach Alter und Geschlecht. Weichen die Zahlen um mindestens 10 % nach oben oder unten voneinander ab, sind wir gesetzlich verpflichtet, die Beiträge anzupassen. Die Überprüfung hat ergeben, dass zum 01.01.2012 eine Anpassung in den gekennzeichneten Tarifen erforderlich ist."
16(vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2023 - IV ZR 293/20 -, juris-Rz. 4, 19; zuvor bereits BGH, Urt. v. 22.06.2022 - IV ZR 193/20 -, r+s 2022, 462; BGH, Urt. v. 20.10.2021 – IV 148/20 -, NJW-RR 2022, 34).
17bb) Nach der ständigen Senatsrechtsprechung sind die Beitragsanpassungen jeweils zum 01.04.2017 in den Tarifen Z. um monatlich 69,62 € und FG. IA. um monatlich 0,27 € formell unwirksam.
18In dem Mitteilungsschreiben von Februar 2017 (Anlage V. 29, Bl. 438 f. eA OLG) heißt es auszugsweise wie folgt:
19"Warum ändert sich Ihr Beitrag?
20Der wichtigste Grund sind die gestiegenen Gesundheitskosten. Diagnose- und Therapiemethoden entwickeln sich immer weiter. Diese haben ihren Preis. Doch sie helfen Ihnen, schneller gesund zu werden. Bei vielen chronischen Erkrankungen erhöhen sie die Lebensqualität.
21…
22Weitere Gründe für die Beitragsanpassung entnehmen Sie bitte der Beilage "Ein Praxisbeispiel der P."...“
23In dem Anpassungsschreiben aus Februar 2017 wird nur mitgeteilt, dass wichtigster Grund für die Änderung des Beitrags die gestiegenen Gesundheitskosten seien. Daraus ergibt sich indes nicht, dass es einen vorab festgelegten Schwellenwert für eine Veränderung der Versicherungsleistungen gibt, dessen Überschreitung die in Rede stehende Prämienanpassung ausgelöst hat (BGH, Urteil vom 30.11.2022 – IV ZR 294/20 –, Rn. 17, juris; BGH, Urteil vom 23.06.2021 - IV ZR 250/20 - BeckRS 2021, 18716, Rn. 18). Der allgemeine Hinweis im Anpassungsschreiben auf den Kostenanstieg genügt nicht, weil daraus alleine nicht ersichtlich ist, dass ein Vergleich der kalkulierten mit den erforderlichen Versicherungsleistungen eine Veränderung dieser Rechnungsgrundlage über dem geltenden Schwellenwert ergeben und dies die Prämienanpassung ausgelöst hat.
24Zwar können hierzu auch die einem Anpassungsschreiben beigefügten Informationsblätter in den Blick genommen werden. Es reicht - so der Bundesgerichtshof - aber nicht aus, wenn dort nur in allgemein gehaltener Form die jährliche Durchführung der Prämienprüfung beschrieben wird, ohne das Ergebnis der aktuellen Überprüfung mitzuteilen (BGH, Urteil vom 21. Juli 2021 - IV ZR 191/20 -, juris-Rz. 26; BGH, Urteil vom 23.06.2021 - IV ZR 250/20 -, VersR 2021, 1083, Rz. 18; BGH, Urteil vom 09.02.2022 - IV ZR 337/20, BeckRS 2022, 3377, Rz. 30). So ist indes hier die Beklagte verfahren. Konkrete Angaben finden sich in den beigefügten Beilagen (Anlagenkonvolut V. 29) nicht. Auch dort werden nur allgemeine Informationen zu den gesetzlichen Schwellenwerten wiedergegeben; dass eine den Schwellenwert übersteigende Veränderung einer Rechnungsgrundlage die konkrete Beitragserhöhung für den betroffenen Tarif ausgelöst hat, ergibt sich hieraus nicht. Im Übrigen fehlt auch hier sowohl im Mitteilungsschreiben als auch in den Informationsblättern ein Hinweis darauf, dass eine Anpassung auch auf der Grundlage der Überschreitung eines tariflich festgelegten Schwellenwertes erfolgen kann.
25cc) Die Unwirksamkeit der formell zu beanstandenden Anpassungen zum 01.04.2017 ist gemäß § 203 Abs. 5 VVG zu Beginn des zweiten auf den Zugang des außergerichtlichen Schreibens der Beklagten vom 21.01.2021 (Anlage V. 5, Bl. 283 eA LG) folgenden Monats mit Wirkung ex nunc geheilt worden. In diesem Schreiben hat die Beklagte unter Angabe der Auslösenden Faktoren mitgeteilt, dass eine Veränderung der Leistungsausgaben die vorgenannten Prämienanpassungen ausgelöst hat. Wenn eine Mitteilung der Prämienanpassung zunächst ohne eine den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügende Begründung erfolgt, diese aber später nachgeholt wird, wird dadurch die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Gang gesetzt (BGH BeckRS 2021, 5402, Rn. 25). Der Senat geht davon aus, dass das Schreiben vom 21.01.2021 unter Zugrundelegung der üblichen Postlauffristen dem Kläger noch im Januar 2021 zugegangen ist. Daher ist eine Heilung zum 01.03.2021 eingetreten. Entsprechend ist die Feststellung der Unwirksamkeit bis zum 28.02.2021 zu tenorieren (s. zur Tenorierung BGH, Urt. v. 16.12.2019 - IV ZR 294/19 -, juris Rn. 54 a.E.).
26dd) Dagegen bleibt die Berufung des Klägers ohne Erfolg, soweit er sich gegen die Feststellung des Landgerichts wendet, dass die Beitragsanpassung im Tarif Z. zum 01.04.2020 formell nicht zu beanstanden ist. Die Prämienanpassung zum 01.04.2020 ist formell wirksam.
27Den o.g. Anforderungen wird das Mitteilungsschreiben der Beklagten aus Februar 2020 (Anlage V. 2, Bl. 189 f. eA LG) mit den beigefügten Informationen (Bl. 198 ff. eA LG) gerecht.
28Die Mitteilungsschreiben selbst enthalten zwar keine ausreichende Begründung. Der bloße Hinweis auf gestiegene Gesundheitskosten genügt nicht (vgl. BGH, Urt. v. 26.04.2023 – IV ZR 17/22 -, juris-Rz. 21). Das Schreiben verweist indes auf die beigefügten Unterlagen, u.a. auf das Informationsblatt "Maßgebliche Gründe für die Beitragsanpassung", die zur Beurteilung, ob dem Versicherungsnehmer ausreichende Gründe mitgeteilt worden sind, mit in den Blick zu nehmen sind.
29Die Anlage „Maßgebliche Gründe für die Beitragsanpassung“ zum Schreiben aus Februar 2020 hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:
30„…
31Warum passen wir die Beiträge an?
32…
33Um dieses Versprechen erfüllen zu können, vergleichen wir nach einem normierten Verfahren mindestens jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen. Hierzu sind wir nach § 155 Absatz 3 Satz 1 und 2 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und § 15 Krankenversicherungsaufsichtsverordnung (KVAV) verpflichtet. Wenn die erforderlichen Versicherungsleistungen mehr als 10% von den kalkulierten abweichen, müssen wir die Beiträge überprüfen. Falls erforderlich, müssen wir die Beiträge anpassen. In einigen Tarifen gilt nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen dafür ein geringerer Prozentsatz. In bestimmten Tarifen können wir die Beiträge bei einem geringeren Prozentsatz überprüfen und falls nötig anpassen, wenn dies in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen so vorgesehen ist. Der Vergleich erfolgt für jede Beobachtungseinheit eines Tarifs separat. Beobachtungseinheiten sind beispielsweise je nach Tarif Männer und/oder Frauen. Es können auch Kinder bzw. Jugendliche sein. Dabei darf die Abweichung nicht nur vorübergehend sein. Ergibt der Vergleich eine Abweichung von den definierten Grenzwerten, sind wir zur Prüfung der Beiträge verpflichtet. Dies bezeichnen wir als "Anspringen" des "Auslösenden Faktors Schaden". In der Tabelle ist dies für alle aufgeführten Tarife der Fall. Zudem sind dort die Werte des "Auslösenden Faktors Schaden (AF Schaden)" angegeben.
34Wir vergleichen außerdem für jede Beobachtungseinheit eines Tarifs jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Sterbewahrscheinlichkeiten. Hierzu sind wir nach § 155 Abs. 4 VAG und § 16 KVAV verpflichtet. Bei einer Abweichung von mehr als 5 Prozent müssen wir die Beiträge überprüfen und anpassen. Ergibt der Vergleich eine Abweichung von mehr als 5 Prozent, bezeichnen wir das als "Anspringen" des "Auslösenden Faktors Sterblichkeit".
35Der "Auslösende Faktor Sterblichkeit" ist bei den aufgeführten Tarifen nicht angesprungen.
36…
37Tarif/Tarifstufe |
Alter in Jahren |
Geschlecht |
Ø-Veränderung der Versicherungsleistung |
Sterbetafel für die PKV von... auf... |
Rechnungszins von... auf... |
AF Schaden in %, |
Z. |
ab 20 |
Männer |
+8,01% |
PKV 2017 -> PKV 2020 |
3,00%-> 2,70% |
110,4% |
…“
39In diesen Ausführungen wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte „mindestens jährlich“ zu einem Vergleich der „erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen“ verpflichtet sei. Ergebe „dieser Vergleich eine Abweichung von den definierten Grenzwerten“, sei sie – die Beklagte – zur Prüfung der Beiträge verpflichtet, was als „Anspringen“ des „Auslösenden Faktors Schaden“ bezeichnet werde. Dies sei für alle in der Tabelle aufgeführten Tarife der Fall. In der Tabelle ist der vorliegend von der Anpassung betroffene Tarif Z. bei Männern ab 20 Jahren aufgeführt.
40Diesen Angaben kann der Versicherungsnehmer hinreichend klar entnehmen, dass Auslöser für die Erhöhung seiner Beiträge eine Veränderung der Versicherungsleistungen war, die oberhalb des für den Tarif geltenden Schwellenwertes lag. Durch die an § 155 Abs. 3 S. 1 VAG angelehnte Erläuterung, dass die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen verglichen werden, wird ausdrücklich festgestellt, dass es um die Rechnungsgrundlage „Versicherungsleistungen“ geht. Es wird zudem unmissverständlich klargestellt, dass der auslösende Faktor Sterblichkeit nicht angesprungen ist.
41Mit der Formulierung „Abweichung von den definierten Grenzwerten“ wird auch das Erfordernis des Überschreitens eines Schwellenwerts hinreichend verdeutlicht. Zudem ist in den Schreiben konkretisierend angeführt, dass der Schwellenwert bei Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen bei 10% liegt, wobei in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ein geringerer Wert vorgesehen werden kann. Weitere Informationen müssen nicht gegeben werden.
42Schließlich ist der erforderliche Tarifbezug mit der Formulierung, die Anpassungsvoraussetzungen hätten in allen in der Tabelle aufgeführten Tarifen vorgelegen, hergestellt worden.
43Damit sind die drei Kriterien, die der Bundesgerichtshof für eine wirksame Mitteilung einer Beitragsanpassung fordert, erfüllt. Die Rechnungsgrundlage, die sich verändert hat, wird angegeben (Versicherungsleistungen); es wird darauf hingewiesen, dass als Grundlage für eine Beitragsanpassung ein Schwellenwert überschritten sein muss; und es wird schließlich – durch die jeweils beigefügte Tabelle mit der Angabe, die Anpassungsvoraussetzungen seien in allen angeführten Tarifen festgestellt worden - verdeutlicht, dass jene Voraussetzungen gerade in dem versicherten Tarif Z. vorgelegen haben.
44Die wirksame Beitragsanpassung zum 01.04.2020 im Tarif Z. hat dazu geführt, dass ab dem Zeitpunkt der wirksamen Prämienanpassung ein Rechtsgrund und somit ein Anspruch der Beklagten bestand auf Zahlung der Prämie in der durch diese Anpassung festgesetzten Gesamthöhe in diesem Tarif zu dem vorstehend aufgeführten Zeitpunkt. Die Wirksamkeit einer späteren Prämienerhöhung führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 16.12.2020, - IV ZR 294/19 -, BGHZ 228, 56) dazu, dass der Versicherung ab diesem Zeitpunkt nicht nur ein Anspruch auf Zahlung des aus dieser späteren Prämienerhöhung folgenden Erhöhungsbetrages zusteht, sondern vielmehr ein Anspruch auf Zahlung der durch diese neuere Beitragsanpassung festgesetzten neuen Gesamthöhe. Bei der Prämienanpassung findet nicht nur die Festsetzung eines Erhöhungsbetrages, sondern eine vollständige Neufestsetzung für den neu kalkulierten Zeitraum statt. Ob eine frühere Prämienerhöhung fehlerhaft gewesen ist, ist für die Wirksamkeit der Neufestsetzung und die daraus folgende erhöhte Beitragspflicht des Versicherungsnehmers ohne Bedeutung.
45ee) Die aufgrund der formellen Unwirksamkeit der Beitragsanpassung zum 01.04.2017 weitere auszusprechende Feststellung, dass der Kläger nicht zur Zahlung der erhöhten Beiträge verpflichtet ist, ist aufgrund der vorstehenden Darlegungen hinsichtlich des Tarifs FG. IA. auf den Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 28.02.2021 (aufgrund Heilung) und bezüglich des Tarifs Z. vom 01.01.2020 bis zum 31.03.2020 (infolge der wirksamen Folgeanpassung zum 01.04.2020) zu begrenzen (zur Verjährung früherer Ansprüche s.u. unter e.)
46c) Mit dem Landgericht ist ferner davon auszugehen, dass die Beitragsanpassung im Tarif Z. zum 01.04.2020 materiell wirksam ist. Ebenso sind die mit der Klageerweiterung in den Rechtsstreit eingeführten Beitragsanpassungen zum 01.04.2017 in den Tarifen Z. und FG. IA. materiell wirksam.
47aa) Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger die materielle Wirksamkeit der Beitragsanpassungen in der ersten Instanz nicht hinreichend angegriffen hat. Sein Angriff zielte nur auf das Verfahren der Zustimmung des Treuhänders, nämlich darauf, dass dem Treuhänder nicht alle Unterlagen vorgelegen hätten, um insbesondere die Frage der Verwendung von Limitierungsmitteln sachgerecht zu überprüfen. Soweit der Kläger nunmehr in der Berufung erstmals die Rechtmäßigkeit der Limitierungsmaßnahmen insgesamt bestreitet, handelt es sich um neues, von der Beklagten bestrittenes Vorbringen, das verspätet und nicht zuzulassen ist (§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Der Kläger hätte dieses Bestreiten bereits ohne Weiteres in erster Instanz zum Gegenstand seines Sachvortrag machen können. Der enge Zuschnitt des Vortrags des Klägers in erster Instanz erfolgte indes bewusst. Der Kläger hat das Bestreiten der materiellen Rechtmäßigkeit der Anpassungen im Schriftsatz vom 30.05.2022 auf das Prüfverfahren des Treuhänders konkretisiert; eine materielle Unwirksamkeit bestehe, „weil dem Treuhänder bei der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfung der Verwendung von Mitteln für die Rückstellung von Beitragsrückerstattungen nach § 155 Abs. 2 VAG nicht alle für die Prüfung notwendigen Unterlagen und Informationen vorlagen“ (Bl. 814 eA-OLG), was das Gericht „eigenständig, d.h. ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen“ (Bl. 821 eA-LG sowie Bl. 835 eA-LG) prüfen könne. Er habe Zweifel daran, „dass das Prüfverfahren des § 155 Abs. 2 VAG im vorliegenden Fall ordnungsgemäß durchgeführt wurde" (Bl. 830 eA-LG). Im Schriftsatz vom 30.11.2022 hat er sodann ergänzend die Vollständigkeit der Unterlagen in Bezug auf die Erstkalkulation gerügt und erneut hervorgehoben, jedenfalls seien „die Limitierungsunterlagen zu überprüfen“ (Bl. 933 eA-LG); es gehe „um die mit ja oder nein zu beantwortende Frage, ob die dem jeweiligen Treuhänder vorgelegten Unterlagen vollständig waren“ (Bl. 937 eA-LG).
48bb) Ein in dieser Weise eingeschränkter Angriff auf die materielle Rechtmäßigkeit von Beitragsanpassungen ist rechtlich unbeachtlich und gibt keine Veranlassung, in eine Sachaufklärung einzutreten (so im Ergebnis auch OLG KÖLN - 20. Zivilsenat -, Urteil vom 10.02.2023 - 20 U 355/22 -, juris-Rz. 6-19; OLG Hamm, Hinweisbeschluss v. 12.5.2023 - 20 U 7/23 -, juris-Rz. 14-34; OLG Nürnberg, Beschluss vom 18.09.2023 - 8 U 810/23 -, juris-Rz. 10; Beschluss vom 5. Juni 2023 - 8 U 3284/22 -, juris-Rn. 42-53, sowie Beschluss vom 7. März 2023 - 8 U 3056/22 -, juris-Rz. 21 ff.; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 13.10.2023, - 11 U 66/23 -, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 04.07.2023, - 1 U 70/23 -, juris; OLG Dresden, Urteil vom 28.06.2023 - 1 U 167/23 -, juris; OLG Bremen Hinweisbeschluss v. 28.3.2023 - 3 U 26/22 -, VersR 2023, 1274).
49Das auf die Rüge der Unvollständigkeit der dem Treuhänder überlassenen Unterlagen (hier: der Unterlagen zu den Limitierungsmaßnahmen; auf die Thematik der Erstkalkulation kommt die Berufung nicht mehr zurück) begrenzte Bestreiten stellt die materielle Rechtmäßigkeit der Beitragsanpassung insgesamt – oder eines abgrenzbaren Teils des Anpassungsverfahrens wie vorliegend die Limitierung – nicht in Frage. Eine gerichtliche Klärung ist erst dann angezeigt, wenn über den formalen Aspekt der Vollständigkeit der Unterlagen, die dem Treuhänder vorgelegen haben, auch bestritten wird, dass die Prämienanpassung nach aktuariellen Grundsätzen mit den bestehenden Rechtsvorschriften im Einklang steht, denn das alleine ist der Maßstab für die gerichtliche Überprüfung (BGH, Urteil vom 16.06.2004 - IV ZR 117/02 -, BGHZ 159, 323, juris-Rn. 15). Die Beweislast hierfür liegt zwar beim Versicherer, allerdings bestimmt die klagende Partei durch den Umfang ihres Bestreitens, ob und ggf. inwieweit eine gerichtliche Sachaufklärung zu erfolgen hat. Wenn ein Kläger sich – wie vorliegend – ausdrücklich darauf beschränkt, die Vollständigkeit der dem Treuhänder vorgelegten Unterlagen zu rügen, dann ist auf der Grundlage dieser Beschränkung zu prüfen, ob eine Beweiserhebung angezeigt ist. Dies ist zu verneinen.
50Fehler bei Durchführung des Treuhänderverfahrens führen für sich genommen nicht zur materiellen Unwirksamkeit einer vom Versicherer vorgenommenen Beitragsanpassung. Das gilt nicht nur, soweit die Unabhängigkeit des Treuhänders in Rede steht (s. dazu BGH, Urteil vom 19.12.2018 – IV ZR 255/17 -, BGHZ 220, 297), sondern auch, soweit die Zustimmung des Treuhänders auf der Basis ihm nur unzureichend vorgelegter Unterlagen erfolgt sein sollte. Dessen Zustimmung, die die vorherige Überprüfung der technischen Berechnungsgrundlagen einschließt, ist nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG zwar erforderlich. § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG besagt aber nicht, dass eine auf unzureichender tatsächlicher Grundlage erteilte Zustimmung zur Folge hat, dass die Beitragsanpassung schon alleine deswegen durchgreifend materiell zu beanstanden ist. Der Treuhänder hat - nicht anders als nach früherem Recht die Aufsichtsbehörde - lediglich eine Kontrollfunktion. Er soll als Ausgleich für das dem Versicherer zustehende einseitige Vertragsänderungsrecht die Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer wahren (BGH, aaO, juris-45). Seine Einschaltung dient der Vorabkontrolle einer beabsichtigten Beitragsanpassung im Sinne einer „Filterfunktion“ (BGH, aaO, juris-Rz. 54), die – soweit eine Zustimmung verweigert wird – ggf. eine gerichtliche Kontrolle der Anpassung erspart. Erteilt der Treuhänder hingegen die Zustimmung auf der Basis unzureichender Unterlagen, mag er seine ihm gesetzlich zugedachte Funktion nicht sachgerecht ausgeübt haben. Die damit fehlende ausreichende Kontrolle im Vorfeld einer Beitragsanpassung wird indes ersetzt durch die Möglichkeit, die Anpassung in vollem Umfang gerichtlich überprüfen zu lassen. Damit ist ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet. Wollte man hingegen alleine (formale) Fehler im Rahmen des Treuhänderverfahrens ausreichen lassen, um einer Beitragsanpassung die Wirksamkeit zu nehmen, wäre dies mit Sinn und Zweck des dem Versicherer eingeräumten Rechts, bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen die Versicherungsprämien anzupassen, nicht in Einklang zu bringen. Das Anpassungsrecht des Versicherers zielt vorrangig darauf ab, die dauernde Erfüllbarkeit der Verträge zu gewährleisten; es dient der Wahrung der Belange aller Versicherten (BGH, aaO, juris-Rz. 44). Diese Zielsetzung wäre indes in Frage gestellt, wenn alleine Unzulänglichkeiten des Treuhänderverfahrens eine Beitragsanpassung verhinderten, ohne dass das Vorliegen der materiellen Anpassungsvoraussetzungen geprüft würde. Vielmehr ist – wie bereits ausgeführt – alleine maßgebend, ob die Prämienanpassung mit den aktuariellen Grundsätzen in Einklang steht. Das kann auch dann der Fall sein, wenn der Treuhänder seine Zustimmung in einem formal zu beanstandenden Verfahren erteilt hat.
51Welche Unterlagen dem Treuhänder im Rahmen des Prüfungsverfahrens vorgelegen haben, ist damit nicht belanglos. Vielmehr kann dieser Umstand Bedeutung erlangen, wenn es zu einer gerichtlichen Überprüfung der Beitragsanpassung kommt, denn dann ist die materielle Berechtigung zur Anpassung nur auf der Grundlage der Unterlagen, die der Versicherer dem Treuhänder zur Prüfung vorlegt hat, zu überprüfen (BGH, aaO, Rz. 54). Die materielle Wirksamkeit einer Anpassung kann indes nur dann gerichtlich hinterfragt werden, wenn der Versicherungsnehmer diese bestritten hat. Das Bestreiten der Vollständigkeit der Unterlagen, die dem Treuhänder zur Verfügung standen, alleine genügt nicht. Prozessual ist, wenn ein solches Bestreiten fehlt, davon auszugehen, dass die Anpassungsvoraussetzungen vorlagen; dann aber wirkt sich eine etwaige Unvollständigkeit der dem Treuhänder überlassenen Unterlagen nicht aus.
52Die vorstehenden Ausführungen gelten auch, soweit der Versicherungsnehmer – wie vorliegend der Kläger – die materielle Unwirksamkeit der Anpassungen alleine darauf stützen will, dass der Versicherer Vorgaben zu den Limitierungsmaßnahmen nicht eingehalten hat. Die Verwendung von Mitteln aus der Rückstellung für Beitragsrückerstattungen bedarf zwar nach § 155 Abs. 2 Satz 1 VAG der Zustimmung des Treuhänders, der darauf zu achten hat, dass die Belange der Versicherten gewahrt sind, die Verteilung angemessen auf die Versichertenbestände mit oder ohne Prämienzuschlag nach § 149 VAG erfolgt und die Prämiensteigerung insbesondere für ältere Versicherte zumutbar bleibt (§ 155 Abs. 2 Satz 2, 3 VAG). Die Verwendung der Mittel aus der Rückstellung für Beitragsrückerstattung ist Bestandteil der Neukalkulation der Prämie (BGH, aaO, juris-Rz. 51). Sie stellt im Kern eine unternehmerische Entscheidung dar, weshalb dem Treuhänder hier lediglich eine Kontrollfunktion zukommt (BGH, aaO, juris-Rz. 52). Die Grenzen der dem Versicherer zustehenden Beurteilungsspielräume sind im Rahmen der materiellen Überprüfung der Berechtigung des Versicherers zur Prämienanpassung allerdings voll gerichtlich überprüfbar (BGH, aaO, juris-Rz. 53), weshalb es auch hier nicht gerechtfertigt ist, alleine die etwaige Unvollständigkeit der dem Treuhänder vorgelegten Limitierungsunterlagen für eine materielle Unwirksamkeit ausreichen zu lassen; vielmehr sind die Limitierungsentscheidungen des Versicherers erst dann einer Prüfung zu unterziehen, wenn der Versicherungsnehmer deren Rechtmäßigkeit in Abrede stellt.
53d) Entgegen der Ansicht des Landgerichts und des Klägers ist die Anpassung zum 01.04.2021 im Tarif Z. um 24,01 € wirksam, weshalb dem Kläger diesbezüglich weder Feststellungs- noch Zahlungsansprüche zustehen.
54Die Beklagte beruft sich in der Berufungsbegründung erstmals darauf, dass die Beitragsveränderung zum 01.04.2021 auf derjenigen zum 01.04.2020 beruhe und es sich nicht um eine Beitragsanpassung i.S.v. § 203 VVG handele, sondern um den Auslauf einer von vornherein befristeten Teilfinanzierung. Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze vom 11.04.2022 und 09.06.2022 beruft, befindet sich ein Schriftsatz vom 09.06.2022 nicht in der Akte. Unabhängig davon ist der Vortrag jedenfalls gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da sich dieser Vortrag bereits in erster Instanz aus den vorgelegten Schreiben aus Februar 2020 und 2021 erschließt und der Kläger diesem Vortrag nicht entgegengetreten ist.
55In dem Schreiben von Februar 2020 (Anlage V. 2, Bl. 189 f. eA LG) heißt es auszugsweise wie folgt:
56„…
57Was tun wir, um eine Beitragserhöhung für Sie abzumildern?
58Wir haben sowohl dauerhaft als auch zeitlich befristet die Beitragserhöhung mit Mitteln aus unseren Rückstellungen, über die wir dank unserer Finanzkraft verfügen, begrenzt.
59Der befristete Beitragsnachlass wirkt sich wie folgt auf Ihren Tarifbeitrag aus:
60Vorname Name |
Geburtsdatum |
Zeitlich befristeter Beitragsnachlass |
Zu zahlender Tarifbeitrag ab 01.04.2020 inklusive zeitlich befristetem Beitragsnachlass |
Z. |
|||
E. N. |
00.00.0000 |
24,01 Euro |
496,28 Euro |
Der zeitlich befristete Beitragsnachlass gilt für ein Jahr nur für den hier genannten Tarif. Wichtig für Sie: Der Beitragsnachlass entfällt ab dem 1.4.2021. Wenn Sie den Tarif vorher umstellen, entfällt der Nachlass mit dem Tarifwechsel.
62…“
63Dem Inhalt nach handelt es sich tatsächlich bei der Beitragsänderung im Tarif Z. um 24,01 € nicht um eine Beitragsanpassung auf der Grundlage des § 203 VVG, sondern um eine Teilfinanzierung zur Eindämmung der Beitragserhöhung im Tarif Z. zum 01.04.2020. Demgemäß heißt es in dem Schreiben aus Februar 2021 (Anlage V. 2, Bl. 171 eA LG) u.a.:
64„…
65vor einem Jahr haben wir Sie über die Beitragserhöhung in Ihrer Versicherung ab dem 1.4.2020 informiert. Wie versprochen, haben wir einen Teil des damaligen Mehrbeitrags zeitlich befristet für Sie übernommen. Dieser Beitragsnachlass entfällt nun. Was bedeutet das jetzt konkret für Ihren Vertrag?
66Ihr monatlicher Gesamtbeitrag ändert sich ab dem 1.4.2021 von 683,85 Euro um 24,01 Euro auf 707,86 Euro.
67…“
68Es handelt sich demnach bei der Beitragsänderung zum 01.04.2021 um den Entfall der mit der Beitragsanpassung zum 01.04.2020 als zeitlich befristet angekündigten und dann entsprechend auch vorgenommenen Teilfinanzierung durch die Beklagte (auch wenn die Beklagte hierzu im Widerspruch in der Klageerwiderung auch zu der Beitragsänderung zum 01.04.2021 einen auslösenden Faktor mitgeteilt hat, und zwar mit 98,2, vgl. Bl. 97 eA LG). Damit steht diese Änderung zum 01.04.2021 im direkten Zusammenhang mit der Beitragsänderung zum 01.04.2020. Da die Beitragsanpassung zum 01.04.2020, wie dargelegt, formell und materiell wirksam ist, ist auch der Entfall der damit verbundenen Teilfinanzierung zum 01.04.2021 formell und materiell nicht zu beanstanden.
69Es kommt vor diesem Hintergrund für die Änderung zum 01.04.2021 nicht darauf an, ob ein gesetzlicher oder tariflicher Schwellenwert überschritten wurde und ob die Klausel gemäß § 8b AVB der Beklagten wirksam ist. Es kommt ferner nicht darauf an, ob, wie der Kläger auch insoweit einwendet, ein für Beitragsanpassungen gemäß § 203 VVG, § 155 VAG durchgeführtes Treuhandverfahren ordnungsgemäß war.
70e) Nach den vorstehenden Darlegungen kommen daher Rückforderungsansprüche wegen zu Unrecht gezahlter Beiträge nur hinsichtlich der Beitragsanpassungen zum 01.04.2017 in den Tarifen Z. und FG. IA. in Betracht. Der Kläger kann die Prämienerhöhungen, die er aufgrund der formell unwirksamen Beitragsanpassungen zum 01.04.2017 in den Tarifen Z. und FG. IA. vor dem 01.01.2020 gezahlt hat, indes nicht zurückfordern. Diese Rückforderungsansprüche sind verjährt. Gleiches gilt hinsichtlich des im Rahmen des Zahlungsantrags ebenfalls geltend gemachten GBZ zum Tarif Z. (geltend gemacht für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.12.2019) und die im Rahmen des Berufungsantrags zu 3. (Nutzungen) angeführte Beitragsanpassung zum 01.04.2017 im Tarif AE. 100,00.
71aa) Der Prämienrückgewähranspruch des Versicherungsnehmers nach § 812 BGB verjährt gemäß § 195 BGB binnen drei Jahren (BGH, Urt. vom 17.11.2021 – IV ZR 113/20 -, juris-Rz. 40). Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem die Prämienanteile gezahlt wurden, da der Versicherungsnehmer mit Zugang der Änderungsmitteilungen Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners hat (BGH, Urt. v. 17.11.2021 – IV ZR 113/20 -, juris-Rz. 41 ff.). Diese Grundsätze stellt der Kläger nicht in Frage; er geht vielmehr selbst davon aus, dass Ansprüche aufgrund Rückforderung von Prämienmehrbeträgen, die aufgrund unwirksamer Anpassungen gezahlt wurden, jedenfalls bis Ende 2018 verjährt sind, denn er begehrt eine Rückforderung erst ab dem Jahr 2019 (vgl. Aufstellung Bl. 278 eA OLG).
72Rückzahlungsansprüche sind indes bis zum 31.12.2019 verjährt. Die Verjährung ist erst durch die Zustellung des klageerweiternden Schriftsatzes vom 17.08.2023 an die Beklagte am 21.08.2023 gehemmt worden. Eine frühere Hemmung durch die Ende 2021 erhobene Stufenklage ist nicht eingetreten.
73Mit der Klage aus Dezember 2021 hat der Kläger nur Ansprüche zum Tarif Z. wegen Beitragsanpassungen zum 01.04.2020 um 49,99 € und zum 01.04.2021 um 24,01 € beziffert. Die Beitragsanpassungen zum 01.04.2017 in den Tarifen Z. nebst GBZ und FG. IA. hat er erstmals in der Berufung mit Schriftsatz vom 17.08.2023 beziffert. Verjährung ist infolgedessen für sämtliche Rückforderungsansprüche betreffend die Erhöhung zum 01.04.2017 bis 31.12.2019 eingetreten.
74bb) Die ursprünglich erhobene Stufenklage war unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2023 - IV ZR 177/22 -, NJW 2023, 3490 sowie Senatsurt. v. 19.09.2023 – 9 U 231/22 -, juris-Rz. 22 ff.), und konnte die Verjährung nicht hemmen.
75§ 254 ZPO gibt die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen einen unbestimmten Leistungsantrag zu verfolgen. Zwar ist es unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zulässig, einen der Höhe oder dem Gegenstand nach noch unbekannten Leistungsanspruch zugleich mit dem zu seiner Konkretisierung erforderlichen Hilfsanspruch (hier: auf Auskunft) zu erheben. Die Voraussetzungen des § 254 ZPO liegen aber nicht vor. Denn die Besonderheit der Stufenklage gemäß § 254 ZPO liegt nicht in der Zulassung der Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 ZPO. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und aus der systematischen Stellung unmittelbar hinter § 253 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 18.04.2002 – VII ZR 260/01 –, NJW 2002, 2952; Urt. v. 02.03.2000 – III ZR 65/99, NJW 2000, 1645; BGH, Urt. v. 02.03.2000 – III ZR 65/99 –, juris Rn. 18 m.w.N.; OLG Köln, r+s 2021, 97, 99 Rn. 70; OLG Hamm, Beschl. v. 15.11.2021 – 20 U 269/21 –, juris Rn. 5; Urt. v. 09.02.2022 – 20 U 165/21 – Bl. 360 ff., 375 f. GA; OLG München, Beschl. v. 24.11.2021 – 14 U 6205/21 –, juris Rn. 70 f.). Dies bedeutet, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die Vorschrift will also dem Kläger die Prozessführung nicht allgemein erleichtern. Vielmehr muss sein Unvermögen zur bestimmten Angabe der von ihm auf der letzten Stufe seiner Klage beanspruchten Leistung gerade auf den Umständen beruhen, über die er auf der ersten Stufe Auskunft begehrt bzw. muss das Auskunftsbegehren gerade der Vorbereitung der auf der letzten Stufe noch nachzuholenden bestimmten Angabe dienen (vgl. BGH, Urt. v. 18.04.2002 – VII ZR 260/01 –, NJW 2002, 2952; Urt. v. 02.03.2000 – III ZR 65/99, NJW 2000, 1645; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020, § 254 ZPO Rn. 6). Eine Stufenklage kann also nicht zulässigerweise erhoben werden, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (vgl. BGH, a.a.O.).
76Ein solcher Fall ist auch hier gegeben: Die von dem Kläger verlangte Auskunft sollte ihm erst die Voraussetzung für die Prüfung verschaffen, ob überhaupt dem Grunde nach ein Leistungsanspruch besteht. Mit dem in der Klageschrift vom 30.12.2021 formulierten Auskunftsanspruch hat der Kläger pauschal die Herausgabe von Nachträgen zum Versicherungsschein sowie von Unterlagen über alle Beitragsanpassungen in den Jahren 2009-2018 „betreffend sämtliche Beitragsanpassungsschreiben und dazugehörigen Begleitschreiben“ sowie Unterlagen zu etwaigen Tarifwechseln verlangt. Der Kläger hat damit nicht lediglich Auskunft über die Höhe von ihm konkret nach Tarif und Zeitpunkt der Anpassung genannter Erhöhungen begehrt. Er hat vielmehr umfassende Auskunft und Zurverfügungstellung geeigneter Unterlagen über alle Beitragsanpassungen in den Jahren 2009-2018 verlangt. Damit steht außer Frage, dass er mit den begehrten Auskünften erst eine Prüfung ermöglichen wollte, ob überhaupt ein Rückforderungsanspruch besteht. Dafür steht die Stufenklage nicht zur Verfügung (so ausdrücklich BGH, Urt. v. 27.09.2023 - IV ZR 177/22 -, NJW 2023, 3490, juris-Rz. 20 für vergleichbar formulierte Auskunftsanträge).
77Allerdings kann auch eine unzulässige Klage grundsätzlich die Verjährung hemmen (vgl. BGH, Urt. v. 05.05.1988 - VII ZR 119/87 -, juris-Rz. 16). Das gilt im Ansatz auch für die Stufenklage. Ist sie allerdings – wie hier – nicht statthaft, dann ist sie im Wege der Klagehäufung umzudeuten in einen (reinen) Auskunftsantrag einerseits und in einen unbestimmten bzw. unbezifferten Feststellungs- bzw. Leistungsantrag andererseits (vgl. BGH, Urt. v. 29.03.2011 – VI ZR 117/10 -, BGHZ 189, 79, juris-Rz. 13). Mit diesen Anträgen konnte aber eine Verjährungshemmung nicht herbeigeführt werden. Der Auskunftsanspruch hemmt die Verjährung des Anspruchs, dessen Geltendmachung er vorbereiten soll, nicht (BGH, Urt. v. 24.05.2021 – IX ZR 168/11 -, NJW 2012, 2180, juris-Rz. 16). Eine Feststellungs- oder Leistungsklage kann die Verjährung nur hemmen, wenn sie wirksam erhoben worden ist. Deshalb hemmt eine unwirksame Klage, die nicht den wesentlichen Formerfordernissen des § 253 ZPO genügt, die Verjährung nicht (BGH, Urt. v. 21.02.2013 – IX ZR 92/12 –, juris-Rz. 30). Wesentliches Formerfordernis ist nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aber die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie ein bestimmter Antrag. Daran fehlt es bei den hier formulierten unbestimmten und unbezifferten Feststellungs- und Leistungsanträgen, so dass eine Hemmung der Verjährung nicht eingetreten ist (BGH, Urt. v. 27.09.2023, aaO, juris-Rz. 24; Senat, Urt. v. 17.01.2023 - 9 U 115/22 -, BeckRS 2023, 2527).
78cc) Zugunsten des Klägers ergibt sich folglich ein Zahlungsanspruch gemäß §§ 812 As, 1, 818 BGB in Höhe von 212,64 €.
79Dieser setzt sich wie folgt zusammen:
80Tarif Z. Erhöhung zum 01.04.2017 um 69,62 € x 3 Monate (01.01.2020 bis 31.03.2020) = 208,86 €,
81Tarif FG. IA. Erhöhung zum 01.05.2017 um 0,27 € x 14 Monate (01.01.2020 bis 28.02.2021) = 3,78 €.
82Der Rückzahlungsanspruch ist wie tenoriert gemäß §§ 288, 291, 187 BGB zu verzinsen.
83f) aa) Der Kläger hat ferner gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen, die die Beklagte bis zur Rechtshängigkeit aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf die als unwirksam festgestellten Beitragserhöhungen zum 01.04.2017 in dem Tarif Z. im Zeitraum 01.01.2020 bis 31.03.2020 und im Tarif FG. IA. im Zeitraum 01.01.2020 bis 28.02.2021 gezahlt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2020 - Az. IV ZR 294/19 - BGHZ 228, 56, juris-Rz. 58). Der Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen ist auf die Zeit vor Eintritt der Verzinsungspflicht für die Hauptforderung beschränkt (BGH, aaO).
84Bezüglich der auf den Tarif AE. 100,00 und den GBZ auf die Beitragsanpassungen zum 01.04.2017 im geltend gemachten Zeitraum gezahlten Prämienanteile besteht infolge Verjährung der Rückzahlungsansprüche dagegen weder ein Anspruch des Klägers auf Zinsen noch auf Herausgabe der Nutzungen. Mit dem Hauptanspruch auf Rückgewähr der Erhöhungsbeträge, die der Kläger bis zur Beendigung des Tarifs AE. 100,00 zum 31.08.2017 und auf den GBZ bis zum 31.12.2019 insoweit geleistet hat, ist auch der Anspruch auf Herausgabe der daraus gezogenen Nutzungen verjährt (§ 217 BGB, vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2021 – IV ZR 113/20 –, juris-Rz. 39).
85bb) Es besteht kein Anspruch auf Verzinsung herauszugebender Nutzungen. § 291 BGB als Anspruchsgrundlage für Prozesszinsen greift bei einer Klage, die auf die Feststellung einer Verbindlichkeit gerichtet ist, nicht ein (BGH, Urteil vom 16.12.2020, IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56, juris-Rz. 58). Auch ein Verzugszinsanspruch aufgrund einer Mahnung des Klägers oder einer Erfüllungsverweigerung der Beklagten kommt bereits deswegen nicht in Betracht, weil weder festgestellt noch behauptet ist, dass der Kläger vorgerichtlich die Herausgabe der Nutzungen verlangt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020, aaO, juris-Rz. 59). Soweit Verjährung des Hauptanspruchs eingetreten ist, können ohnehin keine Verzugszinsen verlangt werden (vgl. KG Berlin, Urteil vom 8. Februar 2022 – 6 U 88/18 –, juris-Rz. 47).
862. Berufung der Beklagten
87Nachdem die Parteien die Klage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist in der Sache nur noch über die Berufung der Beklagten gegen die Verurteilung zur Zahlung von 216,09 € wegen der Beitragsänderung im Tarif Z. zum 01.04.2021 zu befinden.
88Die Berufung der Beklagten hat insoweit Erfolg. Denn, wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Beitragsänderung im Tarif Z. zum 01.04.2021 nicht um eine Beitragsanpassung im Sinne von § 203 VVG.
89III.
90Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 91a, 97 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
91a) Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz sind grundsätzlich nach dem endgültigen Obsiegen und Unterliegen zu bemessen. Bei der vom Senat als zulässig angesehenen Klageänderung verliert der ursprünglich erhobene Anspruch seine Bedeutung; kostenrechtlich wird die Anhängigkeit des neuen Anspruchs als von Anfang an bestehend fingiert (vgl. MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl., ZPO § 263 Rn. 100; Musielak/Voit/Foerste, 20. Aufl., ZPO § 263 Rn. 29). Die Kostenquote orientiert sich somit am Enderfolg der Klage (Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 263, Rn. 18). Dieser ist indes geringfügig, denn dem Kläger wird letztlich – neben der wirtschaftlich unbedeutenden Feststellung – nur ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 212,64 € zuerkannt. Auch das erledigte Auskunftsbegehren fällt insoweit nicht maßgeblich ins Gewicht, so dass offen bleiben kann, wie insoweit gemäß § 91a Abs. 1 ZPO die Kosten zu verteilen sind. Allerdings dürften die Kosten unter Anlegung der Maßstäbe, die sich nunmehr im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.09.2023 (IV ZR 177/22) finden, eher beim Kläger liegen, denn ein - wie hier - umfassend erhobener Auskunftsanspruch kann nur dann nach § 242 BGB gerechtfertigt sein, wenn nicht nur zum Verlust der Unterlagen, sondern auch zu den Gründen des Verlustes (BGH, aaO, juris-Rz. 40) substantiiert vorgetragen wird, woran es bislang mangelte.
92Angesichts des insgesamt nur geringen Erfolgs des Klägers ist es gerechtfertigt, ihm die Kosten der ersten Instanz in vollem Umfang aufzuerlegen (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
93b) Gleiches gilt für die Kosten des Berufungsverfahrens. Hier kommt hinzu, dass zu Lasten des Klägers § 97 Abs. 2 ZPO anzuwenden ist. Nach dieser Bestimmung können der obsiegenden Partei die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auferlegt werden, wenn sie auf Grund neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war. Neues Vorbringen im Sinne dieser Norm ist auch die Klageänderung (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.2008 - XI ZR 468/07 -, NJW-RR 2009, 254, juris-Rz. 38). Eine Bezifferung wäre dem Kläger bereits erstinstanzlich anhand der von der Beklagten mit der Anlage V. 9 zur Klageerwiderung übersandten Berechnungsbögen möglich gewesen. Das rechtfertigt es, ihn mit den Kosten des Berufungsverfahrens auch zu belasten, soweit er obsiegt. Deswegen ist vorliegend erst recht gerechtfertigt, dem Kläger die gesamten Kosten der Rechtsmittelinstanz aufzuerlegen.
94IV.
95Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; die Zulassung ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
96Berufungsstreitwert:
97bis 16.08.2023: 12.465,88 €
98(Berufung Kläger: 11.749,79 € [1.049,79 € + 10.700,00 €];
99Berufung Beklagte: 716,09 € [216,09 € + 500,00 €])
100vom 17.08.2023 bis 20.08.2023: 13.503,07 €
101(Berufung Kläger: 6.043,38 € [Feststellung] + 6.743,60 €;
102Berufung Beklagte: 716,09 €)
103ab 21.08.2023: 13.003,57 €
104(Berufung Kläger: 6.043,38 € [Feststellung] + 6.743,60 €;
105Berufung Beklagte: 216,09 €)