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Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.10.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 20 O 602/21 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und unter Berücksichtigung der in zweiter Instanz erfolgten Klageänderung wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Krankheitskostenversicherung, Versicherungs-Nr. N01, im Tarif X. jeweils bis zum 28.02.2021 nicht wirksam geworden sind:
a) die Erhöhung zum 01.04.2015 in Höhe von 17,74 €,
b) die Erhöhung zum 01.04.2016 in Höhe von 39,20 €,
c) die Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 58,81 €.
2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin jeweils in dem Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 28.02.2021 nicht zur Zahlung der jeweiligen Erhöhungsbeträge im Tarif X. verpflichtet ist:
a) Erhöhung zum 01.04.2015 in Höhe von 17,74 €,
b) Erhöhung zum 01.04.2016 in Höhe von 39,20 €,
c) Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 58,81 €,
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.211,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.01.2023 zu zahlen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zum 23.01.2023 aus den auf die unter Ziff. 2 aufgeführten Beitragserhöhungen in den dort genannten Zeiträumen gezahlten Prämienanteilen gezogen hat.
5. Im Übrigen wird die Klage, soweit ihr nicht hinsichtlich des Auskunftsbegehrens stattgegeben worden ist, abgewiesen.
6. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 72% und die Beklagte zu 28%, die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Klägerin.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
8. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3- ohne Tatbestand gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO -
4II.
5Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache teilweise Erfolg.
61.
7Die Berufung ist zulässig.
8Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Berufung ist, dass die klagende Partei mit dem Rechtsmittel eine in der erstinstanzlichen Klageabweisung liegende Beschwer bekämpft. Die Beschwer liegt hier in der Abweisung der unbestimmten Feststellungs- und Leistungsanträge nach der vom Landgericht als unzulässig angesehenen Stufenklage. Unschädlich ist, dass die Klägerin sich nicht mehr konkret gegen die insoweit erfolgte Klageabweisung wehrt, sondern mit der Berufung zu einer Bezifferung der Leistungsklage bzw. Konkretisierung der Feststellungsklage übergegangen ist.
9Grundsätzlich gilt, dass eine Berufung dann unzulässig ist, wenn mit ihr nicht zumindest teilweise die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer verfolgt wird, d.h. das Berufungsbegehren darf nicht alleine darin bestehen, eine Klageänderung oder eine Klageerweiterung durchzusetzen (BGH, NJW-RR 1996, 1276). Eine Unzulässigkeit der Berufung mag in Fällen der vorliegenden Art daher in Betracht zu ziehen sein, wenn der Kläger mit der Stufenklage in erster Instanz vollständig unterliegt (also auch das Auskunftsbegehren abgewiesen wird) und er dann in der Berufung gleichwohl ausschließlich bezifferte Klageanträge stellt (so die Konstellation bei OLG Nürnberg v. 15.02.2023 – 8 U 2488/22, juris).
10Der Senat hat bereits entschieden, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung nicht bestehen, wenn - unter Abweisung der unbestimmten Feststellungs- und Zahlungsanträge - dem Auskunftsbegehren erstinstanzlich stattgegeben worden ist und die Beklagte dieses im Anschluss an die Verurteilung erfüllt (Senatsurt. v. 06.06.2023 - 9 U 157/22 -), denn dann macht es für den Kläger keinen Sinn, die unbezifferten Feststellungs- und Leistungsanträge im Rechtsmittelverfahren weiterzuverfolgen, weil er aufgrund der zwischenzeitlich erteilten Auskunft ‑ unabhängig davon, ob die Stufenklage zulässig oder unzulässig war - jetzt in jedem Fall gehalten wäre, eine Bezifferung vorzunehmen. Der Auskunftsanspruch hat, auch wenn er nicht im Rahmen einer zulässigen Stufenklage erhoben worden ist, nur eine Hilfsfunktion, weil er einen ggf. möglichen Leistungsantrag vorbereiten soll (vgl. BGHZ 52, 169). Ein Kläger ist daher – auch außerhalb einer erhobenen Stufenklage – berechtigt, von der Auskunfts- zur Leistungsklage überzugehen (BGH, aaO; BGH, NJW-RR 1996, 1020, Rz. 7 a.E.). Er kann dies in erster und in zweiter Instanz tun; er kann es dann aber auch mit bzw. nach Einlegung der Berufung machen (BGHZ 52, 169).
11Vorliegend ist der Anlass für die Bezifferung der Klage in zweiter Instanz allerdings nicht eine von der Beklagten aufgrund einer Verurteilung erteilte Auskunft. Die Klägerin begründet die nunmehr erfolgte Bezifferung vielmehr damit, die Beklagte habe ihr mit den Informationen, die in der der Klagerwiderung beigefügten Anlage BLD 6 (Bl. 316 eA LG) enthalten waren, eine Bezifferung der Klageforderung ermöglicht. Auch in dieser Konstellation hält der Senat eine (erst) mit Einlegung der Berufung erfolgte Bezifferung nach erstinstanzlicher Abweisung der in dieser Instanz zunächst weiter verfolgten unbestimmten Klageanträge für rechtlich statthaft.
12Den vorzitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ist zu entnehmen, dass es einem Kläger, der zunächst auf Auskunft klagt, grundsätzlich während des gesamten Rechtsstreits unbenommen ist, auf einen Leistungsantrag überzugehen. Dann aber kann es rechtlich keinen Unterschied machen, in welchem Verfahrensstadium sich der Kläger dazu entschließt, diesen Übergang vorzunehmen. Es ist insbesondere kein Sachgrund ersichtlich, es dem Kläger zu untersagen, die Umstellung erst mit Einlegung der Berufung vorzunehmen. Das würde dem vom Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang besonders hervorgehobenen Gedanken der Prozessökonomie (vgl. BGH, NJW-RR 1996, 1020, Rz. 7 a.E.) widersprechen, weil der Kläger anderenfalls gezwungen wäre, eine neue Klage zu erheben.
13Soweit der Bundesgerichtshof einschränkend darauf abhebt, dass sich im Rahmen der Umstellung der Klagegrund nicht ändern darf (so BGHZ 52, 169), ist auch diese Voraussetzung vorliegend gegeben. Klagegrund ist der Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Dazu rechnen alle Tatsachen, die bei einer vom Standpunkt der Parteien ausgehenden natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag der Klagepartei zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehört. Ein anderer Klagegrund liegt erst dann vor, wenn der Lebenssachverhalt, auf den der Antrag gestützt wird, durch die hinzutretenden Tatsachen wesentlich geändert wird (so etwa BGH v. 09.06.2020 – X ZR 142/18 -, juris-Rz. 18). Danach liegt hier keine Änderung des Klagegrundes vor. Der Klägerin ging es stets darum, gegen die Beklagte Ansprüche aus vermeintlich unwirksamen Prämienanpassungen herzuleiten. Sie war zur Formulierung von Feststellungs- und Leistungsanträgen - bei grundsätzlicher und in der Klageschrift auch wiedergegebener Kenntnis davon, dass gegen Beitragsanpassungen der Beklagten formelle Bedenken erhoben werden können – nicht in der Lage, weil sie weder konkrete Kenntnis von den abgeschlossenen Tarifen, von etwaigen Anpassungen in diesen Tarifen und von den konkret mitgeteilten Anpassungsgründen hatte. Wenn sie die dazu notwendigen Angaben nunmehr von der Beklagten erhält, dann ändert sich der dem Begehren zugrundeliegende Lebenssachverhalt nicht; er wird, ohne dass eine wesentliche Änderung des Begehrens vorliegt, lediglich konkretisiert. Dann aber bleibt der Klagegrund gleich.
14Vor diesem Hintergrund steht die mit Einlegung der Berufung erfolgte Bezifferung nach erstinstanzlicher Abweisung der unbestimmten Feststellungs- und Leistungsanträge der Zulässigkeit der Berufung nicht entgegen.
152.
16Auch sonst bestehen keine prozessualen Bedenken in Bezug auf die mit der Umstellung der Klage erfolgte Klageänderung.
17Die Umstellung in zweiter Instanz ist - mag sie auch schon in erster Instanz möglich gewesen sein - nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätet, denn eine Klageänderung ist kein Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO (BGH, NJW 2017, 491).
18Die Klageänderung ist – wenn man hier nicht § 264 Nr. 2 ZPO anwenden will – jedenfalls nach § 533 ZPO gerechtfertigt. Sie ist sachdienlich, weil sie den Streit zwischen den Parteien erledigt und sie kann auch auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Zu Letzterem gilt, dass die Beitragsanpassungen der betroffenen Jahre schon, wenn auch in allgemein gehaltener Form, Gegenstand des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien waren (s. S. 18 ff. der Klageschrift, Bl. 20 ff. eA-LG) und – auch wenn der Vortrag für das Landgericht nicht entscheidungserheblich war – in die Berufungsinstanz gelangt ist (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 429, Rz. 11). Insbesondere steht der Annahme der Sachdienlichkeit nicht entgegen, dass die Bezifferung bzw. Konkretisierung aufgrund der mit der Klageerwiderung erfolgten Auskunft der Beklagten schon erstinstanzlich möglich gewesen wäre, denn die Zulassung in der Berufungsinstanz vermeidet einen neuen Prozess (vgl. BGH, NJW-RR 1994, 1143, juris Rn. 26; NJW-RR 1990, 505, juris Rn. 13).
193.
20Die Berufung der Klägerin bzw. die mit Einlegung der Berufung erfolgte Klageänderung hat in der Sache indes lediglich teilweise Erfolg.
21a) aa) Hinsichtlich der formellen Wirksamkeit der nunmehr in Rede stehenden Beitragsanpassungen ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
22Nach § 203 Abs. 5 VVG werden die Neufestsetzung der Prämie und die Änderungen nach § 203 Abs. 2 und 3 VVG zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Änderungen und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt. Nach der inzwischen vom BGH bestätigten Auffassung des Senats zu den formellen Anforderungen an eine wirksame Beitragsanpassung im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung einer Prämie die Angabe der Rechnungsgrundlage – Versicherungsleistungen, Sterbewahrscheinlichkeit oder beide –, deren nicht nur vorübergehende, den festgelegten Schwellenwert überschreitende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 S. 1 VVG veranlasst hat (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19 –, NJW 2021, 378, 380, Rn. 26 ff.; BGH, Urteil vom 16.12.2020 – IV ZR 314/19 –, r+s 2021, 95, 96, Rn. 21 ff.; BGH, Urteil vom 10.03.2021 – IV ZR 353/19 –, BeckRS 2021, 5402; BGH, Urteil vom 14.04.2021 – IV ZR 36/20 –, BeckRS 2021, 9277; Senatsurteil vom 04.05.2021 – 9 U 306/19 –). Zudem muss ein Versicherungsnehmer den Mitteilungen klar entnehmen können, dass die veränderte Rechnungsgrundlage einen geltenden und vorab im Gesetz oder in den Tarifbedingungen festgelegten Schwellenwert überschritten und damit die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat (BGH, Urteil vom 31.08.2022 – IV ZR 252/20 –, Rn. 13; BGH, Urteil vom 21.07.2021 – IV ZR 191/20 – NJW-RR 2021, 1260, 1261 f. Rn. 26). Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat und ob der überschrittene Schwellenwert im Gesetz oder davon abweichend in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelt ist (BGH NJW 2021, 378, 380 f., Rn. 26, 30).
23bb) Gemessen an diesen Grundsätzen sind die hier streitgegenständlichen Beitragsanpassungen der Beklagten zum 01.04.2015, 01.04.2016 und zum 01.04.2017 sämtlich formell unwirksam. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erfüllen die Mitteilungsschreiben nebst den ebenfalls heranzuziehenden Informationsbeilagen zu den vorgenannten Beitragsanpassungen gemäß Anlagenkonvolut BLD 25 (Bl. 191 ff. eA) nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung gemäß § 203 Abs. 5 VVG.
24Der Bundesgerichtshof hat – worauf die Klägerseite in der Berufungsbegründung zu Recht verwiesen hat – Entscheidungen des Senats zur formellen Unwirksamkeit der hier in Streit stehenden Prämienmitteilungen der Beklagten zu den Anpassungen zum 01.04.2016 und zum 01.04.2017 ausdrücklich bestätigt (vgl. BGH, Urt. v. 23.06.2021 – IV ZR 250/20, zit. nach juris Rn. 18; Urt. v. 21.07.2021 – IV ZR 191/20, zit. nach juris Rn. 26). Das gilt auch für die Anpassung zum 01.04.2015 (vgl. BGH, Urt. v. 13.03.2023 – IV ZR 318/21 – zit. nach juris Rn. 4, 15 ff.). Auf die dortigen Ausführungen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich Bezug und macht sie sich zu eigen.
25b) Die formelle Unwirksamkeit der aufgeführten Anpassungen ist gemäß § 203 Abs. 5 VVG zu Beginn des zweiten auf den Zugang des Schreibens der Beklagten vom 20.01.2021 (BLD 2, Bl. 173 ff. eA LG) folgenden Monats mit Wirkung ex nunc geheilt worden. Denn die Beklagte hat der Klägerin in der Anlage zu diesem Schreiben mitgeteilt, dass eine Veränderung der Leistungsausgaben über dem gesetzlich oder tariflich vorab festgelegten Schwellenwert u.a. die vorstehend als formell unwirksam erachteten Prämienanpassungen ausgelöst hat. Wenn eine Mitteilung der Prämienanpassung zunächst ohne eine den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügende Begründung erfolgt, diese aber später nachgeholt wird, wird dadurch die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Gang gesetzt (BGH BeckRS 2021, 5402, Rn. 25). Da die Klägerin weder in Abrede gestellt hat, das Schreiben überhaupt erhalten zu haben, noch eine verspätete Zustellung geltend macht, legt der Senat unter Berücksichtigung einer üblichen Postlaufzeit von bis zu drei Tagen einen Zugang jedenfalls noch im Januar 2021 zugrunde, so dass eine Heilung zum 01.03.2021 eingetreten ist.
26c) Gemäß den vorstehenden Ausführungen stehen der Klägerin Rückforderungsansprüche aus den formell unwirksamen Beitragsanpassungen der Jahre 2015 bis 2017 sowie Ansprüche auf Feststellung der Unwirksamkeit bzw. auf Nichtverpflichtung zur Zahlung der Mehrbeträge zu. Diese Ansprüche sind indes zeitlich zu begrenzen. Rückforderungsansprüche kann die Klägerin nur für die Zeit ab dem 01.01.2020 bis zum 28.02.2021 (Heilung) beanspruchen. Ansprüche aus der Zeit vor 2020 sind verjährt. Der Prämienrückgewähranspruch des Versicherungsnehmers nach § 812 BGB verjährt gemäß § 195 BGB binnen drei Jahren (BGH, Urteil vom 17.11.2021 – IV ZR 113/20, juris Rn. 40). Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem die Prämienanteile gezahlt wurden, da der Versicherungsnehmer mit Zugang der Änderungsmitteilungen Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners hat (BGH, Urteil vom 17.11.2021 – IV ZR 113/20 -, juris Rn. 41 ff.). Diese Grundsätze stellt die Klägerin nicht infrage; sie geht vielmehr selbst davon aus, dass Ansprüche auf Rückforderung von Prämienmehrbeträgen, die aufgrund unwirksamer Anpassungen gezahlt wurden, jedenfalls bis Ende 2017 verjährt sind, denn sie begehrt eine Rückforderung erst ab dem Jahr 2018.
27Rückzahlungsansprüche sind indes bis zum 31.12.2019 verjährt. Die Verjährung ist erst durch die Zustellung der Berufungsbegründung vom 20.01.2023 an die Beklagte am 23.01.2023 (Bl. 111 eA) gehemmt worden. Eine frühere Hemmung der Verjährung durch die 2021 erfolgte Erhebung der Stufenklage ist nicht eingetreten.
28aa) Die ursprünglich erhobene Stufenklage war unzulässig (s. dazu bereits Senatsurt. v. 07.02.2023 – 9 U 93/22 -).
29§ 254 ZPO gibt die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen einen unbestimmten Leistungsantrag zu verfolgen. Zwar ist es unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zulässig, einen der Höhe oder dem Gegenstand nach noch unbekannten Leistungsanspruch zugleich mit dem zu seiner Konkretisierung erforderlichen Hilfsanspruch (hier: auf Auskunft) zu erheben. Die Voraussetzungen des § 254 ZPO liegen aber nicht vor. Denn die Besonderheit der Stufenklage gemäß § 254 ZPO liegt nicht in der Zulassung der Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 ZPO. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und aus der systematischen Stellung unmittelbar hinter § 253 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 18.04.2002 – VII ZR 260/01 –, NJW 2002, 2952; Urt. v. 02.03.2000 – III ZR 65/99, NJW 2000, 1645; BGH, Urt. v. 02.03.2000 – III ZR 65/99 –, juris Rn. 18 m.w.N.; OLG Köln, r+s 2021, 97, 99 Rn. 70; OLG Hamm, Beschl. v. 15.11.2021 – 20 U 269/21 –, juris Rn. 5; Urt. v. 09.02.2022 – 20 U 165/21 –; OLG München, Beschl. v. 24.11.2021 – 14 U 6205/21 –, juris Rn. 70 f.). Dies bedeutet, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die Vorschrift will also dem Kläger die Prozessführung nicht allgemein erleichtern. Vielmehr muss sein Unvermögen zur bestimmten Angabe der von ihm auf der letzten Stufe seiner Klage beanspruchten Leistung gerade auf den Umständen beruhen, über die er auf der ersten Stufe Auskunft begehrt bzw. muss das Auskunftsbegehren gerade der Vorbereitung der auf der letzten Stufe noch nachzuholenden bestimmten Angabe dienen (vgl. BGH, Urt. v. 18.04.2002 – VII ZR 260/01 –, NJW 2002, 2952; Urt. v. 02.03.2000 – III ZR 65/99, NJW 2000, 1645; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020, § 254 ZPO Rn. 6). Eine Stufenklage kann also nicht zulässigerweise erhoben werden, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (vgl. BGH, a.a.O.).
30Ein solcher Fall ist auch hier gegeben: Die von der Klägerin verlangte Auskunft – Zweck der Auskunft ist nach ihrem Vortrag, die individuelle Beitragshöhe nebst ihrer individuellen Steigerung im jeweiligen Tarif zu erfahren – soll ihr erst die Voraussetzung für die Prüfung verschaffen, ob überhaupt dem Grunde nach ein Leistungsanspruch besteht (ebenso OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.11.2022 – 12 U 305/21, juris Rn. 36 m.w.N.). Der geltend gemachte und vom Landgericht zuerkannte Auskunftsanspruch ist so weit formuliert, dass er auch die Auskunft darüber erfasst, welche Tarife überhaupt versichert sind („unter Benennung der jeweiligen Tarife“), und erfasst ist notwendig auch die Auskunft darüber, ob und gegebenenfalls zu welchem genauen Zeitpunkt Anpassungen in den betroffenen Tarifen stattgefunden haben. Die Klägerin möchte dem zwar entgegensetzen, dass vorliegend nicht das Bestehen eines Anspruchs ausgeforscht werden solle, sondern nur die Höhe der Rückforderungsansprüche fraglich sei. Sie wisse nämlich, dass ihre Beiträge im streitgegenständlichen Zeitpunkt erhöht worden seien und dass diese Beitragsanpassungen formell unwirksam seien, da sie auf unzureichenden Begründungen basierten. Mangels Vorliegen der mit der Auskunft geltend gemachten Informationen sei ihr nur eine richtige Bezifferung der maßgeblichen Beitragserhöhungen nicht möglich. Hiermit dringt die Klägerin jedoch nicht durch (vgl. bereits Hinweisbeschluss des OLG Köln vom 12.12.2022, 20 U 258/22).
31Der 20. Zivilsenat hat in dem vorgenannten Beschluss wie folgt ausgeführt:
32„Denn dass das Gegenteil der Fall ist, ergibt sich sowohl aus dem prozessualen Begehren als auch dem eigenen Vorbringen der Klägerin. Wäre die Klägerin tatsächlich nur über die Höhe eines ihr zustehenden Anspruchs im Unklaren, weil ihr nur die Höhe der Beitragserhöhungen nicht bekannt wäre, wäre nicht ersichtlich, wozu die weiteren von ihr begehrten und vom Landgericht zugesprochenen Auskünfte und Unterlagen benötigt und mit dem unbezifferten Zahlungsantrag im Wege der Stufenklage verknüpft werden sollen. Denn die Klägerin begehrt hier nicht lediglich Auskunft über die Höhe von ihr konkret nach Tarif und Zeitpunkt der Anpassung genannter Erhöhungen. Sie begehrt vielmehr umfassende Auskunft und Zurverfügungstellung geeigneter Unterlagen über alle Beitragsanpassungen in den Jahren 2013-2020 unter Vorlage von Unterlagen, aus denen die Höhe der Beitragsanpassungen, die jeweiligen Tarife der Klägerin, die zum Zwecke der Beitragsanpassung übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen sowie die Höhe der auslösenden Faktoren enthalten sind. Entsprechend ist der unbezifferte Zahlungsantrag auch nicht auf bestimmte Beitragsanpassungen konkretisiert worden, sondern verhält sich umfassend über erst noch zu bezeichnende Neufestsetzung der Prämie. Dem entspricht es, dass die Klägerin etwa im Rahmen der Klageschrift (dort Seite 6) ausführt, ohne die geltend gemachten Auskünfte könne sie nicht beurteilen, ob Beitragsanpassungen in Jahren, in denen die Beklagte ordnungsgemäße Begründungen im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG erstellt habe, bereits einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage ermangeln würden und daher aus anderen Gründen unwirksam sein.
33Es mag sein, dass die klägerischen Prozessbevollmächtigten aufgrund von in anderen Verfahren erlangten Kenntnissen zu wissen meinen, dass die Beklagte in den fraglichen Jahren unwirksamer Beitragsanpassungen - etwa im Tarif „Q.“, in dem offenbar zumindest derzeit auch die Klägerin versichert ist - vorgenommen hat. Offenkundig nicht möglich ist es der Klägerin derzeit indes, konkret darzulegen, welche der von ihr gehaltenen Tarife wann, aus welchen konkreten Grund und in welchem konkreten Zeitraum von unwirksamen Erhöhungen betroffen sind oder waren.“
34Dieser Sichtweise des 20. Zivilsenats schließt sich der Senat an. Denn ein Anspruch der Klägerin wegen einer oder mehrerer vermeintlich unwirksamer Beitragsanpassungen setzt voraus, dass von diesen jeweiligen Beitragsanpassungen Tarife betroffen sind bzw. waren, die Gegenstand des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages sind. Zum Grund des Anspruchs gehört auch die Auskunft darüber, zu welchen Zeitpunkten in welchen Tarifen eine Anpassung erfolgt sein soll. Hinzu kommt, dass die Klägerin vorliegend auch die Auskunft über die auslösenden Faktoren im Rahmen der Stufenklage verfolgen wollte. Diese Auskunft dient ersichtlich nicht der Ermittlung der Anspruchshöhe, sondern dazu, herauszufinden, ob gegen eine etwaige Erhöhung materiell-rechtliche Bedenken bestehen (vgl. zur Unzulässigkeit der Stufenklage auch OLG Bamberg, Urteil vom 20. Juli 2023, 1 U 228/22, Rn. 5, juris; OLG Hamm, Urteil vom 3. Mai 2023 – 20 U 146/22 –, Rn. 27, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 14. April 2023 – 11 U 183/22 –, Rn. 6, juris, und Urteil vom 16. Juni 2023 – 11 U 9/23 –, Rn. 7, juris; OLG Celle, Urteil vom 15. Dezember 2022 – 8 U 165/22 –, Rn. 120 - 122, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 29. November 2022 – 12 U 305/21 –, Rn. 36, juris; OLG Dresden, Urteil vom 29. März 2022 – 4 U 1905/21 –, Rn. 62, juris; OLG Nürnberg, Urteil vom 14. März 2022 – 8 U 2907/21 –, Rn. 34, juris; OLG München, Beschluss vom 24.November 2021 - 14 U 6205/21 -, Rn. 68, juris).
35Mit den genannten Gesichtspunkten setzt sich das OLG Rostock (Urt. v. 18.07.2023 ‑ 4 U 46/22 -, juris) nicht auseinander. Es bezieht sich, ohne selbst die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auszuwerten, lediglich auf die Entscheidung des OLG Schleswig vom 18.07.2022 (16 U 181/21). Soweit dort das Versäumnisurteil des BGH vom 06.04.2016 - VIII ZR 143/15 (BGHZ 209, 258 ff.) in Bezug genommen wird, mag der Entscheidung entnommen werden, dass es für die Zulässigkeit der Stufenklage ausreicht, dass die Auskunft auch der Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen soll; sie darf allerdings nicht – wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat – dazu dienen, dem Kläger sonstige, mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht im Zusammenhang stehender Informationen über seine Rechtsverfolgung zu verschaffen. Dies ist vorliegend wie erläutert aber der Fall. Das OLG Karlsruhe kommt in dem von ihm entschiedenen Fall (Teilurt. v. 20.06.2023 – 12 U 248/22 -, n.v.) alleine deshalb zu einem anderen Ergebnis, weil es sich lediglich auf den Klagevortrag, wonach der dort klagenden Partei nur die Höhe der Beitragsanpassungen unbekannt sei, stützt, ohne das Klagebegehren anhand der - ersichtlich weiter gefassten - Klageanträge auszulegen und zu bewerten. Danach kann vorliegend nicht in Zweifel gezogen werden, dass es der Klägerin um mehr als nur um die reine Auskunft über die Höhe früherer Beitragsanpassungen ging. Damit stand der Klägerin die Stufenklage zur Verfolgung ihres Begehrens nicht zur Verfügung.
36bb) Allerdings kann auch eine unzulässige Klage grundsätzlich die Verjährung hemmen (vgl. BGH, Urt. v. 05.05.1988 - VII ZR 119/87 -, juris Rn. 16). Das gilt im Ansatz auch für die Stufenklage. Ist sie allerdings – wie hier – nicht statthaft, dann ist sie im Wege der Klagehäufung umzudeuten in einen (reinen) Auskunftsantrag einerseits und in einen unbestimmten bzw. unbezifferten Feststellungs- bzw. Leistungsantrag andererseits (vgl. BGH, Urt. v. 29.03.2011 – VI ZR 117/10 -, BGHZ 189, 79, juris Rn. 13). Mit diesen Anträgen konnte aber eine Verjährungshemmung nicht herbeigeführt werden. Der Auskunftsanspruch hemmt die Verjährung des Anspruchs, dessen Geltendmachung er vorbereiten soll, nicht (BGH, Urt. v. 24.05.2021 – IX ZR 168/11 -, NJW 2012, 2180, juris Rn. 16). Eine Feststellungs- oder Leistungsklage kann die Verjährung nur hemmen, wenn sie wirksam erhoben worden ist. Deshalb hemmt eine unwirksame Klage, die nicht den wesentlichen Formerfordernissen des § 253 ZPO genügt, die Verjährung nicht (BGH, Urt. v. 21.02.2013 – IX ZR 92/12 –, juris Rn. 30). Wesentliches Formerfordernis ist nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aber die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie ein bestimmter Antrag. Daran fehlt es bei den hier formulierten unbestimmten und unbezifferten Feststellungs- und Leistungsanträgen, so dass eine Hemmung der Verjährung nicht eingetreten ist (so bereits Senat, Urt. v. 17.01.2023 - 9 U 115/22 -, BeckRS 2023, 2527).
37d) Der Klägerin stehen danach Rückzahlungsansprüche für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis einschließlich 01.02.2021 (14 Monate) zu, die sich im Ergebnis auf einen Betrag in Höhe von 1.211,14 € belaufen.
38Die Beklagte macht in der Berufungserwiderung nämlich zu Recht geltend, vorliegend sei zu berücksichtigen, dass die von der Klägerin zu zahlenden Beitragserhöhungen durch Ausschüttungen aus den Mittel aus dem gesetzlichen Beitragszuschlag reduziert wurden. Rechtsgrundlage hierfür ist § 150 Abs. 3 VAG, der vorsieht, dass der gesetzliche Beitragszuschlag, sofern der Versicherte ihn gezahlt hat – wie hier die Klägerin – ab der Vollendung des 65. Lebensjahres zur Finanzierung der Mehrprämien aus Prämienerhöhungen zu verwenden ist. Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass dieser Abzug entfällt, wenn die Anpassung nicht wirksam war und daher eine Rückzahlung erfolgt.
39Für die Anpassung zum 01.04.2015 hat dies zur Folge, dass der Klägerin keine Rückerstattungsansprüche zustehen, denn der Mehrbetrag durch die (unwirksame) Prämienanpassung im Tarif X. in Höhe von 17,74 € ist durch eine Minderung in exakt der gleichen Höhe (s. Versicherungsschein Bl. 225 eA OLG) kompensiert worden, die Klägerin hat also letztlich genauso viel gezahlt, als wenn es keine Anpassung gegeben hätte. Bei der Anpassung zum 01.04.2016 in Höhe von 39,20 € (Versicherungsschein Bl. 209 eA) ist eine Minderung von 11,50 € erfolgt, so dass sich eine effektive Mehrbelastung durch diese formell unwirksame Prämienerhöhung in Höhe von 27,70 € monatlich für die Klägerin ergibt. Für die Anpassung zum 01.04.2017 (Versicherungsschein Bl.193 eA) gilt ausweislich des Versicherungsscheins (Bl. 193 eA), dass keine Minderung eingetreten ist, es also bei dem Mehrbetrag in Höhe von 58,81 € verbleibt.
40Der der Klägerin zuzusprechende Rückforderungsbetrag errechnet sich daher aus den von der Klägerin gezahlten Mehrbeträgen in Höhe von 27,70 € und 58,81 €, insgesamt also 86,51 €, für den Zeitraum von 14 Monaten und beläuft sich damit auf 1.211,14 € (27,70 € + 58,81 € x 14).
41e) Die Klägerin hat ferner gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen, die die Beklagte bis zum 23.01.2023 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerin auf die - unter Ziffer 2. des Tenors - als unwirksam festgestellten Beitragserhöhungen in den dort genannten Zeiträumen gezahlt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2020 - Az. IV ZR 294/19 - Rn. 58 juris; OLG Köln, Urt. v. 29.10.2019 - 9 U 127/1 -, Rn. 139, juris).
42Ein Anspruch auf Verzinsung der herauszugebenden Nutzungen besteht nicht. § 291 BGB als Anspruchsgrundlage für Prozesszinsen greift bei einer Klage, die auf die Feststellung einer Verbindlichkeit gerichtet ist, nicht ein (BGH, Urteil vom 16.12.2020, IV ZR 294/19, juris-Rz. 58). Einen Anspruch aus Verzug hat die Klägerin nicht dargetan.
43f) Erfolglos wendet sich die Kläger gegen die Abweisung des Antrags auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten. Es fehlt eine ausreichende Berufungsbegründung. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2022 – VII ZB 36/21 –, zit. nach juris Rn. 6). Zwar finden sich in der Berufungsbegründung Ausführungen zu den geltend gemachten Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung, sie entsprechen aber den – senatsbekannt – in Parallelverfahren verwandten Textbausteinen. Es fehlt jeglicher Bezug zu den Ausführungen des Landgerichts, das den Erstattungsanspruch mit der Begründung abgelehnt hatte, die Prozessbevollmächtigten hätten sich angesichts des vorhersehbar erfolglosen vorprozessualen Vorgehens unmittelbar einen unbedingten Klageauftrag erteilen lassen müssen. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, konkret aufzuzeigen, weshalb ihrer Ansicht nach die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts fehlerhaft sein sollen (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 9).
444. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
45Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz sind grundsätzlich nach dem endgültigen Obsiegen und Unterliegen zu bemessen. Bei der vom Senat als zulässig angesehenen Klageänderung verliert der ursprünglich erhobene Anspruch seine Bedeutung; kostenrechtlich wird die Anhängigkeit des neuen Anspruchs als von Anfang an bestehend fingiert (vgl. MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl., ZPO § 263 Rn. 100; Musielak/Voit/Foerste, 20. Aufl., ZPO § 263 Rn. 29). Die Kostenquote orientiert sich somit am Enderfolg der Klage (Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 263 Rn. 18). Uneingeschränkt gilt dies allerdings nur, soweit sich durch die Klageänderung der Streitwert nicht ändert (MüKoZPO/Becker-Eberhard, a.a.O., Rn. 104). Ist der neue Streitwert deutlich höher oder – wie hier – geringer, kann es unbillig sein, die Kosten alleine nach dem Obsiegen und Unterliegen in Bezug auf den neuen Klagegegenstand zu bemessen (so zutr. BeckOK ZPO/Jaspersen, 49. Ed., ZPO § 92 Rn. 16; s. auch MüKoZPO/Becker-Eberhard, a.a.O., Rn. 105). Vorliegend ist zu Lasten der Klägerin in Rechnung zu stellen, dass sie durch die Erhebung der – wie ausgeführt – unzulässigen Stufenklage statt der Beschränkung auf einen reinen Auskunftsanspruch in erster Instanz Kosten nach einem vom Landgericht mit 10.500,- € bemessenen Streitwert verursacht hat. Die insoweit im Verhältnis zum Streitwert der nunmehr bezifferten Klage entstandenen Mehrkosten müssen zu ihren Lasten gehen. Zu ihren Gunsten ist allerdings der erstinstanzlich rechtskräftig zuerkannte Auskunftsanspruch zu berücksichtigen. Insgesamt hält der Senat eine Verteilung der erstinstanzlichen Kosten von 72 zu Lasten der Klägerin und 28 % zu Lasten der Beklagten für angemessen.
46Die Kosten des Berufungsverfahren hat die Klägerin in vollem Umfang gemäß § 97 Abs. 2 ZPO zu tragen. Nach dieser Bestimmung können der obsiegenden Partei die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auferlegt werden, wenn sie auf Grund neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war. Neues Vorbringen im Sinne dieser Norm ist auch die Klageänderung (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.2008 - XI ZR 468/07 -, NJW-RR 2009, 254, juris Rn. 38). Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass sie die mit der Klageänderung vorgenommene Bezifferung anhand der von der Beklagten mit der Anlage BLD 6 zur Klageerwiderung gemachten Angaben hat vornehmen können. Eine Klageänderung war ihr somit bereits in erster Instanz möglich. Das rechtfertigt es, sie mit den Kosten des Berufungsverfahrens auch zu belasten, soweit sie obsiegt.
475. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Soweit die Zulässigkeit der erstinstanzlich verfolgten Stufenklage in Rede steht, sieht sich der Senat im Einklang mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
486. Der Streitwert für die Berufung der Klägerin wird auf 4.398,50 Euro festgesetzt. Dem Feststellungsantrag kommt neben dem Zahlungsantrag keine streitwerterhöhende Bedeutung zu, weil zwischen ihnen wirtschaftliche Identität besteht (vgl. zur Streitwertberechnung im Einzelnen BGH, Urt. v. 10.03.2021 – IV ZR 353/19 – zit. nach juris, Rn. 37).