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Auf die Berufung des Beklagten wird das am 28.11.2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 21 O 444/21 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 544 Abs. 2 ZPO abgesehen.
4II.
5Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.
61.
7Die Klägerin kann den von ihr geltend gemachten Maklerlohn in Höhe von 10.353,00 € nicht von dem Beklagten beanspruchen. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB. Denn auch nach dem ergänzenden Vorbringen der Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 13.07.2023 wahrt der von ihr vorgetragene Maklervertrag nicht die nach §§ 656a, 126b BGB gebotene Textform.
8a) Nach § 656a BGB bedarf ein Maklervertrag, der den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Kaufvertrages über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus oder die Vermittlung eines solchen Vertrags zum Gegenstand hat, der Textform. Der zeitliche Anwendungsbereich der Norm nach Art. 229 § 53 EGBGB ist im Streitfall eröffnet, da die Klägerin vorliegend nicht schon vor dem 23.12.2020, sondern erst im März 2021 als Maklerin gegenüber dem Beklagten tätig geworden ist. Auch in sachlicher Hinsicht findet § 656a BGB vorliegend Anwendung, weil es sich bei der streitgegenständlich vermittelten Immobilie unstreitig um ein Einfamilienhaus handelt.
9b) Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss nach § 126b Satz 1 BGB eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist nach § 126b Satz 2 BGB jedes Medium, das
101. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
112. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.
12Ferner sieht § 656a BGB vor, dass der Maklervertrag der Textform unterliegt. Dementsprechend müssen beide Vertragserklärungen, also sowohl die auf Abschluss eines Maklervertrages gerichtete Erklärung des Maklers wie auch diejenige des Kunden, der Textform des § 126b BGB genügen (Grüneberg/Retzlaff, BGB, 82. Aufl., 2023, § 656a Rn. 5; MünchKommBGB/Althammer, 9. Aufl., 2023, § 656a Rn. 9; BeckOGK/Meier, 1.2.2023, § 656a BGB Rn. 15; Würdinger in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl. [Stand: 01.02.2023], § 656a BGB Rn. 12; Staudinger/Arnold (2021) BGB § 656a Rn. 7; Fischer, NJW 2020, 3553, 3554; a.A.: Wistokat, NZM 2021, 905, 907).
13c) Nach den genannten Maßstäben ist - auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vortrages der Klägerin im Schriftsatz vom 13.07.2023 - das Einhalten der Textform jedenfalls hinsichtlich der durch den Beklagten abgegebenen Erklärung vom 27.03.2021 zu verneinen. Denn das Setzen eines Häkchens in einer elektronischen Maske der von der Klägerin eingesetzten Software „X“ und die anschließende Bestätigung durch Anklicken einer Schaltfläche („Button“) genügt der Textform nicht.
14aa) Nach der von der Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 13.07.2023 vorgetragenen und mit der Anlage LD BB4 (Bl. 161 d.A.) näher unterlegten textlichen Gestaltung der elektronischen Maske, in der der Beklagte unter anderem eine Angabe zur Provisionsvereinbarung auswählen und anschließend bestätigen sollte, ist schon nicht ersichtlich, dass die vom Beklagten abgegebene Erklärung - den Vorgaben des § 126b Satz 1 BGB entsprechend - die Person des Erklärenden aufführt. Ebenso enthält die Erklärung weder Angaben zum Inhalt, insbesondere der Höhe, der in Bezug genommenen Provisionsvereinbarung noch zu der zu vermittelnden Immobilie. Für den Senat stellt es sich nach dem Klägervorbringen so dar, dass der inhaltlich weitergehende Text gemäß Anlage K2 (Bl. 18 der erstinstanzlichen Verfahrensakte [LGA]) entweder den Inhalt der zuvor von der Klägerin an den Beklagten per E-Mail übersandten Erklärung zur Provisionsvereinbarung wiedergibt oder aber Ausfluss einer durch die Software „X“ erfolgten Verarbeitung beider Erklärungen der Parteien ist. Dieses Verständnis wird durch die exemplarisch als Anlage LD BB5 (Bl. 162 f. d.A.) vorgelegte E-Mail, die laut Klägervortrag im Anschluss an das Anklicken durch den Kunden systembedingt generiert wird, bestätigt. Hierin heißt es zum Inhalt der vom Kunden abgegebenen Erklärung ohne Erwähnung des Namens oder der Provisionshöhe:
15„Bestätigung
16Ich habe die Provisionsvereinbarung, wonach ich im Fall der Beurkundung dieser angebotenen Immobilie die vereinbarte Provision an das Maklerbüro bezahle, zur Kenntnis genommen und bestätige diese ausdrücklich.“
17Das genügt angesichts der mit dem Textformerfordernis nach § 126b BGB verfolgten Dokumentationszwecke (vgl. nur Grüneberg/Ellenberger, a.a.O., § 126b Rn. 1) nicht, da die Erklärung in der hier erfolgten Weise den Urheber offenlässt. Den Umständen ist lediglich zu entnehmen, dass die Erklärung von der Person stammt, die im Kontrollkästchen das Häkchen gesetzt und anschließend die bestätigende Schaltfläche angeklickt hat. Näheres zum Urheber verbleibt jedoch unklar.
18bb) Der Annahme der Formwirksamkeit steht des Weiteren entgegen, dass die in Gestalt des Setzens eines Häkchens und Anklickens einer Schaltfläche erfolgte Erklärung entgegen § 126b Satz 1 BGB nicht auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben worden ist. Hierzu ist unter anderem erforderlich, dass die Erklärung in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise abgegeben wird. Es ist allgemein anerkannt, dass Papier, Vorrichtungen zur Speicherung digitaler Daten (USB-Stick, CD-ROM, Speicherkarten, Festplatten) und auch E-Mails diese Voraussetzungen erfüllen (BT-Drs. 17/12637, S. 44; BGH, NJW 2010, 3566 Rn. 18; Grüneberg/Ellenberger, a.a.O., § 126b Rn. 3; MünchKommBGB/Einsele, 9. Aufl., 2021, § 126b Rn. 6; BeckOGK/Primaczenko/Frohn, 1.5.2020, § 126b BGB Rn. 16), eine auf einer herkömmlichen Internetseite zur Verfügung gestellte Erklärung demgegenüber nicht, solange die Informationen durch den Empfänger nicht heruntergeladen werden (BGH, NJW 2014, 2857, Rn. 19 f.; BeckOGK/Primaczenko/Frohn, a.a.O., § 126b Rn. 18).
19Das bloße Anklicken einer Schaltfläche begründet keine dauerhaft reproduzierbare Erklärung. Zwar mag dem Anklicken je nach textlicher Gestaltung der elektronischen Maske unter Umständen ein Erklärungswert beigemessen werden können. Eine dauerhafte Reproduzierbarkeit wird hierdurch gleichwohl nicht gewährleistet. Denn die Erklärung mittels eines Anklickens erfolgt - anders als eine elektronisch übermittelte Textnachricht - nicht in einer unveränderlichen textlich verkörperten Gestalt. Weder für den Erklärenden noch den Empfänger ist im Nachhinein der Inhalt der Erklärung anhand der Erklärung selbst nachvollziehbar, sondern nur anhand von Randumständen (hier: die textliche Gestaltung der elektronischen Maske mit dem vorgegebenen Erklärungswert), die ihrerseits aber nicht Teil der übermittelten Erklärung sind. Die durch Anklicken der Schaltfläche durch den Kunden an das „X“-Programm des Maklers übermittelten Informationen enthalten daher nicht den Inhalt der Erklärung des Maklerkunden, sondern das Anklicken bewirkt lediglich, dass eine bestimmte Aktivität des Kunden im System dokumentiert wird. Hinzu kommt, dass die Abrufbarkeit der durch das Anklicken übermittelten und sodann im „X“-Programm gespeicherten Informationen nicht jedermann, hier insbesondere nicht dem Maklerkunden, sondern nur dem Makler offensteht. Der die Erklärung abgebende Kunde erhält lediglich im Nachhinein per E-Mail eine Bestätigung über den Inhalt der gerade durch Anklicken abgegebenen Erklärung. Hiermit unterscheidet sich die technische Vorgehensweise des Anklickens in erheblicher Weise von Textnachrichten per E-Mail oder Messenger-Diensten oder etwa dem elektronischen Versand von Textdokumenten. Weder Erklärender noch Empfänger haben es in der vorliegenden Konstellation des Anklickens in der Hand, die (Original-)Erklärung aufzubewahren oder zu speichern. Auch ist nicht sichergestellt, dass die Erklärung für einen bestimmten Zeitraum unverändert zugänglich ist (vgl. BT/Drs. 17/12637, S. 44).
20Schließlich ist das im Streitfall zum Einsatz gelangte Medium nicht deshalb als dauerhafter Datenträger einzustufen, weil die Klägerin mithilfe des „x“-Programms entsprechend § 126b Satz 2 Nr. 1 BGB in der Lage ist, die Erklärung des jeweiligen Maklerkunden so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines angemessenen Zeitraums zugänglich ist. Dem steht vorliegend entgegen, dass die im „X“-Programm gespeicherten Informationen gemäß Anlage K2 (Bl. 18 LGA) nicht die (unveränderte) Erklärung des Beklagten wiedergeben. Angesichts der unter anderem um den Namen des Beklagten und die Provisionshöhe ergänzten Angaben handelt es sich bei den im „X“-Programm gespeicherten Informationen vielmehr um weiterverarbeitete Informationen, in der die Erklärungen beider Parteien zusammengeflossen sind. Dies genügt den Anforderungen des § 126b Satz 2 Nr. 2 BGB nicht.
21cc) Auch das weitere Berufungsvorbringen vermag die Zweifel an der Formwirksamkeit der Erklärung des Beklagten nicht auszuräumen.
22(1) Ohne Belang ist insbesondere, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das Provisionsverlangen der Klägerin unmissverständlich war und auch im Übrigen keine Unklarheiten über den maßgeblichen Vertragsinhalt gegeben sind. Denn die gesetzlichen Formvorschriften sind gegenüber dem zugrundeliegenden Schutzzweck verselbstständigt. Zwingende Formvorschriften gelten auch dann, wenn ihr Zweck im Einzelfall auf andere Weise erreicht wird (BGH, NJW-RR 2017, 596, Rn. 21; Grüneberg/Ellenberger, a.a.O., § 125 Rn. 1).
23(2) Entgegen dem Vorbringen der Klägerin wird die Textform vorliegend auch nicht deshalb gewahrt, weil der Beklagte im Streitfall unmittelbar im Anschluss an die vermeintliche Vertragsannahme durch Anklicken der Schaltfläche eine automatisierte E-Mail erhalten hat, in der ihm gegenüber der Inhalt der zuvor von ihm abgegebenen Erklärung bestätigt wurde. Denn eine - die Textform wahrende - nachträgliche Bestätigung einer Erklärung, begründet nicht die Formwirksamkeit der bestätigten Erklärung selbst.
24(3) Schließlich steht der Bewertung des Senats auch nicht die in der Stellungnahme der X GmbH vom 07.07.2023 (Anlage LD BB1, Bl. 146 ff. d.A.) zitierte Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Schleswig (BeckRS 2021, 18216) entgegen, da sich diese nicht auf die Rechtslage nach Einführung des § 656a BGB bezieht und zudem die Ordnungsgemäßheit einer Widerrufsbelehrung - nicht den formwirksamen Abschluss eines Maklervertrages - zum Gegenstand hat. Insbesondere hatte das OLG Schleswig in der genannten Entscheidung offensichtlich keinen Anlass, sich mit der Eignung zur unveränderten Wiedergabe der Erklärung im Sinne des § 126b Satz 2 Nr. 2 BGB zu befassen.
25d) Die Nichteinhaltung der nach § 656a BGB vorgeschriebenen Form hat die Nichtigkeit des Vertrages nach § 125 Satz 1 BGB zur Folge (BT-Drs. 19/15827, S. 18; BeckOGK/Meier, 1.2.2023, § 656a BGB Rn. 17; MünchKommBGB/Althammer, a.a.O., § 656a Rn. 9). Auch Ansprüche aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen scheiden in diesem Fall aus, da anderenfalls die gesetzgeberische Intention, dem Makler keinen Lohn zu gewähren, wenn dieser die notwendige Form für den Abschluss des Vertrages nicht beachtet, unterlaufen würde (BeckOGK/Meier, 1.2.2023, § 656a BGB Rn. 17).
262.
27In Ermangelung der geltend gemachten Hauptforderung bleibt die Klage auch hinsichtlich der verfolgten Zinsforderung ohne Erfolg und unterliegt der Klageabweisung.
28III.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
30Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
31Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Die Sache hat angesichts der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Textform weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Vielmehr beruht die Entscheidung lediglich auf einer Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles.
32Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis 13.000,00 € festgesetzt.