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Die nach Rücknahme im Verhältnis zur vormaligen Beklagten zu 2) lediglich noch im Verhältnis zu den Beklagten zu 1) und zu 3) weiterverfolgte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgericht Köln vom 10.03.2022, Az. 24 O 45/21, wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung fallen der Klägerin auch insoweit zur Last, als hierüber nicht bereits durch Beschluss des Senats vom 20.06.2022 in der Fassung des Beschlusses vom 28.06.2022 entschieden ist.
Dieses sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
2I.
3Die Klägerin ist als Handwerkskammer eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und erhebt als solche Beiträge für die durch ihre Tätigkeit entstehenden Kosten von den beitragspflichtigen Kammerzugehörigen. Die Satzung der Klägerin (Anl. GvW1, Bl. 391ff LG-A; Anl. B1_6, AH2) sieht zur Frage der Vertretung und Geschäftsführung u.a. Folgendes vor:
4„§ 19 (1) Dem Vorstand obliegt die Verwaltung der Handwerkskammer; der Präsident und der Hauptgeschäftsführer, im Verhinderungsfall ihre Vertreter, vertreten gemeinsam die Kammer gerichtlich und außergerichtlich. […]
5[…]
6(3) Willenserklärungen, mit Ausnahme der Geschäfte der laufenden Verwaltung, welche die Handwerkskammer vermögensrechtlich verpflichten, bedürfen der Schriftform. Diese Willenserklärungen und Schriftstücke von besonderer Bedeutung müssen von dem Präsidenten und dem Hauptgeschäftsführer, im Verhinderungsfall von ihren Vertretern, unterzeichnet sein.
7(4) Die Erledigung der Geschäfte der laufenden Verwaltung obliegt dem Hauptgeschäftsführer, insoweit vertritt er die Handwerkskammer.
8§ 38 (1) Die Geschäfte der Kammer werden nach den Richtlinien des Vorstandes vom Hauptgeschäftsführer und unter seiner Leitung von weiteren Mitarbeitern geführt.
9[…]
10(8) Der Hauptgeschäftsführer ist für die gewissenhafte Erfüllung der ihm obliegenden Amtspflichten und für die ordnungsgemäße Erledigung der den übrigen Beschäftigten der Kammer unter seiner Leitung übertragenen Verwaltungsgeschäfte verantwortlich. […]“
11Die Klägerin errichtete im Jahr 1995 die Bildungs- und Beratungsgesellschaft der Handwerkskammer zu Köln GmbH (im Folgenden: BuB) als hundertprozentiges Tochterunternehmen. Zu Geschäftsführern der BuB wurden der damalige Hauptgeschäftsführer der Klägerin, Herr M., sowie der Beklagte zu 1) bestellt, der zu jener Zeit einer der Geschäftsführer der Klägerin war. Im Jahr 2007 übernahm der Beklagte zu 3), der zu jener Zeit und auch bereits bei Errichtung der BuB stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Klägerin gewesen war, von Herrn M. das Amt des Hauptgeschäftsführers bei der Klägerin (Dienstvertrag Anl. K33, AH5 / Anl. GvW5, Bl. 623ff. LG-A) sowie das Geschäftsführeramt bei der BuB. Weiterer Geschäftsführer bei der BuB blieb der Beklagte zu 1), der seit dem 2007 auch stellvertretender Hauptgeschäftsführer bei der Klägerin war (Dienstvertrag Anl. B1_5, AH2). Schriftliche Anstellungsverträge für die Geschäftsführertätigkeit bei der BuB bestanden weder für den Beklagten zu 1) noch für den Beklagten zu 3); vergütet wurde die Geschäftsführertätigkeit bei der BuB mit einem Geschäftsführergehalt von 550,00 € bis 650,00 € monatlich. Für die Mitglieder der geschäftsführenden Organe der Klägerin und ihrer Tochtergesellschaften bestand eine H.-Versicherung bei der vormaligen Beklagten zu 2), wobei sich der Versicherungsschutz jedoch nicht auf Ansprüche wegen direkt vorsätzlicher Pflichtverletzung (dolus directus) erstreckte. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlagen K6/K7 (AH1, insbesondere Anl. K7 Ziffer 3.1).
12Aufgabe der BuB war in der Folgezeit u.a. die Durchführung von Tätigkeiten im Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, die von dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit über die P. gGmbH gefördert wurden. Die Förderung erstreckte sich u.a. auf die Erstattung von Personal- und Sachkosten für die fachliche Steuerung der Entwicklungsprojekte (durch pauschale monatliche Zahlungen) sowie auf die Erstattung von Kosten für den Einsatz sog. Kurzzeitexperten. Die fachliche Projektsteuerung wurde bei der BuB durch Personen erbracht, die in einem Anstellungsverhältnis zur Klägerin standen. Die Förderleistungen der P. gGmbH im Zusammenhang mit der fachlichen Leitung und Steuerung der Projekte wurden von Beginn an von der BuB vereinnahmt; insbesondere eine Weiterleitung von Personalkostenerstattungen an die Klägerin erfolgte seit jeher nicht. Hieran änderte sich auch nach Übernahme der zuletzt von den Beklagten zu 1) und zu 3) eingenommenen Funktionen im Jahr 2007 nichts.
13In den Jahren 2010 bis 2019 wurden von der P. gGmbH als Fördergelder für die fachliche Steuerung von Entwicklungsprojekten insgesamt 838.428,57 € an Personalkostenerstattungen und 73.500,00 € an Sachkostenerstattungen an die BuB ausgezahlt. Von den auf die Sachkosten geleisteten Fördergeldern leitete die BuB pauschal 3.000,00 € jährlich an die Klägerin weiter; eine Weiterleitung der Personalkostenerstattungen und der weiteren Sachkostenerstattungen an die Klägerin erfolgte durch die BuB nicht.
14In den Jahren 2010 bis 2017 leistete die BuB Spenden in Höhe von 55.000,00 € an die „Stiftung pro duale Ausbildung“ der Klägerin. Im selben Zeitraum zahlte die BuB auf Grundlage entsprechender Gesellschafterbeschlüsse Tantiemen an die Beklagten zu 1) und zu 3) in einer Gesamthöhe von 86.400,00 € und Nettodividenden an die Klägerin in einer Gesamthöhe von 161.474,63 €.
15Beiden Beklagten wurde jeweils für die Jahre 2010 bis 2017 sowohl durch die Gesellschafterversammlung der BuB (vgl. Anlagenkonvolut K35, AH5) als auch bei der Klägerin Entlastung erteilt.
16Am 26.03.2019 schloss die Klägerin mit den Beklagten zu 1) und zu 3) jeweils einen Aufhebungsvertrag (vgl. Anl. B1_8, AH2/Anl. K11, AH3 sowie Anl. GvW6, Bl. 630ff. LG-A/Anl. K34, AH5). Beide Aufhebungsverträge enthalten unter Ziffer 9.1. folgende gleichlautende Klausel:
17„Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind – abgesehen von den in dieser Vereinbarung begründeten und aufrechterhaltenden Regelungen – alle Ansprüche und Verpflichtungen der Vertragspartner aus dem Anstellungsverhältnis einschließlich aller Vergütungsansprüche abgegolten und erledigt. Hiervon unberührt bleiben Ansprüche der HWK, die auf einer strafbaren oder vorsätzlichen Handlung von Herrn … beruhen oder für die Haftpflichtschutz unter einer H.-Versicherung bestehen. Herr … tritt seine Ansprüche gegen H.-Versicherer, bei denen die HKW Versicherungsnehmer ist, an die HWK ab. Eine persönliche Inanspruchnahme von Herrn … ist insoweit ausgeschlossen.“
18Aufgrund einer als „Vergleich“ bezeichneten Vereinbarung vom 11.05.2020 (Anl. K9, AH3) zahlte die BuB im Mai 2020 an die Klägerin einen Betrag von 200.000,00 € zum Ausgleich möglicher Ansprüche wegen nicht weitergeleiteter Fördergelder. Zugleich trat die BuB ihre Ansprüche gegen die Beklagten zu 1) und zu 3) an die Klägerin ab. Ein weiterer Schadensersatzbetrag in Höhe von 110.000,00 € wurde im Juli 2021 von der BuB an die Klägerin gezahlt (vgl. Anl. K10, AH3). Zwischenzeitlich befindet sich die BuB in der Liquidation.
19Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagten zu 1) und zu 3) hätten dafür Sorge tragen müssen, dass die von der P. gGmbH an die BuB geleisteten Personal- und Sachkostenerstattungen an die Klägerin weitergeleitet würden, soweit für die fachliche Steuerung der Entwicklungsprojekte bei der BuB Personal und Sachmittel der Klägerin eingesetzt worden seien. Im hier maßgeblichen Zeitraum sei das von den Beklagten bei der BuB eingesetzte Personal der Klägerin während des überwiegenden Teils der ggü. der Klägerin zu erbringenden Netto-Arbeitstage eingesetzt worden und auch die geförderten Sachkosten seien im Wesentlichen bei ihr selbst und allenfalls zu einem Anteil von 10% bei der BuB angefallen. Nachdem die BuB gerade deshalb errichtet worden sei, weil es der Klägerin selbst bis zum Jahr 2021 rechtlich nicht erlaubt gewesen sei, internationale Entwicklungshilfeprojekte durchzuführen, sei es von vornherein für alle Beteiligten klar gewesen, dass die Verwirklichung dieser Projekte nicht auf Kosten der Klägerin bzw. (unter zweckwidriger Verwendung) der von dieser erhobenen Kammerbeiträge habe erfolgen sollen, sondern etwaige bei der Klägerin anfallende Auslagen durch die erhaltene Förderung hätten ausgeglichen werden müssen. Vor diesem Hintergrund hätten die bei der BuB in den Jahren 2010 bis 2019 vereinnahmten Personalkosten in voller Höhe von 838.428,57 € und von den in den Jahren 2010 bis 2017 vereinnahmten Sachkostenerstattungen in Höhe von insgesamt 73.500,00 € - abzüglich der pauschalen Weiterleitungen in Höhe von 3.000 € im Zeitraum 2010 bis 2018, insgesamt 27.000 €, und unter Abzug eines Anteils von 10% auf den verbleibenden Restbetrag wegen eigener Sachkosten der BuB – ein weiterer Betrag von 41.850,00 €, und damit insgesamt 880.278,57 € an sie abgeführt werden müssen.
20Durch die Nichtabführung der Erstattungen und die zweckwidrige Verwendung als allgemeine Einnahmen habe die BuB Überschüsse erzielt, wegen derer sie Steuern in Höhe von 110.374,03 € habe zahlen müssen, die sonst weder bei der BuB noch – aufgrund ihrer Steuerfreiheit als Körperschaft des öffentlichen Rechts – bei der Klägerin angefallen wären. Auch die – aufgrund der vermeintlich guten Jahresergebnisse gewährten und am Erfolg der BuB ausgerichteten – Tantiemen für die Beklagten zu 1) und zu 3) sowie die Spenden an die „Stiftung pro duale Ausbildung“ wären bei ordnungsgemäßer Weiterleitung der Fördergelder an die Klägerin nicht gezahlt worden.
21Ein weiterer Schaden in Höhe von 75.620,00 € sei der BuB dadurch entstanden, dass die BuB in den Jahren 2010 bis 2017 Honorare in entsprechender Höhe an den Mitarbeiter E. der Klägerin gezahlt habe, die dieser auf Grundlage des Tagessatzes für einen Kurzzeitexperten abgerechnet habe und die von der P. gGmbH nicht erstattet worden seien, weil er zugleich in der Projektsteuerung eingesetzt gewesen sei, so dass – was den Beklagten zu 1) und zu 3) bekannt gewesen sei – eine Förderung des Einsatzes als Kurzzeitexperte nach den Förderbedingungen ausgeschlossen gewesen sei. Stattdessen sei es den Beklagten möglich gewesen, andere Personen einzusetzen, deren Einsatz als Kurzzeitexperte erstattet worden wäre.
22Erstinstanzlich hat die Klägerin ihre Klageforderung zuletzt als Summe der nicht abgeführten Fördergelder in Höhe von insgesamt 880.278,57 €, der gezahlten Steuern, Tantiemen und Spenden in Höhe von insgesamt 251.774,03 € und der nicht erstatteten Ausgaben für den Mitarbeiter E. in Höhe von 75.620,00 € abzüglich der an sie geflossenen Gewinnausschüttungen in Höhe von 161.474,63 € und der im Nachhinein von der BuB gezahlten Beträge in Höhe von insgesamt 310.000,00 € mit einem Gesamtbetrag von 736.197,97 € berechnet und dementsprechend – hinsichtlich der Beklagten zu 1) und zu 3) – zuletzt beantragt,
231. Der Beklagte zu 1) wird ggf. gesamtschuldnerisch haftend mit dem Beklagten zu 3) verurteilt, an die Klägerin 736.197,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
242. Der Beklagte zu 3.) wird ggf. gesamtschuldnerisch haftend mit dem Beklagten zu 1.) verurteilt, an die Klägerin 736.197,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
253. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und zu 3) verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der in Zukunft noch entstehen wird, soweit er darauf beruht, dass die von der BuB GmbH vereinnahmten Personal- und Sachkostenerstattungen der P. gGmbH für die fachliche Steuerung der Jahre 2010-2018 nicht an die Klägerin weitergeleitet wurden.
26Die Beklagten haben beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Die Beklagten haben u.a. gemeint, die Klägerin habe bereits eine Verpflichtung zur Abführung der Fördergelder nicht hinreichend dargelegt; zu ihren Pflichten – insbesondere in den ihrer Zuständigkeit unterfallenden Ressorts bei der Klägerin – habe es jedenfalls nicht gehört, für eine Weiterleitung von Fördergeldern Sorge zu tragen. Die Argumentation der Klägerin, dass ihr selbst die Durchführung von internationalen Entwicklungshilfeprojekten verboten gewesen sei, treffe auch nicht zu. Die im Jahr 2021 erfolgte Einfügung des § 91 Abs. 2b HandwO habe ausweislich der Gesetzesbegründung lediglich dazu gedient, keine Zweifel an der Berechtigung der zuvor bereits seit Jahren gelebten und erwünschten Praxis der Handwerkskammern zu lassen. Ein vollständiger Ausgleich des Personalaufwands durch die Förderung sei ohnehin gar nicht möglich gewesen, da die monatlichen Pauschalen für die fachliche Steuerung weniger als die tatsächlich hierfür anfallenden Personalkosten ausgemacht hätten und die Übernahme der übersteigenden Kosten durch die Klägerin für den Erhalt der Förderung zwingend als obligatorische Eigenleistung erforderlich gewesen sei. Jedenfalls seien die Mitarbeiter der Klägerin nicht während ihrer dortigen Arbeitszeiten bei der BuB tätig geworden, sondern nur im Rahmen entsprechender Nebentätigkeitsgenehmigungen in ihrer Freizeit, im Urlaub und zum Überstundenabbau; auch die Sachkosten im Zusammenhang mit den Entwicklungshilfeprojekten seien fast ausschließlich bei der BuB angefallen. Wenn die Spenden nicht durch die BuB gezahlt worden wären, so hätte die Klägerin diese Spenden – wie auch sonst – selbst an die Stiftung geleistet. Für den Einsatz des Mitarbeiters E. habe es keine Alternative gegeben. Ihrer Inanspruchnahme stünden schließlich die erteilten Entlastungen entgegen, hinsichtlich des Beklagten zu 1) zudem die Ausschlussfrist nach § 70 Abs. 1 BAT. Die geltend gemachten Ansprüche seien zudem verjährt.
29Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
30Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagten zu 1) und zu 3) abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt: Eine – hier aufgrund entsprechender Vereinbarungen in den Aufhebungsverträgen ohnehin allenfalls im Falle einer vorsätzlichen oder strafbaren Handlung haftungsbegründende – Pflichtverletzung durch die nicht (vollständige) Weiterleitung der Fördergelder sei nicht nachvollziehbar. Die BuB sei als Projektträger die Berechtigte für den Empfang der Fördergelder gewesen. Soweit die BuB Personal der Klägerin eingesetzt habe, habe es deren Präsidium oblegen, darüber zu entscheiden, inwiefern die BuB hierfür eine Gegenleistung zu erbringen habe. Die Abführung der erhaltenen Fördermittel im Gegenzug für die Überlassung von Personal sei jedenfalls nicht selbstverständlich gewesen, da die Klägerin als Alleingesellschafterin der BuB auch von einem Verbleib der Fördergelder bei der BuB und einer dadurch eintretenden Wertsteigerung profitiert habe. Dies sei auch bei dem im Rahmen der Differenzhypothese anzustellenden Gesamtvermögensvergleich zu berücksichtigen, so dass es auch an einem Schaden fehle. Davon abgesehen habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, dass sie im Falle der Weiterleitung der Gelder nicht selbst höhere Steuern habe zahlen müssen, und nicht substantiiert bestritten, dass die getätigten Spenden nicht durch sie selbst erfolgt wären, wenn die BuB nicht gespendet hätte. Auch dem Vortrag der Beklagten, dass eine Alternative für den Einsatz des Mitarbeiters E. nicht bestanden habe, sei die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Hinsichtlich des Beklagten zu 1) greife zudem die Ausschlussfrist des § 70 Abs. 1 BAT, gegen dessen wirksame Inbezugnahme hier auch im Lichte des § 202 BGB keine Bedenken bestünden. Beide Beklagten könnten sich für die Geschäftsjahre 2010 bis 2017 auch auf die ihnen erteilten Entlastungen berufen, nachdem die tatsächlichen Umstände, aus denen die Klägerin ihre Ansprüche herleite, aufgrund der Unterrichtungen ihres Rechnungsprüfungsausschusses und der Innenrevision bekannt gewesen seien; insbesondere sei angesichts der Höhe der an die BuB geflossenen Förderbeträge ohne weiteres erkennbar gewesen, dass keine entsprechenden Zahlungsflüsse an die Klägerin erfolgt seien. Wegen der weiteren Einzelheiten der rechtlichen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
31Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge, soweit sie gegen die Beklagten zu 1) und zu 3) gerichtet waren, vollumfänglich weiterverfolgt. Die Klägerin beanstandet u.a., dass das Landgericht die konkreten Rechtsverhältnisse zwischen ihr, der BuB und den Beklagten zu 1) und zu 3) falsch bewertet habe und eine deliktsrechtliche Haftung gänzlich außer Acht gelassen habe. Bei zutreffender Bewertung stelle es insbesondere eine Untreue dar, dass die Beklagten es – unter Verschleierung des Umfangs des Einsatzes von Personal der Klägerin für die fachliche Steuerung der Projekte der BuB gegenüber den Organen der Klägerin – pflichtwidrig unterlassen hätten, für die Klägerin Kostenerstattungen von der BuB zu verlangen, während sie sich gleichzeitig Tantiemenzahlungen durch die BuB gesichert hätten. Es sei Aufgabe und Pflicht der Beklagten gewesen, durch eine hinreichende Dokumentation der von Mitarbeitern der Klägerin bei der BuB geleisteten Arbeitszeiten und den Abschluss steuerunschädlicher Abführungsvereinbarungen eine Kompensation des Personaleinsatzes der Klägerin und damit eine bestimmungsgemäße Verwendung der Fördergelder sicherzustellen, insbesondere nachdem sich die Projekte seit 2005/2006 erhöht hätten und anders als in der Zeit vor 2007 die Abwicklung von Projekten nicht mehr im Rahmen von Urlaub oder Überstundenausgleich ihrer Mitarbeiter hätten bearbeitet werden könne. Indem sie dies unterlassen hätten, sei der entsprechende Personalaufwand bei der Klägerin letztlich gesetzes- und satzungswidrig durch die Kammerbeiträge finanziert worden. Vor diesem Hintergrund habe das Landgericht insbesondere auch in die Beweisaufnahme zu ihrer Behauptung einsteigen müssen, dass die Aufgaben der BuB im Wesentlichen durch ihre eigenen Angestellten erfüllt worden seien, die hierfür von ihren sonstigen Tätigkeiten von der Klägerin freigestellt worden seien; gleiches gelte für den Beweisantritt zu dem konkreten Vortrag über die bei ihr angefallenen Sachkosten. Hinsichtlich der zuviel gezahlten Steuern habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts Steuern nur bei einer gewerblichen Tätigkeit habe zahlen müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei; zudem wäre es schon deshalb nicht zu einer steuerlichen Belastung gekommen, weil sich im Falle der Weiterleitung der Fördermittel diese und die Aufwendungen der Klägerin für Personal- und Sacheinsatz aufgehoben hätten. Hinsichtlich der Alternativlosigkeit des Einsatzes des Mitarbeiters E. als Kurzzeitexperten habe es nicht ihr, sondern den Beklagten oblegen, zu etwaigen (fehlenden) Alternativen vorzutragen. Hinsichtlich der Ausschlussfrist des § 70 Abs. 1 BAT habe das Landgericht zu Unrecht die Regelung des § 202 Abs. 1 BGB in dem hier gegebenen Fall einer Bezugnahmeklausel im Anstellungsvertrag für unschädlich erachtet. Die Unterrichtung des lediglich mit drei Ehrenamtlern besetzten Rechnungsprüfungsausschusses habe auch kein Bewusstsein bei der Klägerin begründen können, dass ihr Personaleinsatz bei der BuB nicht hinreichend kompensiert werde; vielmehr sei gerade die entscheidende Information über den Umfang des Einsatzes von Personal der Klägerin (bewusst) nicht mitgeteilt worden.
32Die Klägerin beantragt,
33das am 10.03.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Köln, Aktenzeichen: 24 O 45/21, teilweise abzuändern und wie folgt zu erkennen:
341. Der Beklagte zu 1) wird gegebenenfalls gesamtschuldnerisch haftend mit dem Beklagten zu 3) verurteilt, an die Klägerin 736.197,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
352. Der Beklagte zu 3) wird gegebenenfalls gesamtschuldnerisch haftend mit dem Beklagten zu 1) verurteilt, an die Klägerin 736.197,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
363. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 3) verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der in Zukunft noch entstehen wird, soweit er darauf beruht, dass die von der BuB GmbH vereinnahmten Personal- und Sachkostenerstattungen der P. gGmbH für die fachliche Steuerung der Jahre 2010 – 2018 nicht an die Klägerin weitergeleitet wurden.
37Die Beklagten zu 1) und zu 3) sowie ihr Streithelfer beantragen,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Der Streithelfer des Beklagten zu 3) trägt ergänzend vor, dass ein Verbot des Einsatzes von Mitarbeitern der fachlichen Steuerung als Kurzzeitexperten erstmals im P.-Handbuch 2018 aus Juli 2018 aufgeführt worden sei; zuvor habe es ein solches Verbot nicht gegeben. Tatsächlich habe es sich bei der ihm gesondert vergüteten Tätigkeit zudem um eine Tätigkeit im Rahmen der Projektsteuerung gehandelt, die er – über den ursprünglich kalkulierten Zeitaufwand hinaus – in seiner Freizeit erbracht habe.
40Zunächst hatte sich die Berufung der Klägerin darüber hinaus auch insofern gegen das angefochtene Urteil gerichtet, als darin ihre Klage auch gegen die H. Versicherung, die vormalige Beklagte zu 2), abgewiesen worden war. Diesbezüglich hat der Senat nach entsprechender Rücknahme der Berufung mit Beschluss vom 20.06.2022 (Bl. 119f. eA) in der Fassung vom 28.06.2022 (Bl. 152ff. eA) ausgesprochen, dass die Klägerin des Rechtsmittels der Berufung verlustig ist und die außergerichtlichen Kosten der vormaligen Beklagten zu 2) im Berufungsverfahren zu tragen hat.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Im Laufe des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu 1) und zu 3) sich wechselseitig den Streit verkündet; Beitritte sind insoweit jeweils nicht erfolgt.
42II.
43Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz stehen der Klägerin weder aus eigenem Recht noch aus abgetretenem Recht der BuB zu.
441. Ansprüche aus eigenem Recht der Klägerin
45Soweit sich die Klägerin für die von ihr aus eigenem Recht geltend gemachten Schadensersatzansprüche darauf stützt, dass die Beklagten zu 1) und 3) es pflichtwidrig unterlassen hätten, die von der BuB vereinnahmten Fördergelder für Personal- und Sachkostenerstattungen für die fachliche Projektsteuerung in Höhe von insgesamt 880.278,57 € für sie einzufordern, ergeben sich entsprechende Ansprüche weder aus einer Verletzung der zwischen ihr und den Beklagten bestehenden Anstellungsverträge in Verbindung mit deren satzungsgemäßen Pflichten noch aus deliktischen Anspruchsgrundlagen, insbesondere nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB oder § 826 BGB.
46a) Unabhängig von der Anspruchsgrundlage setzt dabei aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung in Ziffer 9.1 der Aufhebungsverträge jegliche Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin zunächst ein direkt vorsätzliches Verhalten (dolus directus, also Wissentlichkeit oder Absicht) voraus; eine Haftung wegen bedingten Vorsatzes ist für die hier geltend gemachten (reinen) Vermögensschäden aufgrund des insofern vereinbarten Haftungsausschlusses ebenso ausgeschlossen wie eine Fahrlässigkeitshaftung. Denn nach dem übereinstimmenden Verständnis aller Parteien, wie es in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußert wurde (vgl. Bl. 609 eA), sollten Ansprüche gegen die Beklagten nach den geschlossenen Aufhebungsvereinbarungen nur in dem Umfang bestehen bleiben, wie ein Versicherungsschutz durch die H. Versicherung nicht eingreifen würde. Da dort jedoch eine Deckung nur für den Fall des direkten Vorsatzes ausgeschlossen ist, verbleibt auch für eine persönliche Inanspruchnahme der Beklagten lediglich eine Haftung wegen direkten Vorsatzes.
47Soweit die Klägerin in Abkehr von ihrer protokollierten Äußerung in der mündlichen Verhandlung im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.11.2023 zuletzt behaupten möchte, dass die Vorsatzart im Rahmen der Regelung in Ziffer 9.1 gar keine Rolle gespielt habe, da von der dortigen Erledigungsklausel insbesondere auch solche Ansprüche der Klägerin unberührt bleibe sollten, die „auf einer strafbaren oder vorsätzlichen Handlung“ der Beklagten beruhten, ist die darin liegende Behauptung, die Parteien hätten grundsätzlich eine Haftung wegen jeglichen Vorsatzes bestehen lassen wollen, zum Einen gemäß § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, zum Anderen teilt der Senat eine solche Auslegung der Abgeltungsklausel auch nicht.
48Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen. Bei seiner Willenserforschung hat der Tatrichter aber unter Berücksichtigung des Grundsatzes einer nach beiden Seiten hin interessegerechten Auslegung auch den mit der Absprache verfolgten Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (BGH NJW 2010, 2422, 2425).
49Ausgehend hiervon war es bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarungen angesichts der bereits zu jenem Zeitpunkt im Raume stehenden Vorwürfe – für die Klägerin erkennbar – für die Beklagten von besonderer Bedeutung, eine klare Regelung darüber zu treffen, inwieweit ihre persönliche Inanspruchnahme (neben der bestehenden H.-Versicherung) noch möglich sein sollte. Diesem Interesse sollte erkennbar mit der Formulierung Rechnung getragen werden, dass eine persönliche Inanspruchnahme der Beklagten „insoweit“ – nach den vorangegangenen Sätzen also jedenfalls soweit Haftpflichtschutz unter der H.-Versicherung bestand und die hieraus folgenden Ansprüche der Beklagten an die Klägerin abgetreten wurden – ausgeschlossen sein sollte. Ein nachvollziehbares Interesse der Klägerin, die sich nach dieser Regelung entweder (soweit Haftpflichtschutz bestand) bei der H.-Versicherung oder (soweit die Deckung ausgeschlossen war) bei den Beklagten persönlich schadlos halten konnte, für den Bereich des bedingten Vorsatzes sowohl die Beklagten als auch die H.-Versicherung (parallel) in Anspruch nehmen zu können, besteht demgegenüber nicht; im Gegenteil ging auch die Klägerin erstinstanzlich – als sie noch sowohl die Beklagten als auch die H.-Versicherung in Anspruch genommen hatte – selbst davon aus, dass eine Inanspruchnahme der Beklagten einerseits oder der H.-Versicherung andererseits nur alternativ in Betracht kommen konnte (vgl. S. 5 im Schriftsatz vom 11.01.2022, Bl. 654 LG-A, zu den ursprünglichen Feststellungsanträgen).
50Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht, soweit nach Ziffer 9.1. von der Abgeltung auch solche Ansprüche der Klägerin unberührt bleiben sollten, die auf einer strafbaren oder vorsätzlichen Handlung der Beklagten beruhten. Zum einen besteht bei einer Gesamtbetrachtung der Regelung in Ziffer 9.1 nur vermeintlich ein Widerspruch zwischen der Möglichkeit einer persönlichen Inanspruchnahme der Beklagten im Falle des Nicht-Bestehens von Haftpflichtschutz (also bei direkt vorsätzlichem Handeln) und im Falle einer strafbaren oder vorsätzlichen Handlung (also auch bei bedingt vorsätzlichem Handeln, ggf. vielleicht sogar im Falle der Strafbarkeit bei bloß fahrlässigem Handeln). Denn diese Regelung lässt sich widerspruchsfrei auch dahin auflösen, dass bei reinen Vermögensschäden, wie sie grundsätzlich von der H.-Versicherung abgedeckt würden, eine Inanspruchnahme ausgeschlossen ist soweit Versicherungsschutz besteht (also auch im Falle bedingten Vorsatzes), hingegen bei anderen Schäden, die von der H.-Versicherung bereits von vornherein nicht erfasst werden (Personen- und Sachschäden, vgl. Anl. K7 Ziffer 3.4, AH1), auch eine Inanspruchnahme bei strafbarem oder bedingt vorsätzlichem Verhalten weiter möglich sein sollte. Zum anderen würden jedenfalls verbleibende Unklarheiten in der Abgrenzung zu Lasten der Klägerin gehen, die die Formulierung der maßgeblichen Klausel unstreitig vorgegeben hat.
51b) Ausgehend hiervon ergibt sich ein Anspruch der Klägerin zunächst nicht – worauf sich die Klägerin mit der Berufung in erster Linie stützt – aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB. Die Voraussetzungen für eine Untreue der Beklagten sind aufgrund des klägerischen Vortrags nicht feststellbar; erst recht nicht die Voraussetzungen eines direkt vorsätzlichen Verhaltens.
52aa) Zwar traf hier beide Beklagten zu 1) und zu 3) als Hauptgeschäftsführer bzw. stellvertretender Hauptgeschäftsführer aufgrund ihrer gesetzlichen (vgl. § 109 HwO) und satzungsmäßigen Stellung (§ 38 der Satzung) eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Klägerin im Sinne der hier allein in Betracht kommenden 2. Alternative des § 266 Abs. 1 StGB (vgl. auch BGH NStZ 2015, 220 Rn. 29 zu einem Geschäftsführer einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft; vgl. auch BGH NStZ 2018, 105, 107 zum Mitarbeiter einer Handwerkskammer).
53bb) Jedoch lässt sich auf Grundlage des klägerischen Vortrags eine Verletzung dieser Vermögensbetreuungspflicht durch die Beklagten nicht feststellen.
54(1) Insbesondere stellt es keine Pflichtverletzung durch die Beklagten dar, dass sie in ihrer Eigenschaft als Funktionsträger der Klägerin nicht die bei der BuB als Personal- und Sachkostenerstattungen für die fachliche Projektsteuerung vereinnahmten Fördergelder zur Weiterleitung an die Klägerin eingefordert haben und in diesem Zusammenhang bspw. nicht veranlasst haben, dass eine etwaige Überlassung von Personal und Sachmitteln der Klägerin an die BuB gegenüber dieser in Rechnung gestellt wurde. Dies hätte nämlich vorausgesetzt, dass die Klägerin gegenüber der BuB überhaupt einen Anspruch auf Weiterleitung der dort vereinnahmten Personal- und Sachkostenerstattungen hatte. Ein solcher Anspruch der Klägerin gegen die BuB bestand jedoch weder kraft Gesetzes noch aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung.
55So war die BuB als diejenige, die unstreitig unmittelbar selbst die fachliche Steuerung der Auslandsprojekte wahrgenommen hat (vgl. insofern auch beispielhaft den Antrag der P. gGmbH zum Projekt Togo, Anl. K15, AH3, dort Bl. 14 Ziffer 4.2), zunächst die berechtigte Empfängerin der für die fachliche Steuerung gezahlten Personal- und Sachkostenerstattungen. Eine Verpflichtung zur Weiterleitung der hierauf vereinnahmten Fördergelder kam vor diesem Hintergrund nur dann in Betracht, wenn dies mit Blick auf den Einsatz von Mitarbeitern der Klägerin zwischen der BuB und der Klägerin so vereinbart worden wäre.
56Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Kompensation des Einsatzes von Mitarbeitern der Klägerin bei der BuB gab es unstreitig nicht. Auch für eine konkludente Vereinbarung einer solchen Kompensation bietet der klägerische Vortrag keine Anhaltspunkte. Die Klägerin versucht mit ihrer Argumentation zwar Gründe aufzuzeigen, warum es ggf. sinnvoll oder gar geboten sein konnte, eine Vereinbarung über die Kompensation des Mitarbeitereinsatzes zu treffen, begründet aber nicht den Abschluss einer solchen Vereinbarung. Dies sieht letztlich auch die Klägerin nicht anders, wenn sie sich an anderen Stellen ihres Vortrags in erster Linie darauf stützt, dass es „Aufgabe und Pflicht“ der Beklagten zu 1. und zu 3. gewesen sei, durch den Abschluss steuerunschädlicher Abführungsvereinbarungen die Weiterleitung der Personalkosten im Interesse der Klägerin zu veranlassen, womit sie selbst zeigt, dass der Kern ihres Vorwurfs nicht die Nichteinziehung von Geldern ist, auf die die Klägerin einen Anspruch gehabt hätte, sondern die Tatsache, dass die Schaffung eines solchen Anspruchs unterlassen worden war.
57Bloß aus dem tatsächlichen Einsatz von Mitarbeitern der Klägerin folgt eine Verpflichtung zur Weiterleitung der Gelder jedenfalls nicht, insbesondere auch dann nicht, wenn dieser Einsatz – was streitig ist – für den hier streitgegenständlichen Zeitraum im Rahmen der eigentlich bei der Klägerin zu erbringenden Arbeitszeit erfolgt wäre. Denn es ist durchaus möglich und denkbar, dass eine Muttergesellschaft ihre Mitarbeiter an eine Tochtergesellschaft entsendet / überlässt, ohne hierfür eine Kompensation zu erhalten (vgl. bspw. die Ausgangslage in FG München, Urteil vom 22.4.2016 – 8 K 3290/14, BeckRS 2017, 94546; im Gegenteil können sich bei einer Entsendung von Mitarbeitern an die Tochtergesellschaft gegen Erstattung der Aufwendung umsatzsteuerrechtliche Probleme ergeben, vgl. EuGH, Urteil vom 11.3.2020 – C-94/19, San Domenico Vetraria, MwStR 2020, 404, beck-online). So hat es im Übrigen ja – ausweislich der vorgelegten Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der BuB vom 03.09.2014 (AH5, Bl. 1343) – auch die Klägerin selbst als Alleingesellschafterin der BuB und insofern vertreten durch Mitglieder ihres Vorstands für sachgerecht erachtet, die zuvor zu ihren Gunsten als „Verwaltungskostenpauschale“ für seine im Nebenamt ausgeübte Geschäftsführertätigkeit bei der BuB vorgenommene Abführung des Geschäftsführergehalts des Beklagten zu 3) zu beenden und damit entschieden, auch die (teilweise) Überlassung ihres eigenen Hauptgeschäftsführers an die BuB zur Ausübung von dortigen Geschäftsführertätigkeiten fortan ohne Kompensation durchzuführen.
58(2) Die Pflicht, für die Klägerin einen Anspruch auf Weiterleitung der von der BuB vereinnahmten Fördergelder durch Abschluss einer entsprechenden Kompensationsvereinbarung zu schaffen, hatten die beiden Beklagten im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs – der sich satzungsgemäß auf die Geschäfte der laufenden Verwaltung beschränkte – jedoch nicht, so dass sich auch das Unterlassen des Abschlusses einer solchen Vereinbarung nicht als Pflichtverletzung der Beklagten darstellt.
59Geschäfte der laufenden Verwaltung sind bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie der Klägerin solche, die nach Regelmäßigkeit und Häufigkeit zu den üblichen Geschäften der Körperschaft gehören und bei denen die Aufgabenerledigung nach feststehenden Grundsätzen und auf eingefahrenen Gleisen erfolgt (vgl. OVG Münster, Urteil vom 08.05.2009 – 15 A 770/07, BeckRS 2009, 34584), bzw. solche, die in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und zugleich nach Größe, Umfang, Verwaltungstätigkeit und Finanzkraft der beteiligten Körperschaft von sachlich weniger erheblicher Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2008 - II ZR 158/06, NJW 2009, 289 Rn. 32).
60Selbst unter Berücksichtigung der v.g. Gesichtspunkte – insbesondere der Größe der Klägerin (mit rund 33.000 Betrieben eine der großen Handwerkskammern in Deutschland) und des aus den vorgelegten Berichten ihres Rechnungsprüfungsausschusses (AH4) ersichtlichen Finanzkraft etc. – handelte es sich bei der Frage, ob, unter welchen Voraussetzungen und ggf. gegen welche Kompensation Mitarbeiter der Klägerin unter Freistellung von ihren dortigen Arbeitsverpflichtungen bei der BuB als ihrer Tochtergesellschaft eingesetzt werden sollten und wie dies ggf. zu dokumentieren und abzurechnen war, um eine einmalige, eigentlich bereits bei Errichtung der BuB zu entscheidende Grundsatzfrage, zumal diese schon nach dem klägerischen Vortrag (vgl. bspw. Bl. 312 LG-A, letzter Absatz) letztlich seit jeher außer den beiden Geschäftsführern (und einzelnen Aushilfskräften) über keine eigenen Mitarbeiter verfügt habe und das zur Aufgabenerfüllung notwendige Personal der BuB von der Klägerin gestellt wurde. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es dabei nicht von Relevanz, ob es sich dann bei den durchgeführten Projekten und den von der P. gGmbH hierfür erhaltenen Mittel um wiederkehrende Routineangelegenheiten handelte; denn gerade für die Erledigung dieser wiederkehrenden Angelegenheiten waren im Hinblick auf die Frage der Kompensation für die Überlassung des hierzu verwendeten Personals der Klägerin zunächst die anzuwendenden Grundsätze festzulegen.
61(3) Vor diesem Hintergrund bleibt als allein denkbare Pflicht, die die Beklagten durch Unterlassen verletzt haben könnten, eine ggf. aus ihren satzungsgemäßen (vgl. § 38 Abs. 9 der Satzung der Klägerin) und dienstvertraglichen Beratungspflichten herzuleitende Pflicht, bei den Organen der Klägerin – insbesondere bei deren Vorstand – den Abschluss einer Vereinbarung über die Überlassung von Personal an die BuB und eine etwaige Kompensation hierfür anzuregen.
62(a) Es erscheint aber bereits zweifelhaft, ob eine solche Pflicht überhaupt bestand. Denn jedenfalls bei Errichtung der BuB musste dem damaligen Vorstand, dem der Abschluss einer Überlassungsvereinbarung oblegen hätte, schließlich bekannt gewesen sein, dass er selbst jedenfalls keine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen hatte, so dass eine Pflicht zur (späteren) Beratung des (ggf. neu besetzten) Vorstandes der Klägerin allenfalls dann in Betracht kam, wenn die Beklagten einen im Nachhinein aufgetretenen Beratungsbedarf hätten erkennen müssen. Selbst wenn man insofern aber den klägerischen Vortrag zugrunde legt, dass erst ab 2005/2006 eine Erhöhung der Projekte bei der BuB stattgefunden habe, die – anders als in der Zeit zuvor – die Abwicklung der Projekte im Rahmen des Überstundenausgleiches oder im Urlaub der eingesetzten Mitarbeiter jedenfalls ab 2007 nicht mehr erlaubt habe (was angesichts der vorliegenden Finanzzahlen bereits tatsächlich zweifelhaft erscheint, hatte die BuB doch bereits im Jahr 2003 eine Bilanzsumme von 1.364.671 €, vgl. Anl. B1_4, AH2, was mehr als die durchschnittliche Bilanzsumme der BuB in den Jahren 2009 bis 2017 war, die sich in den Jahren 2009 und 2010 lediglich auf rund 500.000 € bzw. rund 735.000 € belief und im Schnitt etwa 1.234.000 € betrug, Anl. K27, AH4), so hätte sich eine Beratungspflicht entgegen der Auffassung der Klägerin jedenfalls nicht deshalb ergeben, weil ein Personaleinsatz auf Kosten der Klägerin eine gesetzes- und satzungswidrige Verwendung von Kammerbeiträgen dargestellt hätte.
63Eine – von der Klägerin geradezu für zwingend erachtete – Notwendigkeit der Erstattung der Kosten für von ihr an die BuB überlassenes Personal bestand nämlich von Gesetzes wegen nicht. Insbesondere das klägerische Argument, es sei noch bis ins Jahr 2021 unzulässig gewesen, die von ihren Mitgliedern gezahlten Beiträge für internationale Entwicklungshilfeprojekte einzusetzen, überzeugt nicht. Abgesehen davon, dass die Klägerin unstreitig bereits vor Errichtung der BuB (bspw. schon in den 80er Jahren im Rahmen eines Mali-Projekts) selbst in diesem Bereich – offenbar unproblematisch unter Einsatz der Kammerbeiträge – tätig war, stand auch das Gesetz einer Beteiligung bei internationalen Entwicklungshilfeprojekte (selbst vor der Einführung des § 91 Abs. 2b HandwO) nicht entgegen. § 91 HandwO legte auch bereits in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum die Aufgaben einer Handwerkskammer nicht enumerativ abschließend fest, sondern ließ seit jeher auch andere als die ausdrücklich angesprochenen Betätigungsmöglichkeiten zu, soweit sie sich dabei innerhalb des in § 91 Abs. 1 Nr. 1 HandwO gesteckten, weit auszulegenden Rahmens „die Interessen des Handwerks zu fördern“ bewegten (vgl. Nomos-BR/Detterbeck HwO/Steffen Detterbeck, 3. Aufl. 2016, § 91 Rn. 1). Dass hierzu auch die Förderung derartiger Projekte gehörte, steht im Einklang damit, dass die Neueinführung des Abs. 2b – der die Zulässigkeit der Beteiligung an internationalen Entwicklungshilfeprojekten ausdrücklich ausspricht – nach der Gesetzesbegründung nur dem klarstellenden Ausschluss etwaiger Zweifel an einer bereits lange gelebten und erwünschten Praxis diente. Insofern konnte es – unter Beachtung des hierfür maßgeblichen Äquivalenzprinzips (vgl. dazu BeckOK HwO/Leisner, 22. Ed. 1.9.2023, § 113 Rn. 9) – auch keine gesetzeswidrige Verwendung von Kammerbeiträgen darstellen, wenn diese Förderung von Entwicklungshilfeprojekten aus dem Kammerhaushalt erfolgte. Dies gilt umso mehr, als – wie die Beklagten zu Recht einwenden – eine vollständige Kompensation der Ausgaben für eine solche Tätigkeit auch mit der staatlichen Förderung ohnehin zu keiner Zeit erreichbar war, als die Förderbedingungen nur einen anteiligen Ausgleich der Personalaufwendungen für die fachliche Steuerung vorsahen und unstreitig (vgl. Bl. 460 eA) die Tragung der darüber hinausgehenden Aufwendungen als Eigenleistungen erforderten.
64Darüber hinaus spricht gegen eine Beratungspflicht gegenüber dem Vorstand, dass diesem schlechterdings kaum entgangen sein konnte, dass eine Abführung der von der P. gGmbH vereinnahmten Beträge an die Klägerin nicht erfolgte. Die nicht unbeträchtlichen Gewinne der BuB, die - angeblich - Grund für die Gewährung von Tantiemen an die Beklagten zu 1) und 3) waren, konnten ersichtlich nur dadurch entstehen, dass die von der P. gGmbH vereinnahmten Beträge nicht an die Klägerin weitergeleitet wurden, denn - das wussten auch die Vorstandsmitglieder - die BuB hatte keine anderen Einnahmen, aus denen Gewinne in dieser Größenordnung resultieren konnten.
65(b) Jedenfalls würde aber die Verletzung einer Pflicht zur Beratung des Vorstands über eine etwaige Notwendigkeit, eine Entscheidung darüber herbeizuführen, die zuvor seit Jahren geübte Praxis eines vereinbarungslosen Einsatzes von Mitarbeitern der Klägerin bei der BuB ggf. durch Abschluss einer Vereinbarung zu ändern, nicht die Verletzung der den Beklagten obliegenden Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Untreuetatbestandes darstellen.
66Eine Rechtsbeziehung, die sich insgesamt als Treueverhältnis darstellt, kann – abhängig vom Inhalt und Umfang der Treueabrede – Verpflichtungen enthalten, deren Verletzung nicht vom Untreuetatbestand geschützt ist; insofern begründet nicht jede Pflichtverletzung im Rahmen einer solchen Rechtsbeziehung zugleich einen Treuebruch (vgl. BGH, Urteil vom 30.10.1985 - 2 StR 383/85, NStZ 1986, 361; vgl. auch BGH, Beschluss vom 21.10.1997 - 1 StR 605/97, NStZ-RR 1998, 69, beck-online).
67Ausgehend hiervon sind aber etwaige Fehler der Beklagten bei der Beratung des Vorstandes der Klägerin nicht vom Schutzzweck des § 266 StGB erfasst; insofern handelt es sich nämlich – mangels Befugnis der Beklagten, selbst in einem gewissen Umfang Entscheidungen treffen zu können – nicht um eine Pflicht, die ihrer Vermögensbetreuungspflicht unterfällt.
68cc) Selbst wenn man schließlich ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten annehmen wollte, so wäre dies hier auch nicht zur Begründung des Untreuevorwurfs geeignet.
69Bei Auslegung des Untreuetatbestandes ist es von Verfassungs wegen geboten, dessen Anwendung klare und deutliche (evidente) Fälle pflichtwidrigen Handelns (BGH, Beschluss vom 13.09.2010 - 1 StR 220/09, NJW 2011, 88 Rn. 35) bzw. einen evidenten und schwerwiegenden Pflichtverstoß im Sinne einer gravierenden Pflichtverletzung (BGH, Beschluss vom 08.01.2020 − 5 StR 366/19, NStZ 2020, 422 Rn. 20) zu beschränken. Eine solch evidente, gravierende Pflichtwidrigkeit liegt aber angesichts der bereits in den Jahren vor dem hier streitgegenständlichen Zeitraum geübten Praxis fern, insbesondere weil auch nicht ersichtlich ist, dass durch die Tätigkeit ihrer Mitarbeiter für die BuB überhaupt zusätzliche Personalkosten bei der Klägerin angefallen wären und die Erstattungsleistungen der P. gGmbH auch bei dieser Praxis der Klägerin zumindest teilweise über die Gewinne der BuB zugeflossen sind.
70dd) Schließlich vermag der klägerische Vortrag auch nicht die Feststellung eines (direkten) Vorsatzes bei den Beklagten zu rechtfertigen, was voraussetzen würde, dass ihnen eine etwaige Pflichtwidrigkeit und die Nachteiligkeit ihres Handelns bewusst gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.1990 - 5 StR 268/89, NJW 1990, 3219, 3220). Denn selbst wenn man annehmen wollte, dass es den Beklagten in irgendeiner Form oblegen hätte, jedenfalls seit Übernahme ihrer parallelen Funktionen als (stellvertretender) Hauptgeschäftsführer der Klägerin und zugleich Geschäftsführer der BuB bei der Klägerin darauf hinzuwirken, dass eine verbindliche Regelung zur Kompensation eines etwaigen Einsatzes von Mitarbeitern der Klägerin bei der BuB (und zwar unterstellt, dass – was streitig ist – ein solcher Einsatz bei der BuB tatsächlich innerhalb deren regulärer Arbeitszeit bei der Klägerin erfolgte) getroffen wurde, ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten das Unterlassen eines solchen Verhaltens als pflichtwidrig und ggf. nachteilig für die Klägerin erkannt hätten. Insofern findet sich jedenfalls kein entscheidender Gesichtspunkt, der das Verhalten der Beklagten – selbst wenn es entsprechend dem Vortrag der Klägerin unter deren Verantwortung tatsächlich zu einer Ausweitung der Inanspruchnahme von Personal der Klägerin gekommen sein sollte, welche über einen zuvor allein außerhalb der regulären Arbeitszeiten durchgeführten Einsatz hinausgegangen wäre – nicht als bloß fahrlässig (oder allenfalls bedingt vorsätzlich) erscheinen lassen würde. Es besteht auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags vielmehr die nicht ausschließbare Möglichkeit, dass die Beklagten schlicht die seit Jahren geübte Praxis fortgeführt haben, ohne zu bedenken, dass eine (unterstellte) Ausweitung des Mitarbeitereinsatzes bei der BuB unter Inanspruchnahme (auch) der regulären Arbeitszeiten der eingesetzten Mitarbeiter bei der Klägerin ggf. eine Entscheidung darüber erfordert hätte, ob und inwieweit fortan eine Kompensation dieses Einsatzes erfolgen sollte, wofür insbesondere auch spricht, dass nach dem Vortrag der Klägerin der Beklagte zu 3) in einer Gesellschafterversammlung der BuB vom 25.02.2019 darüber berichtet habe, dass ihm selbst (erst) bei einer Neuorganisation der Abteilung „Internationales“ der Klägerin aufgefallen sei, dass Personalkosten der Klägerin der BuB nicht in Rechnung gestellt worden waren (vgl. bspw. Klageschrift vom 30.03.2021, S. 5f., Bl. 314f. LG-A).
71(1) Für die Wertung der Klägerin, dass es den Beklagten gerade darum gegangen sei, durch die Nichtabführung der Fördergelder Gewinne bei der BuB zu generieren und sich hierdurch Tantiemenzahlungen zu sichern, besteht jedenfalls kein greifbarer Anhaltspunkt.
72Darüber, ob überhaupt eine Tantieme gewährt wurde und falls ja in welcher Höhe entschied ohnehin die Klägerin als Alleingesellschafterin, ohne dass diese durch eine fixe Kopplung an den Gewinn in irgendeiner Weise vorbestimmt gewesen wäre, so dass schon kein Anlass für die Beklagten bestand, durch den Versuch der Generierung von scheinbaren Gewinnen künstlich ihre Tantiemen zu erhöhen. Denn ob sie (selbst bei Erzielung eines Gewinns) überhaupt eine Tantieme erhielten, stand allein zur Entscheidung der Klägerin. Auch der argumentative Versuch der Klägerin, einen gewissen Erfolgsbezug der Tantiemen zu begründen, fällt letztlich immer wieder darauf zurück, dass die Tantiemen „als Anerkennung für geleistete Arbeit“ geleistet wurden (vgl. bspw. Bl. 470 eA) – was genauso gut den persönlichen Einsatz für die BuB im Allgemeinen und die einzelnen Projekte der BuB im Besonderen betreffen konnte –, und damit gerade nicht in erster Linie den bilanziellen Gewinn der BuB im Blick hatten.
73Die Annahme, dass es den Beklagten darum gegangen wäre, sich durch (künstliche) Erhöhung der Gewinne der BuB Tantiemen zu sichern, steht zudem der weitere Vorwurf der Klägerin entgegen, sie hätten andererseits im Zeitraum 2010 bis 2017 pflichtwidrig nicht erstattungsfähige Personalausgaben des Streithelfers E. in Höhe von 75.620,00 € verursacht. Denn hierdurch wäre der – sich in diesem Zeitraum ausweislich der vorgelegten Jahresabschlüsse und Berichte des Rechnungsprüfungsausschusses der Klägerin ohnehin nur auf einen Betrag von insgesamt rund 200.000 € belaufende Gewinn der BuB – noch erheblich weiter vermindert worden.
74(2) Auch der Vortrag der Klägerin, dass den Beklagten „die Erwartungshaltung“ der Klägerin, dass zu ihren Lasten keine Ausgaben in die BuB hätten fließen dürfen, bekannt gewesen sei (so zuletzt bspw. im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.11.2023, dort S. 4, Bl. 620 eA), bietet für ein direkt vorsätzliches Verhalten keinen greifbaren Anhaltspunkt. Denn zum Einen ergibt sich selbst bei Berücksichtigung des Inhalts der hierzu nach der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen daraus allenfalls, dass zwar einerseits eine (bei zwei juristischen Personen ohnehin zunächst einmal selbstverständliche) vermögensrechtliche Trennung zwischen der Klägerin und der BuB erwartet wurde, andererseits die BuB nach damaliger Vorstellung aber letztlich nichts anderes als eine ausgelagerte Stelle der Klägerin selbst sein sollte, die aufwandsneutral einzelne Aufgaben der Klägerin aus deren Tätigkeitsgebiet übernehmen sollte („die zukünftigen Leistungen der GmbH [stellen] keine wesentliche Mehrbelastung, sondern nur eine Veränderung der Zuständigkeit nach außen hin dar“; „Die Gesellschaft soll kein Eigenleben führen, sie sei aufgabenmäßig eng mit der Kammer verknüpft“, vgl. die entsprechenden Zitate und Hervorhebungen der Klägerin selbst, Bl. 621ff. eA). Dass es vor diesem Hintergrund seitens der Klägerin (und zur Kenntnis der Beklagten) geradezu als zwingend vorausgesetzt worden wäre, für den Einsatz ihres Personals bei der BuB eine Kompensation zu erhalten, (zumindest) wenn dieser innerhalb der regulären Arbeitszeit erfolgte, folgt hieraus nicht. Vielmehr ließ die in den vorgelegten Unterlagen dokumentierte Sichtweise es ebenfalls zu, die lediglich ausgelagerten Aufgaben der Klägerin auch weiterhin durch deren Personal zu erbringen (was, wie oben dargelegt, ohne weiteres möglich war) und lediglich nach außen hin unter einem anderen Rechtsträger aufzutreten. Dass es überhaupt eine einheitliche Erwartungshaltung bei der Klägerin zu der Frage gab, ob die von ihr bei der BuB eingesetzten Mitarbeiter ihr gegenüber zu kompensieren waren, wird ohnehin schon dadurch in Zweifel gezogen, dass es selbst bei den von ihr der BuB zur Geschäftsführung im Nebenamt zur Verfügung gestellten Geschäftsführer eine unterschiedliche Handhabung dahin gab, dass die Vergütung, die ihr Hauptgeschäftsführer (zunächst Herr M., später der Beklagte zu 3) zusätzlich als Geschäftsführer bei der BuB erhielt, als Verwaltungskostenpauschale (anfänglich) an sie abgeführt wurde, die Geschäftsführervergütung des Beklagten zu 1) als weiterem Geschäftsführer der BuB jedoch seit jeher (ohne vergleichbare Abführung) an diesen selbst gezahlt wurde. Zum anderen ist auch – wie bereits dargelegt – gar nicht ersichtlich, dass der Einsatz von Mitarbeitern der Klägerin überhaupt zu „Ausgaben“ der Klägerin im Sinne von – über die sowieso entstehenden Personalkosten hinausgehenden – Mehraufwendungen geführt hat, so dass auch ein Bewusstsein, überhaupt Mehraufwendungen bei der Klägerin zu verursachen, nicht zwingend war.
75(3) Direkter Vorsatz der Beklagte lässt sich schließlich auch nicht aus den mit den Anlagen K12/13 (AH3) vorgelegten Mitteilungen der beiden Beklagten herleiten. Abgesehen davon, dass es beiden Beklagten in diesen Unterlagen offenbar in erster Linie darum ging, in der aufgetretenen Situation dem jeweils anderen die Verantwortung zuzuschieben, bestreitet der Beklagte zu 3) selbst jedenfalls in seiner E-Mail vom 20.02.2019 ohnehin jegliche Kenntnis davon, dass keine Personalkostenabrechnung erfolgt war. Selbst wenn man in den Vermerk des Beklagten zu 1) hineinlesen wollte, dass bei beiden Beklagten spätestens in 2007 ein Problembewusstsein dafür bestanden haben mag, dass bei dem Streithelfer E. (allein auf diesen bezieht sich der Vermerk) für dessen Tätigkeit bei der BuB keine Personalkosten durch die Klägerin in Rechnung gestellt wurden, so begründet dies vor dem Hintergrund des weiteren Inhalts dieses Vermerks jedoch keine ausreichende Grundlage für die Annahme eines direkten Vorsatzes, nimmt der Beklagte doch auch darauf Bezug, dass es sich hierbei um eine bereits seit 1998 gelebte, von dem damaligen Hauptgeschäftsführer M. auch explizit gewollte Praxis gehandelt habe, die von keinem der bei der Klägerin zuständigen Personalleiter je beanstandet worden sei, insbesondere auch nicht nach einer intensiven Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss im Jahr 2003, und ihm selbst darüber hinaus von dem Streithelfer E. auch durchweg versichert worden sei, dass dieser seine (Reise-) Tätigkeit im Rahmen von Urlaub oder Überstundenabbau durchführe. Dass (wenigstens) dem Beklagten zu 1) eine Pflichtwidrigkeit dieser Praxis und eine etwaige Nachteiligkeit für die Klägerin damit klar war, ergibt sich hieraus nicht; vielmehr bleibt auch hier die Möglichkeit, dass er – wie der Beklagte zu 3) dies in seiner E-Mail vom 21.03.2019 (vgl. Anl. K44, AH6) formuliert – davon ausging, dass die Frage der Verrechnung von Personalkosten bei einer 100%igen Tochter ohnehin letztlich nicht maßgeblich war.
76c) Vor diesem Hintergrund rechtfertigt das klägerische Vorbringen auch keine Ansprüche aus § 826 BGB oder einer direkt vorsätzlichen Verletzung der Pflichten der Beklagten aus ihren jeweiligen Anstellungsverträgen.
77d) Es kann daher dahinstehen, ob eine Haftung jedenfalls für den Zeitraum bis 2017 auch aufgrund der unstreitig erteilten Entlastungen der Beklagten für ihre Tätigkeiten bei der Klägerin ausgeschlossen ist, nachdem jedenfalls der nach § 37 der Satzung eingerichtete Rechnungsprüfungsausschuss (als Ausschuss der zur Entscheidung über die Entlastung zuständigen Vollversammlung der Klägerin) ausweislich der vorgelegten Prüfberichte und der ebenfalls vorgelegten Jahresabschlüsse der BuB im gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum sowohl über die Bilanzdaten der Klägerin – also insbesondere die Bilanzsummen (im Schnitt zwischen 2010 und 2017 rund 1.3 Mio. €/Jahr), den Anteil der Entwicklungshilfeprojekte hieran (durchweg 95-99%) und die bei der BuB selbst angefallenen Personalkosten (im Schnitt knapp 25.000 €/Jahr) – sowie auch über die Höhe der Abflüsse von der BuB an die Klägerin (im Schnitt knapp 28.000 €/Jahr) informiert war, aus denen durchaus erkennbar war, dass die Abflüsse an die Klägerin kaum ausreichen konnten, um den angesichts der nur geringen Personalausgaben der BuB erkennbar von der Klägerin stammenden Personaleinsatz zu kompensieren.
78Ebenso kann dahinstehen, ob und inwieweit die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin verjährt sind oder jedenfalls im Hinblick auf den Beklagten zu 1) aufgrund der in seinem Anstellungsvertrag erfolgten Inbezugnahme des BAT auch deshalb ausgeschlossen sind, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 70 BAT schriftlich geltend gemacht wurden (vgl. hierzu und zur Frage, inwieweit § 202 BGB einer solchen Inbezugnahme ggf. entgegenstehen könnte, BAG, Urteil vom 26.09.2013 - 8 AZR 1013/12, Rn. 39f.; noch offen gelassen in BAG, Urteil vom 20.06.2013 – 8 AZR 280/12 Rn. 24; BAG, Urteil vom 18.08.2011 − 8 AZR 187/10 Rn. 37).
792. Ansprüche aus abgetretenem Recht der BuB
80a) Unabhängig von den hier in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 43 Abs. 2 GmbHG oder etwaige vertragliche (aus einem ggf. konkludent geschlossenen Anstellungsvertrag) oder deliktische Ansprüche, bestehen die von der Klägerin aus abgetretenem Recht der BuB geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen angeblich unnötig gezahlter Steuern, ausgezahlter Tantiemen und geleisteter Spenden – die durchweg nicht gezahlt worden wären, wenn die BuB die vereinnahmten Fördergelder an sie weitergeleitet hätte – schon mangels eines Schadens der BuB nicht. Denn bei der gebotenen bilanziellen Betrachtungsweise wäre das Vermögen der BuB erheblich geringer gewesen, wenn sie die vereinnahmten Fördergelder in dem hier streitgegenständlichen Umfang (880.278,57 €) an die Klägerin weitergeleitet hätte, als wenn sie die Fördergelder behielt und hieraus lediglich Steuern, Tantiemen und Spenden in Höhe von insgesamt 251.774,03 € bezahlte.
81b) Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht der BuB im Zusammenhang mit der Zahlung nicht erstattbarer Honorare an den Streithelfer E..
82aa) Insofern beschränkt zunächst die Vereinbarung in Ziffer 9.1 der – im Ausgangspunkt zwischen der Klägerin und den Beklagten geschlossenen – Aufhebungsvereinbarungen eine Haftung der Beklagten auch gegenüber der BuB zunächst allein auf direkt vorsätzliches Verhalten.
83Die Klägerin verweist zwar zunächst zutreffend darauf, dass Parteien der Aufhebungsvereinbarungen (nur) die Klägerin und die Beklagten zu 1) und zu 3) waren, es auch inhaltlich gemäß Ziffer 1 der Vereinbarungen zunächst um die Beendigung ihrer Ämter und Anstellungen bei der Klägerin ging und schließlich auch die Abgeltungsklausel in Ziffer 9.1 sich auf Ansprüche der Klägerin bezog. Unter Berücksichtigung der bereits dargelegten Grundsätze für eine nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung hindert dies jedoch nicht die Auslegung, dass mit der Klausel in Ziffer 9.1 der Aufhebungsvereinbarungen (entsprechend dem von allen Parteien in der mündlichen Verhandlung geäußerten Konsens, Bl. 609 eA) grundsätzlich die hier streitgegenständlichen Ansprüche gegen die Beklagten nur in dem Umfang bestehen sollten, wie ein Versicherungsschutz durch die H. Versicherung nicht eingreifen würde, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Ansprüche der Klägerin selbst oder um solche der BuB handelte.
84Denn es entsprach zunächst erkennbar dem Interesse der Beklagten, im Hinblick auf die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarungen im Raume stehenden Vorwürfe der Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von Personal der Klägerin bei der BuB eine umfassende Regelung gerade auch im Hinblick auf die BuB zu treffen. Da auch Ansprüche der BuB der H. Versicherung unterfielen, bestand auch kein durchgreifendes Interesse, zwar Ansprüche der Klägerin einzuschränken, demgegenüber aber Ansprüche der BuB uneingeschränkt aufrecht zu erhalten. Dass die BuB nicht unmittelbar als Vertragspartei der Aufhebungsvereinbarungen genannt war, ist insofern unschädlich. Denn die Klägerin als ihre Alleingesellschafterin war jedenfalls grundsätzlich dafür zuständig, auch die Rechtsverhältnisse zwischen der BuB und den Beklagten aus Anlass der Beendigung von deren Geschäftsführertätigkeit bei der BuB zu regeln. Auch die Regelung in Ziffer 4 der Aufhebungsvereinbarungen, wonach beide Beklagten alle Ämter, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Klägerin ausübten, niederlegen sollten, zeigt, dass der Regelungsgehalt der Aufhebungsvereinbarungen gerade nicht auf die unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und den Beklagten beschränkt war, sondern die Aufhebungsvereinbarungen auch das Rechtsverhältnis zur BuB betrafen. Auch die Klägerin und die BuB haben dies ersichtlich so verstanden, nimmt die kurz nach Abschluss der Aufhebungsverträge durchgeführte Gesellschafterversammlung der BuB vom 01.04.2019 (Anl. K28, AH3) doch ausdrücklich darauf Bezug, dass die Beklagten ihre dortigen Geschäftsführertätigkeiten mit Wirkung vom 26.03.2019 (das ist das Datum der mit der Klägerin geschlossenen Aufhebungsverträge; gesonderte Aufhebungsverträge mit der BuB hat es unstreitig nicht gegeben) aufgelöst haben. Auch in der Gesamtbetrachtung entsprach es selbst nach dem Vortrag der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.11.2023 und den hierzu vorgelegten Unterlagen dem Verständnis aller Beteiligten, dass die BuB letztlich nur eine ausgelagerte Abteilung der Klägerin sein sollte, ohne Eigenleben und mit enger aufgabenmäßiger Verknüpfung mit der Klägerin, was insbesondere auch dadurch verwirklicht werden sollte, dass die BuB keinen hauptamtlichen Geschäftsführer haben sollte, sondern die Geschäftsführung lediglich im Nebenamt durch die Funktionsträger der Klägerin erfolgen sollten. Genau eine solche Tätigkeit im Nebenamt durch die Funktionsträger der Klägerin entsprach auch der über die gesamte Zeit gelebten Praxis, was sich u.a. darin zeigt, dass keine gesonderten (ausdrücklichen) Anstellungsverträge mit den Beklagten geschlossen wurden und lediglich geringe Geschäftsführervergütungen gezahlt wurden, über die auch jeweils nur unmittelbar durch Gesellschafterbeschlüsse (durch die Klägerin als Alleingesellschafterin) entschieden wurde und die jedenfalls bei Herrn M. und anfänglich auch bei dem Beklagten zu 3) gar nicht an diese ausgezahlt wurden, sondern unmittelbar an die Klägerin flossen. Vor diesem Hintergrund hegt der Senat keinen Zweifel daran, dass es nicht nur einer beiderseits interessengerechten Auslegung, sondern auch dem tatsächlichen allseitigen Verständnis bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarungen entsprach, die Abgeltungsklausel in Ziffer 9.1 auch auf etwaige Ansprüche der BuB zu beziehen. Ob sich dies zudem auch daraus ergibt, dass die BuB – wie der Beklagte zu 1) in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 08.12.2023 vorträgt – in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren mit dem Beklagten zu 1) sogar selbst behauptet haben soll, dass die Klausel in Ziffer 9.1 „nach dem seinerzeitigen Verständnis aller Beteiligten selbstverständlich auch etwaige Ansprüche aus der Tätigkeit in der 100%igen Tochtergesellschaft“ der Klägerin betroffen habe, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.
85bb) Eine – gemäß der vereinbarten Haftungsbeschränkung vollständig von der Klägerin darzulegende – direkt vorsätzliche Verletzung von Pflichten aus den ggf. konkludent geschlossenen Anstellungsverträgen bzw. aus § 43 GmbHG oder ein entsprechendes deliktisches Verhalten lässt sich jedoch auf Grundlage des entscheidungsrelevanten Vortrages nicht feststellen. Denn ausgehend von der zutreffenden Wertung des Landgerichts wäre die Beschäftigung des Streithelfers E. für die streitgegenständlichen Tätigkeiten – unterstellt, dass die hierfür gezahlte Vergütung eines Kurzzeitexperten nach den Förderbedingungen wegen der Tätigkeit des Streithelfers bei der fachlichen Steuerung nicht erstattungsfähig war – nur dann pflichtwidrig gewesen, wenn an seiner Statt eine andere, gleich geeignete Person hätte eingesetzt werden können, die nicht in der fachlichen Steuerung eingesetzt war und deren Vergütung daher erstattungsfähig gewesen wäre. Denn grundsätzlich hatte die BuB aufgrund der mit der P. gGmbH getroffenen Vereinbarung die Durchführung der Projekte (mit geeignetem Personal) sicherzustellen.
86Dass eine gleich geeignete Person für die nach dem Vortrag der Klägerin von Herrn E. ausgeübten und gesondert abgerechneten Tätigkeiten verfügbar gewesen wäre (und sich die Beklagten dann gar direkt vorsätzlich dazu entschieden hätten, den Streithelfer E. dennoch – zum Nachteil der BuB – einzusetzen), legt die Klägerin jedoch – auch mit der Berufung – nicht hinreichend dar. Die Klägerin beschränkt sich vielmehr auf die Behauptung, dass die Tatsache, dass in allen Projekten zahlreiche Kurzzeitexperten zum Einsatz gekommen und abgerechnet worden seien, belege, dass tatsächlich weitere Kurzzeitexperten zur Verfügung gestanden hätten. Dieser Vortrag ist jedoch unerheblich, denn aus dem Umstand, dass es für andere Projekte und möglicherweise auch andere Fragestellungen externe Kurzzeitexperten gegeben hat, besagt nichts darüber, ob es diese auch für die Projekte gegeben hat, bei denen der Streithelfer E. zum Einsatz gekommen ist. Dies gilt insbesondere auf der Grundlage der unwidersprochenen Darstellung des Streithelfers in der mündlichen Verhandlung (S. 3 der Sitzungsniederschrift; Bl. 609 eA), dass er lediglich besonders umfangreiche Tätigkeiten im Rahmen der Projektsteuerung auch in seiner Freizeit wahrgenommen habe, für die er dann wie ein Kurzzeitexperte vergütet worden sei.
87Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten der Beklagten auch deshalb ausgeschlossen ist, weil – wie der Streithelfer E. im Schriftsatz vom 31.01.2023 (Bl. 431f. eA) substantiiert dargelegt hat, ohne dass die Klägerin dem in der Folgezeit entgegengetreten wäre – erst das im Juli 2018 (nach dem hier streitgegenständlichen Schadenszeitraum) erschienene P.-Handbuch erstmals den Hinweis darauf enthalten habe, dass diejenigen Mitarbeiter des Projektträgers, die bereits für die fachliche Steuerung eingesetzt und abgerechnet werden, nicht zusätzlich als Kurzzeitpersonal eingesetzt und abgerechnet werden dürfen, wohingegen die zuvor erschienenen Handbücher ein entsprechendes Verbot nicht aufgeführt hätten.
883. Die Nebenansprüche und der Feststellungsantrag teilen das Schicksal der unbegründeten Hauptansprüche.
894. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, unter denen die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist, liegen nicht vor. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren vor allem die Auslegung der zwischen den Parteien bestehenden (haftungsbeschränkenden) Abreden und die Frage, ob der Klagevortrag im konkreten Einzelfall die Annahme eines schuldhaft pflichtwidrigen Verhaltens mit dem einschlägigen Verschuldensmaßstab rechtfertigte. Grundsätzliche rechtliche Fragestellungen, wie sie die Klägerin hier hinsichtlich der Rechte und Pflichten zwischen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft bei Personengleichheit ihrer jeweiligen (Haupt-)Geschäftsführer oder hinsichtlich der Frage zur Anwendbarkeit der Ausschlussfristen nach § 70 BAT bzw. § 37 TVöD sehen möchte, waren für die Entscheidung ohne Bedeutung.
90Das weitere Vorbringen der Parteien in den nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätzen hat der Senat – wie auch aus den vorangegangenen Ausführungen ersichtlich – zur Kenntnis genommen, jedoch keinen Anlass für Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gesehen.
91Streitwert: 984.197,97 € (s. Beschluss des Senats vom 01.07.2022, Bl. 178 eA)