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Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 20.10.2022 (Az. 12 O 169/22) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 23.224,85 €.
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger verlangt von dem Beklagten ausstehende Vergütung für Sachverständigenleistungen im Zusammenhang mit Arbeiten im Bereich der privaten Zuwegung zum Grundstück des Beklagten. Dieser beauftragte den Kläger mit der Dokumentation und sachverständigen Beratung hinsichtlich der neben der privaten Zuwegung befindlichen Baustelle bzw. deren Auswirkungen auf den Privatweg. Nachdem der Beklagte die ersten drei Rechnungen im Umfang von insgesamt 7.705,25 € ausgeglichen hatte, verweigerte er die Zahlung auf die Schlussrechnung vom 08.02.2021 im Umfang von 10.519,60 €.
4Der Beklagte hat sich diesbezüglich darauf berufen, dass der Kläger wider besseren Wissens sowie im bewussten und kollusiven Zusammenwirken mit der Gegenseite des einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Landgericht Aachen, Az. 11 O 348/17, – der Bauherrin des Nachbargrundstücks – im Rahmen der dortigen mündlichen Verhandlung bekundet habe, die Zuwegung sei mit LKWs über 12 t befahrbar. Hierzu habe er fälschlicherweise die Statik U. anstatt der Statik R./M. herangezogen. Dies habe dazu geführt, dass der unzutreffende Vortrag der Gegenseite im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht aufgedeckt und daher zunächst unbemerkt geblieben sei, dass Gefahr für Leib und Leben der Benutzer der Straße bestanden habe. Wegen dieser Täuschung hat der Beklagte die Anfechtung des Vertrags erklärt und mit Schadensersatzansprüchen gegen eine etwaige Vergütungsforderung aufgerechnet. Widerklagend hat er zum einen die Feststellung beantragt, dass der Kläger verpflichtet sei, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm daraus entstanden sind, dass die Gerichte zuvor davon ausgegangen seien, dass nach der Statik U. gebaut worden sei und LKWs bis zu 12 t die Straße befahren konnten. Zum anderen hat er die Verurteilung des Klägers zur Rückzahlung der bereits von ihm ausgeglichenen Vergütung i.H.v. 7.705,25 € begehrt.
5Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
6Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dem Kläger stehe die (unstreitig) vereinbarte Vergütung im vollen Umfang zu. Es komme nicht darauf an, dass – wie der Beklagte vortrage – die Arbeiten „im Einzelnen nicht immer erforderlich“ gewesen seien, denn die tatsächlich erbrachten Leistungen seien jedenfalls auf Veranlassung und Wunsch des Beklagten erfolgt. Inhaltlich sei der Beklagte der klägerischen Abrechnung nicht entgegengetreten. Auch sei der Vertrag nicht wirksam angefochten, weil es an einem Anfechtungsgrund fehle. Insbesondere seien keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass sich der Beklagte durch Täuschung des Klägers zum Vertragsschluss veranlasst sah. Eine Täuschung sei auch deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger bereits im Jahr 2017 darauf hingewiesen habe, dass er sich nicht vertiefend mit dem Bereich der Statik beschäftige und ggf. ein Statiker hinzuzuziehen sei. Der Vergütungsanspruch sei zudem nicht durch Aufrechnung erloschen. Ein entsprechender Gegenanspruch des Beklagten bestehe nicht, weshalb auch die Widerklage (soweit zulässig) unbegründet sei. Gewährleistungs- oder Minderungsansprüche bestünden im Dienstvertragsrecht nicht. Zudem sei nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass der Kläger eine Pflichtverletzung begangen habe, die zu einem Schaden des Beklagten geführt habe. Da auch nicht ersichtlich sei, dass ein solcher Schaden durch den Beklagten nicht bezifferbar wäre, sei die Widerklage hinsichtlich der begehrten Feststellung unzulässig.
7Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er seinen Klageabweisungs- und seinen Widerklageantrag weiter verfolgt. Unter Wiederholung und Ergänzung seines Vortrags behauptet er weiterhin, der Kläger habe vor Gericht vorsätzlich falsch den Vortrag der Antragsgegnerin im einstweiligen Verfügungsverfahren bestätigt, wonach auf der Straße LKWs bis zu 12 t fahren könnten. Zudem habe der Kläger bereits vor Stellung des Antrags Kontakt zur Antragsgegnerseite gehabt, weshalb nach entsprechender Absprache bereits eine Schutzschrift bei Einreichung des Antrags vorgelegen habe und vorgetragen werden konnte, dass die Trägerbohlwand nach der Statik U. erbaut worden sei. Diese könne aber frühestens nach Errichtung der Wand erstellt worden sein, weshalb sie nicht deren Grundlage sein könne. Der Kläger habe daher auch wider besseren Wissens angegeben, dass sich die im Straßenbelag entstandenen Risse im Rahmen des vorher Geplanten bewegten. Durch seine bewusst falsche Aussage habe der Kläger dazu beigetragen, dass die Baustelle nicht stillgelegt worden sei. Dabei habe es jederzeit zu schweren Unfällen kommen können. Der Kläger könne mit seinen Rechnungen nicht Geld dafür verlangen, dass dem Beklagten Schaden zugefügt werde. Zudem sei es nicht Aufgabe des Beklagten aufzuzeigen, wie viele Stunden der Kläger damit verbracht habe, sein betrügerisches Verhalten zu verschleiern, welche Arbeiten des Klägers notwendig waren, welche dem Beklagten zu Gute kamen oder nur dem Kläger selbst bzw. Dritten, denen der Kläger zugearbeitet habe.
8Der Beklagte beantragt,
9das am 20. Oktober 2022 verkündete Urteil des Landgerichtes Aachen 12 O 169/22 zu ändern und die Klage abzuweisen und der Widerklage stattzugeben.
10Der Kläger beantragt,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Er verteidigt das angefochtene Urteil mit der gegebenen Begründung. Eine Schlechtleistung oder Pflichtverletzung seinerseits sei nicht nachvollziehbar vorgetragen. Insbesondere sei er nicht mit der Prüfung und Bewertung von Statiken beauftragt gewesen, zumal er von Anfang an darauf hingewiesen habe, dass er nicht über die hierfür notwendige Software verfügte. Absprachen o.ä. mit der Gegenpartei des Beklagten habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Zudem sei im einstweiligen Verfügungsverfahren sogar erreicht worden, dass die Trägerbohlwand verstärkt wurde, so dass der Vorwurf des Beklagten, der Kläger habe gegen ihn gearbeitet, schon nicht nachvollziehbar sei. Welcher Schaden dem Beklagten entstanden sei, sei bis heute nicht dargelegt.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
14II.
15Die zulässige Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, denn sie hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist.
161.
17Zur Begründung wird zunächst gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf die im Beschluss vom 14.02.2023 erteilten Hinweise des Senats Bezug genommen. Die Stellungnahmen des Beklagten mit den Schriftsätzen vom 07., 15. und 16.03.2023 rechtfertigen keine abweichende, für diesen günstigere Beurteilung, sondern geben lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen:
18a)
19Soweit der Beklagte erneut seine Vorwürfe eines kollusiven Verhaltens des Klägers wiederholt und ergänzt, verhilft dies seiner Berufung nicht zum Erfolg. Objektive Anknüpfungstatsachen für ein derartiges Verhalten des Klägers sind weiterhin und insbesondere auch aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich. Vielmehr ist unter Mitwirkung des Klägers zugunsten des Beklagten eine einstweilige Verfügung im Verfahren vor dem Landgericht Aachen erlassen worden. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat weiterhin nicht zu erkennen, dass etwaige – aus den Unterlagen schon nicht erkennbare – unzutreffende Äußerungen des Klägers zu einem Nachteil bzw. konkreten Schaden des Beklagten geführt hätten. Inwiefern ein Verhalten des Klägers die Verstärkung der Trägerbohlwand um über einen Monat verzögert und zu welchem Vermögensnachteil dies beim Beklagten geführt haben soll, ist nicht nachvollziehbar dargelegt. Ebenso fehlen weiterhin greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereits bei seiner Beauftragung den Beklagten hätte täuschen wollen.
20b)
21Bei Abfassung des Beschlusses vom 14.02.2023 lagen dem Senat sämtliche Schriftsätze des Beklagten vor. Insoweit und auch darüber hinaus ist eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht ersichtlich. Dem Beklagten war es in allen Instanzen möglich, umfassend zur Sache vorzutragen. Ein verfahrensfehlerhaftes Übergehen eines Beweisangebots erfolgte im – an dieser Stelle ausschließlich zu bewertenden – hiesigen Verfahren nicht.
22c)
23Soweit der Beklagte wiederholt, dass der Kläger vom Beklagten beauftragt gewesen sei, die Statik einzusehen (S. 7 des Schriftsatzes vom 07.03.2023 und S. 2 des Schriftsatzes vom 15.03.2023), stellt er gleichermaßen klar, dass er nicht beauftragt gewesen sei, irgendeine Statik daraufhin zu überprüfen, ob diese zutreffend berechnet worden ist (S. 9 des Schriftsatzes vom 07.03.2023 und – sinngemäß – S.2 des Schriftsatzes vom 15.03.2023). Dies entspricht der Bewertung des Senats. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, wie der Beklagte meint, dass mit dem Kläger weder ein Dienst- noch ein Werkvertrag geschlossen wurde. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss vom 14.02.2023 wird Bezug genommen. Der Beklagte vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, es liege eine unzulässige – weil kollusive – Doppelbeauftragung durch ihn und durch die Antragsgegnerin im einstweiligen Verfügungsverfahren vor, die keine Vergütungsansprüche rechtfertige (so auch S. 3 des Schriftsatzes vom 16.03.2023). Für diese Behauptung fehlen jedoch weiterhin jegliche tatsächliche Anhaltspunkte.
24d)
25Schließlich verhilft der Berufung die Auffassung des Beklagten nicht zum Erfolg, es sei Aufgabe des Klägers gewesen, ihn darauf aufmerksam zu machen, dass bestimmte Aufträge überflüssig gewesen seien, weil es sich z.B. um Wiederholungen handelt, die dem Beklagten keinen Nutzen bringen. Es besteht schon keine allgemeine Pflicht des Dienstverpflichteten, über die mit der beauftragten Tätigkeit verbundenen Kosten aufzuklären (vgl. zum Anwaltsvertrag nur KG Berlin NJOZ 2004, 738). Eine solche könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn der Vertragspartner erkennbar eine falsche Vorstellung hierzu hat. Hierfür ist jedoch im Streitfall nichts ersichtlich. Dem Beklagten, der nach eigenem Vortrag im Bereich des Baurechts aufgrund seiner anwaltlichen Tätigkeit versiert ist, war bekannt, dass und in welchem Umfang der Kläger eine Vergütung für seine Tätigkeit beansprucht. Ebenfalls war ihm bekannt, mit welchen Tätigkeiten der Kläger bereits beauftragt worden war. Ob er auf dieser Grundlage Aufträge erteilt, die ihm ggf. keinen Nutzen bringen, oder er Leistungen doppelt in Anspruch nimmt, liegt in seinem Ermessen. Eine Hinweis- oder Aufklärungspflicht des Klägers bestand insoweit nicht.
262.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.