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Die Berufung der Kläger gegen das am 18. 8. 2022 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 15 O 90/22 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.
Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien schlossen am 6.7.2017 zwei Darlehensverträge über 217.000,00 EUR (Vertrag Nr. -N01, Anlage K 1, Bl. 7 LGA) und 50.000 EUR (Vertrag Nr. -N02, Anlage K 2, Bl. 13 LGA) zur Finanzierung einer Immobilie. Bei dem Vertrag Nr. -N02 handelt es sich um einen KfW-Förderkredit aus dem KfW Wohnungseigentumsprogramm Nr. N03.
4Mit notariellem Vertrag vom 23. 6. 2021 verkauften die Kläger das finanzierte Objekt. In diesem Zusammenhang wandte sich der Notar an die Beklagte, die mit Schreiben vom 12./13. 7. 2021 die Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von 18.491,62 EUR und 3.357,50 EUR sowie einer Bearbeitungsgebühr von 150,00 EUR geltend machte. Die anwaltlich beratenen Kläger zahlten diese Beträge an die Beklagte.
5Das Landgericht hat die auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung gerichtete Klage abgewiesen, da der Anspruch der Beklagten nicht nach § 502 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
6Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgen die Kläger ihr ursprüngliches Klageziel unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter.
7Die Kläger beantragen, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils
8die Beklagtenpartei zu verurteilen, an die Klagepartei 21.999,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Berufung zurückzuweisen.
11Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
12II.
13Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
141. Der Beklagten stand der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 502 Abs. 1 S. 1 BGB zu.
15a) Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die Kläger das finanzierte Objekt verkauft haben (was bereits aus den Anlagen K 3 und K 4 folgte), so dass sie zur vorzeitigen Rückführung der Darlehen gemäß § 500 Abs. 2 S. 2 BGB berechtigt waren.
16b) Nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen, wenn im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind. Auf den Vertrag über 50.000 EUR Nr. -N02 findet die Vorschrift gemäß §§ 491 Abs. 3 Satz 3, Abs. 2 S. 2 Nr. 5 BGB keine Anwendung. Das Landgericht hat im Tatbestand als unstreitig festgestellt, dass es sich bei diesem Vertrag um einen KfW-Förderkredit aus dem KfW Wohnungseigentumsprogramm Nr. N03 handelt. Den dagegen gerichteten Tatbestandsberichtigungsantrag hat es mit Recht zurückgewiesen, da die Kläger selber den Vertrag K 2 vorgelegt haben, aus dem sich ergibt, dass es sich um ein Förderdarlehen aus den Mitteln der KfW handelt. Dass es sich bei einem Darlehensvertrag, dem das „KfW-Wohnungseigentumsprogramm (N03)“ zugrunde liegt, um einen nur mit einem begrenzten Personenkreis abgeschlossenen Vertrag im Sinn des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB handelt, wird in der Rechtsprechung einhellig angenommen (BGH, 4. 6. 2019, XI ZR 77/18, BKR 2020, 137). Dass in dem Vertrag günstigere als marktübliche Bedingungen und ein geringerer als der marktübliche Sollzinssatz vereinbart worden sind, stellt die Berufung nicht in Abrede. Ob die Beklagte sich tatsächlich über die KfW refinanziert hat, ist kein Tatbestandsmerkmal des § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 BGB.
17c) aa) Die Vertragslaufzeit ist in dem Vertrag -N01 korrekt angegeben (Bl. 8 LGA, Nr. 4.4).
18bb) Die Berufung stellt nicht in Abrede, dass in dem Vertrag über das Kündigungsrecht der Darlehensnehmer zureichend informiert wird.
19cc) Die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sind zureichend.
20Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vorschrift des Art. 247 § 7 Abs. 2 EGBGB, der den notwendigen Vertragsinhalt eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens regelt, eine rein nationale Bestimmung ist, so dass die von der Berufung – erneut – zitierte Rechtsprechung des EuGH unerheblich ist. Diesem Argument des Landgerichts setzt die Berufung nichts durchgreifendes entgegen.
21Allgemein gilt, dass die Reichweite der Informationspflicht ihren Ausgangs- und Bezugspunkt in den materiell-rechtlichen Vorgaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung findet. § 502 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmt, dass der Darlehensgeber im Falle der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen kann, wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet. Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genügt es, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt (BGH, 5. 11. 2019, XI ZR 650/18, NJW 2020, 461 Rn. 42 ff.). Dem hat die Beklagte durch Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung unter 10.2 genügt.
22Die Art und Weise der Angabe der Länge der Vertragslaufzeit ist bei Verträgen dieser Art nicht zu beanstanden, da sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht sicher feststeht. Die Angabe „unbefristet“ ist nicht erforderlich, da für den Verbraucher eindeutig ist, dass der Vertrag läuft, bis er seitens einer Seite gekündigt oder seitens des Verbrauchers vollständig erfüllt worden ist.
23Die Formulierung, durch die Berechnungsmethode werde die Beklagte so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre, entspricht der Formulierung in § 500 Abs. 2 S. 2 BGB. Dass sich die Höhe des Schadens nach dem Zeitraum der „geschützten Zinserwartung“, das heißt bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit richtet, ist im Übrigen ein Detail der Berechnungsmethode, das nicht anzugeben ist. Das wird zwar in dem im Schriftsatz vom 25. 4. 2023 zitierten Hinweisbeschluss des OLG Schleswig anders gesehen (Anlage S 1, S. 9 = Bl. 236 d. A.). Dabei kann unterstellt werden, dass es sich um eine vergleichbare Formulierung gehandelt hat, wofür die Bezugnahme auf „Ziffer 10.2“ spricht. Den erkennenden Senat überzeug aber die dort gegebene Begründung nicht. Auch der Bundesgerichtshof fordert keine Differenzierung zwischen den vereinbarten und den durch die Sollzinsbindung begrenzten bzw. durch vorzeitige Kündigungs-, Tilgungsanpassungs- oder Sondertilgungsrechte angepassten, fiktiven vertraglichen Zahlungsströmen, obwohl er selbst die Begrenzung der Vorfälligkeitsentschädigung durch die rechtlich geschützte Zinserwartung entwickelt hat (BGH, 5. 11. 2019, XI ZR 650/18, juris Rn. 46; OLG Stuttgart, 23. 2. 2022, 9 U 168/21, juris Rn. 52).
24Die weiter zitierte Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 26. 1. 2023 (4 U 134/21) betrifft dagegen eine andere Formulierung, die nach Ansicht des OLG Saarbrücken irreführend war, da sie auf die „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ Bezug nahm. Gleiches dürfte für die weiter zitierte Entscheidung des OLG Zweibrücken (22. 3. 2023, 7 U 14/22) gelten, da dort ebenfalls (wie beim OLG Saarbrücken) auf eine „Nr. 8“ Bezug genommen wird. Soweit die Kläger auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt vom 1. 7. 2020 (17 U 810/19) verweisen, so hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass sie sich auf anders lautende Bedingungen bezieht. Tatsächlich fehlen in dem hier zu beurteilenden Vertrag die vom OLG Frankfurt beanstandeten Ausführungen zu einer „differenzierten Vorgehensweise“.
25Ein Hinweis auf die theoretische Möglichkeit, dass der Beklagten kein Schaden entstanden ist, und ihr in diesem Fall (logischerweise) auch kein Schadensersatzanspruch zusteht, ist nicht geboten.
26Einen Hinweis auf die Voraussetzungen für den Wegfall des Vorfälligkeitsanspruchs nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB verlangt die Bestimmung nicht. Auch § 505d BGB wird in § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht erwähnt. Das Argument der Berufung, es sei ein Hinweis auf die schadensmindernde Möglichkeit von Sondertilgungen geboten, ist unverständlich, da sich dieser Hinweis im Vertrag unter 10.2 findet.
27dd) Die Höhe des Bearbeitungsentgelts ist nicht zu beanstanden. Soweit die Berufung den Anspruch gemäß § 494 Abs. 4 BGB für ausgeschlossen hält, übersieht sie, dass sich unter 10.2 ein ausdrücklicher Hinweis auf den in Rechnung gestellten Aufwand befindet. Der Betrag ist aus Sicht des Senats angemessen.
282. Soweit die Kläger die Höhe der von der Beklagten berechneten Vorfälligkeitsentschädigung beanstanden und in diesem Zusammenhang die Berücksichtigung eines negativen Wiederanlagezinses und die Sondertilgungen anführen, so hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte die Sondertilgungen berücksichtigt hat und die Verwendung negativer Wiederanlagezinsen bei der Berechnung nicht zu beanstanden ist. Den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts setzt die Berufung nichts entgegen; insoweit kann daher auf das landgerichtliche Urteil verwiesen werden.
29Bezüglich der Vorfälligkeitsentschädigung für den Vertrag -N02 errechnen die Kläger einen um ca. 300 EUR niedrigeren Betrag; auch in diesem Fall dürfte die Differenz damit zu erklären sein, dass die Beklagte – zutreffend – negative Wiederanlagezinsen in der Berechnung berücksichtigt hat (vgl. Bl. 29-31 LGA).
303. Schließlich sind die Kläger dem Vortrag der Beklagten nicht entgegengetreten, dass sie zum Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung bereits anwaltlich beraten waren; dass die Zahlung unter Vorbehalt erfolgt sei, ist nicht vorgetragen. Ihrem Anspruch steht daher auch § 814 BGB entgegen.
314. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
32Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Die Sache hat keine über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung; weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 543 Abs. 2 ZPO). Bei der (vermutlich) abweichenden Entscheidung des OLG Schleswig handelt es sich um einen Hinweis. Zwar hat das OLG nachfolgend gemäß § 91a ZPO der dortigen Beklagten die Kosten auferlegt, aber nur mit der pauschalen Begründung, sie wäre „voraussichtlich“ unterlegen (Anlage S 2, Bl. 241). Die Entscheidungen des OLG Saarbrücken (4 U 134/21) und des OLG Zweibrücken (7 U 14/22) betreffen eine andere Formulierung. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.