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Die Partei eines Zivilverfahrens hat nach Abschluss des Rechtsstreits einen Anspruch auf Akteneinsicht und Zurverfügungstellung von Kopien unter den Voraussetzungen des § 299 ZPO; weiterführende Rechte kann sie aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO nicht herleiten.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10.11.2021 (1552-4 Sbd. 5), durch den dieser die kostenlose Übersendung einer Kopie der Verfahrensakte 113 C 108/18 abgelehnt hat, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller, der Kläger des im Tenor näher bezeichneten Zivilverfahrens war und seine Klage in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung zurückgenommen hat, beantragte mit Schreiben vom 23.10.2021 beim Antragsgegner datenschutzrechtliche Auskünfte nach Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Weiterhin heißt es in seinem Schreiben: „Bitte stellen Sie mir außerdem kostenfrei eine Kopie meiner bei Ihnen gespeicherten personenbezogenen Daten, d. h. insbesondere der Verfahrensakte zum Rechtsstreit des eingangs genannten Aktenzeichens, postalisch zur Verfügung.“
4Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 10.11.2021 erteilte der Antragsgegner die begehrten datenschutzrechtlichen Auskünfte, verwies den Antragsteller hinsichtlich der Einsicht in die Verfahrensakte jedoch darauf, sein Akteneinsichtsrecht unmittelbar beim verfahrensleitenden (Spruch-) Gericht geltend zu machen.
5Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem am 23.11.2021 bei Gericht eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Er meint, ihm stehe ein Anspruch auf Übersendung einer kostenlosen Kopie aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO zu.
6Der Antragsteller beantragt,
7den Antragsgegner zu verpflichten, ihm kostenlos eine Kopie der Verfahrensakte zum Rechtsstreit mit dem Az. 113 C 108/18 zur Verfügung zu stellen.
8Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
9den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.
10Er vertritt weiterhin die Auffassung, der Antragsteller müsse von seinem Verfahrensrecht auf Akteneinsicht nach den Vorschriften der ZPO Gebrauch machen.
11II.
12Der form- und fristgerecht eingelegte Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG kann in der Sache keinen Erfolg haben.
13In der Sache begehrt der Antragsteller Akteneinsicht in die Gerichtsakte eines Verfahrens, an dem er selbst als Partei beteiligt ist. Diese richtet sich nach § 299 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift können die Parteien die Prozessakten ihres laufenden Verfahrens einsehen und sich aus ihnen durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen. Zuständig für die Abwicklung eines derartigen Begehrens ist die Geschäftsstelle des Gerichts, bei dem der Rechtsstreit anhängig ist. Die Gerichtsverwaltung ist grundsätzlich nicht befugt, über das Akteneinsichtsgesuch einer Partei in einem laufenden Verfahren zu entscheiden (vgl. BeckOK ZPO-Bacher § 299 Rn. 23). Die Zuständigkeit der Gerichtsverwaltung beschränkt sich auf Akteneinsichtsgesuche Dritter, die am Verfahren nicht als Partei beteiligt sind und generell auf Akteneinsichtsgesuche außerhalb eines Verfahrens – also nach dessen Abschluss (MünchKomm ZPO-Pabst, EGGVG § 23 Rn. 19). Die Akteneinsicht richtet sich in diesen Fällen nach § 299 Abs. 2 ZPO. Sie ist aber nicht kostenlos. Zwar fallen für die Akteneinsicht selbst keine Gebühren an. Für die Erteilung von Ausfertigungen, Abschriften (Ablichtungen) und Ausdrucken an die Parteien (Abs. 1) fallen nach KV 9000 Nr. 1 GKG, KV 2000 Nr. 1 JVKostG und KV 31000 Nr. 1 GNotKG Auslagen in Höhe von 0,50 EUR pro Seite für die ersten 50 Seiten und 0,15 EUR für jede weitere Seite an. Dem Antragsteller steht daher ein Anspruch auf die ausdrücklich begehrte kostenlose Übersendung der Gerichtsakte gegen den Antragsgegner unter keinem Gesichtspunkt zu.
14Ein derartiger Anspruch kann insbesondere nicht aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO hergeleitet werden. Die Vorschrift kann nicht herangezogen werden, um eine komplette Aktenübersendung oder Aktenkopie einer Gerichtsakte zu verlangen. Nach dieser Vorschrift ist der für die Datenverarbeitung Verantwortliche nämlich nur verpflichtet, eine Kopie „der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind“, zur Verfügung zu stellen. Dieser Verpflichtung ist der Antragsgegner – soweit ersichtlich – bereits nachgekommen, indem er dem Antragsteller die verarbeiteten Stammdaten in Kopie übersandt hat. Die Gerichtsakte enthält entgegen der Vorstellung des Antragstellers keineswegs ausschließlich und abschließend seine eigenen personenbezogenen Daten, sondern auch diejenigen seines Prozessgegners. Insoweit gehen die Regeln der Zivilprozessordnung über die Akteneinsicht vor.
15III.
16Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1 Abs. 2 Nr. 19, 22 Abs. 1 GNotKG. Den Gegenstandswert hat der Senat nach § 36 Abs. 3 GNotKG bestimmt.
17IV.
18Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 29 Abs. 2 EGGVG bestand kein Anlass, weil das Verfahren weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern.