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1. Die Berufung des Klägers gegen das am 20.01.2022 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 81 O 40/21 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten sind des Rechtsmittels der Berufung verlustig, nachdem sie ihre Berufung zurückgenommen haben.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien jeweils zur Hälfte.
4. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagten auf Unterlassung der konkret aus dem Antrag ersichtlichen Werbung für das Arzneimittel „Bronchostop Sine Hustensaft“ sowie auf Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch.
4Der Kläger ist ein gerichtsbekannter Wettbewerbsverein, zu dessen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs gehört. Dem Kläger gehört eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden an, die im Bereich des Verkaufs oder der Herstellung von Arzneimitteln tätig sind. Der Kläger verfügt über die finanziellen Mittel und das Personal usw., um die satzungsmäßigen Aufgaben erfüllen zu können. Dies ist unstreitig.
5Die Beklagte 1 ist ein österreichisches Pharmaunternehmen, das rezeptfreie und rezeptpflichtige Arzneimittel entwickelt, produziert und vertreibt. Die Beklagte zu 2 gehört zur L. Healthcare-Gruppe. Beide Beklagten vertreiben in Deutschland das Präparat ,,Bronchostop® Sine Hustensaft", ein als solches gemäß §§ 39a ff. AMG registriertes traditionelles pflanzliches Arzneimittel, das apothekenpflichtig ist. Wegen der Gestaltung der Umverpackung, insbesondere der Schauseite, wird auf die konkret zum Gegenstand des Antrags gemachte Anlage K3 Bezug genommen.
6Das Anwendungsgebiet lautet nach der Fachinformation (Anlage K 4) wie folgt:
7Traditionelles pflanzliches Arzneimittel angewendet zur Linderung von Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum und damit verbundenem trockenem Reizhusten sowie zur Förderung des Abhustens bei produktivem Husten im Zusammenhang mit einer Erkältung.
8Das Arzneimittel ist ein traditionelles Arzneimittel, das ausschließlich auf Grund langjähriger Anwendung für das Anwendungsgebiet registriert ist.
9Das Arzneimittel besitzt als Wirkstoff eine Kombination aus Thymiankrautextrakt und Eibischwurzel-Auszug. Es enthält 33 mg Propylenglycol, das nach der Gelben Liste zur Gruppe der Alkohole zählt.
10Der Kläger mahnte die Beklagten erfolglos wegen verschiedener Verletzungshandlungen ab. Hierfür beansprucht er Abmahnkosten in Höhe von 232 €, wobei die Höhe der bei dem Kläger für eine Abmahnung entstehenden Kosten unstreitig ist.
11Der Kläger ist der Auffassung gewesen, bei „Bronchostop® Sine Hustensaft“ handele es sich um eine irreführende Arzneimittelbezeichnung. Dies gelte für die farblich und durch die Schriftgröße hervorgehobene Angabe „Bronchostop“. Angesprochen seien neben medizinischen Fachangehörigen auch Verbraucher. Der Wortbestandteil ,,Broncho" werde als Hinweis auf Atemwegserkrankungen verstanden, die Endung ,,stop" im Sinne von anhalten, aufhören, zum Stillstand kommen. Der Verbraucher verstehe den Begriff so, dass die Einnahme des Arzneimittels Husten beende. Diese Erwartung werde nach dem registrierten Anwendungsgebiet nicht erfüllt, weil Husten und auch nur trockener Husten lediglich gelindert werde. Produktiver Husten werde danach sogar gefördert. Der Beurteilung stehe nicht entgegen, dass es sich um eine Markenbezeichnung handle. Die Verwendung des Wortbestandteils „stop“ sei in Arzneimittelbezeichnungen im Übrigen unüblich. Eine Bindungswirkung der Registrierungsentscheidung sei nicht anzunehmen. Dies sei allenfalls anzunehmen, wenn die Bezeichnung - anders als hier - Gegenstand der Prüfung durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gewesen sei. Eine Änderung des Arzneimittelnamens sei durch Änderungsanzeige möglich.
12Auch weitere aus dem erstinstanzlichen Antrag ersichtliche Behauptungen seien irreführend, was der Kläger im Einzelnen dargelegt hat. Insoweit ist das Urteil – teilweise nach Rücknahme der Berufung – rechtskräftig. Aus diesem Grund ist die Beklagte auch rechtskräftig zur Zahlung von Abmahnkosten verurteilt worden.
13Der Kläger hat beantragt,
14l. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
151. das traditionell pflanzliche Arzneimittel „Bronchostop Sine Hustensaft“ unter Verwendung des Namensbestandteils ,,Bronchostop" zu vertreiben, und/oder zu bewerben;
16und/oder
172. auf der Umverpackung des traditionell pflanzlichen Arzneimittels „Bronchostop Sine Hustensaft“ die Angaben
182.1 „Bei trockenem Reizhusten“
19und/oder
202.2,,Bei Husten mit Schleim“
21und/oder
222.3 „alkoholfrei“
23zu machen, wie hinsichtlich der Angaben zu 2.1 bis 2.3 auf der in K 3 wiedergegebenen Umverpackung geschehen;
24Darüber hinaus hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
25Die Beklagte hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, die angegriffene Arzneimittelbezeichnung sei infolge der Tatbestands- und Bindungswirkung der Registrierung nicht wettbewerbsrechtlich angreifbar. Die Behörde habe die Konformität von Produktnamen und Anwendungsgebiet geprüft. Der Kläger gehe bezogen auf „Bronchostop“ von einem falschen Verkehrsverständnis aus. Den Verwendungszweck gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 AMG entnehme der Verbraucher nicht der Arzneimittelbezeichnung. Die Bezeichnung sei assoziativ und nicht in dem vom Kläger vorgetragenen Sinn zu verstehen. Eine Vielzahl von Produkten würden zudem den Namensbestandteil „stop“ tragen.
28Das Landgericht hat die Beklagte entsprechend den Anträgen Ziffern I.2 (insgesamt) und II (Abmahnkosten) antragsgemäß verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Soweit die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung und zur Zahlung von Abmahnkosten erfolgt ist, ist das Urteil rechtskräftig.
29Im Übrigen ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Kläger keinen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verwendung des Namensbestandteils „Bronchostop“ geltend machen könne. Die Nutzung dieses Namensbestandteils sei nicht irreführend, was das Landgericht im Einzelnen darlegt.
30Gegen dieses Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, wendet sich der Kläger, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Soweit sich die Beklagte gegen die Verurteilung unter den Ziffern I.2.1 und I.2.2 der angefochtenen Entscheidung zur Unterlassung gewandt hat, hat sie ihre Berufung zurückgenommen.
31Der Kläger ist der Auffassung, dass die Arzneimittelbezeichnung „Bronchostop Sine Hustensaft“ irreführend und daher unzulässig sei, weil die Bezeichnung unzutreffende Erwartungen über wesentliche Eigenschaften des Präparats wecke. Die Bezeichnung des Arzneimittels richte sich nicht nur an Fachkreise, sondern auch an das allgemeine Publikum, was insbesondere vor dem Hintergrund anzunehmen sei, dass das Arzneimittel nicht verschreibungspflichtig sei. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass die Bezeichnung des Arzneimittels eine wesentliche Informationsquelle für die Kaufentscheidung darstelle.
32Der Verbraucher gehe davon aus, dass Arzneimittel überwacht und geprüft würden und vertraue auf die Eindeutigkeit der Bezeichnung. An diese Eindeutigkeit seien bei Arzneimitteln hohe Anforderungen zu stellen.
33Vor diesem Hintergrund habe das Landgericht seiner Beurteilung der Verkehrsauffassung ein unzutreffendes Verkehrsverständnis zugrunde gelegt. Anders als das Landgericht meine, entnehme der Verkehr der Bezeichnung „Bronchostop“ in seiner konkreten Ausgestaltung, dass es sich um ein Mittel gegen Husten handele (Bestandteil: „Broncho“) und dieser gestoppt werde (Bestandteil: „stop“).
34Entsprechend würde auch die Beklagte die Aussage verstehen, was sich daraus ergebe, dass die Beklagte in Österreich mit dem Slogan „SAG´ DEM HUSTEN STOP. BRONCHOSTOP“ werbe.
35Der Verkehr würde in die Irre geführt, weil der Husten gemildert, aber nicht gestoppt im Sinne von beendet werde.
36Dem stehe die Entscheidung des Senats vom 20.08.2021 (6 U 47/21) nicht entgegen, weil dort allein die Frage Gegenstand gewesen sei, ob eine sofortige Wirkung eintrete. Auch die weiteren Argumente des Senats trügen die Entscheidung letztlich nicht, was der Kläger weiter ausführt.
37Schließlich habe die Registrierungsentscheidung des BfArM keine Bindungswirkung, weil es die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Bezeichnung nicht geprüft habe.
38Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen:
39Die Beklagten werden unter Abänderung des am 20.01.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln (Az. 81 O 40/21) über die erfolgte Verurteilung hinaus weiter verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr,
40das traditionelle pflanzliche Arzneimittel „Bronchostop Sine Hustensaft“ unter Verwendung des Namensbestandteils „Bronchostop“ zu vertreiben und/oder zu bewerben;
41hilfsweise wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben:
42 43 44 45 46Die Beklagten beantragen,
47die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
48Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil soweit es für sie günstig ist unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
49II.
50Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Vielmehr hat das Landgericht die Klage mit Recht und mit zutreffender Begrünung hinsichtlich des Antrags Ziffer I 1 abgewiesen.
511. Der Kläger ist – wie das Landgericht zutreffend angenommen hat – klagebefugt. Hiergegen wendet sich die Beklagte nicht. Auch handelt es sich bei der Gestaltung des Arzneimittels und seiner Umverpackung um eine geschäftliche Handlung.
522. Das Landgericht hat auch mit Recht und mit zutreffender Begründung, die sich der Senat zu eigen macht, einen Unterlassungsanspruch aufgrund einer Irreführung aus §§ 8, 3a UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, § 10 Abs. 1 S. 5 AMG, § 3 Nr. 1, § 3a S. 2 HWG verneint.
53a) Der Fall betrifft die Irreführungsgebote des § 5 Abs. 1 S. 2 UWG sowie die über § 3a UWG erfassten spezialgesetzlichen Irreführungsverbote in §§ 8 AMG und § 3 HWG, die jeweils Marktverhaltensnormen darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2020 – I ZR 204/19, GRUR 2021, 513 Rn. 7 – Sinupret; Urteil vom 07.05.2015, GRUR 2015, 1244 Rn. 13 – Äquipotenzangabe in Fachinformation; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 5 Rn. 0.95 f.).
54b) Die Prüfung, ob die Bezeichnung „Bronchostop“ irreführend ist, hat nicht bereits deswegen zu unterbleiben, weil das angegriffene Verhalten der Beklagten durch Verwaltungsakt genehmigt ist.
55Allerdings liegt kein unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß §§ 3, 3a UWG wettbewerbswidriges Marktverhalten der Beklagten vor, wenn die Bezeichnung des Arzneimittels durch einen Verwaltungsakt ausdrücklich erlaubt worden und dieser Verwaltungsakt nicht nichtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2015 – I ZR 29/14, GRUR 2015, 1244 – Äquipotenzangabe in Fachinformation, mwN).
56Hiervon kann indes nicht ausgegangen werden. Denn die Nutzung der Bezeichnung des Arzneimittels ist nur dann als durch Verwaltungsakt erlaubt anzusehen, wenn eine solche Erlaubnis einem Verwaltungsakt zu entnehmen ist, was wiederum durch Auslegung des Inhalts des Verwaltungsaktes nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Hierbei ist der erklärte Wille der erlassenden Behörde maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BGH, GRUR 2015, 1244 – Äquipotenzangabe in Fachinformation). Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts ist in erster Linie auf den Entscheidungssatz und die Begründung des Verwaltungsakts abzustellen; darüber hinaus ist das materielle Recht, auf dem der Verwaltungsakt beruht, heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2015 – I ZR 13/14, GRUR 2015, 1228 – Tagesschau-App, mwN). Erforderlich ist vor diesem Hintergrund, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Bezeichnung getroffen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2008 – I ZR 95/05, GRUR 2008, 1014 – Amlodipin).
57Vorliegend ist die Beklagte der Ansicht, durch die Registrierung des Arzneimittels unter der Bezeichnung „Bronchostop“ sei die vorstehend beschriebene Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes eingetreten, weil die Registrierung sich nicht lediglich auf den Vertrieb des registrierten Produktes unter irgendeinem, sondern unter der angegebenen Bezeichnung beziehe.
58Dem kann nicht beigetreten werden. Denn die Beklagte konnte die Registrierung nach Auslegung unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten Grundsätze die Registrierung nicht dahin verstehen, dass auch die Bezeichnung freigegeben wurde. Einen Verwaltungsakt, aus dem sich ausdrücklich die Zulässigkeit der Nutzung des Namens ergäbe, legt die Beklagte nicht vor. Vielmehr trägt die Beklagte alleine vor, dass das Arzneimittel registriert worden sei und legt dies näher dar. Weiter trägt die Beklagte vor, nach welchen gesetzlichen Grundsätzen (§ 39b Abs. 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 2 AMG) die Registrierung zu erfolgen hat und welche Leitlinien das BfArM zu berücksichtigen hat. Hieraus kann die Beklagte indes nicht entnommen haben, dass eine solche Prüfung auch tatsächlich stattgefunden hat und sich die Registrierung auch auf die Bezeichnung bezieht, zumal die von der Beklagten vorgelegte Richtlinie einen nicht unerheblichen Auslegungsspielraum ermöglicht, was die Möglichkeit einer Bezeichnung des Arzneimittels auch in den Fällen angeht, in denen eine sprechende Bezeichnung gewählt wird.
59Diese Frage kann letztlich allerdings offenbleiben, weil der Unterlassungsanspruch aus anderen Gründen nicht besteht.
60c) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Bezeichnung des Arzneimittels „Bronchostop“ nicht irreführend im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist.
61Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG darf ein Arzneimittel nicht in den Verkehr gebracht werden, wenn es mit einer irreführenden Bezeichnung versehen ist. Eine Irreführung ist gegeben, wenn bei den Verkehrskreisen unrichtige Vorstellungen über die Art oder über wesentliche Eigenschaften des Arzneimittels oder des Wirkstoffs erweckt werden. Es muss zumindest ein nicht unbeachtlicher Teil der Verkehrskreise getäuscht werden. Abzustellen ist bei dieser Wertung auf den durchschnittlich informierten, verständigen und kritisch prüfenden Durchschnittsverbraucher. Hierbei sind mit Blick auf die Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und wegen der hohen Werbewirksamkeit gesundheitsbezogener Aussagen besonders strenge Anforderungen an den Ausschluss der Irreführung zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2013 – I ZR 62/11, GRUR 2013, 649 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil zu § 3 HWG; Nickel in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Aufl., § 8 Rn. 14; Rehmann in Rehmann, AGM, 5. Aufl., § 8 Rn. 5a f., jeweils mwN).
62Vorliegend richtet sich die Bezeichnung des Arzneimittels auf der Umverpackung zum einen an Fachkreise, zum anderen an Verbraucher. Dass sich die Bezeichnung auch an Verbraucher richtet, wird dadurch besonders deutlich, dass es sich um ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel handelt, das der Verbraucher im Rahmen einer Selbstmedikation erwerben kann. Auch stellt – wie der Kläger ausdrücklich hervorhebt – die Bezeichnung eines Arzneimittels dann eine wesentliche Informationsquelle für die Kaufentscheidung dar, wenn es sich um eine für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar sprechende Bezeichnung handelt.
63Das Verkehrsverständnis kann der in Wettbewerbssachen erfahrene Senat selbst beurteilen. Zum einen gehört er den angesprochenen Verkehrskreisen der Verbraucher an. Zum anderen ist nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass in Fachkreisen Kenntnisse vorhanden sind, die ein anderes Verkehrsverständnis nahelegen würden.
64Der angesprochene Verkehr wird nicht in die Irre geführt. Wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat, entnimmt der Verkehr aus der Bezeichnung alleine nicht, dass Husten oder Hustenreiz gestoppt wird. Der Verkehr wird dem Bestandteil „Broncho“ der Bezeichnung „Bronchostop“ zwar entnehmen, dass es sich um ein Arzneimittel handelt, das bei einer Erkrankung im Bereich der Bronchien eingesetzt wird. Der weiteren Bezeichnung „Hustensaft“ wird der Verkehr auch entnehmen, dass das Arzneimittel gegen Husten wirken soll. Allerdings sind diese Worte nicht kombiniert worden. Vielmehr legt der Wortlaut der Bezeichnung „Bronchostop“ zunächst die sinnfreie Aussage nahe, dass die Bronchien gestoppt werden sollen. Was konkret durch den „Hustensaft“ gestoppt werden soll, ergibt sich aus der Aussage vor diesem Hintergrund nicht. Vielmehr ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, auf welche Erkrankung oder Fehlfunktion, die sich sodann auf den Husten auswirken, sich der „Stop“ beziehen soll. Der Verkehr wird der dargestellten Bezeichnung daher keine weitere Bedeutung beimessen.
65Soweit der BGH in der Entscheidung „Grippewerbung III“ (Urteil vom 14.04.1983 – I ZR 173/80, GRUR 1983, 595) davon ausgegangen ist, dass die Kennzeichnungen „Kontragripp“ und „Kontragripp RR“ den Eindruck erweckten, dass die Produkte als Mittel zur Bekämpfung einer Grippe geeignet sind, führen diese Grundsätze zu keinem anderen Ergebnis. Zwar war in diesem Fall ebenfalls das Verkehrsverständnis der Bezeichnung eines Medikamentes zu prüfen. Durch die Bezeichnungen im damaligen Fall wurde aber gerade deutlich, dass das Mittel selbst gegen Grippe wirken sollte. Nur so konnte die Kombination aus „Kontra“ im Sinne von gegen und „Gripp“, erkennbar für Grippe, verstanden werden. Im vorliegenden Fall wird aber nicht die Bezeichnung einer Erkrankung mit einem weiteren Begriff kombiniert, sondern eine Abkürzung, die – wie dargelegt – erkennbar für Bronchien steht, die weder bekämpft noch gestoppt werden sollen. Für die Bezeichnung „Antigrippin“ gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch die Auslegung, die für die Nutzung des Begriffs „Rheumalind“ (BGH, Urteil vom 07.03.1991 – I ZR 127/89, GRUR 1991, 848) für Arzneimittel herangezogen wurde, kann daher im vorliegenden Fall keine Anwendung finden. Soweit der BGH die Bezeichnung „HerzASS“ (BGH, Urteil vom 02.05.1996 – I ZR 99/94, GRUR 1996, 806) als unzulässig angesehen hat, erfolgte dies, weil die Bezeichnung gegen das Werbeverbot außerhalb der Fachkreise verstieß. In diesem Zusammenhang hat der BGH ausgeführt, dass die Bezeichnung darauf hindeute, das Mittel sei auch bei organischen Herzkrankheiten zur Vorbeugung und Behandlung geeignet und werde empfohlen, was zutreffend sei. Dies ist indes nicht vergleichbar mit der Frage, wie der Verkehr die Bezeichnung „Bronchostop“ verstehe.
66Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe mit dem Slogan „SAG´ DEM HUSTEN STOP BRONCHOSTOP“ in Österreich geworben, ändert dies nichts am Verkehrsverständnis der in Deutschland angesprochenen Verkehrskreise.
67Dass das Arzneimittel den Husten unstreitig nicht stoppen, sondern nur lindern (im Sinne von abmildern) kann, sodass im Fall eines abweichenden Verkehrsverständnisses eine Irreführung vorläge, ist vor diesem Hintergrund nicht erheblich.
68Ebenfalls nicht erheblich ist, ob die Eintragung als Marke zu einem anderen Ergebnis führen kann.
69Ob die Berufung des Klägers im Hauptantrag auch keinen Erfolg haben kann, weil der Kläger nicht – wie im Hilfsantrag – auf die konkrete Verletzungsform Bezug genommen hat, kann offenbleiben. Insbesondere muss nicht entschieden werden, ob eine hinreichende Klarstellung eines irreführenden Namens überhaupt rechtliche zulässig ist (ablehnend bei Dachmarken: Heßhaus in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl., § 8 Rn. 8, mwN) oder die Berufung mit dem Hauptantrag nur dann Erfolg haben könnte, wenn die Benutzung der Bezeichnung in jeder denkbaren Form für das Arzneimittel unzulässig wäre.
70Aus diesem Grund kann die Berufung auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg haben.
71d) Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen liegt eine Irreführung nach § 5 UWG, § 3 Nr. 3a HWG ebenfalls nicht vor (vgl. zum umgekehrten Fall: Rehmann in Rehmann aaO, § 8 AMG Rn. 5a).
723. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 516 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
734. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Revision zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Die Entscheidung beruht vielmehr auf der Anwendung der im Urteil dargelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung und den Feststellungen im Einzelfall.
745. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.000 € (30.000 € für die Berufung des Klägers und 30.000 € für die Berufung der Beklagten) festgesetzt.