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Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. September 2021 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 84 O 118/21 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil sowie das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt vorbehalten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger ist ein gerichtsbekannter Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs und unstreitig auch in diesem Rechtsstreit aktivlegitimiert iSd. § 128 Abs. 1 MarkenG, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Er ist mittlerweile in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste nach § 8b UWG eingetragen.
4Die Beklagte betreibt den Handel mit Lebensmitteln, hierunter insbesondere Salzprodukten, die sie u.a. über ihren Onlineshop unter www.l..de anbietet.
5Am 09.03.2021 bot sie dort das Steinspeisesalz „HimalayaKönigsSalz“ gemahlen im GlasStreuer 80g“ an. Auf dem bildlich im Tenor des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Etikett des Salzstreuers heißt es:
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Der Kläger hat diese Werbeaussage für irreführend gehalten. Die Angabe sei ein Hinweis auf eine geographische Herkunft des Salzes aus dem Himalaya-Hochgebirgsmassiv, obwohl das Salz unstreitig aus der Salt Range in Zentral-Pakistan stamme.
8Mit Urteil vom 17.09.2021 – 84 O 118/21 –, auf das wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, mit dem Hinweis auf eine Herkunft des Salzes aus dem Himalaya zu werben wie im Tenor wiedergegeben sowie dem Kläger Abmahnkosten in Höhe von 231,60 € zu erstatten.
9Mit ihrer Berufung rügt die Beklagte einen Verfahrensfehler wegen fehlender Urteilsbegründung. Davon sei nicht nur das vollständige Fehlen von Urteilsgründen erfasst, sondern auch der vorliegende Fall, in dem das Landgericht wesentlichen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen und daher nicht erwogen habe. Das Landgericht habe sich nicht mit ihren Gegenargumenten auseinandergesetzt, sondern nur den Klägervortrag übernommen. Dadurch sei gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen worden.
10Das Landgericht habe auch zu Unrecht eine Irreführung bejaht. Der Großteil der Verbraucher verbinde den Himalaya nicht mit einer unwegsamen und abgelegenen Höhenregion, Unberührtheit und teils mystischen Vorstellungen. Dem landgerichtlichen Urteil lasse sich nicht entnehmen, woher es diese behauptete Annahme nehme. Es berücksichtige auch nicht die vielen aufklärenden Beiträge in Medien über das Himalaya-Massiv. Es sei Verbrauchern bewusst, dass ein Gebirgssystem sicherlich unberührte und abgelegene Höhenregionen besitze, es aber auch gleichzeitig besiedelte und sogar dichtbesiedelte Regionen aufweisen müsse. Sie verweist zu geographischen Verkehrsvorstellungen auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8.3.2017, Az.: 6 U 166/16. Die Salt Range, aus der das Salz stamme, sei - wenn auch in Randlage - unstreitig Teil des Himalayas. Dass die Beklagte auf dem Salzstreuer, „unzweifelhaft“ eine Hochgebirgslandschaft abbilde, welche die Herkunftsvorstellung des Verkehrs beeinflusse, sei ebenfalls fehlerhaft. Das Bild verwende sie für alle ihre Steinsalze in Abgrenzung zu Meersalzen, und es sei ohne weiteres möglich, auch vom Salzgebirge ein derartiges Landschaftsfoto zu erstellen. Gleiches gelte für das Foto, das auf der Internetseite im Zusammenhang mit dem Angebot verwendet worden sei. Das Bild des Hochgebirges weiche nur unwesentlich von einem tatsächlichen Bild des Salzgebirges ab und stelle sich allenfalls als reklamehafte Übertreibung dar. Es dürfte unstreitig sein, dass der größte Teil der Verbraucher nicht davon ausgehe, dass Meersalz auf hoher See gewonnen wird, bloß weil eine hohe Welle auf der Verpackung abgebildet sei.
11Weiter werde „Himalaya-Salz“ seit ca. 40 Jahren benutzt und habe sich als Gattungsbegriff für eine besondere Art rosafarbenen Steinsalzes durchgesetzt.
12Das Landgericht habe zudem außer Acht gelassen, dass die Beklagte nicht nur „Himalaya“, sondern daneben auch den Begriff „KönigsSalz“ verwende. Da dem Verkehr bewusst sei, dass das Salz nicht aus einem Königshaus stamme, erkenne er, dass durch die Begriffe „Himalaya“ sowie „König“ das Salz der Beklagten in reklamehafter Übertreibung einen Bezug zu alten Traditionen und hoher Qualität erhalten solle.
13Das Landgericht habe auch verkannt, dass die Beklagte weder ausdrücklich behaupte, das Salz stamme aus dem Himalaya-Massiv, noch „Himalaya“ markenmäßig benutzt habe.
14Selbst wenn der Verkehr eine falsche Herkunftsvorstellung habe, werde er durch den deutlichen Hinweis auf die Herkunft „aus Pakistan/Punjab“ ausreichend und rechtzeitig aufgeklärt.
15Da das Landgericht eine Irreführung aufgrund einer objektiv richtigen Angabe bejaht habe, hätte es in jedem Fall eine Interessenabwägung durchführen müssen, die vorliegend zugunsten der Beklagten hätte ausfallen müssen.
16Schließlich verweist sie auf die mittlerweile geänderte Verpackung des Salzes der Fa. T., die nach wie vor „Himalaya“ hervorgehoben verwende, mit dem viel kleineren Hinweis „aus der Region des“ sowie dem Hinweis auf die Salt Range. Wenn eine solche Aufmachung zulässig sei, könne ihr Angebot nicht unzulässig sein.
17Die Beklagte beantragt,
18das Urteil des Landgerichts vom 17. September 2021, Az.: 84 O 118/21 abzuändern und die Klage abzuweisen.
19Der Kläger beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und weist u.a. darauf hin, dass die Rüge der fehlenden Begründung sowie des nicht begründeten Verkehrsverständnisses nicht nachvollziehbar sei. Das Landgericht könne und habe sich auf die entsprechende Entscheidung des BGH bezogen und im vorliegenden Fall keine Veranlassung zu einer abweichenden Entscheidung gesehen.
22Die mit dem Hinweis „Himalaya KönigsSalz“ hervorgerufene (falsche) Vorstellung, das Salz stamme aus dem Himalaya-Massiv und sogar dem Hochgebirge selbst, werde von der Beklagten auch nicht durch den Hinweis „aus Pakistan/Punjab“ beseitigt. Denn zum einen gebe es Ausläufer des Himalaya-Massivs im Punjab in Pakistan. Zum anderen verfüge ein Großteil der angesprochenen Verbraucher nicht über geographische Kenntnisse, die etwa die Vorstellung eines Widerspruchs zwischen dem Himalaya-Massiv und Punjab in Pakistan entstehen lassen würden. Hinzu komme, dass die Beklagte in der streitgegenständlichen Werbung im Zusammenhang mit dem Hinweis „aus Pakistan/Punjab“ entlegene Hochgebirgszüge abbilde, was beim angesprochenen Verkehr die Vorstellung einer geographischen Herkunft aus dem Himalaya-Massiv nochmals verstärke.
23Aufklärende Berichte über Himalaya-Salz bedürfe es in den Medien nur, weil Verbraucher bestimmten (Fehl-) Vorstellungen unterlägen. Insofern sei der Hinweis „Himalaya Salz“ entgegen der Ansicht der Beklagten nicht entlokalisiert und zur reinen Gattungsbezeichnung ohne geographischen Bezug verkommen, sondern drücke nach wie vor eine geographische Provenienz aus, erst recht, wenn er wie vorliegend mit der Abbildung von Hochgebirgszügen kombiniert werde.
24Der weiterhin bemühte Vergleich zu dem Bier „Schwarzwaldmarie“ liege neben der Sache. Dem Verbraucher sei es geläufig, dass Bodenschätze, wozu auch Salz gehöre, durchaus häufig in abgelegenen Regionen zu finden seien, da man sich deren Lage nicht aussuchen könne. Nur gebe es eben im Himalaya-Massiv keine Steinsalzvorkommen.
25Das Produkt der Firma T. GmbH habe mit dem vorliegenden Fall nichts zu tun. Denn dort sei zum einen eindeutig auf die Herkunft aus der „Salt Range“ hingewiesen. Zum anderen finde sich dort aber auch keine Abbildung von Hochgebirgszügen. Zudem finde sich der unmittelbar mit dem Hinweis „HIMALAYA“ verbundene Hinweis „aus der Region des“. Insofern handele es sich um einen gänzlich anderen Fall.
26II.
27Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
281. Die Berufung scheitert nicht bereits an einer fehlenden Urteilsbegründung. Auch liegt keine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor. Das Landgericht hat sich u.a. ausdrücklich damit auseinandergesetzt, dass vorliegend der Zusatz „aus Pakistan/Punjab“ vorhanden ist, hat jedoch diesem Zusatz nicht die vom Beklagten vorgetragene rechtliche Bedeutung zugesprochen. Ansonsten ist das Landgericht der Begründung des BGH in der Entscheidung „Himalaya Salz“ aus 2016 gefolgt und hat keine Veranlassung zu einer abweichenden Entscheidung gesehen, was keinen Verfahrensfehler erkennen lässt.
292. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Unterlassung aus den §§ 128 Abs. 1 S. 1, 126 Abs. 1, 127 Abs. 1 MarkenG iVm § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu.
30Indem die Beklagte die geographischen Herkunftshinweise „Himalaya“ und „Pakistan/Punjab“ in der angegriffenen konkreten Form verwendet, verstößt sie gegen § 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG. Nach § 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG kann, wer im geschäftlichen Verkehr Namen, Angaben oder Zeichen entgegen § 127 benutzt, von den nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Geographische Herkunftsangaben dürfen nach § 127 Abs. 1 MarkenG im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht.
31a. Gegen die Aktivlegitimation des Klägers iSd. § 8 Abs. 3 UWG bestehen keine Bedenken.
32b. Bei dem Begriff „Himalaya Königsalz“ handelt es sich um eine geographische Herkunftsangabe. Das Landgericht hat nicht festgestellt, dass sich aus der Angabe „Himalaya-Salz“ – wie die Beklagte meint - mittlerweile eine Gattungsbezeichnung entwickelt habe. Der BGH ist in seiner „Himalaya Salz“-Entscheidung aus 2016 (Urt. v. 31.03.2016 – I ZR 86/13 – juris) von einer geographischen Herkunftsbezeichnung ausgegangen. Dass sich seitdem das Verkehrsverständnis im Sinne der Beklagten verändert hätte, ist nicht hinreichend dargetan und belegt. Aus den seitens der Beklagten vorgelegten Internetausdrucken u.a. aus Wikipedia oder von Internetseiten von Einzelhandelsunternehmen wie Rewe bzw. Edeka, lässt sich zwar der Eindruck gewinnen, es handele sich bei Himalaya-Salz (auch) um eine bestimmte Art von Salz in Abgrenzung zu anderen Salzarten wie Fleur de Sel oder Meersalzen. Letztlich steht aber aus Sicht der angesprochenen Durchschnittsverbraucher, zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören, die in der Bezeichnung „Himalaya-Salz“ oder „Himalaya KönigsSalz“ zum Ausdruck kommende geographische Herkunft für Salze aus dem Himalaya nach wie vor im Vordergrund. Die Existenz etwaiger aufklärender Beiträge zu Himalaya-Salzen deutet gerade darauf hin, dass Verbraucher nach wie vor von einem geographischen Herkunftshinweis ausgehen.
33c. Soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, die zusätzliche Verwendung der Bezeichnung „KönigsSalz“ kläre die Verbraucher bereits darüber auf, dass „Himalaya“ nicht als Herkunftsangabe zu verstehen sei, weil auch niemand von einem Salz aus königlichem Hause, sondern von einer bloß reklamehaften Übertreibung ausgehen werde, so kann dem nicht gefolgt werden. Die Verbraucher, die sich auf der Internetseite der Beklagten www.l..de befinden, erkennen, dass es sich bei der Bezeichnung „KönigsSalz“ um den Namen der Internetseite und des Anbieters handelt und haben daher keine Veranlassung, ihr Verständnis von der Angabe „KönigsSalz“ auf ihr Verständnis von „Himalaya“ zu übertragen.
34d. Es liegt auch ein Verstoß gegen § 127 Abs. 1 MarkenG vor, weil das Salz der Beklagten nicht aus dem „Himalaya“ - wie es dem Verkehrsverständnis der Verbraucher entspricht - stammt und deshalb bei der Benutzung der Herkunftsbezeichnung die Gefahr einer Irreführung über die Herkunft besteht.
35aa. Das Salz der Beklagten stammt zwar objektiv aus dem Himalaya im geologischen Sinne. Ob das Salzgebirge, das sog. Salzgebirge/Salt Range in Punjab/Pakistan, in dem das Salz der Beklagten abgebaut wird, auch geographisch zum Himalaya zählt, ist streitig. Letzteres kann jedoch zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Denn unstreitig ist jedenfalls, dass das Salzgebirge/Salt Range nicht mehr im Bereich des Hochgebirges des Himalayagebirgssystems liegt, sondern allenfalls zu einer ca. 200 km entfernten Randlage gehört, die durch eine weite Ebene vom eigentlichen Hochgebirge getrennt wird.
36bb. Die Durchschnittsverbraucher, die keine näheren geographischen Kenntnisse über das Himalayagebirgssystem und dessen Umgebung aufweisen, kennen den Himalaya in erster Linie von Berichten über Bergbesteigungen von Achttausendern wie den Mount Everest. Dass und wie weit sich die Ausläufer des Gebirgssystems erstrecken, ist dem Durchschnittsverbraucher regelmäßig nicht bekannt. Dieses Verkehrsverständnis hat der BGH seiner „Himalaya Salz“-Entscheidung – entsprechend den damaligen Feststellungen des erkennenden Senates - zugrunde gelegt und ausgeführt, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Angabe "Himalaya Salz" entnähmen, dass das so bezeichnete Produkt im Bereich des eigentlichen Himalaya-Massivs abgebaut werde (vgl. BGH, Urt. v. 31.03.2016 – I ZR 86/13 – juris Rn. 19 – Himalaya Salz). Mit ihrer Rüge - die vorliegend auch von der Beklagten erhoben wird - , das Verkehrsverständnis des Durchschnittsverbrauchers umfasse schon wegen seiner nicht allzu hoch anzusetzenden geografischen Kenntnisse hinsichtlich fernab liegender Gebirgszüge erfahrungsgemäß auch Gebirgsausläufer des Himalaya, zu denen das allenfalls 200 km vom eigentlichen Himalaya-Massiv entfernt liegende Salzabbaugebiet der Salt Range gehöre, konnte die Revision bereits damals zu Recht nicht durchdringen (vgl. BGH, Urt. v. 31.03.2016 – I ZR 86/13- juris Rn. 19 – Himalaya Salz).
37Dieser Bewertung steht auch nicht die von der Beklagten zitierte „Schwarzwaldmarie“-Entscheidung des OLG Karlsruhe entgegen, das den Ort der Brauerei Ulm als zur Randlage des Schwarzwalds gehörig angesehen und die Verwendung der Bezeichnung „Schwarzwaldmarie“ für zulässig befunden hat. Das OLG Karlsruhe konnte – anders als in der „Himalaya-Salz“-Entscheidung des BGH - eine von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichende Verkehrsvorstellung gerade nicht feststellen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 08. März 2017 – 6 U 166/16 –, juris Rn. 42).
38cc. Mit der Rüge, der Vorstellung, das beworbene Steinsalz stamme unmittelbar aus dem Himalaya-Hochgebirgsmassiv, stehe entgegen, dass es von dort überhaupt kein Steinsalz geben könne, kann die Beklagte ebenfalls nicht durchdringen. Auch hierzu hat der BGH bereits zutreffend ausgeführt, der angesprochene Verbraucher werde sich nicht einen Abbau des Salzes im Himalaya-Hochgebirgsmassiv selbst, aber im Bereich dieses Gebirges vorstellen (BGH, Urt. v. 31. März 2016 – I ZR 86/13- juris Rn. 19 – Himalaya Salz). Dieser Bewertung schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung auch für das derzeitige Verkehrsverständnis an.
39dd. Im Unterschied zum vom BGH entschiedenen Fall, in dem dem Zusatz „Kristallines Salz aus der Region des“ Himalayas mangels Zuordnung zur blickfangmäßig hervorgehobenen Überschrift keine Bedeutung bei der Ermittlung der Verkehrsauffassung beigemessen worden ist, ist vorliegend – worauf die Beklagte zu Recht hinweist - der Zusatz „aus Pakistan/Punjab“ mit zu berücksichtigen. Er befindet sich auf dem Etikett des Produkts in gleicher Schriftgröße, identischem Schrifttyp und gleichermaßen hervorgehoben wie „Himalaya“ und „KönigsSalz“. Die Verbraucher sehen auf dem abgebildeten Etikett blickfangmäßig gleichermaßen hervorgehoben folgende Angaben:
40„Himalaya
41KönigsSalz
42aus Pakistan/
43Punjab“.
44Dadurch werden sie nicht nur auf die geographische Herkunft aus dem „Himalaya“, sondern zusätzlich und ausdrücklich auch auf die Herkunft aus Punjab in Pakistan hingewiesen. Soweit die Beklagte meint, dadurch einer möglichen Herkunftstäuschung hinreichend entgegengewirkt zu haben, kann dieser Ansicht jedoch nicht beigetreten werden. Denn die Angabe „Himalaya“, in der Verkehrsvorstellung eines Hochgebirgsmassivs, und die Herkunftsangabe „Pakistan/Punjab“ schließen sich nicht aus.
45(1) Da das Hochgebirgsmassiv des Himalaya einerseits unstreitig noch bis in den nördlichen Teil von Pakistan/Punjab hineinreicht, und das Salz der Beklagten ebenfalls unstreitig im südlicheren Teil von Punjab abgebaut wird, handelt es sich bei dem streitbefangenen Salz um eine Ware, die objektiv aus der Region stammt, die mit den verwendeten geographischen Herkunftsangaben bezeichnet wird.
46(2) Aufgrund der Verwendung der Bezeichnung „Himalaya“ an erster Stelle der Produktbezeichnung wird jedoch das fehlerhafte Verkehrsverständnis hervorgerufen, das Salz werde im Bereich des Hochgebirgsmassivs abgebaut. Diese fehlerhafte Verkehrsvorstellung macht einen klaren, entlokalisierenden Hinweis erforderlich, um der Gefahr einer Herkunftstäuschung vorzubeugen. Die Angabe Pakistan/Punjab ist zur Entlokalisierung nicht geeignet. Punjab in Pakistan wird den Durchschnittsverbrauchern regelmäßig nicht bekannt sein. Die Verbraucher erhalten zwar die Information, dass das Salz aus der Provinz Punjab in Pakistan stammt, was objektiv zutrifft. Da die Verbraucher jedoch vorab den geographischen Herkunftshinweis auf den „Himalaya“ erhalten und die damit verbundenen Erwartungen hinsichtlich der Herkunft aus dem Beriech des Hochgebirges geweckt wurden, bedarf es eines klaren entlokalisierenden Hinweises, mit dem der Verkehr über die geographische Herkunft aus einem Gebiet außerhalb des Hochgebirgsmassivs aufgeklärt wird. Mit der Angabe „Pakistan/Punjab“ gelingt dies nicht, denn diese Angabe führt nur dazu, dass die Verbraucher erwarten werden, dass das Himalaya-Hochgebirgsmassiv auch nach Pakistan in die Provinz Punjab hineinreicht. Dadurch erfolgt jedoch keine entlokalisierende Aufklärung darüber, dass das Salz nicht im Bereich des in Punjab/Pakistan liegenden Hochgebirgsmassivs abgebaut wird. Dafür erstreckt sich die Provinz Punjab über eine zu große Fläche mit zu unterschiedlichen Eigenschaften. Die Verbraucher, die durch den Zusatz erfahren, dass das Hochgebirge bis nach Punjab/Pakistan hineinreicht, erhalten darüber hinaus keinen Hinweis darauf, dass ihr durch die Bezeichnung „Himalaya Salz“ bzw. Himalaya KönigsSalz“ hervorgerufenes Verständnis von der Herkunft des Salzes aus dem Bereich des Hochgebirges fehlerhaft ist.
47(3) Etwas andere mag gelten, wenn der konkrete Ort des Abbaus ausdrücklich benannt wird, etwa Salzgebirge/Salt Range. Auch wenn diese Region den Verbrauchern ebenfalls unbekannt sein dürfte, handelt es sich um die konkrete Bezeichnung des Mittelgebirges, aus dem das Salz tatsächlich stammt, sodass die Verwendung dieser Bezeichnung im Zusammenhang mit „Himalaya“ – abhängig von der konkreten Ausgestaltung - geeignet sein könnte, der Fehlvorstellung über die Herkunft aus dem Hochgebirgsmassiv entgegenzuwirken. Jedenfalls könnte der Beklagten eine weitergehendere Aufklärung als Werbende möglicherweise nicht zumutbar sein.
48ee. Die durch die Verwendung der Angabe „Himalaya“ hervorgerufene Fehlvorstellung der Verbraucher wird zudem durch die Verwendung eines Fotos eines Hochgebirgszugs auf der Angebotsseite der Beklagte nicht aufgeklärt, sondern noch verstärkt. Auf dieses Bild ist ein Stempel aufgesetzt mit dem Hinweis „Aus Pakistan/Punjab“, wodurch zusätzlich der Eindruck verstärkt wird, die Region Punjab/Pakistan gehöre zum Gebiet des eigentlichen, auf dem Bild abgebildeten Himalaya-Hochgebirgsmassivs.
49ff. In den Fällen, in denen die Täuschung des Verkehrs lediglich auf dem Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, wird nach der Rechtsprechung des BGH für die Bejahung einer Irreführungsgefahr neben einer Interessenabwägung zwar grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote gefordert als bei einer Täuschung mit einer objektiv unrichtigen Angabe (vgl. nur BGH, Urt. v. 31.03.2016 – I ZR 86/13 – juris Rn. 27 mwN – Himalaya Salz). Da vorliegend die Sicht eines verständigen, situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbraucher zugrunde zu legen ist, wird bei der festgestellten Irreführung des Durchschnittsverbrauchers auch die erforderliche Irreführungsquote eines erheblichen Teils des angesprochenen Publikums erreicht.
50gg. Im Streitfall überwiegt schließlich das Interesse des Verkehrs, nicht über die Herkunft des Produkts in die Irre geführt zu werden, das Interesse der Beklagten an der Nutzung der geographischen Herkunftsangabe, weil die Beklagte die möglichen Fehlvorstellungen der Verbraucher ohne weiteres dadurch entgegenwirken kann, dass sie zur Entlokalisierung das Gebiet der Salzgewinnung klar bezeichnet (Salzgebirge/Salt Range) oder andere gebräuchliche Bezeichnungen (rosafarbenes Kristallsalz) verwendet (vgl. nur BGH, Urt. v. 31.03.2016 – I ZR 86/13 – juris Rn. 29 – Himalaya Salz) und auf die zusätzliche Verwendung von in die Irre führenden Bildern verzichtet.
51hh. Ob die geänderte Aufmachung des Salzes der T., die sich in erheblicher Weise von der streitbefangenen konkreten Verletzungsform unterscheidet, zulässig ist oder nicht, hat für die vorliegende Entscheidung keine Bedeutung.
523. Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Kostenpauschale für die Abmahnung vom 12.03.2021 ist danach ebenfalls begründet, §§ 13 Abs. 3, 15a Abs. 2 UWG nF.
534. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
545. Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Die fehlende Identität des vorliegenden Sachverhalts zu der bereits vom BGH entschiedenen Fallgestaltung stellt entgegen der Ansicht der Beklagten keinen Revisionsgrund dar.
55Streitwert: 21.000 €