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I. Auf die Beschwerde der Kindesmutter vom 07.02.2022 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - J vom 05.01.2022 (31 F 138/21) wie folgt abgeändert:
1. Der Kindesvater hat das Recht, begleiteten Umgang mit seinen zwei Kindern A B, geboren am xx.xx.2014, und C B, geboren am xx.xx.2017, an folgenden sechs Termin auszuüben:
Samstag, den 16.07.2022, 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr,
Montag, den 25.7.2022, 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr,
Freitag, den 29.7.2022, 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr,
Montag, den 01.08.2022, 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr,
Montag, den 04.08.2022, 15:00 Uhr bis 17:00 Uhr und
Samstag, den 06.08.2022, 15:00 Uhr bis 17:00 Uhr.
Die Umgänge finden an folgender Adresse statt:
D.
Die Kindesmutter ist verpflichtet, die zwei Kinder an den aufgelisteten Terminen mindestens 10 Minuten vor Beginn des Umgangstermins zum angegeben Ort und zum mitgeteilten Helfer zu bringen und vorher auf die Umgänge mit dem Kindesvater vorzubereiten.
Der Kindesvater ist verpflichtet, pünktlich zum Beginn der Umgangstermine am angegebenen Ort zu erscheinen.
2. Danach hat der Kindesvater das Recht, mit den Kindern A B, geboren am xx.xx.2014, und C B, geboren am xx.xx.2017, Umgang an folgenden Terminen wahrzunehmen:
Dienstag, 30.08.2022, 16:00 Uhr bis19:00 Uhr,
Dienstag, 27.09.2022, 16:00 Uhr bis19:00 Uhr,
Dienstag, 25.10.2022, 16:00 Uhr bis19:00 Uhr,
Dienstag, 29.11.2022, 16:00 Uhr bis19:00 Uhr,
Dienstag, 27.12.2022, 16:00 Uhr bis19:00 Uhr.
Die Umgänge finden ohne Umgangsbegleitung statt, d.h. der Kindesvater hat das Recht, für die Dauer der Umgangszeiten den Umgang frei zu gestalten. Für die Übergabe der Kinder wird eine Umgangspflegschaft eingerichtet. Zur Umgangspflegerin wird bestellt:
E.
Die Umgangspflegerin holt die Kinder jeweils um 15.50 Uhr bei der Kindesmutter ab. Im Anschluss übergibt die Umgangspflegerin die beiden Kinder dem Kindesvater, und zwar an der Bushaltestelle der Linie x1 Haltestelle „F“.
Der Kindsvater ist verpflichtet, sich pünktlich um 16:00 Uhr an der Haltestelle zu befinden.
Um 19:00 Uhr erfolgt die Übergabe der Kinder durch den Kindesvater an die Umgangspflegerin wieder an der Bushaltestelle der Linie X1 Haltestelle „F“. Die Umgangspflegerin bringt die Kinder sodann zurück in den Haushalt der Kindesmutter.
3. Ab Januar 2023 hat der Kindesvater das Recht, Umgang mit den beiden Kindern A B, geboren am xx.xx.2014, und C B, geboren am xx.xx.2017, an jedem ungeraden Samstag eines Monats von 12:00 bis 18:00 Uhr zu haben. Die Übergaben der Kinder erfolgen ab diesem Zeitpunkt am Wohnort der Kindesmutter. Sollte ein Umgang wegen Krankheit eines oder beider Kinder ausfallen, wird der Umgang am folgenden Wochenende nachgeholt.
4. Es geltend folgende allgemeine Umgangsregeln:
Die Kindesmutter hat die Kinder positiv auf die Umgänge vorzubereiten. Sie hat es insbesondere zu unterlassen, negativ über den Kindesvater zu reden.
Beide Kindeseltern haben sich zu den Terminen pünktlich einzufinden.
Sollte eines der Kinder krankheitsbedingt nicht zur Wahrnehmung eines Umgangstermins in der Lage sein, hat die Kindesmutter vor dem Umgangstermin ein ärztliches Attest einzuholen, das belegt, dass das Kind nicht nur krank ist, sondern krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, den Umgang wahrzunehmen. Die Kindesmutter hat die entsprechend an den Umgängen gemäß Ziffer 1. und 2. beteiligten Personen und den Kindesvater bei Ziffer 3. umgehend zu unterrichten, wenn ein Umgang nicht stattfinden kann. Das ärztliche Attest ist den Beteiligten aus Ziff. 1 und 2 bzw. dem Kindesvater zugänglich zu machen.
Beide Kindeseltern haben es bei den Übergaben der Kinder zu unterlassen, sich gegenseitig zu beleidigen, anzuschreien, zu beschimpfen oder sich gegenseitig Vorwürfe zu machen.
5. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus dem vorliegenden Beschluss ergebenden Verpflichtungen kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat.
6. Die darüber hinausgehende Beschwerde der Kindesmutter wird zurückgewiesen.
II. Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben und außergerichtliche Kosten nicht ertstattet.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten sind die rechtskräftig geschiedenen Eltern des 7-jährigen A und der 4-jährigen C. Seit der Trennung im Frühjahr 2018 leben diese bei der Kindesmutter. Es kam zu einem ersten Verfahren betreffend Gewaltschutz (31 F 152/18) und Sorge (31 F 198/18).
4Umgangskontakte fanden zunächst statt. In der Folgezeit erhob die Kindesmutter den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs an A in der Obhut des Kindesvaters. Ein erstes Umgangsverfahren (31 F 86/19) wurde ruhend gestellt, nachdem das Amtsgericht auf Antrag des Kindesvaters vom 17.04.2019 ein Hauptsacheverfahren zum Umgang eingeleitet hat (31 F 105/19). In diesem Verfahren erklärte die Kindesmutter gegenüber der Verfahrensbeiständin, nach einem Besuch beim Kindesvater habe sie bei A einen Knutschfleck am Hals entdeckt; auf Nachfrage habe A erklärt, dieser stamme von seinem neunjährigen Cousin. Als sie einmal C gestillt habe, sei A von hinten gekommen und habe ihr ihre Brust und den Genitalbereich gestreichelt. Auf Nachfrage habe er erklärt, das mache der Vater auch bei ihm. Weiter habe A einmal versucht, sein Gesicht in den Genitalbereich eines Freundes zu stecken. Weiter habe er nicht auf die Toilette gehen wollen. Nach den Besuchen beim Vater wirke A immer verstört.
5Am 25.05.2019 und am 01.06.2019 fanden im Beisein der vom Amtsgericht bestellten Verfahrensbeiständin zwei Umgänge des Kindesvaters mit den Kindern statt. Im Zusammenhang mit der Übergabe erzählte die Kindesmutter der Verfahrensbeiständin, A habe ihr erzählt, ein anderer Cousin habe auf der Toilette mit As Penis gespielt.
6Mit Zustimmung des Kindesvaters wurde A in der Folgezeit in der Kinderschutzambulanz des G-Klinikums in H vorgestellt. Entsprechend haben die Kindeseltern am 30.09.2019 einen Zwischenvergleich bzgl. von Umgängen für die Zeit der Diagnostik geschlossen.
7Anfang März 2020 flog die Kindesmutter mit den Kindern nach Jordanien; eine Rückreise war wegen der Corona-Pandemie erst im Mai 2020 möglich.
8Mit Schreiben vom 27.07.2020 berichtete die Kinderschutzambulanz von der durchgeführten Diagnostik. Demnach habe A massive Entwicklungsdefizite präsentiert und sei durch sprunghaftes Verhalten aufgefallen. Im Gegensetz dazu sei er klar und eindeutig gewesen, sobald er vom Kindesvater berichtet habe. Er habe durchgehend negativ formulierte Botschaften, teils schon zwanghaft, formuliert, in einer deutlich nicht kindlichen Wortwahl, die eine Beeinflussung zeige. Auf Nachfragen sei er nicht in der Lage gewesen, zu differenzieren. Das Kind scheine durch das Verhalten der Kindesmutter keine Möglichkeit zu haben, positive Erinnerungen an den Vater zuzulassen, da die Kindesmutter Angst habe, dass der Kindesvater ihn nach Umgängen „behalten“ wolle. Bei den Interaktionsbeobachtungen mit dem Kindesvater hätten sich anfängliche Unsicherheiten von A schnell aufgelöst; deutlich sei aber geworden, dass die Kindesmutter die ganze Zeit beunruhigt über das Wohlergehen von A gewesen sei. In der Interaktionsbeobachtung mit der Kindesmutter zeige sich deren Überforderung im Alltag, eine Fokussierung auf A sei ihr nicht gelungen. Die Vorwürfe sexueller Übergriffe durch einen Cousin habe sie relativiert. In der Gesamtschau hätten sich keine Hinweise auf sexuelle Übergriffe gegeben. Das Verhalten A sei als Ausdruck des massiven innerpsychischen Konflikts A vor dem Hintergrund einer hoch strittigen Elternebene zu bewerten. Die Erziehungsfähigkeit beider Eltern sollte gutachterlich geklärt werden.
9In der folgenden mündlichen Anhörung schlossen die Kindeseltern am 29.07.2020 einen gerichtlich gebilligten Umgangsvergleich, wonach zunächst zwei begleitete Umgänge des Kindesvaters, dann zwei unbegleitete Umgänge ohne Übernachtung beim Kindesvater und ab dann unbegleitete Umgänge im 2-Wochen-Rhythmus von Freitag 18.00 Uhr bis Sonntag 12.00 Uhr mit Übernachtungen stattfinden sollten.
10Die Kindesmutter hat nach dem Umgang am Wochenende des 27.08. bis 29.08.2021 weitere Umgänge unterbunden.
11Im vorliegenden Verfahren hat der Kindesvater mit Antrag vom 22.09.2021 erneut die Regelung von Umgangskontakten beantragt.
12Die Kindesmutter wirft nunmehr dem 11-jährigen Neffen des Kindesvaters I vor, C bei dem zuletzt stattgefundenen Umgangswochenende Ende August 2021 sexuell missbraucht zu haben. Die 4-jährige sei nach dem Umgang aufgewühlt gewesen und habe in kindlicher Sprache mitgeteilt, dass der Cousin seinen Penis in ihre Scheide eingeführt habe. Sie habe Rötungen im Genitalbereich festgestellt und am Folgetag den Kinderarzt aufgesucht. Das Klinikum J habe die Rötungen zwar als unspezifisch gewertet (Bericht Bl. 32 f AG-Akte: unspezifische leichte Rötung des Scheideneingangs, vermutlich anderer Genese). Seitdem sei C aber stiller, leide unter Alpträumen und wiederhole, dass der Cousin „Böses“ gemacht habe. Sie bemühe sich um eine therapeutische Anbindung des Kindes. Im Übrigen hat sie behauptet, die Umgänge mit dem Vater verliefen nicht kindeswohlentsprechend. Beim Einkauf verblieben die Kinder am Freitag allein im Auto. Der Freitagabend und der gesamte Samstag würde im Haushalt der Großmutter und des Bruders verbracht. Der Sohn A habe gegenüber den Kindertherapeuten im Beisein der Kindesmutter ebenfalls erklärt, er sei von einem anderen Cousin unten und an anderen Stellen angefasst worden. Die Kinder hätten nach Rückkehr vom Vater Schläge abbekommen und wiesen Kussspuren auf. C nässe ein, sobald sie den Kindesvater sehe.
13Das Jugendamt hat mit Bericht vom 20.10.2021 Stellung genommen und Umgangskontakte befürwortet, sofern der Kindesvater versichere, dass kein Kontakt zwischen den Kindern und ihrem Cousin stattfinde, bis die polizeilichen Ermittlungen abgeschlossen seien. Zudem sollte im Haushalt der Kindesmutter erneut eine SPFH eingesetzt werden, da eine akute Kindeswohlgefährdung nicht auszuschließen sei.
14Nach dem Bericht der Verfahrensbeiständin vom 03.12.2021 besäßen beide Kinder eine gute Bindung zur Kindesmutter. C orientiere sich sehr an A. Um einer Entfremdung entgegenzusteuern, sollten zeitnah begleitete Umgänge stattfinden. Die einzusetzende Fachkraft könne die Bindungen zum Vater einschätzen.
15Das Amtsgericht hat die Kinder in Gegenwart der Verfahrensbeiständin im Termin vom 22.12.2021 angehört.
16Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Umgang dahingehend geregelt, dass der Umgang alle zwei Wochen von Freitag 18.00 Uhr bis Sonntag 13.00 Uhr stattfindet. Darüber hinaus ist eine Ferien- und Feiertagsregelung erfolgt (nahezu hälftige Aufteilung). Weiter hat das Amtsgericht in Ausprägung der Wohlverhaltenspflicht diverse Auflage zur Pünktlichkeit, abfälligen Bemerkungen, Ausfragen der Kinder etc. gemacht. Dem Kindesvater ist zudem auferlegt worden, dafür Sorge zu tragen, dass C sich nicht ohne seine Aufsicht in einem Raum mit I aufhält und die Kinder nicht allein im Auto gelassen werden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Kindesmutter A in einen erheblichen Loyalitätskonflikt bringe, der sich daran zeige, dass der Junge in der Anhörung die Äußerungen der Kindesmutter in einer kindesuntypischen Ausdrucksweise wiedergegeben habe. Auch der in diesem Verfahren erhobene Vorwurf, der 11-jährige Neffe I habe sein Glied in den Genitalbereich der 4-jährigen C eingeführt, sei nicht mit den Untersuchungen des Klinikums J vom 02.09.2021 in Einklang zu bringen. Danach gebe es keinen Hinweis auf Verletzungen des Scheideneingangs. Die vorhandene leichte Rötung des Scheideneingangs sei als unspezifisch bewertet worden und sei vermutlich anderer Genese. Dieses Ergebnis decke sich mit den Ermittlungen des Jugendamtes K, das die Wohnung der Eltern des Neffen I aufgesucht und festgestellt habe, dass die Wohnung, in der der Missbrauch stattgefunden haben soll, aus zwei Zimmern bestehe, die nicht durch Türen getrennt sind. Zum fraglichen Zeitpunkt hielten sich mehrere Erwachsene und Kinder in den beiden Räumen auf. Die Kinder A und C spielten freundschaftlich mit ihren Cousins. Der behauptete Vorfall habe daher nicht unbemerkt geblieben sein können. Entsprechend reiche die Auflage im Beschluss im Hinblick auf den Kontakt zu I aus.
17Mit der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde vom 07.02.2022 begehrt die Kindesmutter den Umgangsausschluss, hilfsweise die Anordnung von begleiteten Umgang. Sie rügt, dass im Termin vom 22.12.2022 kein Dolmetscher zugegen gewesen sei. Aufgrund dessen und wegen der Entwicklungsverzögerung des Sohnes könne nicht davon ausgegangen werden, dass dieser der Anhörung folgen konnte, ebenso wenig wie die Kindesmutter selber. C selber sei faktisch gar nicht angehört worden. Im Übrigen wiederholt die Kindesmutter ihren Vortrag zu den wenig kindgerechten Umgangsabläufen. Die Untersuchung von C zum Ausschluss des sexuellen Übergriffs durch den Cousin sei nicht ausreichend gewesen. Es bleibe zu klären, ob eine eingehende Untersuchung nachhaltige Verletzungen erkennen lasse.
18Der erste nach dem amtsgerichtlichen Beschluss anvisierte Umgang ist gescheitert; die Hinzuziehung der Polizei war notwendig. Weitere Umgänge haben seitdem nicht stattgefunden.
19Die Verfahrensbeiständin hat am 21.03.2022 berichtet und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Seit sie die Kindesmutter kenne, werfe diese allen Männern/Jungen sexuellen Missbrauch an ihren Kindern vor. Sie sei felsenfest davon überzeugt, dass C sexuell missbraucht worden sei und habe schon am Ende der letzten mündlichen Verhandlung kundgetan, dass sie C schützten werde. Sie mache sich Gedanken, ob das Wohl der Kinder noch gewährleistet ist, sofern die Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht innehabe.
20Mit Bericht vom 22.03.2022 hat das Jugendamt erklärt, es gebe keinerlei Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch der Kinder durch den Vater oder dritte Personen.
21Der Senat hat die beiden Kinder am 17.05.2022 im Beisein der Verfahrensbeiständin angehört. A hat von Beginn an von sich aus viel und ausgiebig erzählt. Noch während er von seinem Geburtstag erzählt hat, fragte er, ob er denn jetzt auch zu seinem Papa gefragt werde. Er war kaum in der Lage, sich auf die Fragen konzentrieren, so sehr wollte er etwas erzählen. Als er gefragt worden ist, ob sein Vater denn auch bei seinem Geburtstag gewesen sei, antwortete er mit nein, um dann im gleichen Atemzug zu erzählen, der Yousuf habe ihn am Popo angefasst, als sie schwimmen gewesen seien, in J, und der Papa habe nichts gemacht. Zu diesem Zeitpunkt sei er – A – 4 Jahre alt gewesen. Auf die Frage, ob er seinen Vater denn an seinem Geburtstag gerne gesprochen hätte, antwortete er mit nein. Auf die weitere Frage, was ihm denn gut beim Vater gefalle, antwortete A „nichts“. Auf die Nachfrage, ob es nicht schön sei, dass er beim Vater viel Fernsehen schauen dürfe, sagte er „nein das ist zu viel, auch die Süßigkeiten und das Laptop sind zu viel. Er macht einfach nur Quatsch. Der hält nicht, was er sagt.“. Eine Verständigung mit C war kaum möglich, weil sie so schlecht spricht und kaum zu verstehen ist. Auf die Frage, wie es sei, wenn sie den Vater sehe, zeigte sie auf das an der Wand befindliche große Bild einer Löwin und sagte, indem sie die Augen aufmachte, „so“. Auf die Frage, was sie damit meine, machte sie mit den Händen Krallen, eine “grimmige“ Miene und erklärte, so sei der Papa. Es machte den Eindruck, als erzähle auch C - wie zuvor A - von dem letzten eskalierten Umgangstermin, zu dem die Polizei hinzugezogen worden ist.
22Der Senat hat weiter die übrigen Beteiligten am 28.06.2022 angehört.
23II.
24Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist nur zu einem geringen Umfang begründet, da für die ersten sechs Termine zur Umgangsanbahnung eine Umgangsbegleitung anzuordnen und der unbegleitete Umgang in der Folge schrittweise auszubauen ist.
251a) Nach § 1684 Abs. 1 BGB hat ein Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, zugleich ist jeder Elternteil zum Umgang mit seinem Kind berechtigt und auch verpflichtet. Dieses Recht des Kindes und des das Kind nicht betreuenden Elternteils steht nicht zur Disposition des anderen Elternteils. Das Umgangsrecht eines Elternteils steht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Es ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung fortlaufend persönlich zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten, einer Entfremdung vorzubeugen und dem Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschlüsse vom 17.09.2016 - 1 BvR 1547/16, FamRZ 2016, 1917 und vom 29.11.2012 - 1 BvR 335/12, FamRZ 2013, 361; vgl. grundlegend BVerfGE 31, 194/206 f.; 64, 180/187 f.). Die Rechtsposition erwächst ebenso wie das Sorgerecht aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und muss von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der obhutsberechtigte Elternteil muss demgemäß grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen. Können sich die Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, haben die Gerichte eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 06.04.2004 - 1 BvR 487/04, FamRZ 2004, 1166; und vom 17.02.2022 - 1 BvR 743/21, FamRZ 2022, 794; grundlegend: BVerfGE 31, 194/206 f.; 64, 180/187 f). Die Gerichte müssen sich daher im Einzelfall um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte bemühen (BVerfG, Beschlüsse vom 06.04.2004 - 1 BvR 487/04, FamRZ 2004, 1166; und vom 17.02.2022 - 1 BvR 743/21, FamRZ 2022, 794).
26b) Entscheidender Maßstab bei der Entscheidung ist das Kindeswohl. Das Familiengericht hat grundsätzlich die Regelung zu treffen, die – unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Eltern – dem Kindeswohl nach § 1697a BGB am besten entspricht (BGH, Beschluss vom 01.02.2017 - XII ZB 601/15, FamRZ 2017, 532; BVerfG, Beschluss vom 14.07.2010 - 1 BvR 3189/09, FamRZ 2010, 1622). Hierbei ist in den Blick zu nehmen, dass das Kind mit der Kundgabe seines Willens von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch macht und seinem Willen mit zunehmenden Alter vermehrt Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18.05.2009 - 1 BvR 142/09, FamRZ 2009, 1389 und vom 26.09.2006, FamRZ 2007, 105 = BVerfGK 15, 509/515). Der Kindeswille ist wie seine Neigungen und Bindungen gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls (BGH, Beschluss vom 01.2.2017 - XII ZB 601/15, FamRZ 2017, 532).
27c) Das Familiengericht kann gemäß § 1684 Abs. 4 S. 1 und 2 BGB das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist, wobei eine Einschränkung des Umgangsrechts für längere Zeit nur ergehen kann, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Gemäß § 1684 Abs. 4 S. 3 BGB kann das Familiengericht insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist (sog. begleiteter Umgang). Das betroffene Kind hat nach Art 2 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG einen Anspruch auf Schutz durch den Staat, wenn und soweit mit dem Umgang eine Gefährdung seines körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls verbunden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.02.2017 - 1 BvR 2569/16, FamRZ 2017, 261). Entsprechend ist die Einschränkung oder der Ausschluss des Umgangsrechts veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine konkrete Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren (std. Rspr., vgl. u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 25.04.2015 - 1 BvR 3326/14, FamRZ 2015, 1093; und vom 29.11.2012 - 1 BvR 335/12, FamRZ 2013, 361; BVerfGE 31, 194/209 f.).
28d) Wie bei anderen staatlichen Kindesschutzmaßnahmen, die mit einem Eingriff in das Elternrecht verbunden sind, ist bei der Anordnung von Einschränkungen oder Ausschluss des Umgangs der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.03.2005 - 1 BvR 1986/04, FamRZ 2005, 1057). Die Rechtfertigung einer Einschränkung oder eines Ausschlusses des elterlichen Umgangsrechts setzt auf der einen Seite voraus, dass der Schutz des Kindes dies nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfordert, um eine konkrete Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.12.2012 - 1 BvR 335/12, FamRZ 2013, 361), wobei gegebenenfalls auch der dem Umgang entgegenstehende Wille des Kindes und die Folgen eines gegen diesen Willen angeordneten Umgangs nicht außer Betracht bleiben dürfen; so kommen eine Einschränkung oder der Ausschluss der Umgangsbefugnis insbesondere in Betracht, wenn das Kind dies aus ernsthaften Gründen wünscht und ein erzwungenes Umgangsrecht das Kindeswohl beeinträchtigen würde (vgl. BVerfGE 64, 180/191).
292) Diese Grundsätze zugrunde gelegt, ist die amtsgerichtliche Regelung aufgrund der zwischenzeitlichen Geschehnisse und der momentanen Weigerung der Kinder, den Kindesvater sehen zu wollen, wie geschehen abzuändern.
30a) Für die Wiederaufnahme des Umgangskontaktes zwischen dem Kindesvater und den beiden Kindern A und C ist für die Dauer von sechs Umgangsterminen das Recht des Kindesvaters auf Umgang dahingehend einzuschränken, dass eine Begleitung anzuordnen war, § 1684 Abs. 4 S. 1, 3 BGB. Die beiden Kinder haben ihren Vater in den letzten 2 Jahren kaum und seit dem missglückten Umgangstermin am 25.02.2022 gar nicht gesehen. Beide haben in ihrer Anhörung vor dem Senat von diesem letzten Umgangstermin, der zu einem Polizeieinsatz geführt hat, berichtet. Es ist ganz deutlich geworden, dass beide Kinder das Verhalten des Kindesvaters als beängstigend erlebt haben. Unabhängig davon, dass die Kindesmutter den Verlauf der gescheiterten Kindesübergabe anders schildert als der Kindesvater, war der Verlauf selbst nach der Darstellung des Kindesvaters, die das Jugendamt in seiner Stellungnahme vom 22.03.2022 geschildert hat, dem Kindeswohl abträglich. Der Kindesvater hat demnach angegeben, dass er C, weil sich beide Kinder geweigert hätten, mit ihm zu kommen und die Kindesmutter ihn angeschrien habe, dass die Kinder nicht mitkämen, zum Auto getragen habe, wo die Kindesmutter versucht habe, sie aus seinen Armen zu reißen. Er sei dann mit beiden Kinder Iosgefahren, die Kindesmutter sei dem Auto hinterhergelaufen. Der Kindesvater habe die Polizei gesehen und sei direkt mit dieser ins Gespräch gegangen.
31Dieses Verhalten des Kindesvaters zeigt, dass er über den intensiven Konflikt, den er mit der Kindesmutter führt, das Wohl der Kinder im Augenblick der Übergabe zum Umgang aus den Augen verloren hat. Selbst wenn der Kindesvater Recht haben sollte mit seiner Behauptung, die Kindesmutter habe die Kinder vor dem Umgangstermin negativ beeinflusst und ihnen Angst gemacht, ist es völlig inakzeptabel, ein Kind gegen seinen Willen in einer derart verbal gewalttätigen Gesamtsituation, wie sie zwischen den Kindeseltern zu diesem Zeitpunkt bestanden hat, zum Auto zu tragen, es gegen seinen Willen in das Auto zu sperren und wegzufahren, noch dazu, während die Kindesmutter dem Fahrzeug hinterherläuft. Der Kindesvater war entweder nicht in der Lage oder war nicht willens, die Erlebenswelt der Kinder und ihren Willen in diesem Moment anzuerkennen. Die Kinder wollten nicht mitkommen. Das hat der Kindesvater zu respektieren.
32Ob der Wille der beiden Kinder an diesem Umgangstag im Februar 2022 von der Kindesmutter beeinflusst war, so wie er es behauptet, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn auch ein beeinflusster Kindeswille ist beachtlich, soweit er den wirklichen Bindungen der Kinder entspricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.09.2016 - 1 BvR 1547/16, FamRZ 2016, 1917 m.w.N.).
33Der Senat schließt sich insoweit vollständig der Ansicht der Kinderschutzambulanz an, die geäußert hat, die Erziehungsfähigkeit der Kindeseltern müsse überprüft werden.
34Es ist dem Senat aufgrund dieses Verhaltens völlig nachvollziehbar, dass beide Kinder hierdurch erheblich negativ beeinträchtigt sind, was sie im Rahmen ihrer Anhörung auch deutlich zu verstehen gegeben haben. Insbesondere die Darstellung von C, die den Kindesvater mit einem bösen Löwen verglichen und sein Verhalten nachgestellt hat, hat ihre Angst deutlich zum Ausdruck gebracht.
35Vor diesem Hintergrund kann zunächst nur ein begleiteter Umgang angeordnet werden, damit der Kontakt der beiden Kinder zu ihrem Vater behutsam in einer geschützten Umgebung wieder aufgebaut wird.
36Der Umfang und die Häufigkeit des Umgangs ergeben sich aus dem Umstand, dass zunächst eine Umgangsanbahnung zwischen dem Kindesvater und den Kindern erfolgen muss, da die Kinder durch die Erlebnisse am 25.02.2022 erheblich belastet sind und sie sich erst wieder vorsichtig an den Kindesvater gewöhnen müssen. Im Rahmen dieser sechs begleiteten Umgangskontakte wird zu beobachten sein, wie die Kinder auf den Kindesvater reagieren und ob sie, wie bei den Interaktionsbeobachtungen durch die Kinderschutzambulanz zwischen dem Kindesvater und A, die Angst vor diesem ablegen und ohne, dass ihr Wohl beeinträchtigt wird, mit diesem in Kontakt treten können.
37b) Für die folgenden fünf Umgänge war eine Umgangspflegschaft anzuordnen, § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB. Die Kindeseltern, aber insbesondere die Kindesmutter, haben ihre Wohlverhaltensplicht nach § 1684 Abs. 2 S. 1 BGB erheblich verletzt. Dies folgt schon aus den Ereignissen des gescheiterten Umgangs am 25.02.2022. Beide Kindeseltern haben ihre Kinder völlig aus dem Blick verloren und alleine nach ihren persönlichen Bedürfnissen den zwischen ihnen bestehenden Konflikt zu Lasten der Kinder ausgetragen, was zu einer erheblichen Belastung der Kinder geführt hat. Darüber hinaus ist der Kindesmutter vorzuwerfen, dass sie in den vergangenen 3 Jahren, seit es Umgangsverfahren beim Amtsgericht gegeben hat, nach der Ansicht des Senats alles unternimmt, um das Verhältnis der Kinder zum Kindesvater zu ruinieren. Der Senat nimmt insoweit auf die Stellungnahmen des Jugendamtes und der Verfahrensbeiständin, den Bericht der Jugendschutzambulanz, dem Inhalt der hiesigen und der Verfahrensakte 31 F 105/19, die beigezogen war, und das Ergebnis der Anhörung der Kindesmutter Bezug. Beide Kinder haben demnach eine deutliche Beeinflussung der Kindesmutter erfahren; gerade A ist nicht in der Lage, positive Erinnerungen an den Kindesvater zuzulassen, sondern befindet sich in einem innerpsychisch stark verunsicherten Zustand. Der Senat schließt sich insbesondere den Ausführungen des Abschlussberichts der Jugendschutzambulanz vom 27.07.2020 an. Auch wenn dieser Bericht mittlerweile zwei Jahre alt ist, hat sich an der Situation des Jungen nichts geändert. Dies kam deutlich in der Anhörung von A zum Ausdruck. Der Junge konnte die Fragen des Senats gar nicht in Ruhe beantworten, sondern musste dazwischen gehen, um von dem angeblichen Vorfall mit seinem Cousin, der vor vielen Jahren stattgefunden haben soll, als er vier Jahre alt gewesen sei, zu berichten.
38Ob und inwieweit die Kindesmutter A vor dem Anhörungstermin tatsächlich konkret gesagt hat, was er sagen soll, kann dabei dahinstehen. Denn unabhängig davon ergibt sich zum Einen aus dem Inhalt der Verfahrensakte, zum Anderen aus der Anhörung von A ganz klar, dass er seit Jahren einem Narrativ des sexuellen Missbrauchs verschiedenster Personen ausgesetzt wird, den er mit seinem Vater in Verbindung bringt und den er, das hat die Anhörung deutlich gezeigt, mittlerweile verinnerlicht hat.
39Der Senat teilt auch insoweit die Ansicht der Kinderschutzambulanz, dass die Erziehungsfähigkeit - hier der Kindesmutter - gutachterlich zu klären ist, da Gründe für die Annahme bestehen, dass das Verhalten der Kindesmutter kindewohlgefährdend im Sinne des § 1666 BGB ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundeverfassungsgericht, dass die seelische Entwicklung des Kindes durch das anhaltende massive Hervorrufen von Ängsten gegenüber dem umgangsberechtigten Elternteil infolge der defizitären Bindungstoleranz des umgangsverpflichteten Elternteils insbesondere im Zusammenhang mit einem verschärften Elternkonflikt eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Kindeswohls darstellen kann, die die Gefährdungsgrenze des § 1666 Abs. 1 BGB erreichen und zu einem Eingriff in das Sorgerecht Veranlassung geben kann (BVerfG, Beschluss vom 27.11.2020 - 1 BvR 836/20, FamRZ 2021, 753).
40c) Die darüber hinausgehende Beschwerde der Kindesmutter ist zurückzuweisen. Die Voraussetzungen des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB für einen Ausschluss oder eine längerfristige Einschränkung des Umgangsrechts des Kindesvaters liegen nicht vor.
41(1) Die Anordnung einer weitergehenden Begleitung der Umgänge kam nicht in Betracht. Soweit über die Anordnung von sechs begleiteten Umgänge eine weitere Begleitung für erforderlich gehalten werden sollte, wäre die Grenze des § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB überschritten und die weitergehende Einschränkung des Umgangsrechts an den Voraussetzungen des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB zu messen. Die im Rahmen des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB erforderliche Kindeswohlgefährdung ist jedoch nicht festzustellen. Alleine wegen des Vorfalls am 25.02.2022 kann nach Ansicht des Senats eine solche nicht angenommen werden, denn es handelt sich um den einzigen gerichtsbekannten Vorfall, bei dem der Kindesvater sich nicht kindswohlgerecht verhalten hat. Aus den Berichten der zuständigen Facharbeiter bzgl. der in der Vergangenheit stattgefundenen Umgangstermine ergibt sich vielmehr, dass sich der Kindesvater immer kindeswohlgerecht verhalten hat. Demnach handelt es sich nach der Ansicht des Senats bei den Geschehnissen am 25.02.2022 um eine einmalige Eskalation der Übergabe, die eine behutsame Heranführung der Kinder an den Kindesvater notwendig macht und damit den Anwendungsbereich des § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB eröffnet. Eine weitergehende Einschränkung des Elternrechts des Kindesvaters auf Umgang kann hierdurch jedoch nicht gerechtfertigt werden.
42(2) Damit sich eine solche Eskalation nicht wiederholt und sich insbesondere die Kindesmutter an die Wiederaufnahme der Umgänge gewöhnen kann, hat der Senat für die Dauer von fünf Monaten eine Umgangspflegschaft angeordnet. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es sich bei den Kindeseltern um zwei Menschen handelt, die derartig in einem Konflikt verhaftet sind, der sich negativ auf ihre Kinder auswirkt. Beide, aber insbesondere die Kindesmutter, haben gegen die ihnen obliegenden Wohlverhaltenspflichten verstoßen. Dem trägt die vorübergehende Einrichtung einer Umgangspflegschaft als für den Kindesvater mildere Maßnahme gegenüber einer weiteren Umgangsbegleitung Rechnung.
43(3) Aus dem Inhalt der Akten, den Berichten der Beteiligten und der beigezogenen Verfahrensakte 31 F 105/19 ergeben sich darüber keine Gesichtspunkte einer Gefährdung des Wohles von A und C, die für eine dauerhafte Begleitung oder einen Ausschluss des Umgangsrechts sprechen.
44Die Kindesmutter hat zwar wiederholt behauptet, die Kinder seien durch den Kindesvater oder dritte - minderjährige - Person sexuell missbraucht worden.
45Bei der Frage, ob Umgang auszuschließen oder nur begleitet zu gestatten ist, wenn der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs durch oder in Obhut des umgangsberechtigten Elternteils im Raume steht, steht auch nicht die Unschuldsvermutung des Umgangsberechtigten, sondern das Kindeswohl im Vordergrund (Hennemann/MüKo, 8. Aufl. 2020, § 1684 Rn. 86 m.w.N.). Bleibt es offen, ob ein Missbrauch vorlag, so ist eine Risikoabwägung vorzunehmen, die immer zugunsten des Kindes auszufallen hat. Gleichwohl reicht der bloße Verdacht - auch bei einem Ermittlungsverfahren - nicht, sondern es muss gesicherte Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung geben (Hennemann/MüKo, 8. Aufl. 2020, § 1684 Rn. 86 m.w.N.).
46Solche gesicherten Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung sind vorliegend zu verneinen.
47Zwar wiederholt die Kindesmutter seit Jahren, dass die Kinder durch den Kindesvater und neun- bzw. elfjährige Cousins in verschiedenen Formen sexuell missbraucht worden sein sollen. Doch haben alle bisherigen Ermittlungen keine Anzeichen dafür ergeben, dass diese Vorwürfe berechtigt sein könnten. Zunächst sind beide Kinder nach entsprechenden Vorwürfen medizinisch untersucht worden, ohne dass sich die Behauptungen der Kindesmutter zu tatsächlichen Ereignissen verdichtet hätten. Weiter sind die Behauptungen, insbesondere was sexuelle Übergriffe durch minderjährige männliche Verwandte angeht, so allgemein und vage gehalten, dass sie schon nicht überprüfbar sind. Sie sind in dieser Allgemeinheit und insbesondere vor dem Hintergrund, dass willkürlich selbst neunjährige Kinder beschuldigt werden, sexuelle Handlungen an A und C vorgenommen haben sollen, nicht glaubhaft. Dies wird auch dadurch gestützt, dass die Kindesmutter zum Beispiel behauptet hat, dass ein sexueller Missbrauch von C durch den Cousin in der Wohnung des Kindesvaters stattgefunden haben soll, in der es nach dem Bericht der Verfahrensbeiständin vom 21.03.2022 keine Türen gibt, d.h. also ebenfalls anwesende Erwachsene dies hätten beobachten können und müssen. Der insoweit von der Kindesmutter erhobene Vorwurf, die Verletzungen von C im Genitalbereich seien erst fünf Tage später untersucht worden, geht alleine zu ihren Lasten; der Kindesmutter stand es offen, das Mädchen, sollte sie tatsächlich ernsthaft einen entsprechenden Verdacht gehabt haben, gleich in einer Kinderschutzambulanz vorzustellen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Inhalt der Vorwürfe im Rahmen der unterschiedlichen Verfahren changiert und stetig neue Vorwürfe erhoben werden.
48Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass schon unberechtigte Vorwürfe sexueller Gewalt Anhaltspunkte für eine mögliche Misshandlung, insbesondere in Form von seelischer Gewalt, darstellen können (Dittmann/Raabe, JAmt 2018, 437 ff). Es steht weiter außer Frage, dass der unbegründete Vorwurf sexuellen Missbrauchs, soweit dieser von einem Elternteil besonders leichtfertig oder gar wider besseres Wissen erhoben worden ist, ein schwerwiegendes Indiz gegen dessen Erziehungseignung darstellt (BGH, Beschluss vom 12.12.2007 - XII ZB 158/05, FamRZ 2008, 592). Vorliegend kommt erschwerend hinzu, dass die Kindesmutter diese Vorwürfe nicht nur Dritten gegenüber seit Jahren behauptet, sondern darüber hinaus zumindest auf A in einer Art und Weise einwirkt, die dazu führt, dass der Junge mittlerweile selber überzeugt ist, sexuell missbraucht worden zu sein. Dies ergibt sich ohne Zweifel aus dem Inhalt seiner Anhörungen. Wenn aber schon Dritten gegenüber geäußerte Vorwürfe erhebliche Zweifel an der Erziehungsfähigkeit des diese Vorwürfe erhebenden Elternteils begründen, muss dies erst Recht dann geltend, wenn der Elternteil auch dem betroffenen Kind gegenüber dies immer wieder erzählt. Dabei kann die Motivation dahinstehen: ob die Kindesmutter dies absichtlich macht oder aber subjektiv davon überzeugt ist, ändert nichts an dem Umstand, dass dieses Verhalten geeignet sein kann, dass Kindeswohl konkret zu gefährden, da die Auswirkungen falscher Erinnerungen auf A - und ggf. auch auf C - erheblich sein können (vgl. zu dem Problemkreis des sog. „false memory syndrome“ z.B. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. September 2014 – L 2 VG 25/12, juris Rn. 42; Knecht, Kriminalstatistik 2006, 234).
49Auch unter diesem Gesichtspunkt liegen Gründe für die Möglichkeit einer Gefährdung des Kindeswohls der beiden verfahrensbetroffenen Kinder durch die Kindesmutter vor, die umgehend gutachterlich abgeklärt werden sollten.
50d) Nach den begleiteten Umgängen war bis Ende des Jahres 2022 aus den bereits dargestellten Gründen eine Umgangspflegschaft einzurichten, § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB. Eine wünschenswert zeitlich engere Taktung war nicht zu erreichen, da der Senat an die zeitliche Verfügbarkeit der Umgangspflegerin gebunden war.
51e) Ab 2023 war der Umgang unbegleitet und ohne Umgangspflegschaft anzuordnen, § 1684 Abs. 3 S. 1 BGB. Eine Kindeswohlgefährdung durch das Verhalten des Kindesvaters liegt, wie dargestellt, nicht vor. Der Konflikt zwischen den Kindeseltern rechtfertigt auch keine längere Einrichtung einer Umgangspflegschaft, schon aufgrund der gesetzlichen Vorgabe der zeitlichen Befristung.
52Beide Kindeseltern haben durch die getroffenen Regelungen reichlich Zeit, um ihr Verhalten zu überdenken, ihr Verhalten anzupassen und sich ggf. medizinische Hilfe zu holen.
53Beiden Kindeseltern kann darüber hinaus nur dringend angeraten werden, eine Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen bzw. einen Kurs vergleichbar „Kinder im Blick“ zu besuchen.
54Weiter ist dringend anzuraten, den Kindern einen Erziehungsbeistand an die Seite zu stellen; hier ist insbesondere der Einsatz der Kindesmutter gefragt, dies in die Wege zu leiten.
55Sollte sich aus den Berichten über die begleiteten Umgänge oder dem Bericht der Umgangspflegerin zur Übergabe der Kinder Anhaltspunkte ergeben, dass das Verhalten eines oder beider Elternteile zu einer Kindeswohlgefährdung führt, wäre die hier getroffene Regelung durch das Amtsgericht unter den Voraussetzungen des § 1696 Abs. 1 BGB abzuändern.
56III.
57Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 45, 41 FamGKG.
58Rechtsbehelfsbelehrung:
59Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar.