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1. Auf die Beschwerde der Kindesmutter vom 25.01.2022 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Leverkusen vom 13.01.2022 (32 F 72/20) abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Kindesmutter hat das Recht und die Pflicht, Umgänge mit den beiden Kindern A, geb. am xx.xx.2007, und B, geb. am xx.xx.2009, wie folgt auszuüben:
a) Jedes zweite - ungerade - Wochenende von Freitag ab 15 Uhr bis Montagmorgen zum Schulbeginn; sollte an einem Montagmorgen keine Schule stattfinden, endet der Umgang am Sonntagabend um 18 Uhr.
b) Jeweils die erste Hälfte der Ferien, beginnend freitags am letzten Schultag um 15 Uhr. Der Ferienumgang endet in den Oster- und Herbstferien am Montag nach der ersten Ferienwoche und in den Sommerferien am Dienstag nach den ersten drei Wochen jeweils um 10 Uhr. Während der Ferienumgänge kommt die Umgangsregelung unter Buchstabe a) zum Ruhen.
c) Umgänge beginnen und enden am Wohnort des Kindesvaters in C.
d) Zeichnet sich im Rahmen eines Umgangstermins eine Erkrankung eines oder beider Kinder ab, die den Schulbesuch am Montag hindern könnte oder einen Arztbesuch notwendig erscheinen lässt, endet der Umgang vorzeitig. Die Kindesmutter ist verpflichtet, eine entsprechende Erkrankung dem Kindesvater mitzuteilen und die Kinder nach Rücksprache mit diesem vorzeitig zu diesem zurück zu bringen.
e) Die Kindesmutter ist verpflichtet, eine jederzeitige telefonische Kontaktaufnahme des Kindesvaters im Hinblick auf die Durchführung der Umgänge zu ermöglichen.
f) Sollte ein Umgangstermin wegen Erkrankung komplett ausfallen, wird dieser am folgenden Wochenende nachgeholt. Der Kindesvater ist in diesem Fall verpflichtet, der Kindesmutter möglichst frühzeitig über die Verhinderung zu informieren. Auf Verlangen hat der Kindesvater ein ärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich ergibt, dass einem oder beiden Kindern der Umgang gesundheitlich nicht möglich ist.
2. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus dem vorliegenden Beschluss ergebenden Verpflichtungen kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat.
3. Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren tragen die Kindesmutter und der Kindesvater je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
4. Der Verfahrenswert wird für beide Instanzen auf jeweils 4.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die geschiedenen Eltern der beiden Kinder A, geb. am xx.xx.2007, und B, geb. am xx.xx.2009.
4Seit der Trennung haben die Kindeseltern zahlreiche sorgerechtliche Verfahren geführt, unter anderem wegen eines vom Kindesvater nicht genehmigten beabsichtigten Umzugs der Kindesmutter mit den beiden Kindern in das ca. 550 km entfernte D, wo die Eltern der Kindesmutter leben. Im Rahmen eines deswegen geführten Sorgerechtsverfahrens betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist dem Kindesvater dieses für die beiden Kinder übertragen worden (AG Remscheid, Az. 26 F 185/18). Beide Kinder sind daraufhin in den väterlichen Haushalt gezogen, wo sie seitdem leben.
5Die Kindeseltern vereinbarten außergerichtlich zunächst einen Umgang der Kindesmutter mit den beiden Kindern alle 14 Tage von Freitag 15:00 Uhr bis Montagvormittag sowie jeden Mittwoch von 15:00 bis 19:00 Uhr. Da sich die Kinder aufgrund der Umgangskontakte hoch belastet zeigten, kürzte der Kindesvater in der Folgezeit die Umgänge dergestalt, dass die Kindesmutter mit beiden Kindern von Freitag 15:00 Uhr bis Montagmorgen Umgang haben konnte. Der Kindesvater nahm in diesem Zusammenhang mit dem zuständigen Jugendamt Kontakt auf. Wegen weiter bestehender Belastung der Kinder kürzte der Kindesvater im Jahr 2019 die Umgänge erneut dahingehend, dass diese sonntags bereits um 15:00 Uhr endeten.
6Aufgrund dieser erneuten Kürzung des Umgangs hat die Kindesmutter mit Schriftsatz vom 28.02.2020 das streitgegenständliche Verfahren eingeleitet mit dem Antrag, ihren Umgang mit beiden Kindern gerichtlich zu regeln.
7Das Amtsgericht hat den Kindern in der Folgezeit eine Verfahrensbeiständin bestellt, die am 26.08.2020 nach Gesprächen mit den beteiligten Kindeseltern, den Kindern und dem zuständigen Mitarbeiter des Jugendamtes eine Stellungnahme abgegeben hat. Nach einer langen Unterhaltung mit dem Kindesvater und beiden Kindern im Wartezimmer der Kanzlei habe sie einen entspannten Umgang zwischen dem Kindesvater und den Kindern erlebt und den Eindruck gewonnen, dass sich diese sehr gut verstanden hätten und gut miteinander zurecht kämen. Dieser Eindruck habe sich jedoch in den Einzelgesprächen mit den Kindern nicht fortgesetzt. Hier habe A geäußert, er wolle mit der Kindesmutter zu den Großeltern ziehen, dort sei alles besser, abgesehen davon möge er seinen Vater nicht. Beim Papa sei es zwar schön, er möchte aber dennoch bei der Mama leben. Auch B habe im Einzelgespräch geäußert, zu den Großeltern ziehen zu wollen. Bei dem Gespräch mit der Kindesmutter alleine sei eine Frau anwesend gewesen. Die Verfahrensbeiständin war davon ausgegangen, dass es sich um eine Freundin der Kindesmutter handelte. Im weiteren Verlauf des Gespräches habe sich jedoch herausgestellt, dass die Begleitung der Kindesmutter die Mitbegründerin eines Aktionsbündnisses gegen sexuelle Gewalt gewesen sei und deshalb mitgekommen sei, weil die Kindesmutter Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch der Tochter B dokumentieren wollte. Die Kindesmutter habe zudem zahlreiche ärztliche Bescheinigung der letzten drei Jahre eingereicht, aus denen sich ergeben habe, dass die Kindesmutter die Kinder in diversen Notfallambulanzen wegen angeblicher Erkrankungen vorgestellt habe, ohne dass solche gegeben gewesen seien. Als Ergebnis hat die Verfahrensbeiständin empfohlen, ein Verfahren nach § 1666 BGB einzuleiten.
8Im Anschluss an diesen Bericht hat das Amtsgericht von Amts wegen ein Sorgerechtsverfahren eingeleitet (32 F 279/20). In diesem Verfahren hat das Amtsgericht ein sachverständiges Gutachten der Dipl.-Psychologin und Fachpsychologin für Rechtspsychologie E zur Erziehungsfähigkeit der Kindeseltern und zum Umgang eingeholt. Zusammenfassend hat die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 20.05.2021 festgestellt, dass es beiden Elternteile nicht gelänge, ihre eigenen Bedürfnisse uneingeschränkt zurückzustellen und sich auf die Kinder zu fokussieren. Entsprechend seien die Erziehungskompetenzen beider Elternteile aufgrund der andauernden elterlichen Auseinandersetzungen in einem erheblichen Maße eingeschränkt. Beiden Kindern sei bisher eine altersgerecht unbeschwerte Entwicklung sowie Kindheit vollständig verwehrt worden. Ihre Entwicklung sei durch den kontinuierlichen Elternkonflikt durchgehend behindert und gehemmt, sodass bei beiden Kindern die Verfestigung erheblicher Schädigungen mit hoher Wahrscheinlichkeit vorauszusehen sei, sofern nicht beide Kindeseltern grundlegende Verhaltensänderungen vorweisen und den Elternkonflikt konsequent beenden würden. Es sei wenig wahrscheinlich, dass dies den Kindeseltern gelänge, da sie seit über sechs Jahren in einem erheblichen Konflikte verhaftet seien. Eine temporäre Fremdunterbringung der Kinder könne dabei helfen, allen Beteiligten Klarheit über die spezifischen Bedürfnisse der beiden Kinder zu verschaffen. Es müsse in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen werden, dass sich aus psychologischer Sicht keine Hinweise auf beziehungsbelastendes Verhalten des Kindesvaters finden lasse. Der Umgang der beiden Kinder könne derzeit nicht frei von Belastungen ausgeübt werden. Der Kindesmutter fehle es an dem notwendigen Abgrenzungsvermögen bezüglich ihrer eigenen Bedürfnisse und Emotionen von denen der Kinder, weshalb das Ende der Umgangskontakte und die Rückkehr zum Kindesvater von den Kindern derzeit als massiv bedrohlich und belastend wahrgenommen werde. Objektiv ließen sich jedoch keine Anhaltspunkte für Gefährdungen oder Belastungen im väterlichen Haushalt finden. Aus psychologischer Sicht bestände eine deutliche Gefahr langfristiger psychischer Schäden für die Kinder im fortgeführten Elternkonflikt im Zusammenhang mit der Durchführung der Umgangskontakte. Eine alternative Überlegung zu begleiteten Umgängen sei ein großzügig angelegtes Wechselmodell. Jedoch fehle es hierfür derzeitig an der notwendigen Kooperationsfähigkeit der Kindeseltern. Soweit sich die Situation der Kinder nicht deutlich verbessern würde, sei aus psychologischer Sicht sogar auf die Möglichkeit einer Fremdunterbringung hinzuweisen. Weiter werde dringend die Installation eines Erziehungsbeistandes für beide Kinder empfohlen.
9In der Folgezeit hat das Amtsgericht die Verfahrensbeteiligten und die beiden Kinder angehört. Der zuständige Mitarbeiter des Jugendamtes und die Verfahrensbeiständin sprachen sich nach der erfolgten mündlichen Anhörung der Sachverständigen gegen ein Wechselmodell aus, da hierdurch keines der bestehenden Probleme behoben werden würde. Die Verfahrensbeiständin hat sich, solange sich die Kindesmutter nicht ändern würde, für einen Umgangsausschluss ausgesprochen.
10A hat in seiner Anhörung am 25.11.2021 erklärt, beim Kindesvater sei es für ihn in Ordnung. Ihm gefalle es nicht, dass der Kindesvater die Zeit am Handy begrenze. Er würde lieber bei seiner Mutter wohnen, da sie nicht so viel meckern würde wie sein Vater. Er wisse aber auch, dass das auch daran liege, dass er seinen Vater deutlich mehr sehen würde. Insgesamt möge er beide Eltern gleich gerne. Das Verhältnis zu seinem Vater sei viel besser geworden. Er gerate zwar manchmal mit ihm aneinander, jedoch seltener als früher. Die Übergänge vor und nach den Umgängen seien aus seiner Sicht in Ordnung. Einerseits freue er sich, seine Mutter zu sehen, andererseits freue er sich aber auch auf Zuhause nach den Umgängen. Früher sei es ihm am Ende der Umgänge manchmal körperlich schlecht gegangen. Er habe dann auch noch nicht in die Schule gewollt, das sei jedoch besser geworden. Er wisse, dass es zwischen den Kindeseltern Streit um den Umgang gebe. Sein Vater sage kaum etwas dazu. Nach D gefragt hat A erläutert, er verbringe dort alle Ferien, wolle aber lieber hier bei der Mutter leben, da er hier seine Freunde habe. Das gemeinsame Sorgerecht sei für ihn in Ordnung, er würde seine Mutter aber gerne mehr sehen.
11B hat in ihrer Anhörung erklärt, sie würde gerne mehr Umgänge in Form eines Wechselmodells haben. Das früher praktizierte Modell mit Umgängen noch in der Woche sei sehr schön gewesen, aber auch sehr anstrengend. Sie könne sich auch vorstellen, wieder bei der Mutter zu leben. Die Übergänge von der Mutter zum Vater seien schwierig, weil sie ihre Mutter nicht so oft sehe. Die Autofahrten seien auch anstrengend. Sie müsse sich dann umstellen, weil jeder Elternteil anders sei. Sie müsse sich darauf einstellen, was sie sagen müsse. Beim Vater würde sie lieber nicht über die Mutter reden, da dieser dann ein „großes Fass“ aufmache. Bei ihrem Vater sei es schön, sie hätten viele Tiere und einen Hund. Bei ihrer Mutter es sei schöner, da sie dort mehr unternehmen könnten. Das Thema Umgang würde gelegentlich besprochen, bei ihrer Mutter öfter, beim Vater nicht so oft. In D wolle sie im Ergebnis ihre Ferien verbringen, leben wolle sie jedoch hier.
12Mit Beschluss vom 12.02.2022 hat das Amtsgericht im Sorgerechtsverfahren 32 F 279/20 das gemeinsame Sorgerecht, soweit es noch bestand, aufgehoben und dem Kindesvater zur alleinigen Ausübung übertragen. Die hiergegen von ihr eingelegte Beschwerde hat die Kindesmutter im Anhörungstermin durch den Senat im Beschwerdeverfahren 14 UF 44/22 am 23.06.2022 zurückgenommen.
13Mit dem angegriffenen Beschluss vom 13.01.2022 hat das Amtsgericht den Umgang der Kindesmutter mit den beiden Kindern dahin geregelt, dass dieser an jedem zweiten Wochenende von Freitag 15:00 Uhr nach der Schule bis Sonntag um 15:00 Uhr stattfindet. Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Kindeseltern befänden sich in einem kontinuierlichen Hochkonflikt, der das Kindeswohl und die Entwicklung der Kinder bisher bereits erheblich beeinträchtigt habe. Nach dem Ergebnis des Gutachtens sei es unwahrscheinlich, dass es den Eltern gelänge, den Konflikt im Sinne der Kinder zu lösen. Weiter bestehe bei der Kindesmutter eine erhebliche Einschränkung der Bindungstoleranz. Nach dem Ergebnis des Gutachtens sei davon auszugehen, dass die Kindesmutter nicht in der Lage sei, ihre eigenen Bedürfnisse und Emotionen von denen der Kinder abzugrenzen. Diese sachverständigen Feststellungen fügten sich in das Verhalten der Kindesmutter im vorliegenden Verfahren ein, in dem diese den Verdacht eines sexuellen Missbrauchs eingebracht habe, um ihn dann wieder fallen zu lassen. Das Gesamtverhalten der Kindesmutter sei in keiner Weise nachvollziehbar, eine objektive Grundlage für den von ihr geäußerten Verdacht habe es nicht gegeben. Ein Umgangsausschluss sei nicht angezeigt, da im Grundsatz davon auszugehen sei, dass der Kontakt der Kinder zu beiden Eltern dem Kindeswohl diene. Jedoch seien die Folgen der dargelegten Bindungsintoleranz der Kindesmutter derart gravierend, dass grundsätzlich ein Umgangsausschluss erwogen werden müsse. Jedoch spreche der erklärte Kindeswille gegen einen solchen. Das Wechselmodell käme aufgrund des erheblichen Konfliktes der Eltern nicht in Betracht.
14Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter, mit der sie eine Ausweitung des Umgangs sowie eine Regelung des Umgangs in den Ferien und an den Feiertagen begehrt. Der Kindeswille sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, da beide Kinder geäußert hätten, ihre Mutter zumindest mehr sehen zu wollen, wenn nicht sogar zu ihr ziehen zu wollen. Ihre mit der Beschwerde zunächst vertretene Ansicht, die richtige Lösung sei ein großzügig angelegtes Wechselmodell, hat sie im Rahmen ihrer Anhörung durch den Senat am 23.06.2022 fallengelassen.
15Die Kindesmutter beantragt nunmehr sinngemäß,
16einen angemessen großzügigeren Umgang als amtsgerichtlich festgesetzt inklusive Ferienumgänge zu regeln.
17Der Kindesvater beantragt,
18die Beschwerde zurück zu weisen.
19Da seit der amtsgerichtlichen Regelung endlich Ruhe eingekehrt sei, befürchte er, dass die Kindesmutter, wenn der Umgang über das Wochenende ausgeweitet werde, die Kinder wieder montags nicht zur Schule bringe, wie das bis 2019 öfter geschehen sei.
20Mit seiner Stellungnahme vom 31.03.2022 hat sich das zuständige Jugendamt dahingehend geäußert, dass gerade in der letzten Verhandlung das das Kindeswohl gefährdende Verhalten der Kindesmutter aufgezeigt worden sei. Es handele sich hier um eine Familie, die seit Jahren durch das Jugendamt begleitet werde, ohne dass sich eine nennenswerte Veränderung zum Wohle der Kinder ergeben habe. Entsprechend sei die Beschwerde der Kindesmutter zurückzuweisen.
21Auch die Verfahrensbeiständin sprach sich in ihrer Stellungnahme vom 08.04.2022 zunächst dafür aus, die Beschwerde der Kindesmutter zurückzuweisen. Die Kindesmutter kämpfe mit allen Mitteln gegen den Kindesvater, wobei sie das Kindeswohl nicht mehr im Blick habe und nur noch ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen wolle. Ein großes Problem im Verhalten der Kindesmutter sei auch gewesen, dass sich diese ständig in die Schule schleiche, um die Kinder zusätzlich zu sehen. Ein Wechselmodell komme nicht in Betracht, zum einen wegen des mehr als gestörten Verhältnisses zwischen den Kindeseltern und zum anderen, weil es die Kindern in ihrer Entwicklung zurückwerfen würde.
22In der Anhörung am 23.06.2022 hat der Senat zunächst die beiden Kinder nacheinander in Anwesenheit der Verfahrensbeiständin angehört. Im Anschluss hat der Senat die Beteiligten angehört.
23Die Verfahrensbeiständin hat nach der in ihrem Beisein durchgeführten Kindesanhörung ihre Ansicht revidiert. Der Wille der Kinder, die Mutter deutlich mehr - am liebsten hälftig - zu sehen, sei extrem ausgeprägt. Es sei deutlich geworden, dass sie durch den eingeschränkten Umgang leiden würden. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht des Alters der Kinder sollte der Umgang auf Montag bis zur Schule ausgeweitet und um Ferienumgänge ergänzt werden.
24Die Kindeseltern haben im Rahmen der Anhörung übereinstimmend erklärt, dass die Ferien auch weiterhin zwischen ihnen einvernehmlich geteilt würden. Die Kindesmutter hat erklärt, seit einigen Monaten zwei Mal wöchentlich zur Psychotherapie zu gehen, um die Konflikte, die sie mit ihrem Ex-Mann habe, aufzuarbeiten. Sie sei dabei, ihre Perspektive zu ändern und erkenne langsam, die Kinder sehr belastet zu haben. Ein Wechselmodell habe ihr ihr Verfahrensbevollmächtigter der ersten Instanz eingeredet. Sie akzeptiere, dass die Kinder beim Vater wohnten. Dies sei auch der Grund, weshalb sie ihre parallel eingelegte Beschwerde gegen die erfolgte Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für beide Kinder auf den Kindesvater zurückgenommen habe.
25II.
26Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
271a) Nach § 1684 Abs. 1 BGB hat ein Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, zugleich ist jeder Elternteil zum Umgang mit seinem Kind berechtigt und auch verpflichtet. Dieses Recht des Kindes und des das Kind nicht betreuenden Elternteils steht nicht zur Disposition des anderen Elternteils. Das Umgangsrecht eines Elternteils steht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Es ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung fortlaufend persönlich zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten, einer Entfremdung vorzubeugen und dem Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschlüsse vom 17.09.2016 - 1 BvR 1547/16, FamRZ 2016, 1917 und vom 29.11.2012 - 1 BvR 335/12, FamRZ 2013, 361; vgl. grundlegend BVerfGE 31, 194/206 f.; 64, 180/187 f.). Die Rechtsposition erwächst ebenso wie das Sorgerecht aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und muss von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der obhutsberechtigte Elternteil muss demgemäß grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen. Können sich die Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, haben die Gerichte eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 06.04.2004 - 1 BvR 487/04, FamRZ 2004, 1166; und vom 17.02.2022 - 1 BvR 743/21, FamRZ 2022, 794; grundlegend: BVerfGE 31, 194/206 f.; 64, 180/187 f). Die Gerichte müssen sich daher im Einzelfall um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte bemühen (BVerfG, Beschlüsse vom 06.04.2004 - 1 BvR 487/04, FamRZ 2004, 1166; und vom 17.02.2022 - 1 BvR 743/21, FamRZ 2022, 794).
28b) Entscheidender Maßstab bei der Entscheidung ist das Kindeswohl. Das Familiengericht hat grundsätzlich die Regelung zu treffen, die – unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Eltern – dem Kindeswohl nach § 1697a BGB am besten entspricht (BGH, Beschluss vom 1.2.2017 - XII ZB 601/15, FamRZ 2017, 532; BVerfG, Beschluss vom 14.07.2010 - 1 BvR 3189/09, FamRZ 2010, 1622). Hierbei ist in den Blick zu nehmen, dass das Kind mit der Kundgabe seines Willens von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch macht und seinem Willen mit zunehmenden Alter vermehrt Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18.05.2009 - 1 BvR 142/09, FamRZ 2009, 1389 und vom 26.09.2006, FamRZ 2007, 105 = BVerfGK 15, 509/515). Der Kindeswille ist wie seine Neigungen und Bindungen gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls (BGH, Beschluss vom 01.2.2017 - XII ZB 601/15, FamRZ 2017, 532).
292) Diese Grundsätze zugrunde gelegt entspricht die vom Amtsgericht getroffene Regelung des Umgangs dem Wohl der Kinder nicht (mehr) vollständig. Sie war um eine Verlängerung der Umgangswochenenden um eine Nacht und um eine Regelung der Ferienumgänge zu ergänzen.
30a) Das Amtsgericht hat grundsätzlich die Grundrechtspositionen der beiden Eltern ausreichend berücksichtigt. Durch die Regelung eines Umgangs alle zwei Wochen von Freitag bis Sonntagnachmittag ist es der Kindesmutter möglich, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden von A und B fortlaufend persönlich zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihnen aufrechtzuerhalten, einer Entfremdung vorzubeugen und ihrem Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen.
31b) Die getroffene Regelung berücksichtigt jedoch den von den beiden Kindern A und B fortwährend geäußerten Willen nicht ausreichend. Sowohl A als auch B haben im Verlaufe des über zwei Jahre dauernden Umgangsverfahrens in allen Gesprächen mit der Verfahrensbeiständin, der Gutachterin und in den gerichtlichen Anhörungen konstant geäußert, eigentlich gerne zur Mutter ziehen zu wollen oder, soweit das nicht gehe, bei dieser möglichst 50 % der Zeit verbringen zu wollen. Diesem Willen ist zumindest im Ansatz zu entsprechen, indem die Umgänge um eine Nacht erweitert werden und erst am Montagmorgen mit dem Schulbeginn enden.
32Hierbei ist auch in den Blick zu nehmen, dass A und B mit der Kundgabe ihres Willens von ihrem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch machen und diesem Willen der Kinder mit zunehmendem Alter vermehrt Bedeutung zukommt (BVerfG, Beschlüsse vom 18.05.2009 - 1 BvR 142/09, FamRZ 2009, 1389 und vom 26.09.2006, FamRZ 2007, 105 = BVerfGK 15, 509/515). Der Senat ist davon überzeugt, dass ein gegen den ernsthaften Widerstand des Kindes erzwungener Umgang durch die Erfahrung der Missachtung der eigenen Persönlichkeit unter Umständen mehr Schaden verursachen als Nutzen bringen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.09.2016 - 1 BvR 1547/16, FamRZ 2016, 1917 m.w.N.), das gleiche gilt, wenn ein stetig geäußerter Wunsch eines Kindes nach (mehr) Umgang weitestgehend ignoriert wird. Die Grenze ist da zu ziehen, wo die Befolgung dieses Wunsches nach (mehr) Umgang dazu führen würde, dass das Kindeswohl gefährdet würde (BVerfG, Beschluss vom 08.03.2005 - 1 BvR 1986/04, FamRZ 2005, 1057).
33Vorliegend ist zunächst zu beachten, dass A zum Zeitpunkt seiner Anhörung fast 15 Jahre und B fast 13 Jahre alt sind. Es sind also keine kleinen Kinder mehr, deren geäußerter Wille primär für die Ermittlung ihrer Bindungen erheblich ist, sondern ihr so geäußerter Wille ist Ausdruck ihrer Persönlichkeit, ihrer Wünsche und ihrer ernst zu nehmenden Bedürfnisse (vgl. hierzu für den umgekehrten Fall der Umgangsablehnung Staudinger/Dürbeck (2019), § 1684 Rn. 313). Kinder in diesem Alter sind alt genug, ihre Wünsche und Bedürfnisse zu reflektieren und auszudrücken (EGMR, Entscheidung vom 03.04.2018 - 43976/16, Sangoi ./. Deutschland, www.hudoc.echr.coe.int, Rn. 19). Sowohl A als auch B haben im Verlaufe dieses zwei Jahre dauernden Verfahrens in allen Gesprächen mit der Verfahrensbeiständin und der Gutachterin und in allen gerichtlichen Anhörungen konstant geäußert, eigentlich gerne zur Mutter ziehen zu wollen oder, soweit das nicht geht, bei dieser möglichst 50 % der Zeit verbringen zu wollen. Dieser so geäußerte Wille ist also, soweit möglich, zu berücksichtigen.
34c) Ob der so konstant von A und B geäußerte Wille das Ergebnis einer Beeinflussung durch die Kindesmutter ist, kann dabei dahinstehen. Denn auch ein beeinflusster Kindeswille ist beachtlich, soweit er den wirklichen Bindungen der Kinder entspricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.09.2016 - 1 BvR 1547/16, FamRZ 2016, 1917 m.w.N.). Vorliegend wird aufgrund des vom Senat in der Anhörungen von A und B gewonnenen persönlichen Eindrucks, der Auswertung der Stellungnahmen der Beteiligten und dem Inhalt des Gutachtens deutlich, dass der von A und B geäußerte Wille ihren Bindungen entspricht.
35A hat bereits in seiner Anhörung am 25.11.2021 sehr differenziert zu seinem Verhältnis zu beiden Eltern Stellung genommen. Das wird daran deutlich, dass er im Einzelnen erläutern konnte, warum es ihm wo gefällt und ihm gleichzeitig klar war, dass sein Vater deshalb mehr „meckere“, weil er seinen Vater deutlich mehr sehen würde. Er hat weiter sowohl in der Anhörung im November 2021 als auch in der vor dem Senat erklärt, er möge beide Eltern gleich gerne. Der Umstand, dass er eine Verbesserung seines Verhältnisses zu seinem Vater wahrgenommen und auch geäußert hat, zeigt, dass er unabhängig davon, ob und inwieweit einer der Elternteile versucht, die Kinder zu beeinflussen, in der Lage war, beiden Eltern ihren „Raum“ in seinem Leben zu gewähren. Gleiches zeigt seine Aussage in der Anhörung aus dem November 2021, dass er sich einerseits freue, seine Mutter zu sehen, andererseits er sich aber auch auf Zuhause nach den Umgängen freue. Ein ähnliches Bild hat sich auch in seiner Anhörung durch den Senat ergeben. Auch hier hat A ein ausgewogenes Mögen beider Elternteile bekundet; gleichzeitig hat er aber auch deutlich erklärt, die Kindesmutter mehr sehen zu wollen. Die Äußerung, er möchte seine Mutter „lieber viel viel häufiger sehen“ hat die große Bedeutung dieses Wunsch ganz deutlich zum Ausdruck gebracht.
36Auch B hat konstant erklärt, sie würde gerne mehr Umgänge in Form eines Wechselmodells haben. Der Wunsch, auch einmal von der Mutter zur Schule gebracht werden zu wollen, zeigt, wie wichtig es B ist, dass die Kindesmutter nicht nur Teil der Wochenenden, sondern auch im Ansatz ihres täglichen Lebens ist. Gleichzeitig wurde auch bei B deutlich, dass sie ein ausgewogenes emotionales Verhältnis zu beiden Elternteilen hat, indem sie auf die Frage, ob sie ein schlechtes Gewissen habe, weil sie beim Vater lebe, dies verneint, aber gleichzeitig erklärt hat, da sie schon so lange beim Papa wohne, würde sie auch gerne mal bei der Mama wohnen. Die Zeit bei der Kindesmutter ist für B auch positiv belegt. So hat sie auf Nachfrage erklärt, dass sie mit ihrer Mutter viele Ausflüge - fast jedes Wochenende - machen würde, während die Kindesmutter im Termin sogar relativiert hat, dass dies gar nicht so sei.
37d) Eine noch weitergehende Umgangsausweitung konnte indes, auch wenn A und B dies gerne möchten, zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht geregelt werden. Der Gang und Inhalt des Umgangsverfahrens ebenso wie der Ablauf des parallel geführten Sorgerechtsverfahrens zeigen, wie instabil das familiäre System ist und wie hoch die Belastungen nicht nur der Kinder, sondern aller Beteiligten sind. Erst wenn sich die Dynamik innerhalb der Familie zum Positiven verändert, könnten weitergehende Umgänge dem Kindeswohl von A und B entsprechen.
38Im Einzelnen:
39(1) Zunächst ist die erhebliche Einschränkung der Bindungstoleranz beider Kindeseltern zu berücksichtigen. Insbesondere die Kindesmutter hat in der Vergangenheit durch ihr Verhalten gezeigt, dass sie nicht in der Lage ist, mit der Trennung vom Kindesvater umzugehen. Auch wenn der Vorfall schon lange zurück liegt, kann der Senat nicht umhin festzustellen, dass die Kindesmutter zu einem Gespräch mit der Verfahrensbeiständin eine Frau von einem Aktionsbündnis gegen sexuelle Gewalt mitgebracht und auch entsprechende Anschuldigungen erhoben hat. Die Hintergründe, wie es dazu kam, können im Ergebnis dahinstehen; maßgeblich ist, dass die Kindesmutter diesen Schritt zunächst gegangen ist, obwohl zu keinem Zeitpunkt irgendein entsprechender Verdacht gegen den Kindesvater erhoben worden war. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Kindesmutter nach der Trennung versucht hat, ohne Zustimmung des Kindesvaters nach D zu den Großeltern zu ziehen. Der Senat ist sich zwar auch insoweit bewusst, dass dies lange zurück liegt. Gleichwohl hat es zu der Gesamtsituation, die Grundlage dieser Entscheidung des Senats ist, beigetragen. Weiter hat es die Kindesmutter - genau wie der Kindesvater - nicht vermocht, den Konflikt der Eltern auf der Elternebene zu belassen, sondern sie hat - ebenso wie der Kindesvater - diesen stetig auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. Alle Beteiligten haben im Laufe des Verfahrens wiederholt auf das belastende Beziehungsgefüge innerhalb der Familie hingewiesen.
40Gleichzeitig scheint sich bei der Kindesmutter zumindest in Ansätzen ein Umdenken abzuzeichnen. Lediglich in Ansätzen, weil sie ihrem ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten die „Schuld“ für den Antrag auf Einrichtung eines Wechselmodells gegeben hat, denn es ist unwahrscheinlich, dass dieser Antrag ohne ihre Zustimmung erfolgt war. Hier mangelt es an der notwendigen Übernahme der Verantwortung für die Folgen des eigenen Verhaltens. Auf der anderen Seite stellt der Umstand, dass die Kindesmutter seit ca. einem halben Jahr eine Psychotherapie mit zum Teil zwei Sitzungen pro Woche absolviert, eine wichtige Entwicklung dar. Es zeigt die Bereitschaft der Kindsmutter, die Dynamik innerhalb der Familie durch das Aufarbeiten der eigenen Anteile daran zu verändern. Das ist als positiv zu bewerten und bei der Gesamtabwägung mit zu berücksichtigen.
41(2) Auch der Kindesvater zeichnet sich durch eine teilweise erhebliche Bindungsintoleranz aus. Schon der Umstand, dass er in der Vergangenheit eigenmächtig die Umgänge der Kindesmutter immer weiter eingeschränkt hat, weil er der Meinung war, diese seien für die Kinder schädlich, obwohl die Kinder die Mutter deutlich mehr sehen wollten, zeigt, dass er - wie die Sachverständige zu Recht ausführt - nicht in der Lage war, die Bedürfnisse der Kinder uneingeschränkt zu berücksichtigen. Der Senat berücksichtigt bei dieser Einschätzung sehr wohl die schwierige Lage, in der sich der Kindsvater befunden hat und auch immer noch befindet. Die Kindsmutter hat durch ihr Verhalten - z.B. wiederholte Vorstellung der Kinder in Notfallambulanzen wegen angeblicher schwerer Erkrankungen, Fernhalten von der Schule nach dem Wochenendumgang, Erscheinen in der Schule während der Woche, Gesprächsverweigerung gegenüber dem Kindesvater - eine auch nur halbwegs vertrauensvolle Zusammenarbeit der Kindeseltern unmöglich gemacht. Auch ist dem Senat bewusst, dass das Verhalten der Kindesmutter zu Leistungseinbrüchen der Kinder in der Schule geführt hat und die immer wieder geäußerte Absicht der Kindesmutter, mit den Kindern nach D ziehen zu wollen, die Kinder hoch belastet hat. Das Bedürfnis des Kindsvaters, einen engen Umgangsrahmen zu setzen, ist vor dem Hintergrund dieses Verhaltens der Kindesmutter in der Vergangenheit zwar verständlich. Gleichzeitig zeigen seine Äußerungen im Anhörungstermin, dass er einseitig in seiner Position verharrt, ohne dem Willen der Kinder und geänderten Umstände ausreichend Rechnung zu tragen. So hat er auf das Ergebnis der Kindesanhörung und dem deutlich geäußerten Wunsch der Kinder, die Mutter mehr sehen zu wollen, alleine mit dem Verweis auf die gerade dargestellten Ereignisse reagiert, die mittlerweile jedoch im Schnitt drei Jahre zurückliegen. Unberücksichtigt bleibt jedoch der Umstand, dass die Kinder mittlerweile drei Jahre älter sind und alleine deshalb das starre Festhalten an einer einmal beschlossenen Regelung unmöglich ist. Hinzu kommt, dass ein Umzug nach D nicht mehr im Raume steht und die Kindesmutter eine Therapie begonnen hat.
42(3) Schließlich sind die Kinder nach der Ansicht des Senats noch immer hoch belastet. Dass sie dies in der Vergangenheit waren, ergibt sich aus den Stellungnahmen der Beteiligten, auf die der Senat insoweit verweist. Aber auch im Rahmen der erneuten Anhörung der Kinder ist deutlich geworden, dass sie unter der aktuellen Situation immer noch leiden. Beide Kinder haben klar geäußert, dass sie traurig sind und die gegebene Situation „scheiße“ finden. Während B erklärt hat, sie fände es doof, wenn sie nach den Umgängen wieder zum Papa müsse, hat A nicht mehr davon berichtet hat, dass ihm das Ende der Umgänge „körperlich weh“ tue, so wie in der Vergangenheit. Sowohl in der Anhörung vor dem Amtsgericht als auch vor dem Senat hat er geäußert, dass er mit den Übergängen gut zurechtkäme. Bei B wiederum war darüber hinaus deutlich der Wille zu spüren, es beiden Eltern recht machen zu wollen.
43e) Vor dem Hintergrund dieser Gesamtlage entspricht es dem Kindeswohl zum gegenzeitigen Zeitpunkt am besten, die Dauer der Umgänge moderat auszuweiten. Eine Gefährdung des Kindeswohls entsteht hierdurch zur Überzeugung des Gerichts nicht. Soweit der Kindesvater zur Begründung, warum er mehr Umgang für schädlich halte, auf das Sachverständigengutachten verwiesen hat, kann der Senat dem nicht zustimmen. Die Schlussfolgerungen des Gutachtens hält der Senat für zweifelhaft. Da es im Ergebnis nicht wesentlich auf die Ergebnisse der Begutachtung ankommt, ist eine detaillierte Auseinandersetzungen mit den Mängeln des Gutachtens aber entbehrlich. Als Beispiel sei lediglich auf den Umstand verwiesen, dass die Sachverständige erklärt hat, eine temporäre Fremdunterbringung der Kinder könne dabei helfen, allen Beteiligten „Klarheit über die spezifische Bedürfnisse der beiden Kinder zu verschaffen“ und den Kindern die Chance zu geben „zur Ruhe zu kommen“. Wie die Sachverständige zu diesem Ergebnis kommen kann, wenn sie gleichzeitig erklärt, im Haushalt des Kindsvaters ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Kinder, erschließt sich dem Senat nicht. Es fehlt sowohl die notwendige Anknüpfung an die erforderliche Gefährdungslage der Kinder als auch eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Folgen einer Fremdunterbringung für die Kinder. Auch bleibt unverständlich, wie die Sachverständige bei einer solchen Annahme gleichzeitig überhaupt ein Wechselmodell ins Spiel bringen konnte. Die wenig nachvollziehbaren Schlussfolgerungen der Sachverständigen erklären sich eigentlich nur durch ihre Erklärung im Termin, keine Empfehlung abgeben zu können. Gleichwohl stimmt der Senat mit der Einschätzung der Sachverständigen überein, dass für die Kinder eine Erziehungsbeistandschaft beantragt werden sollte; die Möglichkeit, mit einem unbeteiligten Dritten über die familiäre Situation zu sprechen, kann dazu beitragen, die Belastung der Kinder durch den Konflikt der Eltern zu reduzieren.
44Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass A und B selbstverständlich das Recht haben, ihre Mutter anzurufen. Aufgrund des Alters der Kinder war dies auch nicht im Tenor des Beschluss gesondert zu regeln. Gleichzeitig ist der Hinweis notwendig, dass die Kindesmutter von sich aus eine Kontaktaufnahme außerhalb der Umgangszeiten zu unterlassen hat.
45III.
46Der Tenor zu Ziffer 2) folgt aus § 89 FamFG. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes ergibt sich aus §§ 45, 40, 31 FamGKG.
47Rechtsbehelfsbelehrung:
48Diese Entscheidung ist unanfechtbar.