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Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Gründe:
2I.
3Der Senat ist einstimmig der Ansicht, dass die zulässige Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und eine mündliche Verhandlung ebenfalls nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3 und 4 ZPO), soll über das Rechtsmittel durch Beschluss entschieden werden.
4Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
5Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
6Der Zulässigkeit der Klage steht allerdings nicht die Einrede der mangelnden Sicherheitsleistung aufgrund der Anträge der Beklagten vom 26.04.2021 und 11.05.2021 entgegen. Die Rüge der mangelnden Sicherheitsleistung ist von der Beklagten verspätet erhoben worden und nicht gemäß § 532 S.2 ZPO zuzulassen. Da sie eine verzichtbare Rüge der Zulässigkeit der Klage ist, ist die Rüge der mangelnden Sicherheitsleistung grundsätzlich vor Verhandlung zur Hauptsache, und zwar für alle Rechtszüge, noch innerhalb der zur Klageerwiderung gesetzten Frist und damit in der ersten Instanz vorzubringen, § 282 Abs.3 ZPO (BGH, Zwischenurteil vom 30.06.2004 - VIII ZR 273/03, NJW-RR 2005,148). Die Beklagte hat die Rüge jedoch erst zweitinstanzlich erhoben, und ihre Verspätung nicht im Sinne von § 532 S.2 ZPO entschuldigt. Es liegen auch nicht die Voraussetzungen für eine Zulassung der Einrede nach § 111 ZPO vor, da hier die Voraussetzungen für die Einrede der mangelnden Sicherheit nicht nachträglich entstanden sind. Entsprechendes hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich, da der Kläger bereits zu Beginn des Mahnverfahrens, für die Beklagte erkennbar, seinen Wohnsitz ausserhalb der EU bzw. des EWR, nämlich in den Vereinigten Staaten von Amerika hatte.
7Der Senat nimmt im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung; das Rechtsmittel ist unbegründet.
8Ergänzend sieht sich der Senat nur zu folgenden Anmerkungen veranlasst:
91. Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass die Tätigkeit des Versicherungsnehmers der Beklagten, des Rechtsanwaltes A B, als Treuhänder gemäß dem Treuhandvertrag vom 03.08.2009/13.08.2009 (Anl. 8 zum Schriftsatz der Klägervertreter vom 05.02.2020, AH) nicht von dem Versicherungsschutz nach den AVB-A in Verbindung mit der Risikobeschreibung erfasst ist, insbesondere auch nicht die hier streitgegenständliche Überweisung des Darlehensbetrages von 750.000 € an die Darlehensnehmerin C AG (im Folgenden: C-AG).
10Ob eine versicherte berufliche Tätigkeit im Sinne des § 1 AVB-A in Verbindung mit der RB-RA vorliegt, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung einerseits der in dem Versicherungsvertrag getroffenen Vereinbarungen und andererseits der konkret vom Rechtsanwalt übernommenen Aufgaben beurteilt werden (BGH, Beschluss vom 27.01. 2021, - IV ZR 349/19 -, Rn.23).
11a) Ob die vom Versicherungsnehmer aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrages übernommene Tätigkeit vom Versicherungsschutz erfasst wird, ist in erster Linie durch Auslegung der vereinbarten Versicherungsbedingungen zu ermitteln.
12Diese sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers in dem betreffenden Versicherungszweig – hier eines Rechtsanwalts – ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (BGH Beschluss vom 27.01. 2021, - IV ZR 349/19 -, Rn.26/27; BGH, Urteil vom 23.06.1993 – IV ZR 135/92, NJW 1993, 2369, st. Rspr.). Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH Beschluss vom 27.01. 2021, - IV ZR 349/19 -, Rn. 27; BGH, Urteil vom 25.07.2002 – IV ZR 201/10 –, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr).
13§ 1 Gegenstand der Versicherung der hier vereinbarten AVB-A bestimmt insoweit:
14Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz (Deckung) für den Fall, daß er wegen eines bei der Ausübung beruflicher Tätigkeit – von ihm selbst oder einer Person, für die er einzutreten hat – begangenen Verstoßes von einem anderen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden verantwortlich gemacht wird.
15Ein Rechtsanwalt oder Notar als Versicherungsnehmer einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte (und Notare) erkennt zunächst, dass einerseits der Begriff der versicherten beruflichen Tätigkeit in § 1 AVB-A weit gefasst ist.
16Jedoch ist damit nicht jede anwaltliche Tätigkeit erfasst, selbst wenn sie nur untergeordnet neben einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgeübt wird. Dem steht entgegen, dass – für einen Rechtsanwalt oder Notar als Versicherungsnehmer erkennbar – das zunächst weit gefasste Leistungsversprechen des § 1 AVB-A durch die Regelungen in der RB-RA eine Ergänzung erfährt, die den weiten Begriff der beruflichen Tätigkeit ausfüllt und damit zugleich das Leistungsversprechen konkretisiert und eingrenzt (BGH Beschluss vom 27.01. 2021, - IV ZR 349/19 -, Rn.28).
17Gemäß der dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und Patentanwälten ist versichert „die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus der gegenüber seinem Auftraggeber freiberuflich ausgeübten Tätigkeit als Rechtsanwalt“. Mitversichert ist nach S. 2 der Risikobeschreibung u.a auch die Tätigkeit als (…) Treuhänder gem. InsO, wobei zugleich – sogar durch Fettdruck hervorgehoben – klargestellt wird: „Diese Risikobeschreibung zählt die mitversicherten Tätigkeiten abschließend auf.“
18Der durchschnittliche Versicherungsnehmer einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte und Notare kann daher erst der Aufzählung in I. Nummern 1 bis 6 RB-BA (im vorliegenden Fall: Satz 2 der RB-RA) entnehmen, welche seiner beruflichen Tätigkeiten dem versprochenen Versicherungsschutz konkret unterfallen (BGH Beschluss vom 27.01. 2021, - IV ZR 349/19 -, Rn.28; vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2015, VersR 2016, 388 = BeckRS 2016, 1207 Rn. 20).
19Dabei handelt es sich bei dem in I. RB-RA verwendeten Begriff der „freiberuflich ausgeübten Tätigkeit als Rechtsanwalt“ für den Versicherungsnehmer erkennbar nicht um eine weite Definition anwaltlicher Tätigkeit, weil unter den nachfolgenden Nrn. 1–6 als mitversichert eine Reihe von Tätigkeiten katalogartig aufgezählt wird, die häufig mit anwaltlicher Tätigkeit einhergehen und deshalb bei einem weiten Verständnis des Begriffes „Tätigkeit als Rechtsanwalt“ keiner gesonderten Erwähnung bedürften (BGH Beschluss vom 27.01. 2021, - IV ZR 349/19 -, Rn.29; vgl. BGH VersR 2016, 388 = BeckRS 2016, 1207 Rn. 21). Dieser Systematik kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer indes entnehmen, dass die gemäß I. RB-RA versicherte freiberufliche „Tätigkeit als Rechtsanwalt“ allein die von unabhängiger Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten geprägte „klassische“ Tätigkeit des Rechtsanwalts meint, wie sie auch in § 3 BRAO beschrieben ist (BGH Beschluss vom 27.01.2021, - IV ZR 349/19 -, Rn. 29; vgl. BGH VersR 2016, 388 = BeckRS 2016, 1207 Rn. 21). Darin bestärkt den Versicherungsnehmer auch die Formulierung der „Tätigkeit als Rechtsanwalt“ (anstelle von „Tätigkeit des Rechtsanwalts“), womit die RB-RA im Kontext mit der Gegenüberstellung des – abgeschlossenen (vgl. RB-RA a.E.) – Kataloges anderweitiger, mitversicherter Tätigkeiten ebenfalls zum Ausdruck bringt, dass I. RB-RA nur die Kerntätigkeit des Rechtsanwaltsberufs meint (vgl. BGH VersR 2016, 388 = BeckRS 2016, 1207 Rn. 21).
20Der Regelungstechnik der RB-RA kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehmen, dass für die Entscheidung, ob eine Tätigkeit versichert ist, die gesamte Tätigkeit in den Blick genommen und als Ganzes bewertet werden muss. Das ergibt sich daraus, dass die in I. Nrn. 1-6 RB-RA aufgezählten mitversicherten Tätigkeiten mittels berufsähnlicher Titulierung gekennzeichnet sind, die jeweils eine Gesamtheit von Pflichten und Handlungen beschreiben sollen. Der abgeschlossene Katalog so bezeichneter mitversicherter Tätigkeiten wäre überflüssig, käme es stattdessen bei jeglicher Tätigkeit des Rechtsanwalts für die Frage des Versicherungsschutzes allein darauf an, ob die jeweils konkret schadenstiftende Pflichtverletzung – gleichviel in welchen Rahmen sie (auch untergeordnet) eingebettet ist – als anwaltliche Handlung einzustufen ist. Träfe diese Auslegung zu, hätte es für den Klauselverwender nahegelegen, Versicherungsschutz generell zu gewähren, soweit der schadenstiftende Pflichtverstoß bei einer Rechtsberatung oder Prozessvertretung geschieht (BGH, Urteil vom 27.01.2021 - 4 ZR 349/19, Rn. 32).
21b) Nach diesen Grundsätzen handelte es sich bei dem Tätigwerden des Rechtsanwalts A B aufgrund des Treuhandvertrages vom 03.08.2009/13.08.2009 (Anl. 8 des Schriftsatzes vom 05.02.2020 der Beklagtenvertreter, AH), um keine versicherte anwaltliche Tätigkeit.
22Zum einen ergibt sich dies daraus, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten als Treuhänder nicht im Sinne der abschließenden Aufzählung der mitversicherten Tätigkeiten in Satz 2 der RB-RA gemäß der Insolvenzordnung tätig geworden ist.
23Zum anderen folgt dies aus den vertraglichen Bestimmungen zu den Pflichten des Versicherungsnehmers Rechtsanwalt B aus dem Treuhandvertrag in Verbindung mit dem Darlehensvertrag vom 30.07.2009/13.08.2009 (Anlage 7 des Schriftsatzes der Klägervertreter vom 05.02.2020, AH) sowie der zusätzlichen Vereinbarung gemäß dem Schreiben des Rechtsanwaltes B vom 11.08.2009.
24Unter Ziffer. 1 S.1 und 2 des Treuhandvertrages vereinbarten die Treugeberin, die Treunehmerin und Rechtsanwalt B als Treuhänder die Verpflichtung des Treuhänders, „gemäß dem anliegenden Darlehensvertrag zu handeln und die dortigen Verpflichtungen zu erfüllen/ Regelungen einzuhalten, die dem Treuhänder aufgabenmäßig zugeteilt sind. Insbesondere hat der Treuhändern die ordnungsgemäße Abwicklung des Darlehens über das im Darlehensvertrag bezeichnete Konto sicher zu stellen, so die Einrichtung des Kontos (soweit noch nicht vorhanden), die Mittelfreigabe nach Vorliegen/Erfüllung der im Darlehensvertrag vereinbarten Sicherheitenregelung, die Überwachung der Zahlungseingänge und den Schriftverkehr mit der/die Information der Treugeberin durchzuführen“. Der in Bezug genommene Darlehensvertrag sieht insoweit als Erfüllung der Darlehensverpflichtung der Darlehensnehmerin vor, dass diese den Darlehensbetrag auf das von dem Treuhänder benannte Konto überweist, § 1 S.3 des Darlehensvertrags. Sodann ist die Überweisung des Darlehensbetrags auf das Konto des Darlehensnehmers bei der F AG G, IBAN X1 A (Euro-Konto) vorgesehen, § 1 S.2 des Darlehensvertrages. Im Übrigen sieht der Darlehensvertrag selbst noch in § 4 Ziff. 1 und 2 vor, dass der Treuhänder ggf. Kopien der Abtretungsunterlagen zu seitens der Darlehensgeberin verlangten Sicherheiten erhalten, sowie gemäß § 4 Ziff.4, dass er die Sicherheiten verwalten solle.
25Mit dem zusätzlich zum Bestandteil des Treuhandvertrages gewordenen Schreiben des Rechtsanwaltes B vom 11.08.2009 hat dieser als Treuhänder weiterhin versichert, bei jedem Konto, auf das der Darlehensbetrag überwiesen wird, vorher dafür zu sorgen, dass er unwiderrufliche gemeinsame Bankvollmacht habe, so dass ohne ihn der Betrag nicht abfließen könne (Anlage 6 des Schriftsatzes der Klägervertreter vom 05.02.2020, AH).
26Die im Treuhändervertrag, im Darlehensvertrag und in dem Schreiben vom 11.09.2009 genannten oder umschriebenen Tätigkeiten und Pflichten des Treuhänders sehen keine Beratungstätigkeit des Rechtsanwaltes B gegenüber einer der Parteien des Darlehensvertrages vor und sind im Übrigen eng an die Bestimmungen des Darlehensvertrages gebunden. Es ist damit nach den vertraglichen Vereinbarungen insoweit keine unabhängige Beratung und Vertretung der Treugeberin in Rechtsangelegenheiten vorgesehen. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass gemäß Ziffer 1 S. 3 des Treuhandvertrages der Treuhänder für Steuerzahlungspflichten der Treugeberin nicht einzustehen hat, dies veranlasst hiernach die Treugeberin auf eigene Kosten selbst. Sämtliche Aufgaben erfordern nicht, dass der Treuhänder Rechtsanwalt ist.
27Auch die hier die Haftpflicht auslösende konkret verletzte Pflicht des Treuhänders/Versicherungsnehmers, vor Überweisung des Darlehensbetrages auf das Konto der C AG, dafür zu sorgen, dass er unwiderufliche gemeinsame Bankvollmacht habe, so dass ohne ihn der Betrag nicht abfließen könne, umfasste keine spezifisch anwaltliche Tätigkeit. Sie enthielt keine Elemente einer unabhängigen rechtlichen Beratung oder Vertretung der Treugeberin. Zudem hätte für die vorherige Einholung einer unwiderruflichen gemeinsamen Bankvollmacht des Treuhänders auch für das Konto der C AG ebenfalls auch ein Nicht-Anwalt sorgen können.
28Schließlich spricht gegen die Annahme einer anwaltlichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers Rechtsanwalt A B im Zusammenhang mit der hier die haftpflichtauslösenden ungesicherten Überweisung, dass weder vorgetragen wurde noch ersichtlich ist – worauf die Beklagte hingewiesen hat – dass im Zusammenhang mit dem hier in Rede stehenden Tätigwerden als Treuhänder eine entsprechende Vergütung für ein anwaltliches Tätigwerden vereinbart oder in Rechnung gestellt worden ist. Vielmehr ist lediglich eine Vergütung des Versicherungsnehmers Rechtsanwalt B für seine Treuhändertätigkeit in Höhe von 1% des Darlehensbetrages in dem Treuhandvertrag unter Ziffer 4 S. 1 vorgesehen.
29Unerheblich ist auch, ob der Versicherungsnehmer Rechtsanwalt B vor der hier streitgegenständlichen Treuhändertätigkeit anwaltliche Mandate der Zedentin/Treugeberin übernommen und durchgeführt hatte, was streitig ist und wogegen allerdings die Zeugenaussage der Treugeberin und Zedentin D E vor dem Landgericht München II am 07.05.2013 im Verfahren 13 O 4650/11, Sitzungsprotokoll Seite 23, zweiter Absatz (Anl. E5, AH) spricht.
30Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre hieraus nichts über den Gegenstand der konkreten, hier streitgegenständlichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers und zu der Frage herzuleiten, ob diese vom Versicherungsschutz des Berufshaftpflichtversicherungsvertrages umfasst war.
31Zwar dient die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung vorrangig dem Schutz des rechtsuchenden Publikums. Das bedeutet aber nicht, dass bei Auslegung des Leistungsversprechens der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts das von dem Mandanten dem Rechtsanwalt als solchem entgegengebrachte Vertrauen maßgeblich den Umfang der Deckungspflicht beeinflusst.
32Sowohl § 1 AVB-A 2002 als auch die BVRR knüpfen das Leistungsversprechen an die konkrete Tätigkeit des Rechtsanwalts und nicht allein an dessen Status. Nimmt ein Mandant eine berufsfremde Tätigkeit des Rechtsanwalts in Anspruch, kann er ungeachtet des dem Anwalt aufgrund dessen beruflicher Stellung entgegengebrachten Vertrauens nicht auf dessen Versicherungsschutz hoffen (BGH, Beschluss vom 23. 09.2015 - IV ZR 484/14, Rn. 28).
332. Ohne Erfolg wendet sich der Kläger auch gegen die Feststellung einer wissentlichen Pflichtverletzung durch das Landgericht und den aus dieser folgenden Risikoausschluss gemäß § 4 Ziffer 5 S. 1 der AVB-A. Es ist hier von einer Schadenstiftung bzw. einer Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung auszugehen.
34Wie schon das Landgericht festgestellt hat, bestreitet der Kläger nicht – und auch Rechtsanwalt B hat dies im Haftpflichtprozess nicht bestritten –, dass dem Zeugen B bewusst war, durch die Überweisung des Geldes auf ein Konto, auf das er keinen Zugriff hatte, gegen die ausdrückliche gegenüber der Zeugin E gegebene Zusicherung verstoßen zu haben, das Geld werde auf kein Konto gelangen, von dem es ohne sein Zutun abfließen könne. Nach dem Vortrag des Klägers kannte Rechtsanwalt B gemäß seiner umfangreichen Stellungnahme vom 23.10.2010 gegenüber der Zedentin die von ihm zugesagten Pflichten, suchte aber aufgrund des zugrunde liegenden Vertrags nach einer ebenso sicheren Lösung für die Zedentin. Er habe daher neben dem Treuhandkonto der Deutschen Bank auch für das Konto der C AG bei der F in G Vollmacht gehabt und habe, bevor das Geld auf das Treuhandkonto der H AG überwiesen worden sei, viel getan (in dem Schriftsatz im Einzelnen aufgezählt), um eine gleichwertige Sicherung für das Geld der Zedentin zu erreichen (Bl. 214 d.A.).
35Wissentlich handelt derjenige Versicherungsnehmer, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Es muss darüber hinaus feststehen, dass der Versicherungsnehmer sich über die ihm bekannten Pflichten bewusst hinweggesetzt hat (vgl. BGH VersR 2006, 106; OLG Köln, VersR 2012, 560; VersR 2009, 250; OLG Köln, Beschl. v. 12.5.2009 – 9 U 19/09; VersR 2002,1371).
36Genau dies hat der Kläger selbst vorgetragen. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung durch Rechtsanwalt B verneint hat, da diesem bei Kenntnis seiner vertraglichen Pflichten ein Pflichtverletzungsbewusstsein gefehlt habe, weil er alles aus seiner Sicht erforderliche getan habe, um eine gleichwertige Sicherung zu erreichen, und habe annehmen können, dass seine Alternativ-Handlungen und Recherchen ebenso geeignet wären, die zugesagten Pflichten zu erfüllen, führt dieser Vortrag nicht zu einem Entfall der Wissentlichkeit. Denn diese setzt keinen zumindest bedingten Schädigungsvorsatz voraus. Der Ausschluss nach § 4 Ziff.5 AVB Verm greift auch, wenn der Versicherungsnehmer davon überzeugt war, sein Verhalten werde keinen Schaden verursachen (BGH VersR 1991, 176; Prölss/Martin-Lücke, VVG, 31. Aufl. 2021, AVB Verm. § 4 Rn.18). Auf die Einschätzung im Hinblick auf das mit der Pflichtverletzung verbundene Risiko und die Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts kommt es deshalb nicht an.
37Die hier verletzte Pflicht , bei jedem Konto, auf das der Darlehensbetrag überwiesen wird, vorher dafür zu sorgen, dass er unwiderrufliche gemeinsame Bankvollmacht habe, hat Rechtsanwalt B selbst in dem Schreiben vom 11.08.2009 formuliert. Sie war ihm daher positiv bekannt. Da sich Rechtsanwalt B im Schreiben vom 11.08.2009 keine alternativen Sicherungsmaßnahmen für den Fall vorbehalten hat, dass die erforderliche gemeinsame Vollmacht von ihm nicht zu erlangen sein könnte, war ihm bekannt, ebenso dass er sich über die von ihm übernommene Pflicht hinwegsetzen würde, wenn er alternative Sicherungsmaßnahmen ergreifen würde, anstatt dafür Sorge zu tragen, dass der Darlehensbetrag auf kein Konto überwiesen würde, über das er keine unwiderrufliche gemeinsame Kontenvollmacht hatte. Vor diesem Hintergrund war ihm auch bewusst, dass er sich auf von ihm ergriffene alternative Risikobegrenzungsmaßnahmen nicht berufen konnte, um die Pflichtverletzung zu bestreiten.
38Schließlich ist die Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden auch kausal geworden, da Rechtsanwalt B mangels vorherigen Einholens einer eigenen unwiderruflichen, gemeinschaftlichen Vollmacht über das Konto der H AG, bevor der Darlehensbetrag dorthin überwiesen wurde, entgegen der Zusage vom 11.08.2009 nicht verhindern konnte, dass das Geld von dort seinem Zugriff entzogen wurde.
393. Zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass es der Beklagten nicht nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich auf den Deckungsausschluss wegen wissentlicher Pflichtverletzung zu berufen.
40Ein dem entgegenstehendes deklaratorisches Schuldanerkenntnis der Beklagten dem Grunde nach lag nicht vor. Die Beklagte hat im Haftpflichtprozess zwar ihrem Versicherungsnehmer, dem Rechtsanwalt A B, Abwehrschutz geleistet. Sie hat aber, soweit ersichtlich und vorgetragen, zu keinem Zeitpunkt voraussetzungslos und ohne Vorbehalt der Prüfung einer Leistungspflicht Deckungsschutz zugesagt.
41Der Kläger kann der Beklagten auch nicht entgegenhalten, dass diese gegenTreu und Glauben verstoße, wenn sie erst zehn Jahre nach dem Versicherungsfall, nach Gewährung von Abwehrschutz für den Versicherungsnehmer, eine wissentliche Pflichtverletzung einwende und dem Kläger so unmöglich gemacht habe, bei dem Versicherungsnehmer Rechtsanwalt B, der inzwischen an einer Demenz erkrankt sein soll, rechtzeitig weitere Informationen über dessen innere Vorgänge bei der Entscheidung über die hier streitgegenständliche Überweisung einzuholen.
42Zum einen war es dem Kläger ja tatsächlich möglich, zu den Überlegungen des Versicherungsnehmers Rechtsanwalt B, welche zu dessen Pflichtverletzung führten, vorzutragen, da sich jener im Haftpflichtprozess hierzu im Rahmen des Bestreitens seines Verschuldens umfassend geäußert hat. Dass der Versicherungsnehmer, wenn er hierzu durch den Kläger in der Vergangenheit ein weiteres Mal befragt worden wäre, weitere Ausführungen hätte machen können, welche die Wissentlichkeit ausgeschlossen hätten, ist kaum vorstellbar.
43Zum anderen handelt ein Versicherer nicht widersprüchlich, wenn er dem Versicherungsnehmer, der bestreitet, vorsätzlich gehandelt zu haben, im Rahmen seiner Rechtsschutzverpflichtung (s. hierzu Prölss-Martin/Lücke, a.a.O., § 100 VVG, Rn. 9 und 17) zunächst Abwehrschutz gewährt, sich sodann aber, wenn sich die Angaben des Versicherungsnehmers als objektiv unrichtig erweisen, auf Leistungsfreiheit beruft.
44II.
45Der Kläger erhält Gelegenheit, zu diesem Hinweis binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen (Eingang bei Gericht). Auf die kostenrechtliche Privilegierung einer Berufungsrücknahme – statt 4 fallen nur 2 Gerichtsgebühren an (Nr. 1222 KV zu § 3 Abs. 2 GKG) – wird hingewiesen.