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Unter Abänderung des am 10.03.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln, Az. 84 O 151/20, wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 11.09.2020, Az. 84 O 151/20, aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien streiten über die Frage, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, eine konkret zum Gegenstand des Antrags gemachte Internetdarstellung als Werbung zu kennzeichnen.
4Die Antragstellerin ist ein Energieversorger, der bundesweit Kunden mit Strom und Gas versorgt. Sie bietet ihre Leistungen ohne Einschaltung von Maklern, Vermittlern oder Affiliate-Partnern an. Auf ihrer Internetseite bietet die Antragstellerin einen eigenen Rechner für ihre Strom- und Gastarife an.
5Die Antragsgegnerin ist eine Landesrundfunkanstalt, die unter der Abkürzung „rbb“ bekannt ist und neben Fernsehprogrammen eine Internetseite unter der Domain www.rbb-online.de unterhält, auf der Sendungen sowie textliche Inhalte eingestellt werden.
6Am 14.08.2020 wurde der Geschäftsführer der Antragstellerin erstmals auf den Artikel „Service: Tipps zum Stromanbieter-Wechsel“ auf der Internetseite der Antragsgegnerin aufmerksam. Laut Impressum ist die Antragsgegnerin als Anstalt des öffentlichen Rechts für diesen Artikel verantwortlich. Rechts neben dem Artikel findet sich ein Link zum Stromvergleichsrechner von „G.de“, der die Leser direkt auf die Internetseite von G.de und dort unmittelbar zu dem Stromvergleichsrechner unter der Internetseite https://www.g.de/stromvergleich/ leitet.
7Der Artikel war wie folgt gestaltet:
8Bei G.de handelt es sich um das Unternehmen „G. Verbraucherinformation GmbH“, welches die Webseite www.g.de betreibt. Ausweislich des Handelsregisterauszuges (Anlage OK AS 7) ist Zweck der Körperschaft „die Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz. Der Satzungszweck wird verwirklicht durch eine unabhängige Recherche und Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für Verbraucher. G. finanziert sich u.a. über Provisionen, die sie durch sogenannte Affiliate-Links von anderen Unternehmen dafür erhält, dass G. innerhalb der eigenen Internetseite Verlinkungen zu Affiliate-Partnern schaltet und dadurch den Nutzern der Internetplattform einen Zugang zu diesen verlinkten Unternehmen und deren Internetpräsenzen eröffnet, Vertragsabschlüsse ermöglicht und entsprechende, geschäftliche Abschlussmöglichkeiten eröffnet.
10Bei dem Vergleichsrechner für Strom nutzt G. die Daten der Online-Vertriebsportale VERIVOX und CHECK24 und filtert diese nach eigenen Kriterien. Die anschließenden Ergebnisse werden teilweise so mit Affiliate-Links versehen, dass die Nutzer zu den beiden Vertriebsportalen gelangen, wobei G. eine Provision bei einem erfolgreichen Vertragsschluss erhält.
11Die Antragstellerin, die in dem streitgegenständlichen Artikel der Antragsgegnerin eine unlautere redaktionelle Werbung im Sinne des § 5a Abs. 6 UWG sieht, hat am 11.09.2020 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts erwirkt, mit der der Antragsgegnerin bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf der Internetseite der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit Beiträgen zu Strom
12a) den Anbieter G. Verbraucherinformation GmbH einseitig als Dienstleister für die Suche nach neuen Stromanbietern oder für Tarifwechsel für Strom hervorzuheben, ohne dass dies ausreichend deutlich als kommerzieller Inhalt für die Leserinnen und Leser kenntlich gemacht wird
13und/oder
14b) auf den Strompreisvergleichsrechner der G. Verbraucherinformation GmbH zu verlinken, ohne dass die Leserinnen und Leser vorab deutlich und unmissverständlich auf kommerzielle Inhalte auf der Website und in dem Vergleichsrechner hingewiesen werden,
15wenn dies geschieht wie in der Anlage A zu entnehmen im Beitrag „Service: Tipps zum Stromanbieter-Wechsel" auf der Website https://www.rbb-online.de/zibb/service/geld/stromtarife.html.
16Es folgt die Einblendung der konkreten Verletzungshandlung wie bereits oben wiedergegeben; darauf wird Bezug genommen.
17Nach Widerspruch hat die Antragstellerin beantragt,
18die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
19Die Antragsgegnerin hat beantragt,
20die einstweilige Verfügung der Kammer vom 11.09.2020 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag vom 10.09.2020 zurückzuweisen.
21Die Antragsgegnerin ist der Ansicht gewesen, es handele sich bei dem Artikel nicht um Werbung, sodass keine geschäftliche Handlung vorliege. Es fehle aber auch an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien.
22Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung bestätigt. Die Verfügungsansprüche der Antragstellerin folgten aus §§ 3, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 5a Abs. 6 UWG. Die Antragstellerin sei als Mitbewerberin nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert, weil die Antragsgegnerin den Wettbewerb der Anbieter von Strompreisvergleichsportalen gefördert habe und diese mit der Antragstellerin in einem Wettbewerbsverhältnis stünden.
23Die angegriffene Darstellung sei eine geschäftliche Handlung der Antragsgegnerin. Bei redaktionellen Beiträgen sei darauf abzustellen, ob ein objektiver Zusammenhang zwischen Handlung und Absatzförderung bestehe. Dieser sei zu verneinen, wenn der redaktionelle Beitrag nur der Information und Meinungsbildung der Leser, Zuschauer oder Zuhörer diene. Vorliegend erkenne aber der angesprochene Verkehrskreis, dass der Absatz der G.de gefördert werden solle.
24Da die Antragsgegnerin den kommerziellen Zweck der Darstellung nicht deutlich mache, liege ein Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG vor, der geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, indem dieser die verlinkte Internetseite aufsuche.
25Da sowohl der Artikel selbst als auch die Verlinkung auf die Internetseite von G.de als redaktionelle Werbung anzusehen seien, rechtfertigten sich die mit „und/oder" verknüpften Anträge zu 1 a und 1 b.
26Gegen dieses Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung. Entgegen der Ansicht des Landgerichts bestehe eine Aktivlegitimation der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nicht. Zwar sei es nicht ausgeschlossen anzunehmen, dass zwischen der Antragstellerin und einem Vergleichsportal für Strompreise ein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Ein Wettbewerbsverhältnis zur Antragsgegnerin bestehe indes nicht.
27Der angegriffene Artikel sei auch keine geschäftliche Handlung der Antragsgegnerin. Vielmehr handele es sich um einen üblichen Bericht im Rahmen von Verbraucherinformationen, ohne dass der Strompreisvergleich von G.de besonders herausgestellt würde. Einem Pressorgan müsse es erlaubt sein, auch über ein einzelnes Produkt positiv zu berichten.
28Es müsse auch berücksichtigt werden, dass der Betrieb des Strompreisvergleichsportals durch G.de zwischenzeitlich rechtskonform sei. Dann könne der Antragsgegnerin die Berichterstattung über das Portal und eine Verlinkung nicht untersagt werden.
29Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne auch keine geschäftliche Entscheidung der angesprochenen Verkehrskreise in dem Aufrufen der Internetseite von G.de gesehen werden.
30Schließlich sei nicht erkennbar, aus welchem Grund die Verlinkung für sich betrachtet wettbewerbswidrig sein sollte.
31Die Antragsgegnerin beantragt,
32unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 10.03.2021 die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 11.09.2020 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
33Die Antragstellerin beantragt,
34die Berufung zurückzuweisen.
35Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
36II.
37Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat Erfolg und führt zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung sowie Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags, weil es sich bei der angegriffenen Internetseite um redaktionelle Berichterstattung und nicht um Werbung handelt und sich ein Verfügungsanspruch daher nicht aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 UWG ergibt.
381. Die Antragstellerin ist allerdings – wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat – als Mitbewerberin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG prozessführungsbefugt.
39a) Zwar besteht zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin kein unmittelbares Wettbewerbsverhältnis. Ein Wettbewerbsverhältnis besteht indes zwischen der Antragstellerin und den Betreibern vor Preisvergleichsportalen, die Strompreisvergleiche anbieten.
40Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 06.06.2019 – I ZR 67/18, GRUR 2019, 970 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater) erfordert die Eigenschaft als Mitbewerber gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Das ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann. Aber auch wenn die Parteien keine gleichartigen Waren oder Dienstleistungen abzusetzen versuchen, besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das Dritter zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann und die von den Parteien angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen wettbewerblichen Bezug zueinander aufweisen.
41Nach diesen Grundsätzen besteht zwischen der Antragstellerin und den Anbietern von Stromvergleichsportalen ein Wettbewerbsverhältnis, weil die Vergleichsportale und die Antragstellerin um die gleichen Kunden konkurrieren. Die Handlungen beider sind darauf gerichtet, dass Kunden sich vertraglich an einen Stromlieferanten binden und Strom von diesem beziehen. Hierdurch erlangen beide ein Entgelt, die Antragstellerin aufgrund des Vertriebs von Strom und die Portale aufgrund von Provisionen. Damit stehen die Vorteile, die ein Vergleichsportal erreichen kann, indem neue Verträge vermittelt werden und die Beeinträchtigung der Antragstellerin in einer Wechselwirkung im vorgenannten Sinn.
42b) Das Bestehen des Wettbewerbsverhältnisses im vorgenannten Sinn begründet ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis der Parteien. Ein solches ist anzunehmen, wenn eine geschäftliche Handlung mit dem Ziel begangen wird, den Wettbewerb eines (fremden) Dritten objektiv zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2013 – I ZR 173/12, GRUR 2014, 573, 574 - Werbung für Fremdprodukte; Wille in Büscher, UWG, 2. Aufl., § 2 Abs. 1 Nr. 3 Rn. 14, mwN). Dies kann vorliegend jedenfalls im Rahmen der Prozessführungsbefugnis angenommen werden. Ob tatsächlich eine Förderung fremden Wettbewerbs erfolgt ist, ist im Rahmen der Frage zu beantworten, ob eine geschäftliche Handlung der Antragsgegnerin anzunehmen ist und Werbung im Sinne des § 5a Abs. 6 UWG vorliegt. Diese Frage kann offenbleiben.
432. Die Anwendungsvoraussetzung des § 3 Abs. 1 UWG, nämlich das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung, liegen nicht vor.
44Nach der Legaldefinition des § 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung dadurch gekennzeichnet, dass ein objektiver Zusammenhang zwischen dem konkret beleuchteten Verhalten und der Absatzförderung entweder desjenigen, der handelt oder eines Dritten besteht.
45Bereits in diesem Zusammenhang ist nach ganz herrschender Meinung im Bereich der Presseberichterstattung zu prüfen, ob die Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens erfolgt (vgl. Franzke in Büscher, UWG, 2. Aufl., § 2 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 89 ff., mwN auch aus der Rechtsprechung). Eine geschäftliche Handlung kann nur angenommen werden, wenn vorrangig ein Absatzförderungszusammenhang besteht und die Absatzförderungswirkung nicht allein eine bedingte Folge der redaktionellen Berichterstattung ist (vgl. Keller in Harte/Henning, UWG, 4. Aufl., § 2 Rn. 80). Der BGH geht davon aus, dass bei einem redaktionellen Beitrag ein objektiver Zusammenhang im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG mit der Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens zu verneinen ist, wenn der Beitrag allein der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2014 – I ZR 113/13, GRUR 2015, 694 – Bezugsquellen für Bachblüten; Urteil vom 19.05.2011 – I ZR 147/09, GRUR 2012, 74 – Coaching-Newsletter).
46Soweit im Bereich der Werbung durch Influencer etwas anderes ergeben kann, sind diese Grundsätze nicht übertragbar. Zwar hat der Senat angenommen, dass eine redaktionelle oder informierende Berichterstattung eines Influencers der Annahme einer geschäftlichen Handlung nicht in jedem Fall entgegensteht. Denn schon der Umstand, dass der Tatbestand der redaktionell getarnten Werbung auch mit lauterkeitsrechtlichen Vorschriften überprüfbar ist, spricht dafür, dass Presse, Rundfunk und sonstige journalistische Tätigkeiten der UWG-Kontrolle nicht entzogen sind, wenn ihre Tätigkeit jedenfalls teilweise mittelbar durch Werbung finanziert wird (vgl. OLG Köln, Urteil vom 19.02.2021 – 6 U 103/20, GRUR-RR 2021, 167 – Diana zur Löwen; Obergfell in Ulmer-Eilfort/Obergfell, Verlagsrecht, 2. Aufl. 2021, Rn. 906).
47In der vorgenannten Entscheidung hat der Senat weiter ausgeführt, dass eine geschäftliche Handlung angenommen werden könne, wenn keine explizite Förderabsicht nachweisbar sei. Dies würde voraussetzen, dass allein der objektive Zusammenhang, also die tatsächliche Förderung oder Begünstigung kommerzieller Zwecke, hierfür ausreicht, auch wenn für die Werbung kein Entgelt gezahlt wird.
48Dies hat jedoch auch bei Influencern das OLG München (Urteil vom 25.06.2020 – 29 U 2333/19, GRUR 2020, 1096 – Blauer Plüschelefant) anders gesehen. Das OLG München meint insbesondere, dass eine solche Verbindung von Informationen mit dem Interesse an einer indirekten Finanzierung durch Werbung medientypisch sei und auch etwa bei Modezeitschriften nicht dazu führe, dass der redaktionelle Inhalt von Produktbeschreibungen zu verneinen sei.
49Die Frage, wann bei einem Influencer eine geschäftliche Handlung vorliegt, muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn für die Antragsgegnerin und ihre Darstellung ist bei Auslegung des Begriffs der geschäftlichen Handlung der besondere Schutz der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Dieser führt dazu, dass insoweit bereits bei der Frage, ob eine geschäftliche Handlung vorliegt, zwischen einer redaktionellen Berichterstattung und einer geschäftlichen Handlung zu unterscheiden ist.
50Diese Unterscheidung erfolgt aufgrund von Indizien. Eine wesentliches Indiz kann es sein, wenn ein Entgelt für die Berichterstattung gezahlt wurde (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 2 Rn. 67, mwN). Dies kann vorliegend nicht angenommen werden.
51Der Senat geht insoweit davon aus, dass ein Entgelt nicht gezahlt wurde, nachdem die Antragsgegnerin dies bestritten hat und die Antragstellerin keine Mittel zur Glaubhaftmachung vorgelegt hat. Die Antragsgegnerin hat insoweit über das Bestreiten hinaus mit eidesstattlicher Versicherung des Zeugen E. O. glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin kein Entgelt und keine Vergünstigungen oder sonstige Zuwendungen erhalten hat. Gründe an der Glaubhaftigkeit der eidesstattlichen Versicherung zu Zweifeln, bestehen nicht.
52Für die Annahme, dass die Absatzförderung im Vordergrund steht und nicht lediglich eine Information der angesprochenen Verkehrskreise erfolgt, kann eine übermäßig werbende Darstellung, die besondere Erwähnung bestimmter Unternehmen oder das Fehlen eines publizistischen Ansatzes sprechen, wobei eine Würdigung aller Umstände im Einzelfall zu erfolgen hat (vgl. Franzke in Büscher aaO, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 90). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Presse ein weiter Spielraum bei Form und Inhalt ihrer Beiträge zusteht. Die Presse ist berechtigt, polemisch überspitze Äußerungen zu tätigen oder subjektiv zu berichten (vgl. Keller in Harte/Henning aaO, § 2 Rn. 82). Wenn ein Beitrag jede Objektivität vermissen lässt, spricht dies für eine gewerbliche Handlung (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 2 Rn. 67).
53Nach diesen Grundsätzen liegt keine geschäftliche Handlung, sondern eine redaktionelle Berichterstattung vor. Der angegriffene Artikel wird mit „Tipps zum Stromanbieter-Wechsel“ überschrieben und betrifft damit ein Thema aus dem Bereich des Verbraucherschutzes, über das die Antragsgegnerin als öffentliche Rundfunkanstalt berichtet. In der weiteren Zusammenfassung des Artikels wird die Intention des Artikels näher dargestellt. So weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass bei Preiserhöhungen des Strompreisanbieters ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht. Weiter wird dargestellt, dass es ein paar Dinge zu beachten gebe, wenn der Anbieter gewechselt werden solle. Insoweit verrate der Chefredakteur von G.de Tipps und Tricks.
54Damit wird deutlich, dass die Berichterstattung durch G.de unterstützt wurde. Diese Unterstützung durch einen gewerblichen Dritten spricht zwar für die Annahme einer geschäftlichen Handlung. Indes ist aber auch zu berücksichtigen, dass der Beitrag an sich sodann in erster Linie darüber berichtet, dass sich der Wechsel des Stromanbieters lohnen kann. Der Wechsel an sich wird beschrieben. Es wird auf Fragen wie Bonuszahlungen eingegangen und aus welchem Grund ein Tarif, der Bonuszahlungen vorsieht, problematisch sein kann. Weiter wird dargelegt, dass die Kosten für den Strompreis häufig im zweiten Vertragsjahr höher sind. Der Beitrag endet mit der Empfehlung, nicht ständig, aber durchaus öfter zu wechseln und auch Eltern oder Großeltern hierzu zu motivieren.
55Im Gesamtzusammenhang steht damit noch die Information der Verbraucher im Vordergrund. Eine besondere werbliche Anpreisung der Leistungen der G.de erfolgt nicht. Allein die Hervorhebung, dass der Wechsel „ganz einfach“ mit dem Stromrechner von G.de möglich ist, reicht nicht dafür aus, dass ein Überwiegen der werblichen Darstellung angenommen werden kann, wenn über ein die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich bestreffendes Thema berichtet wird. Der Link auf die Seite von G.de führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn insoweit muss die Antragsgegnerin als Presseunternehmen auch berechtigt sein, als Service für die angesprochenen Verkehrskreise eine Weiterleitung einzurichten.
56Vor diesem Hintergrund stellt der Auftritt des Geschäftsführers der G.de als Interviewpartner, keine Gegenleistung dar, die mit einem Entgelt vergleichbar wäre. Vielmehr ist der mögliche Werbeeffekt durch das Interview als Reflex anzusehen, der nicht gegen eine redaktionelle Berichterstattung spricht.
57Soweit der BGH in seiner Pressemitteilung zu dem Verfahren Influencer I (I ZR 90/20, Pressemitteilung Nr. 170/21 vom 09.09.2021) ausgeführt hat, dass eine Verlinkung durch einen Influencer auf die Seite der Herstellers regelmäßig einen werblichen Überschuss begründet, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen ist – wie dargelegt – die Rechtsprechung hinsichtlich Influencern nicht unmittelbar auf die Presseberichterstattung zu übertragen. Zum anderen hat der BGH in der genannten Pressemitteilung auch darauf hingewiesen, dass eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist, die – wie ebenfalls dargelegt – auch unter Berücksichtigung der Verlinkung nicht zu der Annahme führt, es liege geschäftliche Handlung vor.
583. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig.
594. Der Streitwert für das Berufungsverfahrens wird wie folgt festgesetzt: 20.000 €.