Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Der von dem Schiedsgericht (bestehend aus den Schiedsrichtern A (Obmann), B und Herrn C) erlassene Zwischenentscheid vom 25.08.2020 wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die in der Schiedsklage vom 16.04.2019 angekündigten Anträge unzuständig ist.
Die Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe
2Herr D und Herr E gründeten die Antragsgegnerin zu 1 mit Gesellschaftsvertrag vom 15.07.1997. An ihr hielten sie einen Geschäftsanteil in Höhe von jeweils 25.000 DM.
3Mit Gesellschaftsvertrag vom 23.09.1997 (HLW3) gründeten die Antragsgegnerin zu 1, Herr D und Herr E außerdem die E Handelsgesellschaft mbH und Co. KG (nachfolgend KG). Einzige persönlich haftende Gesellschafterin war die Antragsgegnerin zu 1, die Herren D und E traten als Kommanditisten mit einer Kommanditeinlage von jeweils 50.000 DM bei.
4§ 11 des Gesellschaftsvertrages enthält Regelungen zur Gesellschafterversammlung. Darin heißt es auszugsweise:
5„(2) Die Gesellschafterversammlung ist zumindestens einmal jährlich von der persönlich haftenden Gesellschafterin einzuberufen. Die Einberufung erfolgt schriftlich. Der Brief ist an die Gesellschafter wenigstens drei Wochen vor dem Sitzungstag abzusenden und muß die Tagesordnung enthalten. […].
6[…]
7(10) Über die in der Gesellschafterversammlung gefaßten Beschlüsse wird ein Protokoll geführt. […]. Das Protokoll gilt als anerkannt, wenn nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen schriftlich Einspruch bei der Gesellschaft erhoben worden ist.
8(11) Beschlüsse der Gesellschafterversammlung können nur binnen zwei Monaten nach Zugang des Protokolls angefochten werden.“
9§ 15 des Gesellschaftsvertrages regelt die Möglichkeit eines Ausschlusses von Gesellschaftern im Beschlusswege.
10Unter § 19 des Gesellschaftsvertrages ist folgende Regelung enthalten:
11„Schiedsgericht
12Alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen den Gesellschaftern untereinander oder zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft werden unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden. Dies gilt auch für Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages und einzelner seiner Bestimmungen und für Gestaltungsklagen […] sowie für Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit und Auslegung dieser Schiedsgerichtsvereinbarung.“
13In § 20 „Nebenbestimmungen“ heißt es unter Absatz 2:
14„Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages oder Teile von Bestimmungen nichtig oder unwirksam sein oder werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt. Die betreffende Bestimmung ist jedoch durch eine solche zu ersetzen, durch die der erstrebte wirtschaftliche und rechtliche Zweck weitgehend erreicht wird.“
15Unter dem 23.09.1997 schlossen die Antragsgegnerin zu 1 sowie die Herren D und E unter einleitender Bezugnahme auf § 19 des Gesellschaftsvertrages einen Schiedsvertrag (HLW4). Dieser enthält unter § 1 eine mit § 19 des Gesellschaftsvertrages gleichlautende Regelung. Die KG war nicht Partei dieser Vereinbarung.
16Nachdem Herr E betreffend die Antragsgegnerin zu 1 seinen Geschäftsanteil Nr. 1 auf seine Ehefrau F E-Dirting übertragen hatte, übertrug Herr D seinen Geschäftsanteil Nr. 2 im Jahr 2010 auf seine Kinder, die hiesigen Antragsteller, als gemeinschaftliche Inhaber zu je 1/3 Anteil. Im selben Jahr übertrug er auch seine Kommanditistenstellung auf diese zu gleichen Teilen. Im Jahr 2013 übertrug ferner Herr E seine Kommanditistenstellung, und zwar auf seinen Sohn, den Antragsgegner zu 2.
17Aufgrund von seit Jahren bestehender Differenzen zwischen den Gesellschafterfamilien begehren die Antragsgegner den Ausschluss des Antragstellers zu 3 aus der KG.
18Mit Schiedsklage vom 16.04.2019 (HLW1) leiteten die Antragsgegner vor dem Schiedsgericht ein Schiedsverfahren ein mit dem Antrag, die Antragsteller zu 1 und 2 zu verurteilen, die Zustimmung zum Ausschluss des Antragstellers zu 3 aus der E Handelsgesellschaft mbH & Co. KG zu erteilen, sowie, den Antragsteller zu 3 aus wichtigem Grund aus der KG auszuschließen. Die Antragsteller erwiderten unter dem 29.01.2020 mit dem Antrag, die Schiedsklage abzuweisen, wobei sie insbesondere die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts rügten (HLW1). Auf Seite 13 ihrer Erwiderung führten die Antragsteller unter anderem aus, dass die Parteien nach § 19 des Gesellschaftsvertrages bzw. § 1 des Schiedsvertrages ausdrücklich sämtliche gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen unter die Entscheidungsgewalt eines Schiedsgerichts hätten stellen wollen. Eine gesplittete Zuständigkeit zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit sei ersichtlich nicht gewollt gewesen. Dem traten die Antragsgegner nicht entgegen.
19Mit Zwischenentscheid vom 25.08.2020 (HLW2) hat sich das Schiedsgericht für zuständig erklärt, über den angekündigten Sachantrag zu entscheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich seine Zuständigkeit aus der Vereinbarung der damals Beteiligten vom 23.09.1997 („Schiedsvertrag“) ergäbe, denn vorliegend handele es sich um eine Streitigkeit aus dem Gesellschaftsverhältnis. Der Schiedsvertrag sei wirksam, insbesondere sei der Vertrag nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die in der Entscheidung „Schiedsfähigkeit II“ vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 06.04.2009 (II ZR 255/08) präzisierten Anforderungen an Schiedsvereinbarungen, wenn mit ihnen Beschlussmängelstreitigkeiten der schiedsgerichtlichen Zuständigkeit an Stelle derjenigen der staatlichen Gerichte unterworfen werden sollen, fänden auf die Vereinbarung keine Anwendung. Denn der mit den in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs aufgestellten Gleichwertigkeitskautelen angestrebten Vorkehrungen und Gewährleistungen bedürfe es nicht, wenn eine umfassende, über den Kreis der direkten Verfahrensbeteiligten hinausgehende Wirkung der Rechtskraft nicht in Betracht komme, was in den gerichtlichen Verfahren über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung in einer Personengesellschaft der Fall sei. Anders als bei einer GmbH werde in Personengesellschaften der Streit über Beschlussmängel und die Wirksamkeit von Beschlüssen grundsätzlich nicht in den Klagearten nach den aktienrechtlichen Bestimmungen über Beschlussmängelstreitigkeiten ausgetragen, sondern im Wege von allgemeinen Feststellungsklagen nach § 256 ZPO. Der gerichtlichen Entscheidung fehle es deshalb an der für die aktienrechtlich geprägten Verfahren bei Kapitalgesellschaften normierten umfassenden Rechtskraftwirkung, weshalb wiederum keine Notwendigkeit für besondere Anforderungen an eine Schiedsvereinbarung bestehe. Beschlussmängelstreitigkeiten im Sinne der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs, mit der sich auch seine Entscheidung vom 06.04.2017 (I ZB 23/16, „Schiedsfähigkeit III“) beschäftigt, seien gemäß der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 29.03.1996 (II ZR 124/95 – „Schiedsfähigkeit I“) nur diejenigen über „Anfechtungs-, Nichtigkeitsfeststellungs- und positive Feststellungsklagen gemäß oder entsprechend §§ 241 ff. AktG mit Ausnahme „einfacher“ Feststellungsklagen unter Gesellschaftern nach § 256 ZPO“. Solche gäbe es in Personengesellschaften jedoch nur ausnahmsweise, nämlich, wenn die Gesellschafter dies wirksam vereinbart hätten. Der hiesige Kommanditgesellschaftsvertrag enthalte indes keine Regelungen des Inhalts, dass Mängel von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung entsprechend den Verfahren des Aktiengesetzes zu beanstanden und gerichtlich zu überprüfen sind. Eine von allgemeinen Regeln abweichende Klausel finde sich nur in § 11 Abs. 11 des Vertrages. Da diese nur eine Frist für die Anfechtung von Beschlüssen von zwei Monaten ab Zugang des Protokolls bestimme, hätten die Vertragsparteien nicht das kapitalgesellschaftliche Regime der Beschlussmängelstreitigkeiten insgesamt für anwendbar erklärt. Deshalb sei bei der hier gegenständlichen Kommanditgesellschaft eine Abweichung von den bei Kapitalgesellschaften geltenden Grundsätzen geboten. Ohne Geltung der „Gleichwertigkeitskautelen“ sei ein Verstoß gegen die guten Sitten in der Schiedsvereinbarung nicht zu erkennen. Der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung stehe auch nicht entgegen, dass sie nur unter den Gesellschaftern der E Handelsgesellschaft mbH & Co. KG geschlossen wurde und Gesellschaft nicht selbst beteiligt war. Anders als in dem Fall, der der Entscheidung „Schiedsfähigkeit II“ des Bundesgerichtshofs zugrunde lag, der eine GmbH betraf, werde im hiesigen Fall einer Personengesellschaft ein gerichtlicher Streit über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung gegebenenfalls mittels Feststellungsklage unter den Gesellschaftern und ohne Beteiligung der Gesellschaft im Rechtsstreit ausgetragen. Die Gesellschaft müsse deshalb an einer Schiedsvereinbarung nicht beteiligt sein. Eine dahingehende Notwendigkeit ergebe sich auch nicht daraus, dass diese nach dem Inhalt des Schiedsvertrages als eine Prozesspartei bei Streitigkeiten zwischen ihr und den Gesellschaftern der schiedsgerichtlichen Entscheidung unterworfen sei, es dem Schiedsrichter gleichzeitig aber an der Legitimation fehle, Recht in Streitigkeit zwischen Parteien zu sprechen, die sich seiner Entscheidung nicht im Voraus rechtlich binden unterworfen haben. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.03.1996 (II ZR 124/95 – „Schiedsfähigkeit I“) sei die Gesellschaft an einer Schiedsvereinbarung zwar nicht beteiligt, der Entscheidung des Schiedsgerichts aber gleichwohl unterworfen, wenn die Vereinbarung schiedsgerichtlicher Zuständigkeit bereits im Gesellschaftsvertrag enthalten sei. Zum einen sei keine Gesellschaft an ihrem Gründungsvorgang beteiligt, zum anderen sei sie an die Inhalte des Gesellschaftsvertrags gebunden. Die Beteiligung der Gesellschaft an der Schiedsvereinbarung sei deshalb nur notwendig, wenn eine solche außerhalb des Gesellschaftsvertrages abgeschlossen werde. Zwar sei der hiesige Schiedsvertrag in äußerlich gesonderter Urkunde niedergelegt, gleichwohl sei er unter Berücksichtigung aller Vertragsinhalte und der begleitenden Gesamtumstände als ein Bestandteil des Gesellschaftsvertrages und Teilakt des Gründungsvorgangs anzusehen. Der Schiedsvertrag und der Gesellschaftsvertrag seien am selben Tag abgeschlossen worden, weshalb die Beteiligten diese Abschlüsse als ein zusammenhängendes Geschehen betrachtet und deshalb in einem Akt gehandelt hätten. Zwar finde sich im Gesellschaftsvertrag kein ausdrücklicher Hinweis auf den gleichzeitig abgeschlossenen Schiedsvertrag, die innere Verbindung beider sei aber dadurch angedeutet, dass der Text der Schiedsklausel in § 19 des Gesellschaftsvertrages identisch sei mit demjenigen in § 1 des Schiedsvertrages, hinzu komme die Eingangsformel des Schiedsvertrages, in der Bezug genommen wird auf § 19 des Gesellschaftsvertrages. Außerdem sei es den Beteiligten nach damaliger Rechtslage wegen der formellen Anforderungen in § 1027 Abs. 1 S. 1 ZPO a.F. grundsätzlich nicht möglich gewesen, die schiedsgerichtliche Zuständigkeit mittels Klausel im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft anzuordnen, was alleine nicht dazu führe, sie nicht als materiellen Bestandteil des Gesellschaftsvertrages anzusehen. Schließlich stehe der Bindung der Antragsteller an die Schiedsabrede nicht entgegen, dass sie selbst an deren Zustandekommen nicht beteiligt gewesen sind. Denn als Rechtsnachfolger von am Abschluss der Schiedsabrede Beteiligten treffe mit dem Erwerb eines dieser Abrede unterliegenden Gegenstands die Bindung an die Schiedsvereinbarung ein.
20Die Antragsteller sind der Ansicht, dass der ihnen am 03.09.2020 zugestellte Zwischenentscheid fehlerhaft sei, weil das Schiedsgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe. § 1 des Schiedsvertrages sei insgesamt unwirksam aufgrund der Schiedsfähigkeit-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Die Klausel sei nichtig gemäß § 138 Abs. 1 BGB, weil sie auch Beschlussmängelstreitigkeiten erfasse und nicht gemäß § 139 BGB analog aufrechterhalten bleiben könne. Es sei eindeutig die Zuständigkeit ein und derselben Gerichtsbarkeit für alle Streitigkeiten gewollt gewesen. Dies ergäbe sich aus dem Wortlaut, zudem widerspräche eine Aufspaltung der Zuständigkeiten den Interessen der Betroffenen und damit Sinn und Zweck von § 1 des Schiedsvertrages im Gesamten. Eine einheitliche Zuständigkeit sei auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit geboten. Anders als vom Schiedsgericht angenommen, habe der Bundesgerichtshof in seiner „Schiedsfähigkeit-III-Entscheidung“ erklärt, dass die in seiner „Schiedsfähigkeit-II-Entscheidung“ aufgestellten Grundsätze grundsätzlich immer für Personenhandelsgesellschaften Geltung entfalteten, ausnahmsweise nur dann nicht, wenn Abweichungen dies geböten. Solche Abweichungen lägen hier auch nicht vor. Das Schiedsgericht verkenne, dass der Bundesgerichtshof seine Anforderungen nicht allein mit der Rechtskrafterstreckung auf unbeteiligte Gesellschafter begründet habe, Grund für die Anforderungen sei vielmehr die Bewahrung der Betroffenen vor jedweder Benachteiligung und Entziehung des notwendigen Rechtsschutzes. Ungeachtet dessen sehe der hiesige Gesellschaftsvertrag angesichts von § 11 Abs. 11 vor, dass das kapitalgesellschaftsrechtliche Regime übernommen werde und mangelhafte Beschlüsse mit der Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft anzugreifen seien. Zudem folge die kapitalgesellschaftsrechtliche Ausrichtung der KG auch daraus, dass sich die Art der Einberufung der Gesellschafterversammlung an § 51 GmbHG orientiere. Jedenfalls aber seien Beschlussmängelstreitigkeit mittels Feststellungsklage gegenüber der KG zu führen, weil in dem Gesellschaftsvertrag die Anfechtung geregelt und ferner vereinbart sei, dass Einsprüche gegen protokollierte Beschlüsse gegenüber der Gesellschaft zu erheben sind. Im Übrigen sei die KG nicht Partei des Schiedsvertrages und dieser sei kein Bestandteil des Gesellschaftsvertrages. Ohnehin seien die Antragsteller nicht Vertragspartei des Schiedsvertrages. Schließlich sei auch § 19 des Gesellschaftsvertrages nichtig.
21Die Antragsteller beantragen,
221. den von dem Schiedsgericht (bestehend aus den Schiedsrichtern A (Obmann), B und Herrn C) erlassenen Zwischenentscheid vom 25.08.2020 aufzuheben;
232. festzustellen, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die in der Schiedsklage vom 16.04.2019 angekündigten Anträge unzuständig ist.
24Die Antragsgegner beantragen,
25die Anträge zurückzuweisen.
26Sie verteidigen den Zwischenentscheid und sind der Ansicht, dass das Argument, dass die in der „Schiedsfähigkeit-II-Entscheidung“ normierten Gleichwertigkeitskautelen Anwendung fänden, weil sonst die Gefahr bestünde, dass ein Mitgesellschafter keine Kenntnis von dem Verfahren erlangt, nicht greife. § 2 des Schiedsvertrages entspräche inhaltlich im Wesentlichen den gesetzlichen Vorgaben, nämlich den §§ 1028 ff. ZPO a.F., das Schiedsgericht habe sich unstreitig ordnungsgemäß nach Maßgabe der Bestimmungen in § 2 konstituiert und am vorliegenden Schiedsverfahren seien sämtliche Gesellschafter und Organe der Gesellschaft unmittelbar beteiligt. Zudem verweise § 3 des Schiedsvertrages ausdrücklich auf die einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung, sodass auch die Gleichwertigkeitskautelen gewahrt seien. Die Gründungsgesellschafter hätten nicht das kapitalgesellschaftsrechtliche Beschlussmängelanfechtungsregime übernommen, insbesondere nicht durch § 11 Abs. 11 des Gesellschaftsvertrages. Es sei nicht zu erkennen, dass allein aufgrund der Frist zur Anfechtung das gesamte kapitalgesellschaftsrechtliche Regime für anwendbar erklärt wurde, es fehle bereits daran, dass eine solche Beschluss-Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft zu richten ist, wie dies § 246 Abs. 2 S. 1 AktG analog für die Kapitalgesellschaft vorschreibe. Die Vorschriften zur Einberufung der Gesellschafterversammlung in § 11 Abs. 2 orientierten sich nicht an § 51 GmbHG, weil die Einberufung nur schriftlich und nicht mittels eingeschriebenen Briefes und unter Einhaltung einer Ladungsfrist von drei und nicht von nur einer Woche zu erfolgen habe. Die „Schiedsfähigkeit-III-Entscheidung“ finde keine Anwendung, weil diese einen gänzlich anderen Sachverhalt betroffen habe. Dort sei es nicht um die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für eine Ausschließungsklage gegen einen Gesellschafter gegangen, sondern um eine solche für die Beschluss-Anfechtungsklage. Der dortige Schiedsvertrag habe keinerlei Regelung zum Schutz der Kommanditisten enthalten. Die Wahrung der Gleichwertigkeitskautelen auch im Falle von Beschlussmängelstreitigkeiten könne dahinstehen, weil das vorliegende Schiedsverfahren solche nicht beträfe. Im Übrigen sei die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung gegeben, insbesondere, weil das hiesige Verfahren ausschließlich Binnenstreitigkeiten und keine Beschlussmängelstreitigkeiten betreffe. § 1 des Schiedsvertrages sei zudem wirksam nach § 139 BGB analog, soweit die Klausel nicht Beschlussmängelstreitigkeiten betreffe. Die Klausel könne nämlich in Beschlussmängelstreitigkeiten einerseits und sonstige Streitigkeiten andererseits aufgeteilt werden. Überdies ergäbe sich aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Klausel, dass gesellschaftsinterne Streitigkeiten, gleich welcher Art, soweit als möglich der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen werden sollten. Mit Rücksicht auf § 20 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages sei davon auszugehen, dass die Klausel zumindest insoweit als weiterhin wirksam zu erachten sei, als diese gerade nicht Beschlussmängelstreitigkeiten beträfe. Die Begründung unterschiedlicher Zuständigkeiten stehe dieser Auslegung nicht entgegen, da die Beteiligten ohne Weiteres zwischen Beschlussmängelstreitigkeiten und sonstigen gesellschaftsrechtlichen Binnenstreitigkeiten unterscheiden und dementsprechend den richtigen Rechtsweg wählen könnten. Zudem stehe der jeweils beklagten Partei in beiden Verfahren die Möglichkeit offen, die Einrede des Schiedsvertrages gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO bzw. die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts gemäß § 1040 Abs. 2 S. 1 ZPO zu erheben, in beiden Fällen würde das Verfahren durch die Erhebung der Einrede gleichermaßen verzögert. Die prozessuale Waffengleichheit sei kein Argument gegen diese Auslegung. Die Gründungsgesellschafter hätten sich bei der Errichtung der Antragsgegnerin zu 1 einvernehmlich darauf geeinigt, nach Möglichkeit sämtliche gesellschaftsinterne Streitigkeiten ohne Anrufung der staatlichen Gerichte entscheiden zu lassen. Den Verlust zweier Rechtsmittelinstanzen seien sie ersichtlich bewusst eingegangen, weil sie die Vorteile des Schiedsverfahrens als vorteilhafter gegenüber den mehrinstanzlichen Verfahren vor staatlichen Gerichten angesehen hätten. Zudem könne die vorgeblich unzumutbare Aufspaltung der Rechtswegzuständigkeit durch eine entsprechende Neufassung der Schiedsvereinbarung behoben werden, die Antragsteller hätten, so die Behauptung der Antragsgegner, die Neufassung bislang aber durchweg abgelehnt. Außerdem sei die Schiedsvereinbarung Bestandteil des Gesellschaftsvertrages und deshalb Teilakt des Gründungsvorgangs. Ferner seien Rechte und Pflichten aus der Vereinbarung anlässlich der Übertragung der Kommanditbeteiligung im Wege der Sonderrechtsnachfolge analog § 401 BGB auf die Antragsteller als Erwerber übergegangen, der Abschluss einer gesonderten schriftlichen Schiedsvereinbarung sei deshalb nicht erforderlich gewesen.
27II.
28A)
29Der statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag zu 1 auf Aufhebung des Zwischenentscheids des Schiedsgerichts vom 25.08.2020 ist begründet.
30I)
31Der Antrag ist statthaft gemäß § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
32Ferner ist der Antrag zulässig, denn die Antragsteller haben ihn innerhalb eines Monates nach der schriftlichen Mitteilung des Zwischenentscheides eingereicht (§§ 1040 Abs. 3 Satz 1, 222 Abs. 2 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB).
33Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Köln folgt gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Oberlandesgerichts Hamm vom 02.11.2020 (Bl. 90 ff GA), sie ergibt sich im Übrigen aus § 1062 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5 ZPO, § 1 SchiedsRGerEKonzV NW.
34II)
35Der Antrag ist begründet.
36Der Zwischenentscheid des Schiedsgerichts vom 25.08.2020 ist aufzuheben, weil das Schiedsgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Es ist für die von den Antragsgegnern beabsichtigte Klage nicht zuständig, denn die mit § 1 des Schiedsvertrages vereinbarte Schiedsklausel ist aufgrund der – durch ihre weite Fassung bedingten - Einbeziehung auch von Beschlussmängelstreitigkeiten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.
371.
38Der Bundesgerichtshof hat in seinem als „Schiedsfähigkeit II“ bezeichneten Urteil vom 06.04.2009 (II ZR 255/08) für den Fall einer GmbH entschieden, dass eine Schiedsvereinbarung mit den guten Sitten unvereinbar und daher nichtig ist, wenn die Vereinbarung einer Schiedsklausel dazu führt, dass eine Partei – verstanden als im weiten Sinne von der Rechtskraftwirkung eines stattgebenden Schiedsspruchs Betroffene – benachteiligt wird oder ihr der notwendige Rechtsschutz entzogen wird (a. a. O., Rn. 18).
39Eine Schiedsklausel ist demnach gemäß § 138 Abs. 1 BGB insoweit nichtig, als sie Beschlussmängelstreitigkeiten einbezieht. Diesbezüglich sichert sie die Belange der von der Rechtskraftwirkung analog §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG potentiell berührten Gesellschafter nicht in einer den Geboten des Rechtsstaatsprinzips genügenden Weise (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.2009 – II ZR 255/08 –, BGHZ 180, 221-235, Rn. 23, juris - „Schiedsfähigkeit II“).
40Nach § 138 Abs. 1 BGB sind Schiedsvereinbarungen nichtig, wenn sie eine übermäßige Einschränkung des Rechtsschutzes zum Gegenstand haben. Ihre Wirksamkeit setzt deshalb die Erfüllung von Mindestanforderungen voraus, die der Bundesgerichtshof in seinem vorzitierten Urteil (a. a. O., Rn. 20) für die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten klargestellt hat:
41(1) Die Schiedsabrede muss grundsätzlich mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in der Satzung verankert sein; alternativ reicht eine außerhalb der Satzung unter Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft getroffene Absprache aus.
42(2) Jeder Gesellschafter muss - neben den Gesellschaftsorganen - über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt werden, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten.
43(3) Sämtliche Gesellschafter müssen an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt; im Rahmen der Beteiligung mehrerer Gesellschafter auf einer Seite des Streitverhältnisses kann dabei grundsätzlich das Mehrheitsprinzip zur Anwendung gebracht werden.
44(4) Schließlich muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden.
452.
46Die in der vom Bundesgerichtshof in der „Schiedsfähigkeit-II-Entscheidung“ aufgestellten Grundsätze finden Anwendung auch auf die hiesige Personengesellschaft. Denn auch hier sind unbeteiligte Gesellschafter, wie bei einer Kapitalgesellschaft über §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG, von der Rechtskraftwirkung einer Entscheidung in Beschlussmängelstreitigkeiten betroffen.
47a) In seinem als „Schiedsfähigkeit III“ bezeichneten Beschluss vom 06.04.2017 (I ZB 23/16) hat der Bundesgerichtshof Stellung auch zur Wirksamkeit von Schiedsverträgen von Personengesellschaften genommen. Danach gelten die von ihm zuvor aufgestellten Anforderungen
48„jedenfalls im Grundsatz auch für Personengesellschaften wie Kommanditgesellschaften, sofern bei diesen gegenüber Kapitalgesellschaften keine Abweichungen geboten sind. In jedem Fall müssen die Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft ebenso wie die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor Benachteiligung und Entziehung des notwendigen Rechtsschutzes bewahrt werden (vgl. BGHZ 180, 221 Rn. 18 - Schiedsfähigkeit II), so dass auf entsprechende Regelungen in Schiedsabreden für eine Kommanditgesellschaft grundsätzlich nicht verzichtet werden kann.“
49(vgl. BGH, a. a. O. Rn. 26, juris).
50b) Das Schiedsgericht hat aus dieser Entscheidung geschlossen, dass die Grundsätze aus der „Schiedsfähigkeit-II-Entscheidung“ für Personengesellschaften „nur“ gelten sollen, wenn bei diesen gegenüber Kapitalgesellschaften keine Abweichungen geboten sind (Seite 8 des Zwischenentscheids). Dagegen vertreten die Antragsteller die Ansicht, dass die fraglichen Grundsätze „grundsätzlich immer“ für Personengesellschaften anzuwenden seien, ausnahmsweise nur dann nicht, wenn Abweichungen dies geböten (Antragsschrift, dort Seite 8 = Bl. 60 GA).
51aa) Die Frage, welche Ansicht zutreffend ist, kann nicht mit der Begründung offengelassen werden, dass Beschlussmängelstreitigkeiten vorliegend nicht streitgegenständlich sind (so OLG München, Beschluss vom 01.12.2017 – 34 SchH 12/17 –, Rn. 14, juris). Denn aufgrund der Gesamtnichtigkeit der Schiedsvereinbarung (dazu unter A. II) 4.) gemäß §§ 138 Abs. 1, 139 BGB wäre auch die hier in Rede stehende Streitigkeit über den Ausschluss eines Gesellschafters nicht der Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen.
52bb) Für die von den Antragstellern vertretene Ansicht sprechen durchaus Anhaltspunkte. Zum einen spricht hierfür der Schlusssatz der zitierten Passage, wonach auf entsprechende Regelungen in Schiedsabreden „grundsätzlich nicht verzichtet“ werden könne. Zum anderen hat der Bundesgerichtshof die Übertragung der Grundsätze, die er zunächst im Zusammenhang mit der Satzung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung formuliert hat, damit begründet, dass er diese aus den grundlegenden Maßstäben des § 138 BGB und des Rechtsstaatsprinzips entwickelt habe (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 26), mithin anhand von Maßstäben, die grundsätzliche Geltung entfalten. Dies bedarf jedoch keine Entscheidung. Denn auch unter Zugrundelegung der vom Schiedsgericht vertretenen Ansicht, ist eine Übertragung der fraglichen Grundsätze vorzunehmen, weil bei der hiesigen KG Abweichungen gegenüber Kapitalgesellschaften nicht geboten sind. Auch vorliegend sind Beschlussmängelstreitigkeiten im Wege der Anfechtungsklage zu führen, was eine Rechtkraftwirkung auf unbeteiligte Gesellschafter zur Folge hat.
53cc) Die Frage der Rechtskraftwirkung kann entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht etwa dahinstehen, weil es allein darauf ankäme, den Betroffenen vor jedweder Benachteiligung und Entziehung des notwendigen Rechtsschutzes zu bewahren.
54Den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs („Schiedsfähigkeit II“ und „Schiedsfähigkeit III“) lässt sich nämlich entnehmen, dass er seine Anforderungen an eine Schiedsvereinbarung allein mit der Rechtskrafterstreckung eines Urteils auf unbeteiligte Gesellschafter begründet hat. Zwar findet sich in der „Schiedsfähigkeit-III-Entscheidung“ durchaus die von den Antragstellern zitierte Formulierung, dass die Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft ebenso wie die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor Benachteiligung und Entziehung des notwendigen Rechtsschutzes bewahrt werden müssten (a. a. O., Rn. 26). Jedoch nimmt der Bundesgerichtshof insoweit Bezug auf seine „Schiedsfähigkeit-II-Entscheidung“, und zwar konkret auf seine dortige – die Rechtskraftwirkung aufgreifende - Formulierung, dass für den Fall, dass die Vereinbarung einer Schiedsklausel dazu führt,
55„dass eine Partei - hier im weiten Sinne als von der Rechtskraftwirkung eines stattgebenden Schiedsspruchs Betroffenen verstanden - benachteiligt bzw. dass ihr der notwendige Rechtsschutz entzogen wird,“
56die Schiedsvereinbarung mit den guten Sitten unvereinbar und daher nichtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.2009 – II ZR 255/08, Rn. 18, juris).
57dd) Das Schiedsgericht begründet seine Ansicht der fehlenden Notwendigkeit für eine Anwendung der vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze damit, dass in Personengesellschaften der Streit über Beschlussmängel und die Wirksamkeit von Beschlüssen grundsätzlich nicht in den Klagearten nach den aktienrechtlichen Bestimmungen über Beschlussmängelstreitigkeiten ausgetragen würde, sondern im Wege von allgemeinen Feststellungsklagen nach § 256 ZPO, weshalb es der gerichtlichen Entscheidung an der für die aktienrechtlich geprägten Verfahren bei Kapitalgesellschaften normierten umfassenden Rechtskraftwirkung fehle (Zwischenentscheid, dort Seite 7).
58Dies ist jedoch unzutreffend. Vorliegend kommt es zu solch einer Rechtskraftwirkung auf unbeteiligte Gesellschafter, nämlich infolge der in § 11 Abs. 11 des Gesellschaftsvertrages vorgesehenen Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen.
59Danach können Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nur binnen Zweimonatsfrist nach Zugang des Protokolls angefochten werden. Hierdurch wird die für die Personengesellschaft typische zwischen den Gesellschaftern zu führende Feststellungsklage ausgeschlossen und es werden die Gesellschafter darauf verwiesen, den Streit auf dem Wege der „Anfechtung" mit der Gesellschaft selbst auszutragen (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2003 – II ZR 4/01 –, Rn. 11, juris).
60Dies allein reicht zwar nicht, um von einer Rechtskrafterstreckung auf unbeteiligte Gesellschafter durch Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Regimes auszugehen. Dass noch weitere Anhaltspunkte erforderlich sind, ergibt sich aus den von den Antragstellern zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (vgl. Antragsschrift, dort Seite 8 = Bl. 60 GA). So hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 01.03.2011 (II ZR 83/09) ausgeführt, dass zwar die Vereinbarung einer Anfechtungsfrist in einer dem Wortlaut nach der hiesigen Regelung entsprechenden Klausel des Gesellschaftsvertrages auf die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems auch hinsichtlich der Gesellschaft als Klagegegner hinweise. Allein die Verwendung des Wortes „Anfechten" oder „Anfechtung" zwinge aber nicht dazu, einen Gesellschaftsvertrag so auszulegen (a. a. O., Rn. 19, 21). Entsprechendes ergibt sich auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.03.2003 (II ZR 4/01 , juris). In dem dortigen Rechtsstreit gab es, worauf er maßgeblich abgestellt hat, nämlich „eine Reihe von Regelungen, aus denen sich der Wille der Gesellschafter ergibt, daß die genannten Streitigkeiten unmittelbar mit der Beklagten auszutragen sind“ (BGH, a. a. O., Rn. 10).
61Die notwendigen weiteren Anhaltspunkte sind hier jedoch vorhanden. Denn mit § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages enthält dieser, wie es wohl auch in der vorstehend zuletzt zitierten Entscheidung der Fall war (a. a. O., Rn. 12), eine Regelung zur Einberufung der Gesellschafterversammlung, und zwar dergestalt, dass diese schriftlich unter Beifügung der Tagesordnung und unter Einhaltung bestimmter Mindestfristen zwischen dem Tag der Absendung und der Durchführung der Versammlung zu erfolgen hat.
62Den Antragsgegnern ist zuzugeben, dass die Regelung betreffend die Schriftlichkeit und die Fristdauer nicht identisch ist mit der Regelung in § 51 Abs. 1 GmbHG, wonach die Einberufung der Versammlung mittels eingeschriebener Briefe und einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken ist. Das ist jedoch unschädlich, denn durch die zumindest erfolgte Anlehnung an die gesetzlichen Vorgaben kommt der Wille der Vertragsparteien zum Ausdruck, dass kapitalgesellschaftsrechtlichen Regelungen gegenüber den personengesellschaftsrechtlichen der Vorzug gegeben werden soll, zumal die Regelung betreffend das Erfordernis der Beifügung der Tagesordnung ohne Weiteres § 51 Abs. 2 GmbHG entspricht.
63c) Und selbst bei Annahme, die Anfechtungsklage sei nicht vereinbart, sind hier Beschlussmängelstreitigkeiten mittels Feststellungsklage gegen die Gesellschaft zu führen, was gleichermaßen zu der Notwendigkeit des Schutzes der Rechtspositionen der unbeteiligten Gesellschafter führt.
64Dass die Feststellungsklage gegen die Gesellschaft zu führen wäre, ergibt sich aus dem in § 11 Abs. 11 des Gesellschaftsvertrages gewählten Begriff der „Anfechtung“. Denn die – unterstellt – nicht vereinbarte Anfechtungsklage wäre gegen die Gesellschaft zu richten. Dies allein mag zur Begründung der getroffenen Auslegung nicht ausreichen (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.1989 – II ZR 61/89 , Rn. 15, juris). Gestützt wird diese jedoch durch die Formulierung in § 11 Abs. 10 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages, wonach ein Einspruch gegen das Protokoll bei der Gesellschaft zu erheben ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.06.1966 – II ZR 149/64 –, Rn. 12 f, juris).
65Folge der Feststellungsklage wegen Beschlussmängeln gegen die Gesellschaft ist, dass ein ergangenes Urteil zwar keine Rechtskraftwirkung gegenüber den Gesellschaftern entfaltet, diese jedoch schuldrechtlich verpflichtet sind, sich an das Urteil zu halten. Denn wenn die Gesellschafter bestimmen, dass ein Streit über die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses mit der Gesellschaft auszutragen ist, bestehen Sinn und Zweck dieser Vertragsregelung darin, die übrigen Gesellschafter schuldrechtlich zu binden (vgl. BGH, Urteil vom 30.06.1966 – II ZR 149/64 –, Rn. 11, juris).
663. Den in der „Schiedsfähigkeit-II-Entscheidung“ (BGH, Urteil vom 06.04.2009 - II ZR 255/08 -, juris) aufgestellten Anforderungen für die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung, die auch Beschlussmängelstreitigkeiten umfasst, wird mit den Regelungen im Schiedsvertrag nicht Genüge getan.
67Es fehlt, wie in der vorzitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes, schon an einer den Mechanismen des § 246 Abs. 3 AktG entsprechenden Zuständigkeitskonzentration. Die Schiedsvereinbarung gewährleistet mit § 2 nicht die notwendige Zusammenfassung sämtlicher einen Beschluss betreffenden Schiedsverfahren bei einem Schiedsgericht. Ferner legt sie nicht - was im Sinne des Regelungszwecks des § 246 Abs. 3 Satz 1 AktG zur gebotenen Erledigung sämtlicher Beschlussmängelstreitigkeiten durch ein Schiedsgericht führen würde - eine neutrale Person oder Stelle ex ante als Schiedsgericht fest. Sie sichert die Befassung nur eines ex post bestimmten Schiedsgerichts auch nicht mittels der - dann erforderlichen - Vorgabe, der erste bei der Geschäftsleitung der Gesellschaft eingegangene Antrag, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen, entfalte im Sinne einer Verfahrenskonzentration „Sperrwirkung" in Bezug auf spätere Anträge (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 24 - 25). Ferner enthält die Schiedsvereinbarung keine - zur Sicherung der Beteiligungsmöglichkeit für sämtliche Gesellschafter unerlässliche - Bestimmung dahingehend, dass der Verfahrenseinleitungsantrag ohne Festlegung des Antragstellers auf einen Schiedsrichter bei der Gesellschaft einzureichen und von dort aus sämtlichen Mitgesellschaftern mit der Aufforderung zuzustellen sei, binnen einer bestimmten Frist über einen Beitritt auf Seiten des Antragstellers oder der Gesellschaft zu entscheiden (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 26).
68§ 2 des Schiedsvertrages mag, wie die Antragsgegner anführen, den damaligen gesetzlichen Vorgaben entsprochen haben. Das aber ändert nichts an dem Erfordernis, die genannten Anforderungen einzuhalten, was die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes zeigt – Gegenstand des dortigen Verfahrens war eine Schiedsvereinbarung aus dem Jahr 1989.
69Auch hilft § 3 des Schiedsvertrages nicht über die genannten Mängel hinweg. Dieser stellt für das Verfahren vor dem Schiedsgericht eine Generalverweisung auf die einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung dar. Diese enthalten Regelungen der vorstehend genannten Art jedoch nicht.
704. Folge der Nichteinhaltung der vom Bundesgerichtshof aufgestellten Anforderungen ist die Nichtigkeit der Schiedsvereinbarung in § 1 des Schiedsvertrages gemäß § 138 Abs. 1 BGB, und zwar in ihrer Gesamtheit.
71a) Eine bloße Teilnichtigkeit der Klausel gemäß den Anforderungen des § 139 BGB in direkter Anwendung kommt nicht in Betracht.
72Der Klausel fehlt es mangels Zerlegbarkeit an der erforderlichen eindeutigen Abgrenzbarkeit des sittenwidrigen Teils (Beschlussmängelstreitigkeiten) von dem von der Sittenwidrigkeit nicht berührten Teil (alle weiteren Streitigkeiten) (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Aufl., § 139 Rn. 10; MüKoBGB/Busche, 8. Aufl. 2018, BGB § 139 Rn. 24).
73b) Doch auch bei entsprechender Anwendung von § 139 BGB ist die Schiedsklausel insgesamt nichtig.
74Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 139 BGB nach seinem Sinngehalt grundsätzlich auch dann anwendbar, wenn die Parteien anstelle der nichtigen Regelung, hätten sie die Nichtigkeit gekannt, eine andere, auf das zulässige Maß beschränkte vereinbart hätten. Grund ist, dass es vielfach nur eine Frage der Formulierung der Vertragsbestimmung ist, ob der nichtige Teil ohne weiteren Eingriff beseitigt werden kann oder ob sie zu dessen Eliminierung neu gefasst werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 05.06.1989 – II ZR 227/88 –, Rn. 16; BGH, Urteil vom 19.09.1988 – II ZR 329/87 –, BGHZ 105, 213-222, Rn. 19, jeweils juris). Unabdingbar nötig ist aber, dass sich der Vertragsinhalt in eindeutig abgrenzbarer Weise in den nichtigen Teil und den von der Nichtigkeit nicht berührten Rest aufteilen lässt. Der von § 139 BGB geregelte Bereich ist überschritten, wenn an die Stelle der nichtigen Bestimmung eine von mehreren denkbaren wirksamen Regelungen gesetzt werden müsste (vgl. BGH, Urteil vom 05.06.1989 – II ZR 227/88 –, Rn. 16).
75Ob diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung finden kann, ist zweifelhaft. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 05.06.1989 (a. a. O.) lag eine Klausel zugrunde, die ihrem Wortlaut nach durch „Herausstreichen“ der fraglichen Formulierung in einen nichtigen und in einen wirksamen Teil gespalten werden konnte. Das ist hier, wie dargestellt, zumindest dem Wortlaut nach nicht der Fall.
76Ob die Möglichkeit einer Aufspaltung der vorbezeichneten Art gleichwohl anzunehmen ist, wenn eine solche ohnehin nur in die von der Nichtigkeit betroffenen Beschlussmängelstreitigkeiten einerseits und alle übrigen Binnenstreitigkeiten anderseits möglich wäre, bedarf keiner Entscheidung. Denn auch unter dieser Vorgabe bleibt es bei der Gesamtnichtigkeit der Klausel.
77aa) Für die Bestimmung dessen, was die Parteien bei Kenntnis von der Nichtigkeit gewollt hätten, ist eine objektive Auslegung vorzunehmen.
78Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind körperschaftliche Satzungsbestimmungen mit Rücksicht auf ihre einheitliche und gleichmäßige Geltung für alle gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschafter und für alle Gläubiger einer normenähnlichen, d.h. objektiven Auslegung zu unterziehen. Ausgangspunkt der Auslegung von Bestimmungen mit körperschaftlichem Charakter ist deren Wortlaut. Dieser ist jedoch nicht allein maßgebend; vielmehr müssen ergänzend der Sinnzusammenhang des Vertrages und der erkennbare Zweck der Regelung berücksichtigt werden. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung zur Schließung von Lücken im Gesellschaftsvertrag ist möglich, sofern damit nur der Zweck verfolgt wird, die schon in der Vertragsurkunde selbst angelegte Regelung zu einem sinnvollen Ganzen zu ergänzen. Ausgeschlossen ist ein Rückgriff auf nicht allgemein erkennbare Umstände wie die Entstehungsgeschichte der Satzung, etwaige Vorentwürfe sowie Vorstellungen und Äußerungen von Personen, die an der Abfassung des Gesellschaftsvertrages mitgewirkt haben (vgl. Senat, Urteil vom 26.03.1999 – 19 U 108/96 –, Rn. 58 m. w. N., juris).
79bb) Ziel einer Schiedsklausel mag in der Regel eine nicht-öffentliche, zügige, in einer Instanz erledigte und im Vergleich zum Rechtszug vor den staatlichen Gerichten regelmäßig kostengünstigere Entscheidung oder einvernehmliche Erledigung der Streitfragen sein.
80Dies ist jedoch ein genereller Zweck einer solchen Klausel. Welche Bedeutung er für die hiesige Regelung hat, lässt sich daraus nicht ableiten.
81Vielmehr gibt der Wortlaut, wonach „alle“ Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis einer Entscheidung durch das Schiedsgericht zugeführt werden sollen, Aufschluss darüber, dass vor allem eine einheitliche Regelung für sämtliche Streitigkeiten bezweckt war. Dies legt nahe, dass für den Fall, dass eine der „Streitigkeiten“ der Schiedsgerichtsbarkeit nicht zugänglich, sondern von einem ordentlichen Gericht zu entscheiden ist, dies auch für die übrigen Streitigkeiten gelten soll.
82cc) Für eine seinem Wortlaut nach als Ziel zum Ausdruck kommende Gleichbehandlung sämtlicher Streitigkeiten spricht auch die damit als Zweck einhergehende Erleichterung bei der Prüfung, an welche Stelle sich eine Partei im Falle des Auftretens einer Streitigkeit zu wenden hat. Es mag Fälle geben, bei denen die Zuständigkeitsprüfung überschaubar scheint, wie §§ 10 Abs. 8, 14 Abs. 1 und Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages, Zweifelsfälle sind gleichwohl nicht auszuschließen, gerade auch, wenn es zu Änderungen des Vertrages mit weiteren Regelungen kommen sollte.
83Ferner ist es entgegen der Ansicht der Antragsgegner gerade ein Argument für die vorgenommene Auslegung, dass bei einer gespaltenen Zuständigkeit in eingeleiteten Verfahren der Gegner entweder die Einrede des Schiedsvertrages (§ 1032 Abs. 1 ZPO) oder die Rüge der Unzuständigkeit (§ 1040 Abs. 2 S. 1 ZPO) erheben kann. Dies führt nicht nur zu einer Unsicherheit bei der Wahl des Verfahrens, die es durch die Klausel zu vermeiden galt, sondern birgt aufgrund der abzuwartenden Rechtsauffassung des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers zugleich auch ein Kosten- und Zeitrisiko. Dass bei einer Gesamtnichtigkeit der Klausel verschiedene Verfahren beider Gattungen zu verschiedenen staatlichen Gerichten und/oder deren Spruchkörpern gelangen können, steht der Auslegung nicht entgegen. Denn hiermit geht, anders als bei einer Teilnichtigkeit, keine unterschiedliche Verfahrensweise bzw. Zuständigkeit des staatlichen Gerichts oder des Schiedsgerichts einher.
84dd) Auch wenn die Parteien, wie von der Antragsgegnerin angeführt, durch die Wahl des Schiedsverfahrens den Verlust zweier Rechtsmittelinstanzen bewusst in Kauf genommen haben sollten, geschah dies vor dem Hintergrund, eine einheitliche Regelung für sämtliche Streitigkeiten zu treffen, was hier aber nicht mehr erreicht werden kann.
85ee) Eine Neufassung der Schiedsklausel mag, wie von den Antragsgegnern argumentiert, möglich sein, zu beurteilen ist jedoch die derzeit geltende Klausel. Ob sich die Antragsteller einer Änderung verweigern, kann dahinstehen, zumal mit dem hiesigen Verfahren erstmals eine Klärung der Wirksamkeit der Klausel und damit (ggf.) der Notwendigkeit einer Neufassung herbeigeführt wird.
865.
87Aus den vorgenannten Gründen ist im Übrigen auch die Schiedsklausel in § 19 des Gesellschaftsvertrages nichtig.
88Die mit § 20 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages aufgenommene salvatorische Klausel führt mit Blick auf § 139 BGB nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Denn darin kommt lediglich der Wille zum Ausdruck, dass die Wirksamkeit der „übrigen“ Bestimmungen von der Unwirksamkeit einer von ihnen nicht berührt werden soll. Hierdurch soll die Wirksamkeit der weiteren Vertragsbestimmungen in ihrer Gesamtheit gewährleistet werden, nicht jedoch die Wirksamkeit eines Teils einer einzelnen Klausel. Dafür spricht auch, dass Satz 2 der Klausel eine Regelung für die betreffende Bestimmung enthält und damit eine Differenzierung zwischen den weiteren Klauseln und der betroffenen vorgenommen wird.
896.
90Auf die Frage, ob die Gesellschaft an der Schiedsvereinbarung beteiligt sein muss oder dies auch ist, kommt es nach dem Vorstehenden ebenso wenig an, wie auf die Frage, inwiefern die Antragsteller über die Wirkungen der Rechtsnachfolge an die Schiedsvereinbarung gebunden sind.
91B)
92Aufgrund vorstehender Ausführungen war ferner festzustellen, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die in der Schiedsklage der Antragsgegner angekündigten Anträge unzuständig ist (Antrag zu 2).
93C)
94Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
95Streitwert: 100.000 € (§ 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO: 1/5 des Hauptsachewertes von 500.000 €)