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Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 20.1.2021 (3 O 236/20) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.392,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 13.128,04 Euro seit dem 18.5.2020 Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer A zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorbezeichneten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.029,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.5.2020 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 20% und die Beklagte zu 80%. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 10% und die Beklagte zu 90%.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagte im Hinblick auf den Kauf eines VW B mit einem Motor EA 189 auf Schadensersatz in Form der Rückabwicklung des Kaufvertrages, Feststellung des Annahmeverzugs sowie Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch. Er hat das Fahrzeug am 2.5.2011 mit einem Kilometerstand von 12.514 km zu einem Preis von 22.000,01 Euro erworben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Sachanträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
4Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, etwaige Ansprüche des Klägers seien verjährt. Gemessen an den höchstrichterlichen Grundsätzen zur Möglichkeit und Zumutbarkeit der Klageerhebung seien die Anmeldung des Klägers zur Musterfeststellungsklage am 1.1.2019 und seine Klageerhebung im August 2020 nicht mehr geeignet gewesen, den Ablauf der Verjährung zu hemmen, weil die Ansprüche bereits mit Ablauf des Jahres 2018 verjährt gewesen seien. Zum Anschluss an die Musterfeststellungsklage habe der Kläger zum einen nicht substantiiert genug vorgetragen und zum anderen sei dieser Anschluss zu spät erfolgt.
5Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und verfolgt seine erstinstanzlichen Anträge weiter. Hinsichtlich des in Abzug zu bringenden Anspruchs auf Nutzungsentschädigung hat er den Rechtsstreit im Hinblick auf die aktuelle Fahrleistung teilweise einseitig für erledigt erklärt und die im Antrag zu 2) enthaltene datumsmäßige Bestimmung des Annahmeverzugs auf Hinweis des Senats im Verhandlungstermin entfallen lassen.
6Der Kläger macht geltend, seine Ansprüche seien nicht verjährt, weil er sich ordnungsgemäß zur Musterfeststellungsklage angemeldet habe und sich daher die hemmende Wirkung der Anmeldung zu Eigen machen könne. Dazu legt er – erstmals in der Berufungsinstanz – eine „Auskunft über die zu der Anmeldung erfassten Angaben im Klageregister gemäß § 609 Absatz 4 ZPO“ des Bundesamts für Justiz vom 29.3.2021 vor. Der Kläger ist der Ansicht, dass seine Anmeldung zum Klageregister auf den Zeitpunkt der Erhebung der Musterfeststellungsklage im Jahr 2018 zurückwirke. Aufgrund der Rücknahme der Musterfeststellungsklage am 30.4.2020 und der dazu am 4.5.2020 erteilten Zustimmung der Beklagten sei die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche bis zum 4.11.2020 gehemmt und seine Klage rechtzeitig erfolgt. Hilfsweise ergebe sich sein Anspruch aus § 852 BGB, weil die Beklagte durch eine unerlaubte Handlung auf seine Kosten etwas erlangt habe. Der herauszugebende Vermögensvorteil der Beklagten sei dabei der von ihm gezahlte Kaufpreis abzüglich der Händlermarge, wobei die Beklagte hinsichtlich der konkreten Höhe eine sekundäre Darlegungslast treffe. Auf eine Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB könne sich die Beklagte aufgrund ihrer Bösgläubigkeit nicht berufen.
7Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wies das Fahrzeug unstreitig eine Laufleistung von 121.693 km auf.
8Der Kläger beantragt,
9unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 20.1.2021 (3 O 236/20)
101. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.000,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus seit dem 18.5.2020 abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 8.354,97 Euro Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer A,
112. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1) bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet,
123. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.531,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.5.2020 zu zahlen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Berufung zurückzuweisen.
15Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
16Sie macht geltend, der Kläger habe aufgrund der weitreichenden Berichterstattung und der ausführlichen Informationen durch die Beklagte bereits im Jahre 2015 Kenntnis von der Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs erlangt. Jedenfalls habe er diese Kenntnis im Februar 2016 durch das Kundenanschreiben der Beklagten bzw. ihrer Tochtergesellschaften erhalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei den Betroffenen auch bereits im Jahr 2015 eine Klage möglich und zumutbar gewesen. Die Verjährung sei auch nicht durch die Anmeldung des Klägers zur Musterfeststellungsklage gehemmt worden, weil es insoweit an einer Anmeldung fehle, die die Anforderungen des § 608 Abs. 1 und 2 ZPO erfülle. Insbesondere sei die dem streitgegenständlichen Fahrzeug zugeordnete FIN im Rahmen der Anmeldung nicht angegeben worden.
17Schließlich ist die Beklagte der Ansicht, der Kläger könne auch im Hinblick auf das im Softwareupdate enthaltene Thermofenster keinen Anspruch aus § 826 BGB geltend machen. Ebenso bestehe kein Anspruch aus § 852 BGB.
18Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
19II.
20Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg, so dass das landgerichtliche Urteil entsprechend abzuändern und die Beklagte wie aus dem Tenor ersichtlich zu verurteilen war.
21Die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte sind nicht verjährt, womit dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der Nutzungsentschädigung für die bis zum Verhandlungstermin zurückgelegte Strecke – unter Berücksichtigung eines anfänglichen Kilometerstands von 12.514 km – zzgl. Zinsen sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr und auf Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten zusteht. Die weitergehende Klage ist dagegen unbegründet.
221. Der dem Kläger zustehende Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages aus § 826 BGB, der hinsichtlich eines Motor vom Typ EA189 inzwischen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung außer Frage steht, ist nicht verjährt. Dabei kann hier letztlich dahinstehen, ob der Kläger bereits im Jahr 2015 positive Kenntnis von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs hatte bzw. ob er zumindest zu Nachforschungen hinsichtlich der konkreten Betroffenheit – entweder über die FIN-Abfrage im Internet oder aber eine Nachfrage beim Händler – verpflichtet war und das Unterlassen einer solchen Nachforschung dann als grobe Fahrlässigkeit im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu werten ist. Denn jedenfalls hat der Kläger seine Ansprüche am 1.1.2019 zum Klageregister der Musterfeststellungsklage angemeldet, womit eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB erfolgt ist.
23a. Gemäß § 608 Abs. 2 ZPO ist die Anmeldung des Verbrauchers nur dann wirksam, wenn sie form- und fristgerecht erfolgt ist und die in § 608 Abs. 2 ZPO aufgezählten Angaben enthält. Insoweit hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19.11.2020 (Bl. 490) vorgetragen, er habe seine Ansprüche „zum Schluss des Jahres 2018“ zum Klageregister angemeldet und hat eine Bestätigung der Eintragung in das Register (Bl. 736) vorgelegt. Diesen Vortrag hat die Beklagte mit nachgelassenem Schriftsatz vom 8.12.2020 zwar bestritten, jedoch nicht im Hinblick auf den Anmeldevorgang an sich, sondern im Hinblick auf die Wirksamkeit desselben. Sie hat dazu vorgetragen, der Kläger habe in der Anmeldung keine ausreichenden Ausführungen zu Gegenstand und Grund der Anmeldung gemacht; es fehle insbesondere eine Angabe der FIN (Bl. 914). Mit der Berufungsbegründung hat der Kläger sodann eine Bestätigung des Bundesamtes für Justiz vorgelegt (Bl. 957), aus der sich als Eingangsdatum der 1.9.2019 sowie eine Beschreibung von „Gegenstand und Grund“ des Anspruchs ergibt.
24Vor dem Hintergrund dieser Bestätigung, die die Beklagte in der Berufungserwiderung inhaltlich nicht in Abrede stellt, sodass § 351 Abs. 2 ZPO nicht greift, liegt eine wirksame Anmeldung zum 1.1.2019 vor. Insbesondere steht die von der Beklagten gerügte fehlende Angabe der FIN der Erfüllung der Voraussetzungen nach § 608 Abs. 2 Nr. 4 ZPO nicht entgegen.
25aa. Nach Ansicht des Senats ist es schon generell problematisch, die Wirksamkeit einer Anmeldung nach § 608 ZPO an der fehlenden Angabe der FIN scheitern zu lassen, zumal das Gesetz eine solche Anforderung nicht ausdrücklich aufstellt. Auch im Rahmen der Beantragung eines Mahnbescheides wäre die Angabe dieser Identifikationsnummer nicht erforderlich. Darüber hinaus macht die Beklagte auch gar nicht geltend, dass der Kläger über mehrere Fahrzeuge verfügt und beide beim Klageregister angemeldet hat, womit gegebenenfalls die Gefahr einer Verwechslung drohen würde. Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT Drs. 19/2701 S. 9) dient die Regelung zur Benennung von Gegenstand und Grund des Anspruchs dazu, die Wirkungen der Rechtshängigkeit des Musterfeststellungsverfahrens, des Urteils oder eines geschlossenen Vergleichs bestimmen zu können („Um in einem Folgeprozess feststellen zu können, ob hinsichtlich des dort verhandelten Lebenssachverhaltes eine Bindungswirkung durch das Musterfeststellungsurteil eingetreten ist, muss eine Individualisierung des Anspruchs oder des Rechtsverhältnisses möglich sein. Ebenso werden die Angaben benötigt, um die Auswirkungen eines im Musterfeststellungsverfahren geschlossenen Vergleichs beurteilen zu können, da nur so festgestellt werden kann, welche konkreten Ansprüche des Verbrauchers durch den Vergleich abgegolten werden sollen. Letztlich ist auch im Hinblick auf die Sperrwirkung der rechtshängigen Musterfeststellungsklage und die Hemmung der Verjährung eine Individualisierung der Ansprüche oder des Rechtsverhältnisses durch diese Angaben notwendig“). Insoweit wurde im Gesetzgebungsverfahren jedoch auch betont, dass an die Angaben keine „übertrieben formalistischen Anforderungen“ gestellt werden dürfen. Eine weitere Stütze findet die Sichtweise, wonach es für eine wirksame Anmeldung nach § 608 ZPO im Regelfall keiner Angabe der FIN bedarf, in den amtlichen Hinweisen, die das Bundesamt für Justiz auf seiner Internetseite als Hilfestellung für die Ausfüllung der Anmeldung zum Klageregister vorsieht. Dort heißt es im Hinblick auf „Gegenstand und Grund“ i.S.v. § 608 Abs. 2 Nr. 4 ZPO: „Beschreiben Sie hier genau und eindeutig den Sachverhalt, der Ihrem Anspruch zugrunde liegt. Erklären Sie dabei, inwiefern Ihr Anspruch oder Rechtsverhältnis von den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage abhängt. Beschreiben Sie das tatsächliche Geschehen, z. B.: Welcher Gegenstand ist betroffen? Welcher Vertrag liegt zugrunde? Was ist passiert? Durch Ihre konkrete Darlegung des Sachverhalts soll Ihr Anspruch individualisiert werden. Rechtliche Ausführungen sind nicht erforderlich. Ihre Ausführungen sollten sich auf maximal 2.500 Zeichen beschränken.“ Auch in diesem Zusammenhang ist von der Angabe spezieller Identifizierungsmerkmale, wie es die FIN eines Fahrzeugs ist, nicht die Rede.
26bb. Selbst wenn man diese Frage abweichend bewerten würde, stellt sich vorliegend die Anmeldung des Klägers aber schon deshalb als wirksam dar, weil er ausweislich der im Berufungsverfahren vorgelegten und inhaltlich nicht bestrittenen Bestätigung des Bundesamtes für Justiz in der Anmeldung auf seinen Kaufvertrag mit Datum („2.5.2011“), Vertragspartner („C GmbH & Co. KG, D-Straße 71, E“) und Fahrzeug („VW B 2.0 TDI Comfortline“) Bezug genommen hat. Eine Verwechslung mit einem anderen ihm gehörenden oder von ihm angemeldeten Fahrzeug ist damit ebenso ausgeschlossen wie Bedenken hinsichtlich der hinreichenden Individualisierung seiner Ansprüche.
27b. Selbst wenn der Kläger demnach bereits im Jahr 2015 Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs gehabt haben sollte, kann sich die Beklagte damit nicht mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen. Denn die Hemmung wirkt trotz der erst im Jahr 2019 erfolgten Anmeldung auf den Zeitpunkt der Erhebung der Musterfeststellungsklage im Jahr 2018 zurück, so dass auch die eigentlich bereits verjährten Ansprüche des Klägers davon erfasst werden.
28Die Hemmung beginnt nach dem Wortlaut des § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB mit Erhebung der Musterfeststellungsklage (Staudinger/Peters/Jacoby, Neubearbeitung 2019, § 204 BGB, Rn. 48 h, BeckOGK BGB/Meller-Hannich, Stand: 1.3.2019, § 204 BGB Rn. 116; MüKo/Grothe, § 204 BGB, Rn 30a; Mekat/Nordholtz NJW 2019, 411, 412). Im Zeitpunkt der Klageerhebung steht zwar noch nicht fest, wer welche Ansprüche rechtzeitig anmeldet. Der Gesetzgeber wollte ausweislich der Gesetzesmaterialien aber den Eintritt der Hemmungswirkung auf den Zeitpunkt der Klageerhebung festschreiben und bezeichnete die Anmeldung insofern als (auflösende) Bedingung (vgl. BT-Drucks 19/2701, S. 9 f: „Mit der Erhebung der Musterfeststellungsklage wird … die Verjährung der noch nicht verjährten Ansprüche gehemmt unter der Bedingung, dass die Verbraucherin oder der Verbraucher den Anspruch, dem derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt, in dem Klageregister anmeldet. Erfolgt keine fristgerechte, wirksame Anmeldung des individuellen Anspruchs zum Klageregister, entfällt die verjährungshemmende Wirkung für diesen Anspruch wieder. Damit kann sich der Beklagte mit Erhebung der Musterfeststellungsklage darauf einstellen, dass bei Ansprüchen mit demselben Lebenssachverhalt zunächst Verjährungshemmung eintritt und nur für die Verbraucher wieder entfällt, die ihre Ansprüche nicht bzw. nicht wirksam zum Klageregister anmelden“). Solange demnach im Zeitpunkt der Klageerhebung unter Berücksichtigung von § 167 ZPO der anzumeldende Anspruch des Verbrauchers gegen den Musterbeklagten noch nicht verjährt ist, genügt dann jede Anmeldung durch den Verbraucher in der Frist des § 608 Abs. 1 ZPO. Darin liegt keine Hemmung eines möglicherweise bereits verjährten Anspruchs, weil der betreffende Anspruch schon mit Erhebung der Musterfeststellungsklage schwebend gehemmt war. Bedenken hinsichtlich der Verfassungskonformität sieht der Senat – entgegen vereinzelten Literaturstimmen – nicht.
29Da die Hemmung gemäß § 204 Abs. 2 S. 1 BGB sechs Monate nach dem Zeitpunkt endet, in dem das Verfahren auf die Musterfeststellungsklage beendet wurde, war die hier im August 2020 erhobene Klage im Hinblick auf die Beendigung des Musterfeststellungsverfahrens im Mai 2020 noch rechtzeitig.
30c. Die Höhe des Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung zu zahlenden Schadensersatzes berechnet sich aus dem vom Kläger gezahlten Kaufpreis in Höhe von 22.000,01 Euro abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die zurückgelegte Strecke von 121.693 km unter Berücksichtigung der Laufleistung des Fahrzeugs bei Kauf (12.514 km). Unter Ansatz einer gemäß § 287 ZPO zu schätzenden Gesamtlaufleistung von 250.000 km muss der Kläger sich bei einer von ihm zurückgelegten Strecke von 109.179 km eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 9.607,75 Euro anrechnen lassen.
31d. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen aus § 291 BGB i.V.m. § 187 BGB analog war im Hinblick auf die Vorgaben des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung vom 30.7.2020 (VI ZR 397/19, BeckRS 2020, 19838 Rn. 38) eine abweichende Hauptforderung anzusetzen. Sind nämlich die auf den Kaufpreiserstattungsanspruch anzurechnenden Nutzungsvorteile zum Teil erst zwischen dem Eintritt der Rechtshängigkeit und dem Schluss der mündlichen Verhandlung erlangt worden, muss der nach § 291 BGB zu verzinsende Betrag bei Eintritt der Rechtshängigkeit höher liegen als der nach einer sukzessiven Ermäßigung schließlich zuzusprechende Betragt. Insofern hat der Senat, da das Fahrzeug bei Klageerhebung einen Kilometerstand von 113.332 km und damit eine dem Kläger zuzurechnende Laufleistung von 100.818 km aufwies, eine Hauptforderung von 13.128,04 Euro (Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 8.871,97 Euro) angesetzt.
322. Aufgrund des Schreibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 8.5.2020 (Anlage K13) mit Fristsetzung zum 18.5.2020 befindet sich die Beklagte im Annahmeverzug.
333. Der Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten ist teilweise begründet. Der Kläger kann jedoch nicht – wie mit Schreiben vom 8.5.2020 (Anlage K13) geltend gemacht – eine 2,0-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert in Höhe von 22.000,01 Euro, sondern lediglich eine 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Gebührenrahmen von bis 14.000 Euro fordern. Denn zum einen ist hinsichtlich des Gegenstandswerts die bei Beauftragung seines Anwalts bereits erfolgte Laufleistung von 100.818 km zu berücksichtigen, die zum Abzug einer Nutzungsentschädigung entsprechend der obigen Berechnung in Höhe von 8.871.97 Euro führt und zum anderen ist der Ansatz einer 1,3-Geschäftsgebühr ausreichend, weil die Angelegenheit weder umfangreich noch schwierig im Sinne der Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG war.
344. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen hinsichtlich der Kosten aus § 92 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.
35Berufungsstreitwert: bis 14.000 Euro
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