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Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 11.06.2019 – 12 O 502/18 - wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird unter deren Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 11.06.2019 – 12 O 502/18 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.583,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.12.2018 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs VW A, FIN: B.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1) genannten PKW seit dem 15.12.2018 in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.680,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2018 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die in erster Instanz angefallenen Kosten tragen der Kläger zu 12 % und die Beklagte zu 88 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 19 % und die Beklagte zu 81 %.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e:
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagte im Zuge des Dieselskandals als Herstellerin des von ihm erworbenen PKW VW A auf Schadenersatz einschließlich einer Verzinsung des Kaufpreises sowie auf Feststellung des Annahmeverzuges und auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
4Der Kläger erwarb von privat am 26.08.2016 ein Gebrauchtfahrzeug der Marke VW A Cabrio, 2.0 TDI mit 140 PS mit einem Kilometerstand bei Auslieferung von 48.030 km zu einem Kaufpreis von 18.400,- € (K 1 Anlagenheft). Darin eingebaut war ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor des Typs EA 189, der über eine Software verfügte, die die Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren optimiert. Das Motorsteuerungsgerät ermöglicht dabei zwei Betriebsmodi bei der Abgasrückführung, einen Stickstoff-optimierten Modus 1 mit einer relativ hohen Abgasrückführungsrate und einen Partikel-optimierten-Modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer ist. Die Software des Motorsteuerungsgerätes verfügt über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, ob sich das Fahrzeug im üblichen Straßenverkehr oder auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befindet. Während des Prüfstandtests spielt die eingebaute Software beim Stickstoff-Ausstoß das Motorprogramm Modus 1 ab, so dass hierdurch geringere Stickoxidwerte (im Folgenden: NOx) erzielt und die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte wie auch die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr wird das Fahrzeug hingegen im Abgasrückführungs-Modus 0 betrieben.
5Nach Bekanntwerden des Einsatzes des in der Öffentlichkeit als Manipulationssoftware bezeichneten Motorsteuerungsprogrammes in verschiedenen Diesel-Fahrzeugen verschiedener Herstellerfirmen, u.a. der Beklagten, legte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Herstellerkonzernen im Herbst 2015 auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen. Das KBA gab in der Folgezeit nach Prüfung des vorgelegten Maßnahmenplans zeitlich gestaffelt die auf den jeweiligen Fahrzeugtyp abgestimmten Software-Updates frei. Der Kläger wurde nach Genehmigung durch das KBA über das Bereitstehen der Software-Lösung informiert und ließ die technische Maßnahme nach dem Erwerb des Fahrzeugs durchführen.
6Mit anwaltlichem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 07.12.2018 (Anl. K 12 Anlagenheft) forderte der Kläger die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 18.400,- €, Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs, sowie zur Zahlung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.680,28 € auf. Außerdem bot er der Beklagten das Fahrzeug zur Abholung an unter Hinweis auf den Eintritt von Annahmeverzug bei Nichtabholung.
7In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 06.05.2019 betrug der Kilometerstand des klägerischen Fahrzeugs 72.526 km. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 03.03.2020 betrug der Kilometerstand des klägerischen Fahrzeugs 78.947 km.
8Das Landgericht hat die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 16.168,35 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.12.2018 verurteilt, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs VW A, FIN: B, sowie zur Zahlung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.680,28 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2018. Ferner wurde festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen PKW seit dem 15.12.2018 in Annahmeverzug befindet.
9Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger könne gemäß §§ 826, 31, 249 I BGB die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 18.400,- € abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.231,65 €, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs verlangen, weil die Beklagte ihm in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt habe.
10Die schädigende Handlung der Beklagten i.S.d. § 826 BGB sei in dem Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit der darin verbauten Software, die auf die Prüfergebnisse der Abgaswerte Einfluss genommen habe, zu sehen.
11Der Schaden des Klägers liege in dem Abschluss des Kaufvertrags in Unkenntnis der im PKW eingebauten Software. Damit habe der Kläger einen für ihn wirtschaftlich nachteiligen Vertrag abgeschlossen, weil ein vernünftiger, verständiger Käufer kein Fahrzeug erwerben würde, das über eine Motorsteuerungssoftware verfüge, die nicht ordnungsgemäß sei, weil er zugleich damit rechnen müsse, dass es bei Entdeckung der Software Probleme gebe und ihm ggf. Zulassung sowie Betriebserlaubnis entzogen werden könnten.
12Die schädigende Handlung sei der Beklagten gemäß § 31 BGB zuzurechnen. Ihrer insoweit obliegenden sekundären Darlegungslast sei sie nicht hinreichend nachgekommen. Der Kläger habe – soweit es ihm möglich sei – dargelegt, dass der damalige Vorstand der Beklagten von dem Einsatz der manipulierten Software Kenntnis gehabt haben müsse, wobei er mangels Einblicks in die inneren Abläufe der Beklagten nicht im Einzelnen zu den Umständen und Entscheidungen zum Einbau der Software habe vortragen können. Dies sei der Beklagten indes möglich, weshalb sie darzulegen habe, wie es zum Einsatz der Software auch ohne Kenntnis des Vorstandes gekommen sei. Dem sei die Beklagte mit der Darlegung der Ergebnisse ihrer eigenen Überprüfung und Einschätzung ohne Bekanntgabe von Einzelheiten nicht nachgekommen.
13Das Verhalten der Beklagten sei auch sittenwidrig, weil der Einsatz der manipulierten Software zur Kostensenkung, zur Vermeidung rechtlich und technisch einwandfreier, aber teurerer Lösungen der Abgasreinigung und zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen mit Hilfe scheinbar umweltfreundlicher Prüfstandwerte erfolgt sei. Damit habe die Beklagte die gesetzlichen Abgaswerte umgangen und potentielle Erwerber ihrer Fahrzeuge sowie auch die Aufsichtsbehörden bewusst im Unklaren gelassen.
14Diese sittenwidrige Handlung der Beklagten sei auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers gewesen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass die Gesetzmäßigkeit eines Fahrzeugs für die Kaufentscheidung von entscheidender Bedeutung sei, auch wenn sie im Hinblick auf die Abgaswerte nicht ausdrücklich Bestandteil der Verkaufsgespräche geworden sei. Außerdem habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2019 angehört glaubhaft bekundet, beim Fahrzeugkauf noch keine Kenntnis davon gehabt zu haben, dass sein Fahrzeug von der Abgasproblematik betroffen gewesen sei. Die Softwareproblematik sei ihm erst durch das Software-Update bekannt geworden; vor dem Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs habe er ein Benziner-Fahrzeug gefahren.
15Die Beklagte habe auch mit Schädigungsvorsatz gehandelt. Sie habe durch den Einbau der Software Vorteile auf dem Markt erzielen und optimieren wollen, wobei ihr bewusst gewesen sei, dass die von ihr mit entsprechender Software ausgerüsteten Fahrzeug auf dem Markt an Enderwerber verkauft würden. Aufgrund ihrer Kenntnis, dass die entsprechende EG-Typengenehmigung auf der Grundlage der Prüfergebnisse auf dem Prüfstand unter Einfluss der manipulierten Software ausgestellten worden sei, habe sie eine Schädigung des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen.
16Auf der Rechtsfolgenseite sei der Kläger gemäß § 249 BGB so zu stellen, als hätte er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen, wobei er sich im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihm gezogenen Nutzungen in Höhe von 2.231,65 € anrechnen lassen müsse. Diese seien bei gebrauchten Fahrzeugen auf der Grundlagen einer Gesamtlaufleitung für Fahrzeuge der hier gehandelten Art von 250.000 km nach der üblichen Formel zu berechnen.
17Der Zinsanspruch folge aus §§ 291, 288 I S. 2 BGB. Ein weiterer Zinsanspruch aus § 849 BGB stehe dem Kläger nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Vorschrift nicht zu. Das Fahrzeug sei weder beschädigt noch entzogen und die Kaufpreiszahlung sei aufgrund wirksamen Kaufvertrags erfolgt.
18Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet. Die Beklagte befinde sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs aufgrund des Schreibens vom 07.12.2018 in Annahmeverzug der zu bewirkenden Leistung, wenn sich der Gläubiger bestimmt und eindeutig geweigert habe, die ihm obliegende Gegenleistung zu erbringen.
19Der Anspruch des Klägers auf Ersatz vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten folgte aus §§ 826, 249 I BGB, da diese Teil des ersatzfähigen Schadens seien.
20Hiergegen richten sich die form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufungen des Klägers und der Beklagten. Der Kläger begehrt mit seiner Berufung die Zahlung weiterer 2.231,65 €, hilfsweise weiterer 442,84 € auf der Grundlage einer höheren Restlaufleistung von 251.970 km sowie Zinsen gemäß § 849 BGB in Höhe von 4 % aus 18.400,- € für den Zeitraum vom 27.08.2016 bis zum 14.12.2018.
21Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung die vollumfängliche Klageabweisung.
22Der Kläger wendet ein, trotz regelmäßiger Nutzung des Fahrzeugs schulde er gegenüber der Beklagten keinen Nutzungsersatz, weil er dadurch keine Gebrauchsvorteile erlangt habe, die im Wege der Vorteilsausgleichung herauszugeben seien. Außerdem würde ein Nutzungsersatz dem Zweck des Schadenersatzes widersprechen, weil diese Vorteilsausgleichung der unzumutbaren und auch rechtswidrigen Nutzung den Schädiger unbillig entlasten würde. Zumindest sei die in Abzug gebrachte Nutzungsentschädigung der Höhe nach rechtsfehlerhaft. Die Beklagte habe mangels substantiierter Angaben zur Gesamtlaufleistung des klägerischen Fahrzeugs sowie mangels Beweisangebots keine Berechnungsgrundlage zur Höhe der Nutzungsentschädigung geliefert, weswegen die angenommene Gesamtlaufleistung auf einer nicht fundierten Schätzung des Landgerichts beruhe. Soweit es für das klägerische Fahrzeug noch einen Markt gebe, sei die Zugrundelegung einer Gesamtlaufleistung von nur 200.000 – 250.000 km verfehlt. Wegen fehlenden gerichtlichen Hinweises, dass die Schätzung der Beklagten ohne konkreten Sachvortrag übernommen werde, sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Bei entsprechendem Hinweis hätte er dezidiert dazu vorgetragen, warum eine Laufleistung von mehr als 300.000 km anzusetzen sei, und hätte einen Auszug aktueller Angebot aus dem Internet präsentiert, wonach eine Vielzahl von Fahrzeugen zum Kauf angeboten würde, mit einer Laufleistung von weit jenseits der 300.000 km. Von einer durchschnittlichen Laufleistung von 300.000 km sei deswegen auszugehen, weil dies von einem Dieselfahrzeug dieser Preisklasse erwartet werde, was die von ihm vorgelegten Angebote belegten. Die Voraussetzungen für eine Schätzung hätten nicht vorgelegen. Die technisch schwierige Frage der Gesamtlaufleistung eines Fahrzeugs könne nicht ohne bestimmte Parameter ganz allgemein vom Gericht geschätzt werden, sondern müsse individuell für jedes Fahrzeugmodell, wenn nicht sogar für jedes einzelne Fahrzeug anhand einer Vielzahl technischer Indikatoren, bestimmt werden. Hierzu hätte mangels eigener Sachkunde des Gerichts ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Zumindest hätte das Landgericht der Beklagten die Vorlage von Unterlagen aufgeben müssen, woraus sich die erwartete Gesamtlaufleistung ergebe.
23Außerdem könne er für die Zeit zwischen der Bezahlung des Kaufpreises und Rechtshängigkeit nach § 849 BGB Zinsen in Höhe von 4 % p.a. ohne konkreten Nachweis des Verlustes von Anlagezinsen verlangen, weil die Beklagte ihm durch die unerlaubte Handlung Geld entzogen habe.
24Der Kläger ist der Berufung der Beklagten unter Verteidigung des angefochtenen Urteils und Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens entgegengetreten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 21.11.2018 (Bl. 504 ff. d.A.) verwiesen.
25Der Kläger beantragt,
26unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 11.06.2019, Az. 12 O 502/18, die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 2.231,65 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 27.08.2016 bis 14.12.2018 aus 18.400,- € und seither 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz aus 2.231,65 € zu zahlen;
27hilfsweise die Beklagte zu verurteilen an ihn weitere 442,84 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 27.08.2016 bis 14.12.2018 aus 18.400,- € und seither 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz aus 442,84 € zu zahlen.
28Die Beklagte beantragt,
29die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
30Mit ihrer Berufung beantragt sie,
31das am 11.06.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen (12 O 502/18) im Umfang ihrer Beschwer abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
32Der Kläger beantragt,
33die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
34Die Beklagte wendet ein, dem Kläger sei bei Kaufvertragsabschluss die nunmehr beanstandete Software bekannt gewesen, nachdem sie durch Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung am 22.09.2015 umfassend über den Einbau der streitgegenständlichen Software aufgeklärt habe. Nach der medialen Berichterstattung über die Diesel-Thematik ab September 2015 sei der Einbau der streitgegenständlichen Software allgemein – und damit auch dem Kläger – bekannt gewesen. Ergänzend hierzu hat die Beklagte in der Berufungserwiderung vom 21.02.2020 vorgetragen, am 22.09.2015 habe sie zudem ihre Vertragshändler und Servicepartner darüber informiert, dass Fahrzeuge mit dem Motor EA 189 über die Umschaltlogik verfügten, was der Kläger mit Nichtwissen bestreitet. Außerdem habe sie die anderen Konzernhersteller darüber informiert. Nachfolgend habe sie – insoweit unstreitig - Anfang Oktober 2015 eine Webseite freigeschaltet, auf der jedermann durch Eingabe einer Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) habe überprüfen können, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Umschaltlogik ausgestattet gewesen sei, worüber sie am 02.10.2015 mit einer Pressemitteilung informiert habe und auch in zahlreichen Medien öffentlich berichtet worden sei.
35Aber selbst bei Unkenntnis des Klägers vom Einbau der Software sei allein die Zuordnung zu einer bestimmten Emissionsklasse maßgeblich gewesen, die das klägerische Fahrzeug erfülle. Dies habe das Landgericht ohne jegliche Begründung übergangen.
36Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht auch eine Schädigungshandlung ihrerseits festgestellt und den Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug als „wirtschaftlich nachteilig“ klassifiziert, obwohl sie zu dieser streitigen Frage Gegenbeweis angeboten habe. Eine Täuschung des Klägers und eine Schädigungsabsicht ihrerseits seien aufgrund seiner Kenntnis von der Tatsache, über die angeblich getäuscht worden sein soll – die Verwendung der Software in seinem Fahrzeug -, begrifflich ausgeschlossen.
37Abgesehen davon sei der für eine Schädigungshandlung erforderliche Schaden des Klägers fernliegend, weil das Fahrzeug bis heute durchgehend technisch sicher und uneingeschränkt fahrbereit sei sowie jederzeit zum beabsichtigten Zweck habe verwendet werden können. Ebenso wenig habe es aufgrund der eingebauten Umschaltlogik und des aufgespielten Software-Updates an Wert verloren. Das Landgericht habe ihren ausführlichen Gegenvortrag hierzu sowie zugehörige Beweisangebote übergangen und das Inverkehrbringen rechtsfehlerhaft als vorsätzliches sittenwidriges Verhalten ihrerseits gewertet, indem die angeblich beabsichtigte – tatsächlich aber nur unterstellte – manipulative Beeinflussung der Kaufentscheidung als gegeben hingenommen worden sei, obwohl der Kläger sich hinsichtlich der Umschaltlogik nicht in Unkenntnis befunden habe. Die Annahme eines wirtschaftlich nachteiligen Vertrags stelle eine Überraschungsentscheidung dar, mit der sie nach bisherigem Prozessverlauf nicht habe rechnen müssen. Auch die Bezugnahme auf die zitierten, rechtlich verfehlten Urteile des Landgerichts Köln zum Vorliegen eines Schadens und zur sekundären Darlegungslast sei überraschend. Im Übrigen fehlten konkrete Feststellungen über eine angebliche Wertminderung des jeweils streitgegenständlichen Fahrzeugs.
38Rechtsfehlerhaft sei auch die Zurechnung einer sittenwidrigen Schädigung einer nicht benannten Person von ihr – der Beklagten – fingiert aufgrund einer unzutreffend angewandten sekundären Darlegungslast zu ihren Lasten. Angesichts der vorliegenden Chronologie habe sie nicht vorgehabt, die Verwendung der beanstandeten Software im Kaufvertragszeitpunkt zu verbergen.
39Das Landgericht habe des Weiteren fehlerhaft die Sittenwidrigkeit ihres Handelns festgestellt, obwohl die Verwendung der Abschalteinrichtung nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoße. Außerdem fehle es wegen der Kenntnis des Klägers von dem Einbau der Software in dem erworbenen Fahrzeug bei Abschluss des Kaufvertrags am notwendigen besonderen verwerflichen Moment.
40Eine Kausalität zwischen einer - nur unterstellten – sittenwidrigen Schädigung und der Kaufentscheidung des Klägers scheitere daran, dass dieser sich in Kenntnis der Dieselthematik aufgrund der Veröffentlichung ihrer Ad-Hoc-Mitteilung und der medialen Berichterstattung für sein Fahrzeug entschieden habe. Insoweit habe das Landgericht die dem Kläger obliegende Beweislast verkannt und eine Beweisaufnahme über die von ihr bestrittene Behauptung des Klägers, er hätte bei Kenntnis von der eingebauten Software in seinem Fahrzeug vor Kaufvertragsabschluss dieses nicht erworben, verfahrensfehlerhaft unterlassen. Angesichts des nur pauschalen Vortrags des Klägers zu seiner Kaufmotivation sei nicht glaubhaft, dass für ihn die Stickoxidwerte auf dem Prüfstand entscheidungserheblich gewesen sein sollen.
41Schließlich sei die Zuerkennung von Verzugszinsen und eines Erstattungsanspruchs hinsichtlich vorgerichtlicher Anwaltskosten aufgrund eines fehlenden Schadenersatzanspruchs des Klägers rechtsfehlerhaft.
42Die Beklagte ist der Berufung des Klägers unter Verteidigung des angefochtenen Urteils und Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegengetreten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 21.02.2020 (Bl. 721 ff. d.A.) verwiesen.
43Wegen aller weiteren Einzelheiten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
44II.
45Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise in geringem Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
46I. Berufung des Klägers:
47Gegenstand der Berufung des Klägers sind folgende Ansprüche:
48- Anspruch auf Rückzahlung der vom Landgericht vom Kaufpreis in Abzug gebrachten Nutzungen in Höhe von 2.231,65 €, hilfsweise 442,84 € ausgehend von einer höheren Restlaufleistung von 251.970 km auf der Grundlage einer erwarteten Gesamtlaufleistung von 300.000 km und
49- Zinsanspruch in Höhe von 4 % Zinsen aus 18.400,- € im Zeitraum vom 27.08.2016 bis 14.12.2018 gemäß § 849 BGB und seither, also ab 15.12.2018, in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.231,65 € bzw. hilfsweise aus 442,84 €.
501. Dem Kläger steht kein weitergehender Zahlungsanspruch zu, und zwar weder in Höhe von 2.231,65 € noch aufgrund des Hilfsantrags in Höhe von 442,84 € ausgehend von einer Restlaufleistung von 251.970 km auf der Grundlage einer erwarteten Gesamtlaufleistung von 300.000 km.
51Der Kläger kann zwar von der Beklagten Schadenersatz gemäß §§ 826, 31 BGB in Höhe des aufgewandten Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung des von ihm erworbenen Fahrzeuges verlangen. Er schuldet aber entgegen seiner Ansicht im Wege des Vorteilsausgleichs Ersatz für die erlangten Gebrauchsvorteile und muss sich den Wert der tatsächlichen Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs über einen mehrjährigen Zeitraum und anrechnen lassen. Der vom Landgericht insoweit vorgenommene Abzug von 2.231,65 € auf der Grundlage einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung des klägerischen Fahrzeugs von 250.000 km und dem im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in erster Instanz aktuellen Kilometerstand ist nicht zu beanstanden.
52Der Schadenersatzanspruch aus §§ 826, 249 ff. BGB richtet sich auf Ersatz des negativen Interesses (Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl. 2020, § 826 Rn. 15; OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 84). Auf der Rechtsfolgenseite kann der Kläger verlangen, so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn er das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erworben und den zugrunde liegenden Kaufvertrag nicht geschlossen hätte. Er kann mithin die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen, wobei er sich allerdings auf seinen Anspruch die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen muss (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 84). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dem Geschädigten neben einem Ersatzanspruch nicht die Vorteile verbleiben dürfen, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Gleichartige Gegenanspräche sind automatisch zu saldieren (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 85 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 112 m.w.N.; BGH, Urt. v. 12.03.2009, - VII ZR 26706 -, in juris Rn. 26). Der Schadenersatzanspruch des Geschädigten ist nur mit dieser Einschränkung begründet. Darauf, ob der Schädiger die Herausgabe des Vorteils verlangt, kommt es nicht an (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 85; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 112).
53a) In dem Abzug der tatsächlichen Nutzungen von dem zurückzuerstattenden Kaufpreis liegt auch in Anbetracht einer vorliegenden vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung keine unbillige Entlastung der Beklagten, weil der Kläger das Fahrzeug tatsächlich genutzt hat und der Verweigerung des Vorteilsausgleichs keine kompensierende Wirkung zukommt (OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, - 5 U 1318/18 -, NJW 2019, 2237 ff. in juris Rn. 104). Es ist nicht Aufgabe des Schadenrechts, das Verhalten des Schädigers in einer über die faktische Rückabwicklung des Vertrags hinausgehenden Weise zu sanktionieren. Der vom Kläger gezogene Nutzungsvorteil ist keiner, der ohne das schädigende Ereignis bei diesem verblieben wäre. Denn auch ohne das schädigende Ereignis hätte der Kläger ein Kraftfahrzeug geführt und den daraus resultierenden Nutzungsvorteil für sich in Anspruch genommen. Insoweit steht er durch das Verhalten der Beklagten nicht schlechter (OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, - 5 U 1318/18 -, NJW 2019, 2237 ff. in juris Rn. 105).
54Soweit prinzipielle Einwände gegen die Berücksichtigung der Nutzung des Fahrzeugs als Abzugsposition im Rahmen der deliktischen Haftung vorgebracht werden – dahingehend, dass der wegen Arglist haftende Hersteller die Wertschöpfung des inkriminierten Warenabsatzes nicht noch im Wege der Schadenberechnung zeitweilig realisieren dürfe und so die Präventionsfunktion des Deliktsrechts verfehlt werde (vgl. Heese, NJW 2019, S. 257/261) – vermögen diese nicht zu überzeugen. Diese Auffassung vernachlässigt, dass die deutsche Zivilrechtsordnung als Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung nur den Schadenausgleich (§§ 249 ff. BGB), nicht aber eine Bereicherung des Geschädigten vorsieht. Die Berechnung des Vorteilsausgleichs dient allein dem Zweck, die tatsächlich dem Geschädigten zugeflossenen Nutzungsvorteile abzuschöpfen. Eine Parallele zur Frage des kaufvertraglichen Gewährleistungsanspruchs auf Nachlieferung verbietet sich dagegen. Denn in der die Nachlieferung regelnden Richtlinie 1999/44/EG ist in Art. 3 Abs. 3 ausdrücklich die Unentgeltlichkeit der Nachlieferung normiert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht es dem nationalen Gesetzgeber demgegenüber insbesondere frei, im Fall der vertraglichen Rückabwicklung dem Verbraucher die Erstattung von Nutzungsersatz aufzuerlegen (vgl. EuGH, Urteil vom 17.04.2008 - C-404/06, juris Rn. 39; BGH, Urteil vom 16.09.2009, - VIII ZR 243/08 -, juris Rn. 14 f.). Regelungen über die Abwicklung von Kaufverträgen oder der deliktischen Schadenersatzpflicht des Herstellers bei Verstößen lassen sich den europarechtlichen Vorschriften zur Typgenehmigung indes nicht entnehmen (vgl. ausführlich hierzu OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.11.2019, – 13 U 37/19 -, juris Rn. 110 ff.). Aufgrund dieser Erwägungen erfolgt bei der Berechnung des Gebrauchsvorteils auch keine Anrechnung der von der Beklagten gezogenen Rendite aus dem erhaltenen Kaufpreis. Im Rahmen des Vorteilsausgleichs hat eine Vorteilsanrechnung auf Gläubigerseite im Rahmen einer Schadenbilanz zu erfolgen, wobei nur Vorteile angerechnet werden, die der Geschädigte aus dem Schadenfall gezogen hat, weil diese sich mindernd auf die Schadenhöhe auswirken. Vorteile, die der Schädiger aufgrund des Schadenereignisses erhalten hat, bleiben außer Betracht, da sie keinen Einfluss auf die Schadenhöhe haben.
55b) Entgegen der Ansicht des Klägers ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die bei der Berechnung des Nutzungsersatzes zugrunde zu legende erwartete Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen PKW mit 250.000 km im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO analog festgelegt hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es für das klägerische Fahrzeug bzw. das Fahrzeugmodell noch einen Markt gibt. Maßgebend für die Berechnung der Nutzungsentschädigung ist die erwartete durchschnittliche Gesamtlaufleistung des betreffenden Fahrzeugs, hier des VW A 2.0 TDI. Es kommt insbesondere nicht auf die Lebenserwartung eines Fahrzeugs an.
56Soweit das Landgericht die Gesamtfahrleistung des klägerischen Fahrzeugs gem. § 287 ZPO analog auf 250.000 km geschätzt hat, hält sich dies innerhalb des üblichen Schätzungsrahmens, der inzwischen bei Personenkraftwagen zwischen 150.000 und 350.000 Kilometern liegt (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 18.05.2018, – 27 U 13/17 -, in juris Rn. 63; OLG Köln, Beschluss vom 29.11.2018, – 18 U 70/18, in juris Rn. 43; KG Berlin, Urteil vom 23.05.2013 – 8 U 58/12 -, in juris; sowie die Übersicht Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearbeitung 2012, § 346, Rdnr. 261). Zu berücksichtigen ist, dass der PKW VW A – auch der des Klägers – über einen kleineren Verbrennungsmotor verfügt, dessen Lebensdauer und damit auch dessen Gesamtlaufleistung geringer ist als bei großvolumigen Motoren mit mittlerer Leistung, die am längsten leben. Abgesehen davon ist bei der Einschätzung der Gesamtfahrleistung eines Fahrzeugs nicht nur auf seinen Motor abzustellen, sondern auch zu berücksichtigen, dass es aus ca. 6.000 Einzelteilen mit ganz unterschiedlicher Lebenserwartung besteht.
57Ebenso wenig kann eine durchschnittliche Gesamtlaufleistung von mindestens 300.000 km anhand der Anzahl der im Internet bspw. auf der Internetseite Mobile.de inserierten Fahrzeugmodelle mit einer Laufleistung von über 250.000 km ermittelt werden. Ob ein Fahrzeugmodell eine derart hohe Laufleistung erreicht, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, wie z.B. Fahrverhalten des jeweiligen Eigentümers (Häufigkeit der Nutzung, Art der Nutzung etc.), regelmäßige Inspektionen mit Austausch von Verschleißteilen, evtl. Einbau eines Ersatzmotors. Aufgrund dessen sind die vom Kläger vorgelegten fünf Inserate über Gebrauchtfahrzeuge Marke VW A 2.0 TDI mit hohen Laufleistungen zwischen 223.818 km bis 272.000 km (Bl. 267 – 269 d.A.) sowie die weiteren drei Inserate über Fahrzeuge der Marke VW A 2.0 TID mit besonders hohen Laufleistungen zwischen 280.000 km bis 290.000 km (Bl. 457 d.A.) nicht repräsentativ und im Hinblick auf die hier maßgebende durchschnittliche Gesamtlaufleistung nicht aussagekräftig. Dafür bedürfte es einer größeren Anzahl an Gebrauchtfahrzeugen dieses Modells mit entsprechender Laufleistung.
58Die vom Kläger mit der Replik vorgelegten Angebote über Fahrzeuge mit Laufleistungen zwischen 223.818 km bis 272.000 km (Bl. 267 – 269 d.A.) lassen auch nicht den Rückschluss zu, dass diese Fahrzeuge durchschnittlich eine zu erwartende Gesamtlaufleistung von mindestens 350.000 km haben, nur weil diese angebotenen Fahrzeuge bereits eine hohe Laufleistung aufweisen. Es gibt keine allgemeine Lebenserwartung dahingehend, dass ein Erwerber von einem inserierten Fahrzeug mit einer Laufleistung in der Größenordnung zwischen 223.000 km und 272.000 km erwartet, dass dieses mindestens noch 100.000 km halten wird. Auch das kommt stets auf den konkreten Zustand des jeweiligen Fahrzeugs an.
59d) Die im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigende Entschädigung für die gezogenen Nutzungen berechnet sich bei Gebrauchtfahrzeugen – wie dem des Klägers - nach der üblichen Formel Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer dividiert durch die voraussichtliche Restlaufleistung bei Übergabe bzw. bei Neufahrzeugen dividiert durch die Gesamtlaufleistung (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 114).
60Auf der Grundlage dieser Formel, einem Bruttokaufpreis von 18.400,- €, einer Laufleistung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat von 30.917 gefahrenen Km (Differenz zwischen dem Kilometerstand beim Kauf von 48.030 km und im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 03.03.2020 von unstreitig 78.947 km) und einer voraussichtlichen Restlaufleistung des hier vorliegenden Gebrauchtfahrzeugs von 201.970 km (250.000 km – 48.030 km bei Kaufvertragsabschluss) ergibt sich ein Abzugsbetrag von 2.816,62 € für gezogene Nutzungen nach folgender Berechnung: „18.400,- € x 30.917 km : 201.970 km“. Bei Abzug dieses Betrags vom Kaufpreis von 18.400,- € verbleibt ein von der Beklagten zu erstattender Schadenersatzbetrag in Höhe von 15.583,38 €.
612. Das Landgericht hat zu Recht einen weitergehenden Zinsanspruch des Klägers in Höhe von 4 % aus dem Kaufpreis in Höhe von 18.400,- € für den Zeitraum vom 27.08.2016 (Kaufpreiszahlung) bis zum 14.12.2018 im Ergebnis verneint, weil § 849 BGB für Fälle der ersatzlosen Sachentziehung gilt, der Kläger aber im Gegenzug für den überwiesenen Kaufpreis ein Fahrzeug erhalten hat.
62Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut dieser Bestimmung der Verletzte im Falle des zu ersetzenden Wertes wegen Entziehung einer Sache oder der zu ersetzenden Wertminderung wegen Sachbeschädigung Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen kann, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird. § 849 BGB erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Sachentziehung liegt zwar auch vor, wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen (BGH, VU vom 26.11.2007,- II ZR 167/06 -, NJW 2008, 1084 in juris Rn. 4; Palandt/Sprau a.a.O. § 849 in juris Rn. 1). Sache im Sinne dieser Vorschrift ist im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck jegliche Form der Geldzahlung, etwa in Form einer Überweisung (BGH, VU vom 26.11.2007,- II ZR 167/06 -, NJW 2008, 1084 Rn. 6; BGH, Urt. vom 12.06.2018 - KZR 56/16 -, VersR 2019, 310 Rn. 45).
63Soweit daraus teilweise in der obergerichtlichen Rechtsprechung geschlossen wird, dass der im Zusammenhang mit dem sog. Dieselskandal geleistete Kaufpreis nach § 849 BGB zu verzinsen ist, weil bereits durch die Anrechnung der Nutzungsentschädigung auf den Kaufpreis berücksichtigt werde, dass der Käufer den als Kaufpreis entrichteten Geldbetrag nicht anderweitig habe einsetzen können (OLG Köln, Urt. vom 17.07.2019, - 16 U 199/18 -, juris Rn. 29; OLG Oldenburg, Urt. vom 02.10.2019, - 5 U 47/19 -, in juris Rn. 42; im Ergebnis auch OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 27.06.2019, - 27 U 14/19 -, in juris Rn. 33 ff.), vermag der Senat dem nicht zu folgen.
64Der Senat schließt sich der in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Ansicht an, wonach Deliktszinsen grundsätzlich nur gewährt werden könnten, wenn dem Geldbetrag, den der Geschädigte weggegeben hat, keine adäquat nutzbare Gegenleistung gegenübersteht (OLG Koblenz, Urt. vom 16.09.2019, - 12 U 61/19 -, WM 2019, 1929, 1935; OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 28.08.2019, - 11 U 98/18 -; vgl. auch BGH, Urt. vom 12.06.2018, - KZR 56/16 -, VersR 2019, 310 in juris Rn. 46). Hat der Kläger – wie auch hier - im Gegenzug für die Zahlung des Kaufpreises ein Fahrzeug übereignet bekommen, das im Straßenverkehr tatsächlich uneingeschränkt nutzbar war, so hat er einen konnexen Gegenwert erhalten, der einen Zinsanspruch nach § 849 BGB ausschließt (vgl. OLG Hamm, Urt. vom 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, juris Rn. 99; OLG Naumburg, Urt. v. 27.09.2019, - 7 U 24/19 -, in juris Rn. 120; OLG Oldenburg, Urt. vom 28.10.2019, - 13 U 73/19 – in juris).
65Der Regelung des § 849 BGB kann kein allgemeiner Rechtsgrundsatz dahingehend entnommen werden, dass deliktische Schadenersatzansprüche stets von ihrer Entstehung an zu verzinsen sind (BGH, Urt. v. 12.06.2018, - KZR 56/16 -, NJW 2018, 2479 ff. in juris Rn. 45; OLG Oldenburg, Urt. v. 21.10.2019, - 13 U 73/19 -, in juris Rn. 24). Nach der Rechtsprechung des BGH besteht der Normzweck des § 849 BGB vielmehr darin, dass der Zinsanspruch mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen soll, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGH, VU v. 26.11.2007, - II ZR 167/06 -, NJW 2008, 1084 in juris Rn. 5 m.w.N.; OLG Oldenburg, Urt. v. 21.10.2019, - 13 U 73/19 -, in juris Rn. 24). Dieser Normzweck ist in Fällen des Schadenersatzes durch Rückabwicklung des Vertrags, in dessen Rahmen der Geschädigte - wie hier - für das Geld eine Sache zur Nutzung erhalten hat, nicht betroffen. Denn der Geschädigte hat in diesen Fällen zwar sein Geld „weggegeben“, hierfür hat er jedoch, wie es auch seiner Vorstellung über die Verwendung des Geldes entsprach, neben Eigentum und Besitz an dem Fahrzeug auch dessen Nutzungsmöglichkeit erhalten (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 48; OLG Oldenburg, Urt. v. 21.10.2019, - 13 U 73/19 -, in juris Rn. 24 m.w.N.). Eine Anwendung der Zinsregelung des § 849 BGB verstößt in einem Fall wie dem vorliegenden gegen das schadenrechtliche Bereicherungsverbot, wonach der Geschädigte nicht besser gestellt werden soll, als er ohne das schädigende Ereignis stünde (BGH, Urt. v. 28.06.2007, - VII ZR 81/06 -, BGHZ 173, 83 in juris Rn. 18; BGH Urt. v. 04.04.2014, - V ZR 275/12 -, BGHZ 200, 350 in juris Rn. 20).
66Hiergegen kann der Kläger als Geschädigter bei wertender Betrachtung nicht mit Erfolg einwenden, er müsse sich auf den zu erstattenden Kaufpreis auch Nutzungsvorteile anrechnen lassen. Durch die Anrechnung der dem Kläger erwachsenden Vorteile durch die Nutzung des Fahrzeugs und die gleichzeitige Versagung von Deliktszinsen gemäß § 849 BGB unterliegt der Kläger keiner (ungerechtfertigten) zweifachen Benachteiligung. Der allgemeine schadenrechtliche Grundsatz der Vorteilsausgleichung, der dazu führt, dass der Geschädigte die mit dem gekauften Fahrzeug gefahrenen Kilometer als Gebrauchsvorteil aus der tatsächlichen Nutzung ausgleichen muss, hat nichts mit der hier allein maßgeblichen Frage zu tun, ob dem Geschädigten auch die Nutzungsmöglichkeit hinsichtlich des für den Kaufpreis aufgewandten Geldes entzogen wurde. Das ist – wie bereits ausgeführt – zu verneinen, weil der Kläger das Geld nach seinen Vorstellungen nutzen konnte, indem er ein Auto erworben hat, das ihm anschließend zur Nutzung zur Verfügung stand.
67Soweit der BGH entschieden hat, § 849 BGB sei in Fällen der Haftung wegen kartellrechtswidriger Quotenabsprachen zumindest entsprechend anwendbar, weil die Situation desjenigen, der einen Schaden dadurch erleidet, dass er aufgrund kartellrechtswidriger Absprachen überhöhte Preise zu zahlen hatte, Ähnlichkeiten mit der Sachlage bei Entziehung von Geld aufweise (BGH, Urt. v. 12.06.2018, - KZR 56/16 -, NJW 2018, 2479 ff. in juris Rn. 46), lässt sich daraus für die hier zu beurteilende Fallkonstellation nichts herleiten. Denn diese Entscheidung des BGH trägt den - hier nicht einschlägigen - kartellrechtlichen Besonderheiten und den insoweit zu beachtenden unionsrechtlichen Postulaten Rechnung (OLG Oldenburg, Urt. v. 21.10.2019, - 13 U 73/19 -, in juris Rn. 24).
68Der Entscheidung des BGH vom 26.11.2007, - II ZR 167/06, (NJW 2008, 1084) lag ein Fall zugrunde, wo der betroffene Kläger den Geldbetrag deliktsbedingt ersatzlos weggegeben hat, so dass in der Tat ein Nutzungsausfall zu entschädigen war. Sobald der Geschädigter aber – wie in den hier relevanten Fällen – einen faktisch nutzbaren Ersatz für sein überwiesenes Geld erhalten hat, besteht für § 849 BGB kein Raum (vgl. auch Rhiem, NJW 2019, 1105/1109, OLG Naumburg, Urt. v. 27.09.2019, - 7 U 24/19 -, in juris Rn. 120).
693. Da der Kläger sich die Gebrauchsvorteile auf den von der Beklagten zu zahlenden Kaufpreis anrechnen lassen muss und ihm insoweit kein weitergehender Schadenersatzanspruch gemäß §§ 826, 31 BGB zusteht, ist auch der mit der Berufung verfolgte Zinsanspruch in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes aus 2.231,65 € bzw. hilfsweise aus 442,84 € seit dem 15.12.2018 nicht gegeben.
70II. Berufung der Beklagten:
71Gegenstand der Berufung der Beklagten sind die im angefochtenen Urteil zuerkannten Klageanträge zu 1) – 3).
72Die Berufung der Beklagten ist nur teilweise begründet, und zwar hinsichtlich des Klageantrags zu 1) wegen der weiteren Reduzierung des zu erstattenden Kaufpreises im Hinblick auf die fortgesetzte Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger nach Erlass des angefochtenen Urteils. Im Übrigen ist sie unbegründet.
731. Dem Kläger steht gegen die Beklagte der mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachte Schadenersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB in Höhe des aufgewandten Kaufpreises abzüglich des Ersatzes für die erlangten Gebrauchsvorteile, Zug um Zug gegen Übereignung des von ihm erworbenen Personenkraftwagens zu. Nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil hat die Beklagte dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt.
74Der Senat sieht sich im Hinblick auf die insoweit zu beurteilenden Rechtsfragen in Übereinstimmung mit der Auffassung anderer Senate des Hauses (vgl. nur OLG Köln, Beschluss vom 03.01.2019, – 18 U 70/18 -, MDR 2019, 222 f.; Beschluss vom 27.06.2019, – 27 U 14/19 -; Urteil vom 17.07.2019, – 16 U 199/18 -; Beschluss vom 15. November 2019, – 19 U 159/19 -; Urteil vom 19. September 2019, – 7 U 34/19 –; Urteil vom 17. Juli 2019, – 16 U 199/18 -; Beschluss 27. Juni 2019, – 27 U 14/19 -; Beschluss 29. April 2019, – 16 U 30/19 -) sowie anderer Oberlandesgerichte (vgl. etwa OLG Koblenz, Urteil vom 12.06.2019, – 5 U 1318/18 -, NJW 2019, 2237 ff.; KG Berlin, Urteil vom 26.09.2019, – 4 U 51/19 -; OLG Oldenburg, Urteil vom 21.10.2019, – 13 U 73/19 -; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 18. Juli 2019, – 17 U 160/18 -, WM 2019, 1510-1519; OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.11.2019, – 13 U 37/19; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. November 2019, – 17 U 146/19 -; OLG Celle, Urteil vom 20. November 2019, – 7 U 244/18 -; OLG Stuttgart, Urteil vom 28. November 2019, – 14 U 89/19 -; a.A. OLG Braunschweig, Urteil vom 19.02.2019 – 7 U 134/17 -, ZIP 2019, 815-827; jeweils zitiert nach juris).
75a) Die Beklagte hat den Kläger durch das Inverkehrbringen des erworbenen Fahrzeugs mit der manipulierten Motorsteuerungssoftware konkludent getäuscht.
76Mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeugs gibt ein Hersteller konkludent die Erklärung ab, dass der Einsatz dieses Fahrzeugs entsprechend seinem Verwendungszweck im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig ist, d.h. insbesondere, dass das Fahrzeug über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt, deren Fortbestand nicht aufgrund bereits bei seiner Auslieferung aufgrund dem Hersteller bekannter konstruktiver Eigenschaften gefährdet ist (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 45 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 –, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 11; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, - 5 U 1318/18 -, NJW 2019, 2237 ff. in juris Rn. 22). Voraussetzung dafür ist, dass nicht nur die erforderliche Zulassungs- und Genehmigungsverfahren formal erfolgreich durchlaufen wurden, sondern auch, dass die für den Fahrzeugtyp erforderliche EG-Typgenehmigung nicht durch eine Täuschung des zuständigen Kraftfahrtbundesamts erschlichen worden ist und das Fahrzeug den für deren Erhalt und Fortdauer einzuhaltenden Vorschriften tatsächlich entspricht. (OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, - 5 U 1318/18 –, NJW 2019, 2237 ff. in juris Rn. 24). Dies war vorliegend nicht der Fall, weil die Manipulationen an der Motorsteuerungssoftware als verbotene Abschalteinrichtung zu qualifizieren sind (vgl. Art. 5 II 1 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäische Parlaments und des Rates v. 20.06.2007). Dies hat zur Folge, dass ohne das Aufspielen des später von der Beklagten entwickelten Software-Updates ein Widerruf der Typgenehmigung und eine damit einhergehende Stilllegung des Fahrzeugs gedroht hätte (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 45; OLG Koblenz, Urt. v. 16.09.2019, - 12 U 61/19 -, RuS 2019, 657 ff. in juris Rn. 50 ff.). Der Käufer eines Kfz, der es im Straßenverkehr verwenden will, kann nicht nur davon ausgehen, dass im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs die notwendige EG-Typgenehmigung formal vorliegt. Ebenso kann er erwarten, dass keine nachträgliche Rücknahme oder Änderung der Typgenehmigung droht, weil die materiellen Voraussetzungen bereits bei deren Erteilung nicht vorgelegen haben (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 48 m.w.N.).
77Über eine dauerhaft ungefährdete Betriebserlaubnis verfügte das vom Kläger erworbene Fahrzeug bei Abschluss des Kaufvertrags am 26.08.2016 nicht, weil die installierte Motorsteuerungssoftware eine „Umschaltlogik“ enthielt, die als unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art 5 I u. II VO (EG) 715/2007 zu qualifizieren ist und deshalb die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung einer EG-Typengenehmigung nicht vorlagen (BGH, Beschluss v. 08.01.2019, - VIII ZR 225/17 -, in juris Rn. 5 ff.).
78b) Der Kläger hat durch diese Täuschung auch einen Vermögensschaden erlitten, weil er das mit der Motorsteuerungssoftware ausgestattete streitgegenständliche Fahrzeug erworben hat.
79Der Vermögensschaden i.S.d. § 826 BGB ist in den „Dieselabgasskandal-Fällen“ bereits in dem Abschluss des Kaufvertrags zu sehen (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 49; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 17; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, - 5 U 1318/18 -, NJW 2019, 2237 ff. in juris Rn. 81 ff.; OLG Köln, Beschluss v. 27.09.2019, - 19 U 150/19 -, in juris Rn. 7). Der nach § 826 BGB ersatzfähige Schaden wird weit verstanden. Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 50 m.w.N.; OLG Köln, Beschluss v. 27.09.2019, - 19 U 150/19 -, in juris Rn. 7). Nach diesen Grundsätzen kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug im Zeitpunkt des Erwerbs im Hinblick auf die unzulässige Abschalteinrichtung einen geringeren Marktwert hatte. Der Schaden des in die Irre geführten Käufers – hier des Klägers - liegt im Abschluss eines für ihn wirtschaftlich nachteiligen Kaufvertrags und in der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit. Entscheidend ist, dass der abgeschlossene Vertrag, nämlich die Eigenschaften des Kaufgegenstands, nicht den berechtigten Erwartungen des Getäuschten entsprach und die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar war (OLG Hamm, Beschluss v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 51 m.w.N.; OLG Köln, Beschluss v. 27.09.2019, - 19 U 150/19 -, in juris Rn. 7; OLG Köln, Urt. v. 06.09.2019, - 19 U 51/19 -, in juris Rn. 44). Beide Voraussetzungen waren im - maßgeblichen – Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses gegeben, weil aufgrund der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung die Entziehung der EG-Typgenehmigung drohte bzw. die Anordnung von Nebenbestimmungen sowie bei deren Nichterfüllung die Stilllegung des Fahrzeugs drohte. Wegen des zur Rechtswidrigkeit der EG-Typgenehmigung führenden und damit die Zulassung des Fahrzeugs gefährdenden Mangels war der Hauptzweck des Fahrzeugs, dieses im öffentlichen Straßenverkehr zu nutzen, schon vor einer tatsächlichen Stilllegung unmittelbar gefährdet (OLG Hamm, Beschluss v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 51). Eine solche Täuschung gefährdet nicht nur die Zulassung bzw. die Nutzbarkeit des Fahrzeugs, sondern es drohen auch Folgen für seinen Verkehrs- und Wiederverkaufswert (OLG Köln, Beschluss v. 27.09.2019, - 19 U 150/19 -, in juris Rn. 7).
80Angesichts dessen ist unerheblich, ob das Fahrzeug bis heute durchgehend technisch sicher und uneingeschränkt fahrbereit ist und jederzeit zum beabsichtigten Zweck verwendet werden konnte. Ebenso wenig bedurfte es konkreter Feststellungen über eine angebliche Wertminderung des streitgegenständlichen Fahrzeugs.
81Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Annahme eines wirtschaftlich nachteiligen Vertrags stelle eine Überraschungsentscheidung dar, mit der sie nach bisherigem Prozessverlauf nicht habe rechnen müssen. Der Kläger hat in der Replik vom 18.04.2019 seinen Schaden damit begründet, dass er einen Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug geschlossen und dieses erworben habe (Bl. 249 - 252 d.A.). Dass das Landgericht dieser Argumentation folgen könnte, war nicht fernliegend, weil im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in erster Instanz (07.05.2019) bereits zwei Entscheidungen von verschiedenen Oberlandesgerichten ergangen waren, in denen der Schaden in dem Abschluss des Kaufvertrags über einen PKW mit eingebauter Manipulationssoftware gesehen worden ist (OLG Köln, Beschluss v. 29.11.2018, - 18 U 70/18 –, in juris und Beschluss v. 03.01.2019, - 18 U 70/18 -, NJW-RR 2019 984 ff. in juris sowie OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 –, in juris).
82Dieser Schaden des Klägers entfällt – entgegen der Ansicht der Beklagten - auch nicht dadurch, dass er bei seinem Fahrzeug das von der Beklagten entwickelte Software-Update nach Abschluss des Kaufvertrags hat aufspielen lassen. Der Kläger hat damit nicht das Fahrzeug erhalten, das er nach eigenem Vortrag habe erwerben wollen.
83Für die Beurteilung der Frage, ob ein Schaden eingetreten ist, kommt es allein auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses an. Der Schaden entfällt nicht durch die nach Vertragsschluss durchgeführte Installation des von der Beklagten zur Erfüllung der vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung entwickelten Software-Updates, weil dadurch die ungewollte Belastung mit einer Verbindlichkeit nicht beseitigt wird. Das Update ist insoweit nicht zu berücksichtigen und rechtlich nur als Angebot zur Verhinderung weiterer Nachteile zu bewerten (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 5 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 20; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, - 5 U 1318/18 -, NJW 2019, 2237 ff. in juris Rn. 98). Dem Deliktsrecht ist eine Nacherfüllungsverpflichtung, wie sie das Kaufrecht vorsieht, fremd (OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, - 5 U 1318/18 -, NJW 2019, 2237 ff. in juris Rn. 98). Im Falle des Eingehens einer ungewollten Verbindlichkeit ist der Schadenersatzanspruch nach § 826 BGB auf die Rückabwicklung des Vertrags, nicht auf eine Quasi-Nachbesserung gerichtet (OLG Köln, Beschluss v. 27.09.2019, - 19 U 150/19 -, in juris Rn. 16; OLG Naumburg, Urt. v. 27.09.2019, - 7 U 24/19 –, in juris Rn. 59 m.w.N.). § 826 BGB schützt gerade die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Geschädigten, ohne dass es darauf ankäme, dass sich der Wertverlust bereits realisiert hätte (OLG Naumburg, Urt. v. 27.09.2019, - 7 U 24/19 –, in juris Rn. 59 m.w.N.). Es kann daher dahinstehen, ob das zwischenzeitlich beim klägerischen Fahrzeug aufgespielte Software-Update zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Abgaswerte geführt hat, ohne dass es dadurch womöglich zu neuen anderweitigen Beeinträchtigungen des Fahrzeugs gekommen ist, weil der durch die Täuschung der Beklagten bedingte ungewollte Vertragsschluss dadurch nicht nachträglich zu einem gewollten Vertragsschluss würde (LG Düsseldorf, Urt. v. 31.07.2019, - 7 O 166/18 -, in juris Rn. 32; LG Krefeld, Urt. v. 19.07.2017, - 7 O 147/16 -, BeckRS 2017, 117776). Entscheidend ist nicht, wie der Vertragsschluss nach objektiven Kriterien zu bewerten sein mag, sondern dass der Kläger den Vertrag bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht geschlossen hätte (LG Düsseldorf, Urt. v. 31.07.2019, - 7 O 166/18 -, in juris Rn. 32). Der vorsätzlich sittenwidrige Schädiger kann sich seiner Haftung mithin nicht dadurch entziehen, dass er bei Entdeckung der Täuschung eine Möglichkeit der Schadenbehebung anbietet und sich das Risiko, dass das Fahrzeug stillgelegt wird oder für eine gewisse Zeit nicht nutzbar ist, nicht verwirklicht hat (OLG Naumburg, Urt. v. 27.09.2019, - 7 U 24/19 –, in juris Rn. 59 m.w.N.).
84Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Gesetzeskonformität des Fahrzeugs durch das Software-Update wenn überhaupt nachträglich nur zum Preis einer technisch veränderten Motorenkonfiguration hergestellt worden wäre. Ob und welche Auswirkungen diese veränderte technische Konfiguration haben könnte, kann der Kläger als Laie letztlich nicht beurteilen. Jedenfalls handelt es sich nach Aufspielen des Software-Updates um ein anderes Fahrzeug als dasjenige, was der Kläger ursprünglich erworben hat (OLG Naumburg, Urt. v. 27.09.2019, - 7 U 24/19 –, in juris Rn. 60 m.w.N.). Davon abgesehen bestehen infolge der unterschiedlichen öffentlichen Verlautbarung zu den Wirkungen des Updates derzeit aber auch objektiv zumindest Unsicherheiten hinsichtlich der Wirkungen des Updates (vgl. hierzu ausführlich Legner, VuR 2018, 251). Solche Unsicherheiten mögen zur Darlegung eines Sachmangels i.S.d. § 434 BGB nicht ausreichen, sie rechtfertigen indes die Annahme eines Schadens i.S.d. § 826 BGB (LG Düsseldorf, Urt. v. 31.07.2019, - 7 O 166/18 -, in juris Rn. 32). Außerdem bleibt das streitgegenständliche Fahrzeug auch nach Aufspielen des Software-Updates als vom sog. Abgasskandal betroffener PKW mit einem Mangel behaftet, was auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens als feststehend angenommen werden kann. Denn es liegt in der Natur der Sache, ist allgemein bekannt und bedarf deswegen keiner weitergehenden Feststellungen nach durchgeführter einer Beweisaufnahme, dass ein PKW, dessen Zulassung auf dem Einsatz einer Manipulationssoftware sowie einer entsprechenden Täuschung seitens des Motorherstellers beruhte und dessen fortgesetzter Betrieb im Straßenverkehr der Entwicklung sowie des Einsatzes einer bis dahin noch nicht vorhandenen Software und der Freigabe der Software seitens des KBA bedarf, am Fahrzeugmarkt schwerer absetzbar ist als ein PKW, der keinen Unsicherheiten dieser Art ausgesetzt ist (OLG Köln, Beschluss v. 20.12.2017, - 18 U 112/17 -, NJW-RR 2018, 373 ff. in juris Rn. 48; OLG Naumburg, Urt. v. 27.09.2017, - 7 U 24/19 -, in juris Rn. 60).
85c) Das Landgericht hat auch nicht rechtsfehlerhaft unter Verkennung der Darlegungs- und Beweislast des Klägers einen Kausalzusammenhang zwischen der diesem bei Vertragsschluss unbekannten „Umschaltlogik“ und seiner Kaufentscheidung unterstellt, ohne Berücksichtigung, dass dieser das Fahrzeug uneingeschränkt genutzt habe, weiterhin nutze und weder technische noch wirtschaftliche softwarebedingte Nachteile ersichtlich seien.
86Für die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung genügt es, dass der Getäuschte Umstände dargetan hat, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten, und dass die vorsätzliche Täuschung nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf die Entschließung hat (BGH, Beschluss v. 08.12.2011, - IV ZR 5/10 -, in juris Rn. 40 m.w.N.; OLG Köln, Beschluss v. 27.09.2019, - 19 U 150/19 -, in juris Rn. 9 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 23). Davon ist auszugehen, wenn ein Käufer vorträgt, sich bei dem Erwerb des Fahrzeugs auf die Angaben zur Einhaltung der Grenzwerte verlassen zu haben (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 27.09.2019, - 19 U 150/19 -, in juris Rn. 9, OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 24) oder dass er insbesondere vor dem Hintergrund, dass Risiken für den Fortbestand der Betriebserlaubnis bestanden, zu keiner Zeit ein Kraftfahrzeug mit einer solchen „Schummelsoftware“ erworben hätte (vgl. Köln, Beschluss v. 16.07.2018, - 27 U 10/18 -, in juris Rn. 14; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 24).
87Berufungsrechtlich ohne Erfolg erhebt die Beklagte den Einwand, angesichts des nur pauschalen Vortrags des Klägers zu seiner Kaufmotivation sei nicht glaubhaft, dass für ihn die Stickoxidwerte auf dem Prüfstand entscheidungserheblich gewesen sein sollen. Der Kläger hat als entscheidungserhebliche Gründe für den Kauf des streitgegenständlichen PKW nicht die Stickoxidwerte auf dem Prüfstand angegeben. Er hat vorgetragen, dass schlagendes Kaufargument für ihn die Werbung der Beklagten und ihrer Tochtergesellschaften mit der besonderen Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugtyps gewesen sei und er den PKW deswegen sowie aufgrund der von ihm erwarteten Gesetzmäßigkeit gekauft habe (Bl. 12, 40 d.A.). Niemand und auch er würden in Kenntnis einer nicht bestehenden Genehmigung und Genehmigungsfähigkeit eines PKW ein solches Fahrzeug kaufen, schon wegen der Gefahr des Entzugs der Zulassung (Bl. 24/25 d.A.). Dies hat der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Landgericht am 07.05.2019 bekräftigt (Bl. 317 d.A.). Angesichts dessen ist auch der Senat davon überzeugt, dass der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug bei Kenntnis von der darin eingebauten Software nicht erworben hätte.
88Dies entspricht im Übrigen auch der allgemeinen Lebenserfahrung, wonach kein Käufer ein mangelhaftes Fahrzeug zum ungeminderten (Neu-)Preis kaufen würde (OLG Köln, Beschluss v. 27.09.2019, - 19 U 150/19 -, in juris Rn. 9; OLG Köln, Beschluss v. 16.07.2018, - 27 U 10/18 -, in juris Rn. 14; OLG Naumburg, Urt. v. 27.09.2019, - 7 U 24/19 -, in juris Rn. 65 m.w.N.). Aus objektiv verständiger Sicht sind die Umweltverträglichkeit und insbesondere die Gesetzmäßigkeit eines Fahrzeugs für die Kaufentscheidung durchaus von Bedeutung und können Einfluss auf die Dispositionsfreiheit eines Käufers haben, ohne dass es darauf ankommt, ob im Verkaufsgespräch konkrete Äußerungen hierüber getroffen worden sind (OLG Naumburg, Urt. v. 27.09.2019, - 7 U 24/19 -, in juris Rn. 65 m.w.N.; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, - 5 U 1318/18 -, NJW 2019, 2237 ff. in juris Rn. 91). Für den Senat ist all dies glaubhaft vorgetragen und Grundlage einer eigenen tatrichterlichen Überzeugungsbildung. Es hätte der Beklagten oblegen, im Einzelnen darzulegen, warum bei dem Kläger dieses Maß an lebensnaher Betrachtung nicht eingreifen soll, um so Zweifel zu begründen. Daran fehlt es.
89Soweit der BGH in seinen Entscheidungen zum Kapitalanlagerecht im Rahmen des § 826 BGB Beweiserleichterungen oder Vermutungen für einen Kausalzusammenhang zwischen sittenwidriger Handlung und dem Eintritt des Schadens abgelehnt und die Führung des konkreten Nachweis im Einzelfall gefordert hat, betrifft dies andere Konstellationen. Diese strengen Anforderungen knüpfen an die Besonderheit des Aktienkaufs an (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, DAR 2019, 266 ff. in juris Rn.26). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, weil es um die Täuschung über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs geht und insoweit die Stilllegung droht. Die weiteren Motive für die Wahl des konkreten Modells treten demgegenüber in den Hintergrund, weil dieser Mangel den elementaren Zweck des Autokaufs, nämlich die Fortbewegung auf öffentlichen Straßen, gefährdet (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn.27).
90Dass der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug als Zweitkäufer gebraucht von privat erworben hat, stellt den Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Fahrzeugerwerb nicht in Frage. Die Beklagte ist Herstellerin des im streitgegenständlichen Fahrzeug eingebauten und mit der Manipulationssoftware ausgestatteten Motors Typ EA 189. Diesen hat sie in das streitgegenständliche Fahrzeug in dem Bewusstsein eingebaut, dass dieses sodann über Fahrzeughändler vertrieben wird. Durch das Inverkehrbringen des Motors hat die Beklagte den Kausalverlauf bewusst unter Einschaltung ihres Vertriebssystems in Gang gesetzt. Die mit dem Inverkehrbringen des Motors verbundene konkludente Täuschung seitens des Herstellers über das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die EG-Typgenehmigung wirkt auch fort, weil hinsichtlich derartiger Angaben der Fahrzeughändler nur das durch den Hersteller vermittelte Wissen weitergibt und der Käufer insoweit auf die Herstellerangaben sowie – im vorliegenden Fall der konkludenten Täuschung – auf die Seriosität des Herstellers vertraut. Denn auch bei Gebrauchtwagenkäufen bilden die allgemeinen Herstellerangaben und die Typgenehmigung letztlich die Grundlage des Erwerbsgeschäfts, so dass die Beklagte in diesem Kontext die Beteiligten eines Gebrauchtwagenkaufs täuscht. Diese Täuschung wirkt im Übrigen bei allen weiteren Verkäufern in der Käuferkette vor Aufdeckung der Abschalteinrichtung auch außerhalb des unmittelbaren Herrschaftsbetriebs der Beklagten fort (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 28; OLG Naumburg, Urt. v. 27.09.2019, - 7 U 24/19 - in juris Rn. 68 m.w.N.).
91d) Die Täuschungshandlung der Beklagten ist entgegen ihrer Ansicht auch als sittenwidrig i.S.d. § 826 BGB zu bewerten.
92Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denken verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr. BGH, Urt. v. 28.06.2016, - VI ZR 536/15 -, in juris Rn. 16; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 30).
93Gemessen daran stellt die Entscheidung der Beklagten, den mit der Software ausgestatteten Motor EA 189 in das klägerische Fahrzeug einzubauen und dieses mit erschlichener EG-Typgenehmigung in den Verkehr zu bringen, eine sittenwidrige Handlung dar.
94Durch die Ausrüstung des Motors EA 189 mit der manipulierten Software zur Motorsteuerung durch die Mitarbeiter der Beklagten wies dieser Motor mit Rücksicht auf die daraus folgende Rechtsunsicherheit für die Typgenehmigung und die Betriebszulassung der entsprechend ausgerüsteten Fahrzeuge einen gravieren Mangel auf. Hinzukommt, dass die Mitarbeiter der Beklagten die mit der manipulativ wirkenden Software ausgerüsteten Motoren des Typs EA 189 den zum VW-Konzern gehörenden Herstellern zum Zweck der Weiterveräußerung überließen, also damit rechnen mussten und auch tatsächlich damit rechneten, dass die so ausgerüsteten Fahrzeuge ohne Hinweis auf die Einwirkung der Typgenehmigung unter Einsatz einer manipulativ wirkenden Software mit zwei Betriebsmodi weiterveräußert würden. Aus der Heimlichkeit des Einsatzes der Software dem Kraftfahrbundesamt, den beteiligten Stellen und den potentiellen Kunden gegenüber ergibt sich schließlich mit hinreichender Sicherheit, dass die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten auch in der Vorstellung handelten, dass der Einsatz der Software zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Typgenehmigung und der Betriebszulassung der so ausgestatteten Fahrzeuge führen könnte und dass potentielle Kunden Fahrzeuge, die derart mit rechtlichen Unsicherheiten belastet waren, nicht ohne weiteres erwerben würden (OLG Köln, Beschluss v. 03.01.2019, - 18 U 70/18 -, in juris Rn. 27 – 30; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 32 - 36).
95Als Beweggrund für das Inverkehrbringen eines solchen PKW kommt allein eine von der Beklagten angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Zwar ist allein ein Handeln aus Gewinnstreben nicht als verwerflich zu qualifizieren. Im Hinblick auf das eingesetzte Mittel der Beklagten erscheint ihr Verhalten aber als verwerflich. Denn das Ausmaß der Schädigung, nämlich der Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motor, der millionenfach verkauft wird, mit der damit einhergehenden hohen Zahl getäuschter Käufer rechtfertigt das besondere Unwerturteil. Dabei hat die Beklagte es in Kauf genommen, nicht nur ihre Kunden, sondern auch die Zulassungsbehörden unter planmäßiger Ausnutzung von deren Arglosigkeit zu täuschen und sich auf diese Weise die Betriebszulassung für die von ihr manipulierten Fahrzeuge zu erschleichen (OLG Hamm, Urt. v. , - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 64 m.w.N.; OLG Köln, Beschluss v. 03.01.2019, - 18 U 70/18 -, NJW-RR 2019, 984 ff. in juris Rn. 27 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 34). Abgesehen davon, dass es lebensfremd erscheint, dass die Beklagte das mit der Verwendung der Abschaltsoftware verbundene erhebliche Risiko ohne wirtschaftlichen Vorteil eingegangen wäre (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff in juris Rn. 32; OLG Köln, Beschluss v. 16.07.2018, - 27 U 10/18 -, in juris Rn. 20; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2019, - 18 U 58/18 -, in juris Rn. 43 m.w.N.), trägt die Beklagte selbst keinen anderen Grund vor. Hinzukommt, dass das Vorgehen der Beklagten systematisch erfolgte. Die Abschalteinrichtung wurde über Jahre hinweg bei mehreren Tochterunternehmen des Konzerns in diversen Fahrzeugvarianten eingesetzt. Betroffen war dementsprechend ein großer Kundenkreis, der ein Fahrzeug mit dem Dieselmotor des Typs EA 189 erworben hat und dessen Arglosigkeit die Beklagte planmäßig ausgenutzt hat. Die unstreitige Gesamtzahl der betroffenen Fahrzeuge zeigt die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten, das den Kernbereich ihres Handelns betroffen hat (OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, - 5 U 1318/18 -, WM 2019, 1229 ff. in juris Rn. 51). Zur Sittenwidrigkeit trägt neben der Aufrechterhaltung der Täuschung über mehrere Jahre das Betreiben der Aufklärung seitens der Beklagten erst nach bestehender erdrückender Beweislage bei. Außerdem sind die Folgen der verwendeten Software für den Kunden zu bedenken, der aufgrund der vom KBA angeordneten Rückrufaktion an dem erworbenen Fahrzeug ein Software-Update durchführen lassen muss, dessen Folgen höchst umstritten sind und ohne dessen Durchführung ein Entzug der Betriebserlaubnis und damit die Stilllegung des Fahrzeugs droht (OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, - 5 U 1318/18 -, NJW 2019, 2237 ff. in juris Rn. 53/54).
96Zusammenfassend ergibt sich die Sittenwidrigkeit des Handelns aus dem nach Ausmaß und Vorgehen besonders verwerflichen Charakter der Täuschung von Kunden, unter Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in eine öffentliche Institution, nämlich das KBA, und unter Inkaufnahme nicht nur der Schädigung der Käufer, sondern auch der Umwelt allein im Profitinteresse (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 36).
97Dieses Ergebnis ist auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten zu korrigieren. Zwar ist die Haftung beschränkt auf die Schäden, die dem in sittlich anstößiger Weise geschaffenen Gefahrenbereich entstammen, d.h. in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (BGH, Urteil vom 11.11.1985 - II ZR 109/84, juris Rn. 15; MK/Wagner, BGB, 7. Auflage 2017, § 826 Rn. 22). Die Haftung aus § 826 BGB knüpft indes – anders als ein Anspruch aus § 823 II BGB i.V.m. bestimmten europarechtlichen Normen – nicht unmittelbar an den Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 an, sondern folgt aus der mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs verbundenen Täuschung über die Erfüllung der materiellen Typgenehmigungsvoraussetzungen. Diese Pflichtverletzung ist für den Rechtskreis des Käufers ersichtlich von Bedeutung, weil über einen die Kaufentscheidung wesentlich beeinflussenden Umstand getäuscht wird (OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2019, 17 U 160/18, juris Rn. 85 ff). Der Sinn des entsprechenden Verhaltensverbotes liegt in der Vermeidung solcher Schäden, wie sie der Kläger hier erlitten hat (OLG Celle, Urt. v. 01.07.2019, - 7 U 33/19 -, in juris Rn. 15/16; OLG Köln, Beschluss v. 03.01.2019, - 18 U 70/18 -, NJW-RR 2019, 984 ff. in juris Rn. 43; OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 81 /82; OLG Karlsruhe, Urt. v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 –, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 41).
98e) Nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht jeweils unter Anwendung der Grundsätze zur sekundären Darlegungslast die sittenwidrige Schädigungshandlung der Beklagten gemäß § 31 BGB zugerechnet und die subjektiven Voraussetzungen für eine Haftung nach § 826 BGB, also ihre Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen und ihren Schädigungsvorsatz, bejaht hat. Dabei ist davon auszugehen, dass der Vorstand der Beklagten nicht nur über umfassende Kenntnis von dem Einsatz der sog. Manipulationssoftware verfügte, sondern auch in der Vorstellung die Herstellung und die Inverkehrgabe der mangelbehafteten Motoren veranlasste, dass diese unverändert und ohne entsprechenden Hinweis weiter veräußert werden würden, was der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen ist.
99Nach der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, sind die für die Annahme der sittenwidrigen Schädigungshandlung erforderlichen Kenntnisse und Vorstellungen der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen, weil aufgrund des maßgebenden Sach- und Streitstandes davon auszugehen ist, dass der Vorstand der Beklagten nicht nur über umfassende Kenntnisse von dem Einsatz der geschilderten Software verfügte, sondern auch in der Vorstellung die Herstellung und die Inverkehrgabe der mangelbehafteten Motoren veranlasste, dass diese unverändert und ohne entsprechenden Hinweis weiterveräußert werden würden (OLG Köln, Beschluss vom 03.01.2019, - 18 U 70/18 -, NJW-RR 2019, 984 ff. in juris Rn. 31; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, WM 2019, 881 ff. in juris Rn. 50). Insoweit greift in zweierlei Hinsicht zugunsten des betroffenen Käufers und darunter auch des Klägers eine Erleichterung der Darlegungslast. Weil er als darlegungspflichtiger Anspruchsteller außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht und die Beklagte als Anspruchsgegnerin die wesentlichen Tatsachen kennt, trifft diese nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen hinsichtlich der unternehmensinternen Entscheidungsprozesse eine sekundäre Darlegungslast (OLG Köln, Beschluss vom 03.01.2019, - 18 U 70/18 -, NJW-RR 2019, 984 ff. in juris Rn. 32/33; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, DAR 2019, 266 ff. in juris Rn. 51-61).
100Ausgehend davon reicht vorliegend die Behauptung des Klägers, dass den Repräsentanten der Beklagten sämtliche, die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Einbau der Software in den Motor EA 189 bekannt gewesen seien (Bl. 51, 256/257 d.A.). Der Kläger hat erstinstanzlich außerdem leitende Mitarbeiter der Beklagten namentlich benannt, denen bei ihr wesensmäßige Funktionen zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen seien, die die Beklagte als Vorstände bezeichne und die ebenso in die Entwicklung und den Vertrieb des Software involviert gewesen seien wie Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene i.S.d. Aktienrechts, denen wesensmäßige Aufgaben wie Entwicklung von Motoren, Einkauf, Entwicklung von Marken etc. zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erledigung übertragen worden seien (Bl. 51/52, 257, 260 d.A.). Das Klägervorbringen erfolgt auch nicht ohne greifbare Anhaltpunkte ins Blaue hinein, sondern beinhaltet die Tatsachen, deren Vortrag dem Kläger als Außenstehendem möglich war, und ist angesichts der feststehenden Umstände, wie sie im Beschluss des OLG Karlsruhe vom 05.03.2019, - 13 U 142/18 -, DAR 2019, 266 ff. in juris Rn. 67-68 dargestellt werden, durch eine tatsächliche Vermutung gedeckt.
101Demgegenüber reicht andererseits das Vorbringen der Beklagten zu den internen Geschehnissen im Zusammenhang mit der Beauftragung, der Bezahlung, dem Empfang, der Kontrolle und der Verwendung der oben erwähnten Motorsteuerungssoftware, das sich im Wesentlichen im Bestreiten des klägerischen Vorbringens erschöpft, nicht einmal ansatzweise aus. Gleiches gilt für ihre Behauptung, dass ihre Sachverhaltsermittlungen insbesondere zur Kenntnis damaliger und derzeitiger Vorstandsmitglieder von der Verwendung der Software in Dieselfahrzeugen mit EG-Typgenehmigung noch nicht abgeschlossen seien und nach derzeitigem Ermittlungsstand keine Anhaltspunkte für eine Beteiligung einzelner Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software bestehe (vgl. Bl. 158 - 161, 199/200, 371/372, 374 d.A.). Da die Beklagte nicht konkret darlegt, dass und wie einzelne Mitarbeiter unter Ausschluss des Vorstandes die mangelhafte Software pflichtwidrig beauftragen, bezahlen und verwenden ließen, kann sie sich hierauf auch nicht berufen und es bleibt sowohl bei der Annahme umfassender Kenntnisse und des entsprechenden Schädigungsvorsatzes ihres Vorstandes als auch bei der Anwendung des § 31 BGB i.S. einer Zurechnung auf der Grundlage des nicht hinreichend bestrittenen Sachvortrags des Klägers.
102f) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 826, 31 BGB entfällt auch nicht deshalb, weil er nach dem Vortrag der Beklagten angeblich aufgrund der im September 2015 veröffentlichten Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten sowie der anschließenden öffentlichen Berichterstattung darüber in Presse, Funk und Fernsehen im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses über den streitgegenständlichen PKW im August 2016 davon Kenntnis gehabt haben soll, dass dieses über die sog. Abschaltsoftware und damit eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügte. Insbesondere kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es deswegen sowohl einer sittenwidrigen Schädigungshandlung sowie einem entsprechenden Schädigungsvorsatz ihrerseits als auch an einem dadurch verursachten Schaden des Klägers und dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Schädigungshandlung und der Kaufentscheidung des Klägers fehle. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat weder hinreichend dargetan noch nachgewiesen, dass sie alles Erforderliche zur Information der Käufer – auch des Klägers – getan hat und der Kläger aufgrund der von ihr vorgenommenen Maßnahmen über die Betroffenheit des erworbenen Fahrzeugs vom Dieselabgasskandal sowie die daraus resultierenden Folgen bei Abschluss des Kaufvertrags vollumfänglich informiert war.
103Dies ergibt sich weder aufgrund der Mitteilung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten auf einer Presskonferenz am 22.09.2015, dass es bei den in ihren Fahrzeugen verbauten Dieselmotoren des Typs EA 189 zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, noch aufgrund der von der Beklagten ebenfalls am 22.09.2015 herausgegebenen Ad-hoc-Mitteilung (vgl. Bl. 153/154 d.A.), mit der sie die Öffentlichkeit darüber informierte, dass sie „die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck“ vorantreibe. Darin heißt es u.a. weiter: „Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt. VW arbeitet mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen. Das Unternehmen steht dazu derzeit in Kontakt mit den zuständigen Behörden und Deutschen Kraftfahrtbundesamt“ (Bl. 153/154 d.A.).
104Die in der Rechtsprechung streitige Frage, auf welchen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit abzustellen ist - entweder auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs als Tathandlung (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 -, in juris Rn. 65 m.w.N.; Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl. 2019, § 826 Rn. 6; OLG Stuttgart, Urt. v. 07.08.2019, - 9 U 9/19 -, in juris Rn. 41) oder den Zeitpunkt der Schadenherbeiführung, hier des Abschlusses des Kaufvertrags (OLG Celle, Beschluss v. 01.07.2019, - 7 U 33/19 -, ZIP 2019, 2012 ff. in juris Rn. 20 m.w.N.; OLG Köln, Urt. v. 16.05.2019, - 24 U 5/19 -, in juris Rn. 46, differenzierend, aber im Ergebnis auch OLG Frankfurt, Urt. v. 06.11.2019, - 13 U 156/19 -, in juris Rn. 36/37 m.w.N.) – kann offen bleiben. Selbst bei Abstellung auf den Abschluss des Kaufvertrags – hier 26.08.2016 - sind die Voraussetzungen des § 826 BGB, insbesondere die vorsätzliche sittenwidrige Schädigungshandlung der Beklagten einschließlich einer Täuschung des Klägers und ein dadurch bei ihm eingetretener Schaden durch Abschluss des für ihn nachteiligen Kaufvertrags über das streitgegenständliche Fahrzeug nicht aufgrund der Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten entfallen, auch wenn der Kaufvertrag knapp ein Jahr nach der Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung geschlossen wurde.
105Die Aussagekraft der ad-hoc-Mitteilung der Beklagten und das nachfolgende Verhalten der Beklagten werden in der Rechtsprechung zwar uneinheitlich bewertet.
106Nach teilweiser Ansicht wird das Verhalten der Beklagten bezogen auf den nach der Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung abgeschlossen Kaufvertrag – dort 17.02.2016 – nicht mehr als sittenwidrig bewertet. Denn die Beklagte sei im Herbst 2015 an die Öffentlichkeit getreten und habe bekannt gegeben, dass die von ihr hergestellten Dieselmotoren des Typs EA 189 wegen Unregelmäßigkeiten nachgebessert werden müsste (OLG Celle, Beschluss v. 01.07.2019, - 7 U 33/19 -, in juris Rn. 21, so auch OLG Köln, Urt. v. 06.06.2019, - 24 U 5/29 -, in juris Rn. 46). Indem die Beklagte damit ihr vorangegangenes gesetzeswidriges Tun nach Aufdecken des Abgasskandals um die Dieselmotoren vom Typ EA 189 nicht vertuscht, sondern sich mit der Aufarbeitung der Problematik befasst und die Öffentlichkeit darüber informiert habe, könne ihr jedenfalls in Bezug auf potentielle Gebrauchtwagenkäufer ab Herbst 2015 kein verwerfliches Verhalten angelastet werden. Die Beklagte habe im Herbst 2015 letztlich den Fehler bei der Abgasrückführung ihrer Dieselmotoren EA 189 eingeräumt und seine Beseitigung in Abstimmung mit dem KBA angekündigt. Mit dieser Vorgehensweise habe die Beklagte den schädigenden Zustand, die Vertuschung der Abgasmanipulation in der Öffentlichkeit, nicht mehr aufrechterhalten. Die Gründe, die ihr Verhalten bis Herbst 2015 als sittenwidrig hätten erscheinen lassen, seien damit entfallen (OLG Celle, Beschluss v. 01.07.2019, - 7 U 33/19 -, in juris Rn. 24).
107Nach anderer Ansicht – auch der des Senats - sei die Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22.09.2015 nicht geeignet, eine Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB infrage zu stellen. Diese Ad-hoc-Mitteilung enthalte lediglich die Information, dass Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund 11 Millionen Fahrzeugen „auffällig“ sind. Es gebe bereits keinen Anlass anzunehmen, dass ein durchschnittlicher Kunde überhaupt Kenntnis davon habe, wie ein Kfz-Hersteller einen Motor intern bezeichne. Ohnehin fehle es in dieser Ad-hoc-Mitteilung an jedem Hinweis, welche Fahrzeugtypen konkret von welchen Unregelmäßigkeiten betroffen sein sollen. Dem Kunden ist es mithin kaum möglich, aufgrund der Informationen in der Mitteilung Rückschlüsse auf ein konkretes Fahrzeug zu ziehen. Auch lasse sich dieser Ad-hoc-Mitteilung nicht entnehmen, welche Konsequenzen sich aus den Manipulationen ergeben und welche Konsequenzen künftig in technischer wie auch in rechtlicher Hinsicht noch drohen. Selbst wenn der jeweilige Kläger vor dem Abschluss des Kaufvertrags Kenntnis vom Inhalt dieser Ad-hoc-Mitteilung gehabt hätte, hätte er zudem erwarten können, dass ein Vertragshändler der Beklagten ihn vor dem Kauf redlicher Weise darauf hinweisen würde, dass möglicherweise mit einer Stilllegung des Fahrzeugs zu rechnen sei, weil das von ihm verkaufte Fahrzeug vom sog. „Dieselskandal“ betroffen sei (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 –, in juris Rn. 59). Selbst wenn man für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit auf den Zeitpunkt des Schadeneintritts abstellen wolle, habe die Beklagte mit der Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung nicht die Schritte unternommen, die erforderlich seien, um weitere Schäden für potentielle Käufer zu vermeiden und so eine Bewertung ihres Verhaltens als sittenwidrig entfallen zu lassen. Denn die Beklagte habe sich pauschal darauf beschränkt, unter Bezugnahme auf eine interne, innerhalb ihres Konzerns verwendete Motorenbezeichnung zu offenbaren, dass bei diesem Motortyp eine „auffällige Abweichung zwischen Prüfstandwerten und realem Fahrbetrieb“ festgestellt worden sei. Diese Form der Mitteilung enthalte schon nicht den Hinweis, dass die Motorsteuerungssoftware bewusst manipuliert worden sei und dass dies dazu führen könne, dass Fahrzeuge ihre Zulassung zum Straßenverkehr verlieren könnten. Zudem habe es die Beklagte unterlassen, in einer für den Verbraucher verständlichen Art und Weise klarzustellen, welche Modelle konkret aus welchem Baujahr von der Problematik betroffen seien (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 –, in juris Rn. 65). Auch in der Folgezeit habe die Beklagte eine solche Form der Klarstellung nicht betrieben (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, - 13 U 149/18 –, in juris Rn. 66).
108Dieser Ansicht schließt sich der Senat aus den dargelegten Gründen, aber auch deshalb an, weil sich aus der Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten nicht ergibt, dass sie beim Inverkehrbringen des Motors EA 189 mit der eingebauten Software das Kraftfahrbundesamt darüber getäuscht hat. Mit der zur vollumfänglichen Information der potentiellen Käufer ungeeigneten Ad-hoc-Mitteilung setzt die Beklagte vielmehr die bisherige Verheimlichung fort, indem sie den Käufern maßgebliche Informationen vorenthält.
109Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund des ergänzenden Vortrags der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sowie in ihrer Berufungserwiderung vom 21.02.2020.
110Dass sie – nach ihrem insoweit bestrittenen Vortrag – im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihrer Ad-hoc-Mitteilung vom 22.09.2015 ihre Vertragshändler und Servicepartner sowie die anderen Konzernhersteller über das Vorhandensein der Umschaltlogik in den Fahrzeugen mit dem Motortyp EA 189 informiert haben will, lässt weder eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung des Klägers entfallen noch lässt dies den Rückschluss auf eine Kenntnis des Klägers vom Einbau der Software in das streitgegenständliche Fahrzeug bei Abschluss des Kaufvertrags im August 2016 zu. Der Kläger hat sein Fahrzeug gebraucht von privat erworben, wobei beklagtenseits weder dargetan noch sonst ersichtlich ist, dass der Kläger von seiner Verkäuferin über den Einbau der Software in das zu erwerbende Fahrzeug vor Abschluss des Kaufvertrags informiert worden ist. Die Information der Vertragshändler und Servicepartner war angesichts dessen von Seiten der Beklagten nicht ausreichend, weil damit die Information von Gebrauchtwagenkäufern, die ein betroffenes Fahrzeug von einem freien Autohändler oder – wie der Kläger - von privat erworben haben, nicht erreicht werden konnte.
111Entsprechendes gilt für die Freischaltung einer Website durch die Beklagte auf ihrer Internetpräsenz Anfang Oktober 2015, auf der jedermann durch Eingabe einer Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) überprüfen konnte, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Umschaltlogik ausgestattet ist, worüber sie am 02.10.2015 mit einer Pressemitteilung informiert hat und auch öffentlich in zahlreichen Medien berichtet worden ist. Auch durch diese Maßnahme in Verbindung mit der inhaltlich unzureichenden Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22.09.2015 waren potentielle Käufer von betroffenen Dieselfahrzeugen nicht vollumfänglich über die aus dem Einbau der Software resultierenden Folgen für diese Fahrzeuge informiert. Hinzukommt, dass der Kläger im Oktober 2015 bis zum Abschluss des Kaufvertrags über das streitgegenständliche Fahrzeug regelmäßig Benzinfahrzeuge gefahren hat und er infolge dessen von der Internet-Abfragemöglichkeit keinen Gebrauch machen musste. Da er sein Fahrzeug erst im August 2016, also knapp ein Jahr nach der Veröffentlichung dieser Internet-Abfragemöglichkeit erworben hat, ist nachvollziehbar, dass ihm diese Informationsmöglichkeit bei Abschluss des Kaufvertrags nicht präsent war und er deswegen davon auch keinen Gebrauch gemacht hat.
112Eine nachweisliche Kenntnis des Klägers von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sog. Dieselabgasskandal im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses ergibt sich schließlich auch nicht aufgrund der Berichterstattung in Presse, Funk und Fernsehen. Der pauschale Vortrag der Beklagten, dass direkt nach der Ad-hoc-Mitteilung vom 22.09.2015 die NOx-Thematik in breiter Öffentlichkeit diskutiert sowie in Presse, Funk und Fernsehen ausführlich über den Einbau der Software u.a. in Fahrzeuge der Marke VW mit dem Motor EA 189 berichtet worden sei, weswegen es unmöglich gewesen sei, davon keine Kenntnis zu nehmen, genügt in dieser Allgemeinheit nicht. Es fehlen nähere Angaben zum konkreten Inhalt dieser Berichte. Insbesondere kann aufgrund dieses Vortrags im konkreten Fall nicht von einer entsprechenden Kenntnis des Klägers bei Kaufvertragsabschluss im August 2016 ausgegangen werden, weil er Ende 2015/Anfang 2016 seinerzeit noch als Fahrer eines Benzinfahrzeugs von dieser Problematik nicht betroffen war und bis zum Abschluss des Kaufvertrags über das streitgegenständliche Dieselfahrzeugs im August 2016 nach dieser intensiven Presseberichterstattung mehrere Monate vergangen waren. Aber auch wenn der Kläger bei Kaufvertragsabschluss allgemein von der NOx-Thematik etwas mitbekommen haben sollte, rechtfertigt dies nicht den Rückschluss, dass er positiv wusste, dass davon auch das von ihm erworbene Fahrzeug betroffen war. Hierzu trägt die Beklagte nichts vor.
113Nicht unberücksichtigt bleiben kann in diesem Zusammenhang letztlich, dass die Beklagte bis heute – so auch im vorliegenden Rechtsstreit – bestreitet, dass die auch im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Abschaltsoftware unzulässig gewesen und ein etwaiger daraus resultierende Mangel bzw. Schaden jedenfalls durch das Update behoben sei.
114Abgesehen davon ist der Kläger in erster Instanz in der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2019 auf Vorhalt des Beklagtenvertreters auch dazu angehört worden, ob er Kenntnis davon hatte, dass das streitgegenständliche Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen war (Bl. 317 d.A.). Er hat hierzu bekundet, dass er beim Erwerb des Fahrzeugs vom Abgasskandal nichts gewusst habe, sondern ihm diese Kenntnis erst später gekommen sei. Zuvor habe er ein Benzinfahrzeug gefahren und habe sich daher bis zum Erwerb des streitgegenständlichen Dieselfahrzeugs für die damit zusammenhängende Problematik gar nicht interessiert. Die Problematik mit der manipulierten Software sei ihm erst durch die Aufforderung zur Durchführung des Updates bekannt geworden, nachdem er das streitgegenständliche Fahrzeug schon erworben hatte. Bei vorheriger Kenntnis davon hätte er sich nie ein Dieselfahrzeug gekauft und würde auch heute ein solches nicht mehr erwerben (Bl. 317 d.A.). Angesichts dessen ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Beklagte alles Erforderliche zur umfassenden Information potentieller Käufer und auch des Klägers unternommen hat und der Kläger nachweislich bei Kaufvertragsabschluss im August 2016 positiv wusste, dass das erworbene streitgegenständliche Fahrzeug aufgrund der eingebauten Manipulationssoftware von dem Dieselabgasskandal betroffen war.
115g) Die Ausführungen des Landgerichts zur Höhe des zuerkannten Betrags von 16.168,35 € und insbesondere die Berechnung der vom ursprünglichen Kaufpreis in Abzug gebrachten tatsächlichen Nutzungen in Höhe von 2.231,65 € hat die Beklagte in der Berufungsbegründung nicht mehr angegriffen.
116Allerdings reduziert sich der von der Beklagten zu erstattende Kaufpreis auf der Grundlage des aktuellen Tachostandes des klägerischen Fahrzeugs von 78.947 km im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 03.03.2020 und des sich daraus ergebenden Abzugsbetrags für tatsächliche Nutzungen in Höhe von 2.816,62 € auf 15.583,38 €. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 1. d) verwiesen.
1172. Ausgehend von dem bestehenden Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 826, 31 BGB hat das Landgericht auch zu Recht dem Klageantrag zu 2) stattgegeben und festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen PKW in Annahmeverzug befindet. Hiergegen hat die Beklagte außer dem Bestreiten eines Schadensersatzanspruchs des Klägers gemäß §§ 826, 31 BGB in der Berufungsbegründung keine Einwendungen mehr erhoben.
1183. Dem Kläger steht nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil auch ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß dem Klageantrag zu 3) aus §§ 826, 249 BGB in Höhe von 1.680,28 € zu.
119Die Kosten der Rechtsverfolgung sind als Teil des aus § 826 BGB folgenden deliktischen Schadenersatzanspruchs dem Grunde nach ersatzfähig, weil dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB zusteht und die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.O. § 249 Rn. 56/57). Der Kläger durfte sich angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage zur Geltendmachung seiner Schadenersatzansprüche auch vorgerichtlicher anwaltlicher Unterstützung bedienen.
120Hinsichtlich der Höhe der zuerkannten Rechtsanwaltskosten ist im Ergebnis unschädlich, dass das Landgericht statt des zuerkannten Betrags in Höhe von nur 16.168,35 € den klageweise geltend gemachten vollen Kaufpreis in Höhe von 18.400,- € als Gegenstandswert zugrunde gelegt hat, weil zwischen diesen beiden Beträgen kein Gebührensprung liegt. Bei einem Gegenstandswert von „bis 19.000,- €“ ergibt eine von der Beklagten in der Berufung nicht mehr angegriffene 2,0 Geschäftsgebühr von 1.392,- €, zzgl. 20,- € Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen und zzgl. 19 % MWSt von 268,28 €, also insgesamt 1.680,28 €.
121Die Kostenscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
122Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
123Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Vorliegend ist die klärungsbedürftige Frage zu entscheiden, ob dem Kläger ein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB zusteht und ein Zinsanspruch gemäß § 849 BGB aus dem zuerkannten Schadenersatzbetrag in Höhe von 4 % für den Zeitraum ab Kaufpreiszahlung bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit zusteht. Wie ausgeführt, werden zu den jeweils im Streit stehenden Rechtsfragen unterschiedliche Auffassungen vertreten, eine höchstrichterliche Entscheidung liegt nicht vor und in der Rechtsprechung der Obergerichte und der Instanzgerichte hat sich bisher keine einheitliche Meinung gebildet. Angesichts der Vielzahl der anhängigen Verfahren im Zusammenhang mit dem Dieselskandal besteht ein Interesse des Rechtsverkehrs an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung (vgl. zum Ganzen in Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 543, Rn. 11 m. w. N.).
124Streitwert für das Berufungsverfahren: 19.887,49 €
125(Berufung des Klägers: 3.719,14 €, Berufung der Beklagten: 16.168,35 €;
126Soweit der Kläger weitergehende Zinsen aus dem zuerkannten Teilbetrag in Höhe von 4 % vom 27.08.2016 – 14.12.2018 = 1.487,49 €, geltend macht, ist dieser Zinsanspruch aus einem nicht mehr in Streit stehenden Teil der Hauptforderung streitwerterhöhend zu berücksichtigen; Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 4 Rn. 11; BGH, Beschluss v. 04.09.2013, - III ZR 191/12 -, MDR 2013, 1316 in juris Rn. 2).