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Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09.07.2019 verkündete Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln – Az. 27 O 38/19 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.913,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2019 Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi A, FIN B zu zahlen.
2) Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorgenannten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet.
3) Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.100,51 € freizustellen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
Die Kosten der 1. Instanz trägt die Beklagte. Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 28 % und die Beklagte zu 72 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz im Zusammenhang mit der sog. „Diesel-Abgasaffäre“ in Anspruch. Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 30.12.2015 bei der Fa. C GmbH mit Sitz in D ein Fahrzeug der Marke Audi A mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) B, als Gebrauchtwagen zu einem Kaufpreis von 24.000,00 EUR brutto. Der Kilometerstand bei Kauf betrug 64.659 km. Das Fahrzeug ist unstreitig mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 mit 2,0 l Hubraum ausgestattet, welcher von der Beklagten hergestellt wurde. Die Herstellerin des Fahrzeuges gehört zum Volkswagen-Konzern, die Beklagte ist deren Muttergesellschaft.
4Der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Motor EA 189 wies eine Motorsteuerung auf, die erkannte, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befand oder im normalen Straßenverkehr. Im ersteren Fall erfolgte die Abgasreinigung im sogenannten Betriebsmodus 1 mit einer optimierten Abgasrückführung, die eine verringerte Stickoxidemission (NOx) zur Folge hatte. Unter realen Bedingungen, d.h. im normalen Straßenverkehr, arbeitete der Motor dagegen ausschließlich im sogenannten Betriebsmodus 0, der mit deutlich höheren Emissionen verbunden war, die die Anforderungen der Euro-5-Norm nicht erfüllten. Am 22.09.2015 wurde dies seitens der Beklagten im Rahmen einer ad-hoc-Mitteilung der Öffentlichkeit mitgeteilt. Es schloss sich eine umfangreiche Medienberichterstattung an. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ordnete im Oktober 2015 den Rückruf aller betroffenen Fahrzeuge mit Motoren des Typs EA 189 an. In der Folge entwickelte die Beklagte für die einzelnen Fahrzeugtypen Software Updates, durch die die Umschaltlogik entfernt wurde und nach deren Aufspielen der Motor nur noch in dem Betriebsmodus 1 arbeitet. Die Klägerin wurde von der Herstellerin des Fahrzeuges im Januar 2017 angeschrieben und unter Verweis auf den Rückruf durch das KBA gebeten, zwecks Durchführung des Software Updates einen Termin bei einem autorisierten Audi-Partner zu vereinbaren. Dem kam die Klägerin nach und ließ das Software Update bereits vorgerichtlich auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufspielen.
5Mit Schreiben ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 31.01.2019 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung auf den 14.02.2019 zur Rückabwicklung des Kaufvertrages auf und bot das Fahrzeug unter Anrechnung von Nutzungsvorteilen zur Abholung an.
6Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz betrug die Laufleistung des Fahrzeugs 129.645 km.
7Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte ihr als Herstellerin des Fahrzeugmotors aus Delikt auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Hierzu hat sie behauptet, die Beklagte habe sie durch das Inverkehrbringen des Motors vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und konkludent darüber getäuscht, dass die Motorsteuerung gesetzeskonform sei. Infolge dieser Täuschung habe sie das streitgegenständliche Fahrzeug erworben. Kenntnis von seiner Ausstattung mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung habe sie zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses nicht gehabt. Der Verkäufer habe sie hierüber auch nicht informiert. Die Klägerin hat behauptet, von dem Erwerb des Fahrzeuges abgesehen zu haben, wenn ihr das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtung bewusst gewesen wäre. Durch den Erwerb des Fahrzeuges habe sie einen Schaden erlitten. Denn trotz des Aufspielens des Software Updates sei nicht absehbar, ob und wie sich die Kraftstoffverbrauchswerte, die CO2-Emissionen und die Motorleistung infolge des Software Updates veränderten. Es sei zu vermuten, dass eine Verbesserung der Stickoxidwerte nur unter Inkaufnahme neuer Mängel beim CO2-Ausstoß oder beim Kraftstoffverbrauch oder unter Inkaufnahme von erhöhtem Motorverschleiß möglich sei und das streitgegenständliche Fahrzeug infolgedessen auch weiterhin einen Mangel aufweise. Die Klägerin hat weiter behauptet, die Beklagte habe die unzulässige Abschalteinrichtung vorsätzlich zur Gewinnmaximierung eingebaut. Dabei hätten sowohl die damaligen Vorstandsmitglieder der Beklagten als auch weitere hochrangige Mitarbeiter vollumfängliche Kenntnis von der Verwendung der in Rede stehenden Software sowie deren Zweck gehabt.
8Die Klägerin hat beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.363,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.02.2019 Zug-um-Zug gegen Übergabe und Rückübereignung des Fahrzeugs Audi A, FIN B zu zahlen, 2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1) genannten Fahrzeugs seit dem 15.02.2019 im Annahmeverzug befindet, 3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.899,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2019 freizustellen. Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat beantragt, die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Klägerin nicht auf Rückabwicklung des Vertrages zu haften. Sie hat bestritten, schädigend auf die Klägerin eingewirkt zu haben und in diesem Zusammenhang insbesondere darauf verwiesen, dass sie nicht Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeuges sei und dieses auch nicht in den Verkehr gebracht habe. Sie hat weiter darauf verwiesen, dass es sich bei dem in Rede stehenden Erwerbsvorgang um einen Gebrauchtwagenkauf gehandelt habe, auf den sie in keiner Weise eingewirkt habe und an dem sie auch nicht beteiligt gewesen sei. Sie hat daher die Auffassung vertreten, ihr sei weder eine Täuschung noch ein sittenwidriges Handeln vorzuwerfen. Darüber hinaus fehle es an einem Schaden der Klägerin. Hierzu hat die Beklagte behauptet, weder die Sicherheit noch die Gebrauchstauglichkeit des streitgegenständlichen Fahrzeuges seien zu irgendeinem Zeitpunkt beeinträchtigt gewesen. Auch ein Wertverlust oder ein merkantiler Minderwert seien nicht zu befürchten. Weiter bestehe jedenfalls nach dem – hier unstreitig erfolgten – Aufspielen des Software Updates keinerlei Mangel oder Beeinträchtigung des Fahrzeugs mehr; auch die unzulässige Abschalteinrichtung sei hierdurch entfernt worden. Die Beklagte hat bestritten, vorsätzlich gehandelt zu haben. Sie hat die Auffassung vertreten, jedenfalls sei jeglicher Vorwurf eines sittenwidrigen Handelns, einer Täuschung oder eines etwaigen Schädigungsvorsatzes nach Veröffentlichung der ad-hoc-Mitteilung vom 22.09.2015 entfallen, weil sie ab diesem Zeitpunkt alles getan habe, um die Öffentlichkeit vollumfänglich über die Abgasproblematik aufzuklären. Sie hat behauptet, die Klägerin habe angesichts der massiven öffentlichen Medienberichterstattung Kenntnis von der Ausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeuges mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gehabt, so dass es zugleich auch an der Kausalität der behaupteten schädigenden Handlung für den geltend gemachten Schaden fehle.
10Das Landgericht hat mit am 09.07.2019 verkündetem und beiden Parteien am 11.07.2019 zugestelltem Urteil der Klage ganz überwiegend stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 17.363,53 € nebst Verzugszinsen Zug-um-Zug gegen Übergabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges zu zahlen. Es hat ferner festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges seit dem 15.02.2019 im Annahmeverzug befindet. Darüber hinaus hat es die Beklagte zur Freistellung der Klägerin von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.242,84 € verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte hafte der Klägerin wegen des Inverkehrbringens des Motors, mit dem das streitgegenständliche Fahrzeug ausgestattet ist, aus §§ 826, 31 BGB. Das Verhalten der Beklagten sei als sittenwidrig einzustufen. Es habe auch zu einem Schaden der Klägerin geführt, der bereits in dem Abschluss des Kaufvertrages über das streitgegenständliche Fahrzeug liege. Dieser Schaden sei nicht durch das Aufspielen des Software Updates kompensiert worden, weil das Software Update selbst mit Unwägbarkeiten verbunden sei. Für den Abschluss des Kaufvertrages sei das Verhalten der Beklagten auch kausal geworden, da die Klägerin zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses nach ihrer glaubhaften mündlichen Einlassung keine Kenntnis von der Ausstattung des Fahrzeuges mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gehabt habe. In prozessualer Hinsicht sei von einem vorsätzlichen Verhalten der Beklagten auszugehen, weil diese ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen sei. Durch die Veröffentlichung der ad-hoc-Mitteilung und das ihr nachfolgende Verhalten seien auch weder die Sittenwidrigkeit noch der Vorsatz der Beklagten entfallen. Die Beklagte schulde der Klägerin daher die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung, die auf der Grundlage einer Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeuges von 300.000 km zu berechnen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen. Hiergegen richten sich die am 22.07.2019 bei Gericht eingegangene und am 06.09.2019 begründete Berufung der Klägerin sowie die am 07.08.2019 bei Gericht eingegangene und nach Fristverlängerung bis zum 11.10.2019 an diesem Tage begründete Berufung der Beklagten.
11Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin einerseits gegen die Teilabweisung der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Darüber hinaus begehrt sie im Wege der Klageerweiterung die Rückzahlung des vollen Kaufpreises und vertritt insoweit nunmehr die Auffassung, sich keine Nutzungsvorteile anrechnen lassen zu müssen. Jedenfalls meint sie, bei der Berechnung etwaiger Nutzungsvorteile sei eine höhere Gesamtlaufleistung zugrunde zu legen als das Landgericht es in 1. Instanz auf ihren Antrag hin getan habe. Darüber hinaus begehrt die Klägerin im Wege der Klageerweiterung die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Deliktszinsen. Insoweit vertritt sie die Auffassung, diese seien von der Beklagten gemäß § 849 BGB geschuldet. Die Klägerin bestreitet eine Kenntnis von der Ausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeuges mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung.
12Die Klägerin hat zunächst beantragt, das am 09.07.2019 verkündete Urteil des Landgericht Köln – 27 O 38/19 – zu ändern und wie folgt neu zu fassen: 1. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 24.000 € abzüglich einer im Termin zu beziffernden Nutzungsentschädigung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2019 Zug um Zug gegen Übergabe und Rückübereignung des Fahrzeugs Audi A, FIN B zu zahlen, 2. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.074,66 € sowie weiteren Zinsen aus einem Betrag in Höhe von 24.000 € in Höhe von 4 Prozentpunkten seit dem 26.02.2019 bis zur Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 3. für den Fall, dass der Antrag zu 1. Erfolg hat, festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. genannten Fahrzeuges im Annahmeverzug befindet, 4. die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.899,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2019 freizustellen.
13Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin klargestellt, den Klageantrag zu 1. mit der Maßgabe stellen zu wollen, dass eine Anrechnung der Nutzungsentschädigung unterbleibt und eine Zahlung in Höhe von 24.000 € begehrt wird.
14Die Klägerin beantragt nunmehr,
15das am 09.07.2019 verkündete Urteil des Landgericht Köln – 27 O 38/19 – zu ändern und wie folgt neu zu fassen:
161. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 24.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2019 Zug um Zug gegen Übergabe und Rückübereignung des Fahrzeugs Audi A, FIN B zu zahlen.
172. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.074,66 € sowie weiteren Zinsen aus einem Betrag in Höhe von 24.000 € in Höhe von 4 Prozentpunkten seit dem 26.02.2019 bis zur Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
183. Für den Fall, dass der Antrag zu 1. Erfolg hat, festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. genannten Fahrzeuges im Annahmeverzug befindet.
194. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.899,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2019 freizustellen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
22Sie beantragt ferner,
23das am 9. Juli 2019 verkündete Urteil des Landgerichts, Az. 27 O 38/19 im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage abzuweisen.
24Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung das erstinstanzliche Ziel der Klageabweisung unter Vertiefung und Ergänzung ihrer Argumentation und ihrer erstinstanzlichen Rechtsauffassung weiter. Sie verweist insbesondere darauf, dass sie weder die Herstellerin des Fahrzeuges noch an dem in Rede stehenden Kaufvertrag beteiligt gewesen sei. Sie wiederholt darüber hinaus ihre Behauptung, die Klägerin habe das Fahrzeug in Kenntnis seiner Ausstattung mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung erworben. Dies ergebe sich bereits aus der breiten Medienberichterstattung über die Dieselabgasproblematik. Die landgerichtliche Würdigung der mündlichen Einlassung der Klägerin sei fehlerhaft, vielmehr weise die Einlassung gravierende Ungereimtheiten und Widersprüche in zeitlicher Hinsicht auf.
25Die Klägerin beantragt,
26die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.
27Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil im Umfang der Stattgabe nach Maßgabe der Berufungserwiderung.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Berufungsrechtszug zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
29Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat das Fahrzeug einen Tachostand von 143.936 km aufgewiesen.
30II.
311.
32Beide Berufungen sind form- und fristgerecht eingelegt worden. Auch im übrigen bestehen gegen ihre Zulässigkeit keine Bedenken. Zulässig ist auch die von der Klägerin mit ihrer Berufung vorgenommene Klageerweiterung. Diese begegnet aus Sicht des Senates keinen Bedenken im Hinblick auf § 533 ZPO, da die in ihr liegende Klageänderung sachdienlich ist und auf Tatsachen gestützt werden kann, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen hat. Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Beurteilung der Sachdienlichkeit ist der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit (Zöller-Heßler, ZPO 32. Auflage, § 533 Rn. 6; BGH MDR 2004, 1075; BGH WM 1983, 604). Entscheidend ist, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung geeignet ist, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen (Zöller-Heßler, a.a.O., § 533 Rn. 6; BGH MDR 2004, 1075; BGH WM 1983, 604). Dies kann aus Sicht des Senates bei der vorliegend in Rede stehenden Klageänderung nicht in Abrede gestellt werden. Die neuen Klageanträge rühren zudem aus demselben tatsächlichen Lebenssachverhalt her, der auch in 1. Instanz schon umfänglich in den Rechtsstreit eingeführt worden ist, weshalb die Entscheidung über sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die der Senat gemäß § 529 ZPO im Berufungsrechtzug ohnehin zugrunde zu legen hat.
332.
34Die Berufung der Beklagten, mit der sie sich gegen die vom Landgericht angenommene Haftung im tenorierten Umfang wendet, hat nur im Hinblick auf einen geringen Teil der vorgerichtlichen Anwaltskosten Erfolg. Darüber hinaus ist der in der angefochtenen Entscheidung tenorierte Zahlbetrag im Hinblick auf die weitere Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeuges durch die Klägerin dem aktuellen Tachostand anzupassen. Im übrigen ist die Berufung der Beklagten jedoch unbegründet und zurückzuweisen. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht eine auf Rückabwicklung des streitgegenständlichen Kaufvertrages gerichtete Haftung der Beklagten im zuerkannten Umfang aus §§ 826, 31 BGB angenommen. Die Beklagte hat der Klägerin, wie bereits das Landgericht zutreffend dargelegt hat, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt. Der Senat sieht sich mit Blick auf die insoweit zu beurteilenden Rechtsfragen in Übereinstimmung mit der Auffassung anderer Senate des Hauses (vgl. nur OLG Köln, Beschluss vom 03.01.2019 – 18 U 70/18; OLG Köln Beschluss vom 27.06.2019 – 27 U 14/19; Urteil vom 17.07.2019 – 16 U 199/18, jeweils zitiert nach juris; OLG Köln, Urteil vom 21.11.2019 – 28 U 21/19) sowie anderer Oberlandesgerichte (vgl. etwa OLG Koblenz, Urteil vom 12.06.2019 – 5 U 1318/18; Kammergericht, Urteil vom 26.09.2019 – 4 U 51/19; OLG Oldenburg, Urteil vom 21.10.2019 – 13 U 73/19; OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.11.2019 – 13 U 37/19; a.A. indes OLG Braunschweig, Urteil vom 19.02.2019 – 7 U 134/17, jeweils zitiert nach juris).
35a. Schädigungshandlung ist das Inverkehrbringen des mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik versehenen Motors bzw. des mit dem Motor ausgestatteten Fahrzeuges.
36aa. Mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeugs bringt der Hersteller jedenfalls konkludent zum Ausdruck, dass das Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden darf, das heißt über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt, deren Fortbestand nicht aufgrund bereits bei Auslieferung des Fahrzeugs dem Hersteller bekannter konstruktiver Eigenschaften gefährdet ist. Das setzt voraus, dass nicht nur die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren formal erfolgreich durchlaufen wurden, sondern auch, dass die für den Fahrzeugtyp erforderliche EG-Typgenehmigung nicht durch eine Täuschung des zuständigen KBA erschlichen worden ist und das Fahrzeug den für deren Erhalt und Fortdauer einzuhaltenden Vorschriften tatsächlich entspricht. Gemäß § 3 I 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (im Folgenden: FZV) dürfen Fahrzeuge nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind, was gemäß § 3 I 2 FZV voraussetzt, dass sie einem genehmigten Typ entsprechen. Wird die EG-Typgenehmigung entzogen oder mit Nebenbestimmungen versehen, entspricht das Fahrzeug – im Fall der Nebenbestimmung: bis zur Nachrüstung – keinem genehmigten Typ mehr. Die Zulassungsbehörde kann dem Eigentümer oder Halter dann gemäß § 5 I FZV eine Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen.
37bb. Der Käufer eines Kraftfahrzeugs kann vor diesem Hintergrund nicht nur davon ausgehen, dass im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs die notwendige EG-Typgenehmigung formal vorliegt, sondern auch davon, dass keine nachträgliche Rücknahme oder Änderung droht, weil die materiellen Voraussetzungen bereits bei ihrer Erteilung nicht vorgelegen haben. Entsprechend dieser selbstverständlichen Käufererwartung ist dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs der Erklärungswert beizumessen, dass auch die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der EG-Typgenehmigung vorlagen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.07.2018 - 27 U 10/18, zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss vom 29.11.2018 - 18 U 70/18, BeckRS 2018, 36568; OLG Köln, Urteil vom 21.11.2019 – 28 U 21/19 n.v.).
38cc. Vorliegend verfügte das streitgegenständliche Fahrzeug indes entgegen dem konkludenten Erklärungswert bei Inverkehrbringen gerade nicht über eine dauerhaft ungefährdete Betriebserlaubnis, weil die installierte Motorsteuerungssoftware eine Umschaltlogik enthielt, die als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn des Art. 5 I und II VO (EG) 715/2007 zu qualifizieren ist, weshalb die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der EG-Typgenehmigung nicht gegeben waren (vgl. hierzu BGH, Hinweisbeschluss vom 08.01.2019, VIII ZR 225/17, zitiert nach juris).
39dd. Die vorstehenden Erwägungen gelten entgegen der Auffassung der Beklagten ungeachtet des Umstandes, dass es vorliegend nicht um ein von der Beklagten selbst hergestelltes und in den Verkehr gebrachtes Fahrzeug geht, sondern um einen Audi A. Denn dieses Fahrzeug wird von einem Unternehmen des VW-Konzerns hergestellt und von diesem in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit der Beklagten in den Verkehr gebracht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeuges, dessen Steuerung nach den vorstehenden Erwägungen gerade der Gegenstand der Beanstandung ist, nicht von der Herstellerin des Fahrzeuges, sondern vielmehr von der Beklagten entwickelt, hergestellt und zum Zwecke des Einbaus in diverse Fahrzeuge unterschiedlicher Konzernunternehmen in den Verkehr gebracht worden ist.
40b. Durch das Verhalten der Beklagten ist der Klägerin auch ein Schaden entstanden, der bereits im Abschluss des Kaufvertrags zu sehen ist.
41aa. Schaden im Sinne von § 826 BGB ist nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage des Geschädigten, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2004 - II ZR 402/02, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 28.10.2014 - VI ZR 15/14, zitiert nach juris). Letzteres ist hier gegeben. Der Schaden der Klägerin als Käuferin eines Kraftfahrzeugs liegt in der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit, weil der konkret abgeschlossene Vertrag beziehungsweise die Eigenschaften des Kaufgegenstands nach den vorstehenden Erwägungen nicht ihren berechtigten Erwartungen entsprachen und überdies die Leistung für ihre Zwecke – Einsatz im Straßenverkehr – nicht ohne Einschränkung brauchbar war, nachdem wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung die Entziehung der EG-Typgenehmigung bzw. die Anordnung von Nebenbestimmungen sowie bei deren Nichterfüllung, also bei Verbleib des Fahrzeugs im Auslieferungszustand, die Stilllegung drohte.
42bb. Dieser der Klägerin entstandene Schaden wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch kompensiert, dass die Klägerin zwischenzeitlich das von der Beklagten zur Verfügung gestellte Software-Update hat installieren lassen, so dass das streitgegenständliche Fahrzeug wieder die in der Typengenehmigung ausgewiesene Schadstoffklasse aufweist. Entscheidend ist aus Sicht des Senates vielmehr, dass die Klägerin durch ein haftungsbegründendes Verhalten der Beklagten zum Abschluss eines Vertrags verleitet wurde, den sie ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte. Dementsprechend kommt es allein auf die Umstände im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs durch die Klägerin an. Denn § 826 BGB schützt auch die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Geschädigten, ohne dass es darauf ankäme, ob sich ein Wertverlust bereits realisiert hat (vgl. Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 826 Rn. 43).
43c. Die Täuschung war auch kausal für den vorliegend in Rede stehenden Kaufvertragsabschluss.
44aa. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Klägerin – wie sie dies auch geltend gemacht hat – vom Kauf des Fahrzeugs Abstand genommen hätte, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass das Fahrzeug zwar formal über eine EG-Typgenehmigung verfügt, aber wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung diese nicht hätte erhalten dürfen, weshalb Maßnahmen der die Typgenehmigung erteilenden Behörde und dem folgend der Zulassungsstelle bis hin zur Stilllegung drohten. Zwar mag die Entscheidung für den Kauf eines bestimmten Kraftfahrzeugmodells von einem ganzen Motivbündel getragen sein. Vorliegend geht es aber um die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs und, soweit diese in Frage steht, um die drohende Stilllegung. Die weiteren Motive für die Wahl des konkreten Modells treten demgegenüber in den Hintergrund, weil dieser Mangel den elementaren Zweck des Autokaufs, nämlich die Fortbewegung auf öffentlichen Straßen, gefährdet. Im Hinblick auf diesen klaren Bezug zur Kaufentscheidung droht hier auch keine dem Zweck der Haftungsnorm widersprechende, uferlose Ausweitung der Haftung nach § 826 BGB (s.a. OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.11.2019 – 13 U 37/19, zitiert nach juris).
45bb. Dass die Klägerin das Fahrzeug nicht neu und unmittelbar von der Beklagten, sondern gebraucht von der Fa. Autohaus C GmbH, einem freien Fahrzeughändler, erworben hat, stellt den Kausalzusammenhang nicht in Frage. Denn durch das Inverkehrbringen des von ihr hergestellten Motors durch die Beklagte, respektive das gemeinschaftliche Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit diesem Motor im Zusammenwirken mit der Herstellerin des Fahrzeuges hat die Beklagte den Kausalverlauf bewusst unter Einschaltung ihres Vertriebssystems in Gang gesetzt. Die mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs verbundene konkludente Täuschung über das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die EG-Typgenehmigung wirkt auch fort, weil hinsichtlich derartiger Angaben der Fahrzeughändler lediglich das durch die Hersteller von Fahrzeug und Motor vermittelte Wissen weitergibt und der Käufer insoweit auf die Herstellerangaben sowie auf die Seriosität des Herstellers vertraut. Diese Täuschung wirkt bei allen weiteren Verkäufen in der Käuferkette (jedenfalls soweit sie vor Aufdeckung der Abschalteinrichtung erfolgen) fort (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 29.04.2019 – 16 U 30/19, zitiert nach juris).
46cc. Der Kausalzusammenhang ist vorliegend auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin das streitgegenständliche Fahrzeug erst am 30.12.2015 und damit nach dem Aufdecken des Diesel-Abgasskandals und der Veröffentlichung der ad hoc Mitteilung sowie der von der Beklagten zu 2) abgegebenen Presseerklärungen zum Thema VW-Dieselabgasskandal erworben hat, somit zu einer Zeit, als die Dieselabgasproblematik bereits durch die umfängliche Berichterstattung in den Medien weiten Teilen der Bevölkerung bekannt war. Die bloße generelle Kenntnis breiter Bevölkerungsschichten von der Dieselabgasproblematik als solcher aus der Medienberichterstattung kann entgegen der beklagtenseits vertretenen Rechtsauffassung aus Sicht des Senates nicht als ausreichend angesehen werden, um den Kausalzusammenhang in Zweifel zu ziehen. Abzustellen ist vielmehr auf den konkreten Kenntnisstand des Käufers zum Zeitpunkt des konkreten Kaufvertragsschlusses, dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Frage der Kausalität einer Täuschung für die Abgabe einer Willenserklärung um einen Umstand handelt, der in hohem Maße von individuellen Umständen in der Person des Getäuschten sowie von dessen Kenntnissen und Vorstellungen abhängig ist. Der Kausalzusammenhang zwischen der Täuschung und dem Kaufvertragsschluss kann aus Sicht des Senates vielmehr nur dann verneint werden, wenn der Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zumindest positiv bekannt gewesen wäre, dass das von ihr erworbene konkrete Fahrzeug von der Dieselabgasproblematik betroffen war. Allenfalls wenn dies bejaht werden könnte, ließe der Erwerb des Fahrzeuges den belastbaren Rückschluss darauf zu, dass diesem Umstand für die Kaufentscheidung der Klägerin keine Bedeutung zukam mit der Folge, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der in dem Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Motors liegenden konkludenten Täuschung über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeuges und dem Abschluss des als Schaden in Betracht kommenden Kaufvertrages nicht gegeben wäre (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2019 – Az. 13 U 149/18, zit. nach juris; OLG München, Beschluss vom 16.04.2019 – Az. 19 U 4356/18 n.v.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.08.2018 – Az. 25 U 72/18, zit. nach juris; OLG Braunschweig Beschluss vom 28.11.2018 – Az. 7 U 52/18 n.v.; diese konkrete Kenntnis in Ermangelung eines substantiierten Vortrags des Geschädigten zu seinem Kenntnisstand ab der ad hoc Mitteilung der Beklagten unterstellend OLG Braunschweig, Beschluss vom 02.11.2017 – Az. 7 U 69/17 n.v.; OLG Braunschweig, Beschluss vom 16.11.2017 – Az. 7 U 172/17 n.v.; Schleswig-Holsteinisches OLG, Verfügung vom 11.06.2019 – Az 1 U 32/19 n.v.; OLG Bamberg, Beschluss vom 28.05.2019 – Az. 4 U 199/18 n.v.; den Verdacht einer konkreten Betroffenheit ausreichen lassend OLG Braunschweig Urteil vom 20.06.2019 – Az. 7 U 185/18, zit. nach juris; zu diesem Problemkreis auch Heese, Herstellerhaftung für manipulierte Diesel-Kraftfahrzeuge NJW 2019, 257; OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2019 – Az. 13 U 149/18, zit. nach juris). Vorliegend hat sich das Landgericht nach informatorischer Anhörung der Klägerin von deren fehlender Kenntnis überzeugt, § 286 ZPO. Dies begegnet aus Sicht des Senates keinen durchgreifenden Bedenken. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht nach § 529 I Nr. 1 ZPO seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen hat, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (vgl. BGH GRUR 2015, 768; BGH NJW-RR 2015, 1200; BGH NJW-RR 2015, 944, jeweils m.w.N.). Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Senats an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich unter anderem aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. BGH NJW 2014, 2797 m.w.N.). Zweifel im Sinne der Regelung des § 529 I Nr. 1 ZPO liegen aber auch schon dann vor, wenn aus der für den Senat maßgeblichen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Ist dies der Fall, obliegt dem Senat nach Maßgabe des § 529 I Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO die Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteil ungeachtet einer entsprechenden Berufungsbegründung (vgl. BGH NJW 2014, 2797). Dabei handelt es sich bei der Berufungsinstanz um eine zweite, wenn auch eingeschränkte Tatsacheninstanz, deren Aufgabe in der Gewinnung einer fehlerfreien und überzeugenden und damit richtigen Entscheidung des Einzelfalls besteht. Die Prüfungskompetenz des Senats hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen ist nicht auf Verfahrensfehler und damit in dem Umfang beschränkt, in dem eine zweitinstanzliche Tatsachenfeststellung der Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. BGH NJW 2016, 713).
47Der Berufung der Beklagten sind indes keine konkreten Anhaltspunkten zu entnehmen, die im Sinne des § 529 I Nr. 1 ZPO Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen könnten und deshalb eine erneute Feststellung seitens des Berufungsgerichts gebieten würden. Aus dem Berufungsvorbringen der Beklagten ergibt sich insbesondere nicht, dass dem Landgericht bei seiner Beweiserhebung Verfahrensfehler unterlaufen sind. Auch Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit seiner Beweiswürdigung sind nicht ersichtlich. Das Landgericht ist zutreffend von der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast der Klägerin für den Kausalzusammenzwang zwischen der inkriminierten Handlung und dem Schaden ausgegangen (allg.M. vgl. nur Palandt-Sprau, BGB 79. Auflage, § 826 Rn. 18). Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht sich die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung allein auf der Grundlage der persönlichen Anhörung der Klägerin gebildet hat (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 27.09.2017 – Az. XII ZR 48/17, zitiert nach juris). Gegen die vom Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung angestellten Erwägungen, denen der Senat beitritt und die er sich zu eigen macht, erinnert die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung nichts Rechtserhebliches. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung schlüssig und substantiiert angegeben, zum Erwerbszeitpunkt keine Kenntnis von der Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeuges von dem Diesel-Abgasskandal gehabt zu haben. Dies habe der Verkäufer ihr nicht gesagt. Sie verfolge die Medienberichterstattung auch nicht und habe daher zum Zeitpunkt des in Rede stehenden Kaufvertrages lediglich in Ansätzen von der Abgasproblematik gehört gehabt. Diese Angaben hat das Landgericht als glaubhaft und die Klägerin als glaubwürdig bewertet. Anhaltspunkte, hieran zu zweifeln, hat der Senat nicht. Im Gegenteil spricht auch aus Sicht des Senates maßgeblich für die Richtigkeit der klägerischen Angaben, dass der Kaufvertragsschluss sehr zeitnah zu der ad-hoc Mitteilung der Beklagten und den Pressemitteilungen der Beklagten sowie dem Rückruf des Fahrzeuges erfolgte. Es handelte sich zudem nicht um ein VW-Fahrzeug, sondern um einen Audi, bei dem die Betroffenheit vom sog. „VW-Abgasskandal“ jedenfalls für einen Laien, der mit den Konzernverhältnissen nicht vertraut ist, nicht ohne weiteres auf der Hand liegt. Der Kaufvertrag enthält auch keinen Hinweis auf die Ausstattung des streitgegenständlichen Fahrzeuges mit einem Motor EA 189, respektive seine Betroffenheit von der Abgasproblematik. Die Klägerin verfügt schließlich – wie durch ihre persönliche Anhörung auch aus Sicht des Senates deutlich geworden ist – nicht über eine technische Ausbildung oder technische Sachkunde. Ihre protokollierten mündlichen Angaben vermitteln vielmehr den Eindruck einer gewissen Unbedarftheit in technischer Hinsicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten vermag der Senat in der Einlassung der Klägerin auch keine relevanten Widersprüche in zeitlicher Hinsicht zu erkennen. Die Einlassung der Klägerin zeigt aus Sicht des Senates vielmehr recht deutlich, dass die Klägerin infolge ihrer fehlenden technischen Sachkunde und ihres bekundeten Desinteresses an der öffentlichen Medienberichterstattung über die Abgasproblematik offenbar die tatsächliche wie rechtliche Bedeutung des Anschreibens der Audi AG aus dem Januar 2017 und des Aufspielens des Software Updates seinerzeit überhaupt noch nicht realisiert hat, sondern diese Erkenntnis erst zu einem späteren Zeitpunkt gewonnen wurde.
48dd. Das Vorgehen der Beklagten, mit einer Software wie der streitgegenständlichen ausgerüstete Motoren in den Verkehr zu bringen, war auch nicht nur unter ganz besonderen, außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegenden Umständen geeignet, den Schaden herbeizuführen. Vielmehr war es so, dass die Motoren gerade für den Einbau in zur Veräußerung bestimmte Fahrzeuge vorgesehen waren und das heimliche Vorgehen hinsichtlich der eingesetzten Software nur dann sinnvoll war, wenn man davon ausging, dass die zuständigen öffentlichen Stellen, Händler, Kunden und Letzterwerber nicht darüber in Kenntnis gesetzt werden sollten. Dementsprechend war der Eintritt solcher Schäden, wie sie die Klägerin konkret erlitten hat, nicht nur nicht gänzlich unwahrscheinlich, sondern im Gegenteil sogar bei gewöhnlichem Lauf der Geschehnisse sicher zu erwarten.
49d. Diese Täuschungshandlung ist auch als sittenwidrig im Sinn des § 826 BGB zu qualifizieren.
50aa. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann und die das schädigende Verhalten nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen. Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (st. Rspr., BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15, zitiert nach juris).
51bb. Nach diesem Maßstab ist von einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten auszugehen.
52(1) Als Beweggrund für das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs kommt aus Sicht des Senates allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Es erscheint lebensfremd, dass die Beklagte das mit der Verwendung der Abschaltsoftware verbundene erhebliche Risiko ohne wirtschaftlichen Vorteil eingegangen wäre (ebenso OLG Köln, Beschluss vom 16.07.2018 - 27 U 10/18, zitiert nach juris; OLG Köln, Urteil vom 21.11.2019 – 28 U 21/19 n.v.). Auch die Beklagte selbst trägt keinen anderen Grund vor.
53(2) Zwar ist allein ein Handeln mit Gewinnstreben nicht per se als verwerflich zu beurteilen. Im Hinblick auf das eingesetzte Mittel ist das Handeln hier aber verwerflich: Bereits das Ausmaß der (konkludenten) Täuschung rechtfertigt das besondere Unwerturteil. Wie dem Senat aus einer Vielzahl von Verfahren und zwischenzeitlich auch allgemein bekannt ist, wurde die unzulässige Abschalteinrichtung in einer hohen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut, mit der Folge einer entsprechend hohen Anzahl getäuschter Käufer.
54(3) Dieses Ergebnis ist auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten zu korrigieren. Zwar ist die Haftung beschränkt auf die Schäden, die dem in sittlich anstößiger Weise geschaffenen Gefahrenbereich entstammen, das heißt in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.1985 - II ZR 109/84, juris Rn. 15; Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 826 Rn. 22). Die Haftung aus § 826 BGB knüpft indes nicht unmittelbar an den Verstoß gegen Art. 5 II 1 VO (EG) 715/2007 an, sondern folgt aus der mit dem Inverkehrbringen des Motors sowie des mit diesem Motor ausgestatteten Fahrzeugs verbundenen Täuschung über die Erfüllung der materiellen Typgenehmigungsvoraussetzungen. Diese Pflichtverletzung ist für den Rechtskreis des Käufers ersichtlich von Bedeutung, weil über einen die Kaufentscheidung wesentlich beeinflussenden Umstand getäuscht wird (OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2019, 17 U 160/18, zitiert nach juris).
55e. Bei der Beklagten lagen auch die subjektiven Voraussetzungen einer Haftung gemäß §§ 826, 31 BGB vor.
56aa. In subjektiver Hinsicht setzt § 826 BGB Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis der Tatumstände, die das Verhalten sittenwidrig erscheinen lassen, voraus.
57(1) Der erforderliche Schädigungsvorsatz bezieht sich darauf, dass durch die Handlung einem anderen Schaden zugefügt wird. Er enthält ein Wissens- und Wollenselement: Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Dabei setzt § 826 BGB keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles voraus. Es genügt bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen, wobei dieser nicht den konkreten Kausalverlauf und den genauen Umfang des Schadens, sondern nur Art und Richtung des Schadens umfassen muss. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass ein Schaden im Sinn des § 826 BGB nicht nur in der Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter liegt, sondern vielmehr jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage genügt, einschließlich der sittenwidrigen Belastung fremden Vermögens mit einem Verlustrisiko (st. Rspr., BGH, Urteil vom 13.09.2004 - II ZR 276/02, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 19.07.2004 – II ZR 402/02, zitiert nach juris). Im Rahmen des § 826 BGB kann sich im Einzelfall aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns, insbesondere dem Grad der Leichtfertigkeit des Schädigers, die Schlussfolgerung ergeben, dass er mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat. Dies kann insbesondere dann naheliegen, wenn der Schädiger sein Vorhaben trotz starker Gefährdung des Rechtsguts durchgeführt hat und es dem Zufall überlässt, ob sich die erkannte Gefahr verwirklicht. Stets ist aber eine umfassende Würdigung sämtlicher Umstände erforderlich (BGH, Urteil vom 20.11.2012 - VI ZR 268/11, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 20.12.2011 – VI ZR 309/10, zitiert nach juris).
58(2) Für den getrennt davon erforderlichen subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Sittenwidrigkeitsurteil begründen (BGH, Urteil vom 13.09.2004 - II ZR 276/02, zitiert nach juris).
59(3) Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt voraus, dass ein „verfassungsmäßig berufener Vertreter" im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand verwirklicht hat. Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit lässt sich nicht dadurch begründen, dass unter Anwendung der Grundsätze der Wissenszurechnung und -zusammenrechnung auf die „im Hause" der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse abgestellt wird. Insbesondere lässt sich eine die Sittenwidrigkeit begründende bewusste Täuschung nicht durch mosaikartiges Zusammenrechnen der bei verschiedenen Mitarbeitern der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse konstruieren. Die erforderlichen Wissens- und Wollenselemente müssen vielmehr kumuliert bei einem Mitarbeiter vorliegen, der zugleich als „verfassungsmäßig berufener Vertreter" im Sinne des § 31 BGB anzusehen ist und auch den objektiven Tatbestand verwirklicht hat (BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15, zitiert nach juris). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Begriff des „verfassungsmäßig berufenen Vertreters" weit auszulegen: „Verfassungsmäßig berufene Vertreter" sind danach auch Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (sogenannte Repräsentantenhaftung, st. Rspr. BGH, Urteil vom 05.03.1998 - III ZR 183/96, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 30.10.1967 - VII ZR 82/65, zitiert nach juris). Auch in der neueren Rechtsprechung zu § 826 BGB verweist der Bundesgerichtshof ausdrücklich unter Bezugnahme auf das Urteil vom 30.10.1967 auf die weite Auslegung des Begriffs „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 541/15, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15, zitiert nach juris).
60bb. Bei der Beklagten lagen die dargestellten subjektiven Voraussetzungen für eine Haftung nach §§ 826, 31 BGB vor. Denn nach dem Sach- und Streitstand steht fest, dass der Vorstand der Beklagten, jedenfalls aber die Mitarbeiter des oberen Managements der Beklagten nicht nur über umfassende Kenntnisse von dem Einsatz der Software zur Motorsteuerung verfügten, sondern die Herstellung und das Inverkehrbringen der entsprechend ausgerüsteten Motoren in der Vorstellung veranlasst haben, dass diese unverändert und ohne entsprechenden Hinweis weiter veräußert werden würden, obwohl die materiellen Typgenehmigungsvoraussetzungen fehlten und dies für die Käufer wesentlich war.
61(1) Zwar liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der §§ 826, 31 BGB grundsätzlich bei der Klägerin. Allerdings trifft die Beklagte vorliegend eine sekundäre Darlegungslast. Denn die Klägerin, die bereits in erster Instanz vorgetragen hat, dass die Beklagte sie vorsätzlich getäuscht habe, wobei der Vorstand der Beklagten von der Manipulation gewusst und mit entsprechendem Schädigungsvorsatz gehandelt habe, steht außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, während die Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt. Dann genügt nach den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast ein einfaches Bestreiten des Anspruchsgegners nicht, sofern ihm nähere Angaben zuzumuten sind (st. Rspr., u.a. BGH, Urteil vom 24.10.2014 - V ZR 45/13, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 03.05.2016 - II ZR 311/14, zitiert nach juris; eine sekundäre Darlegungslast in den Abgas-Manipulationsfällen befürwortend: OLG Köln, Beschluss vom 03.01.2019 - 18 U 70/18, BeckRS 2019, 498; OLG Köln, Beschluss vom 16.07.2018 - 27 U 10/18, zitiert nach juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.11.2019 – 13 U 37/19, zitiert nach juris).
62(2) Dieser sekundären Darlegungslast ist die Beklagte nicht hinreichend nachgekommen. Insbesondere genügt das Vorbringen der Beklagten zu den internen Geschehnissen im Zusammenhang mit der Beauftragung, der Bezahlung, dem Empfang, der Kontrolle und der Verwendung der streitgegenständlichen Software zur Motorsteuerung den zu stellenden Anforderungen nicht. Da die Beklagte nicht konkret darlegt, dass und wie einzelne, nicht von § 31 BGB erfasste Mitarbeiter unter Ausschluss ihres Vorstandes über einen immerhin nicht unerheblichen Zeitraum die mangelhafte Software pflichtwidrig beauftragen, bezahlen und verwenden konnten und weshalb sie dies hätten tun sollen, kann sich die Beklagte hierauf nicht berufen. Ihre Rechtsverteidigung erschöpft sich insoweit letztlich in einem nicht ausreichenden einfachen Bestreiten der Behauptungen der Klägerin.
63(3) Demgegenüber verfängt der Einwand, die Grundsätze der sekundären Darlegungslast könnten nicht eingreifen, weil die Klägerin schon nicht substantiiert vorgetragen habe, nicht. Richtig ist, dass es auf den Umfang der sekundären Darlegungslast nur dann ankommt, wenn der Anspruchsteller der ihn treffenden primären Darlegungslast überhaupt nachgekommen ist. Da die Klägerin hier aber außerhalb des Geschehensablaufs steht und ihr entsprechende Kenntnisse aus strukturellen Gründen fehlen, so dass sie letztlich nur aufgrund öffentlich zugänglicher Quellen und der Äußerungen der Beklagten selbst Behauptungen in Bezug auf die streitgegenständliche Vorgänge aufstellen kann, sind insoweit bereits eben diese allgemeinen Behauptungen für einen schlüssigen Klagevortrag ausreichend und eine weitere Substantiierung nicht erforderlich. Es ist anerkannt, dass im Falle der Nichterfüllung der sekundären Darlegungslast die Behauptung des primär Darlegungspflichtigen gerade trotz ihrer mangelnden Substantiierung als zugestanden gilt (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2005 – IX ZR 276/02, zitiert nach juris).
64(4) Der Beklagten ist es auch zumutbar, dazu vorzutragen, wer, wann und weshalb den Einsatz der streitgegenständlichen Software zur Motorsteuerung veranlasst hat. Bei der gebotenen Abwägung im Einzelfall ist das diesbezügliche Interesse der Beklagten, keine näheren Angaben zu machen, geringer zu gewichten als das Interesse der Klägerpartei am Erhalt der entsprechenden Auskünfte. Dabei ist ausschlaggebend, dass die der Sphäre der Beklagten zuzuordnende Manipulation ein erhebliches Ausmaß hatte und die Beklagte sich deshalb veranlasst sah, die Angelegenheit intern umfassend aufklären zu lassen. Damit ist es der Beklagten aber unschwer möglich, jedenfalls näher zu den maßgeblichen Ereignissen vorzutragen, während die Klägerin, ohne dass ihr dies vorzuwerfen wäre, in Unkenntnis über die internen Geschehnisse im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Einsatz der streitgegenständlichen Software ist. Unzweifelhaft wäre es der Beklagten zudem möglich, jedenfalls allgemein darzulegen, wie bei ihr entsprechende Entscheidungsabläufe organisiert sind. Richtig ist im Übrigen, dass die Beklagte hiermit der Klägerin unter Umständen entscheidende Informationen liefern könnte. Eine von der Beklagten befürchtete Ausforschung ist hierin aber nicht zu sehen. Zum einen hat die Klägerin greifbare Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten auf der Vorstandsebene oder jedenfalls des oberen Managements der Beklagten vorgetragen. Zum anderen steht ohnehin fest, dass ein konkretes, im Verantwortungsbereich der Beklagten liegendes Fehlverhalten zu einer Schädigung der Klägerin geführt hat. Fraglich ist allein, welchen konkreten Personen dieses Fehlverhalten anzulasten ist. Die Beklagte verkennt zudem, dass sie nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast nicht etwa gehalten ist, der Klägerin im Sinne einer allgemeinen Aufklärungspflicht Informationen zu erteilen, die ihrer Klage erst zum Erfolg verhelfen. Zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast muss der Prozessgegner vielmehr die vom Anspruchsteller dargelegten anspruchsbegründenden Umstände qualifiziert und substantiiert bestreiten. Es hätte der Beklagten also – unter Beachtung der im Zivilprozess im Interesse einer geordneten Rechtspflege beide Parteien nach § 138 I, II ZPO treffenden Pflicht, sich vollständig und der Wahrheit gemäß zu erklären – gerade nicht zwingend oblegen, im Einzelnen zu offenbaren, von welchen Mitarbeitern das inkriminierte Fehlverhalten ausging, sondern darzulegen, dass und weshalb ihr Vorstand hierüber entgegen den Vorbringen der Klägerin nicht unterrichtet war.
65(5) Der Annahme einer sekundären Darlegungslast der Beklagten steht schließlich nicht entgegen, dass die Beklagte eine negative Tatsache darzulegen hätte, denn es wäre der Beklagten ohne weiteres möglich, dazu vorzutragen, warum die von der Klägerin vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine Beteiligung ihres Vorstandes nicht zulassen sollten (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2014 – IV ZR 90/13, zitiert nach juris). Zwar setzt die Zumutbarkeit weiteren Vortrags seitens der nicht beweisbelasteten Partei stets besondere Anknüpfungspunkte voraus. Vorliegend hat die Klägerin aber – unter Hinweis auf allgemein zugängliche Quellen – Anhaltspunkte vorgetragen, zu denen die Beklagte sich hätte erklären können. Der Beklagten wird damit auch nichts Unmögliches abverlangt. Ausreichend, aber auch erforderlich wäre es nach dem Gesagten, sich mit den Indizien auseinanderzusetzen und darzulegen, warum trotz dieser Indizien keine Kenntnis ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter vorgelegen haben soll.
66(6) Als Rechtsfolge des nicht ausreichenden Vortrags der Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast ist der Vortrag der Klägerin dazu, dass der Vorstand der Beklagten Kenntnis vom Einsatz der streitgegenständlichen Software zur Motorsteuerung und der hieraus folgenden Unwägbarkeiten bezüglich der Typengenehmigung und der Zulassung der mit diesem Motor ausgestatteten Fahrzeuge hatte und diese gleichwohl bewusst und unter Inkaufnahme einer Schädigung einer Vielzahl von Enderwerbern in Verkehr bringen wollte, als zugestanden anzusehen.
67(7) Die Beklagte kannte nach alledem auch die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände. Aufgrund des maßgeblichen Sach- und Streitstands ist nicht nur davon auszugehen, dass die Installation der Abschalteinrichtung in der Motorsteuerungssoftware mit Wissen und Wollen eines oder mehrerer Mitglieder des Vorstands der Beklagten bzw. eines oder mehrerer Repräsentanten im Sinne des § 31 BGB erfolgt und somit der Beklagten zuzurechnen ist, sondern auch davon, dass der Vorstand oder sonstige verfassungsmäßig berufene Vertreter in der Vorstellung handelten, dass die so ausgestatteten Motoren in Fahrzeugen der Beklagten und der anderen Konzernunternehmen eingebaut würden und für diese die EG-Typgenehmigung beantragt würde, obwohl die materiellen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen, und die Fahrzeuge sodann in den Verkehr gebracht werden würden.
68f. Dem geltend gemachten Zahlungsanspruch steht in der hier zu beurteilenden Konstellation auch nicht das Gebot von Treu und Glauben im Sinne von § 242 BGB entgegen. Es stellt sich nicht als rechtsmissbräuchlich dar, dass die Klägerin begehrt, so gestellt zu werden, als hätte sie das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erworben.
693.
70Allerdings hat das Landgericht zu Recht entsprechend dem klägerseits in 1. Instanz formulierten Klageantrag zu 1. im Wege des Vorteilsausgleichs die von der Klägerin erlangten Gebrauchsvorteile in Abzug gebracht.
71a. Wenn wie hier der Geschädigte durch Täuschung eines Dritten zum Abschluss eines Vertrags veranlasst wurde, steht ihm im Rahmen der Naturalrestitution ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrags zu, also auf Ausgleich der für den Vertrag getätigten Aufwendungen durch den Schädiger gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2004 - II ZR 402/02, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 28.10.2014 - VI ZR 15/14, zitiert nach juris). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist außerdem geklärt, dass nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dem Geschädigten neben seinem Ersatzanspruch nicht diejenigen Vorteile verbleiben dürfen, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Gleichartige Gegenansprüche sind automatisch zu saldieren (BGH, Urteil vom 12.03.2009 - VII ZR 26/06, zitiert nach juris; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Auflage 2020, Vorb v § 249 Rn. 71). Solange Ersatzanspruch und Vorteil nicht gleichartig sind, muss der Schädiger Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils leisten. Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten ist nur mit dieser Einschränkung begründet. Darauf, ob der Schädiger die Herausgabe des Vorteils verlangt, kommt es nicht an. Insbesondere bedarf es anders als in den Fällen der §§ 320, 322, 348 BGB keines besonderen Antrags oder einer Einrede des Schädigers (BGH, Urteil vom 23.06.2015 - XI ZR 536/14, zitiert nach juris).
72b. Danach kann die Klägerin vorliegend entsprechend dem Umfang der landgerichtlichen Verurteilung lediglich die Erstattung des für den Erwerb des Fahrzeugs verauslagten Kaufpreises abzüglich einer Entschädigung für die gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs an die Beklagte verlangen. Bei Berechnung der Entschädigung für die gezogenen Nutzungen hat das Landgericht den für jeden gefahrenen Kilometer in Abzug zu bringenden Betrag zutreffend in der Weise ermittelt, dass es den vereinbarten Bruttokaufpreis durch die im Kaufzeitpunkt zu erwartende Restlaufleistung geteilt hat (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 09.12.2014 - VIII ZR 196/14, zitiert nach juris). Dabei handelt es sich um eine gängige und im Rahmen des Schätzermessens liegende Methode zur Berechnung der Nutzungsentschädigung bei Kraftfahrzeugen, die entgegen der beklagtenseits vertretenen Rechtsauffassung nicht der Beanstandung durch den Senat unterliegt. Auch soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang die Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeuges analog § 287 ZPO auf 300.000 km geschätzt hat, ist auch dies rechtlich nicht zu beanstanden und hält sich innerhalb des üblichen Schätzungsrahmens, der inzwischen bei Personenkraftwagen zwischen 150.000 und 350.000 Kilometern liegt (vgl. beispielhaft OLG Köln, Beschluss vom 18.05.2018 – 27 U 13/17, zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss vom 29.11.2018 – 18 U 70/18, zitiert nach juris; KG Berlin, Urteil vom 23.05.2013 – 8 U 58/12, zitiert nach juris; sowie die Übersicht bei Kaiser in: Staudinger, Bürgerliches Gesetzbuch, Neubearbeitung 2012, § 346, Rdnr. 261). Die vom Landgericht ausgehend von dem Kilometerstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in 1. Instanz in Abzug gebrachte Nutzungsentschädigung war indes mit Rücksicht auf den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mitgeteilten unstreitigen aktuellen Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeuges zum 13.02.2020 von 143.936 km unter Abänderung des Tenors der landgerichtlichen Entscheidung entsprechend auf 8.086,25 € anzupassen. Dies ergibt den tenorierten Betrag.
734.
74Die Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Fahrzeuges auch in Annahmeverzug, §§ 293 ff. BGB. Die Klägerin hat bereits mit vorgerichtlichem Schreiben vom 31.01.2019 (DB 4, Bl. 45 ff. d.A.) die Rückgabe des Fahrzeuges angeboten und zugleich deutlich gemacht, sich die Gebrauchsvorteile anrechnen lassen zu wollen. Dieses Angebot hat sie nach erfolgter Leistungsablehnung durch die Beklagte im Rahmen der Klageschrift wiederholt, § 295 BGB. Für die vom Landgericht getroffene Feststellung eines konkreten Datums des Beginns des Annahmeverzuges vermag der Senat hingegen ein Feststellungsinteresse nicht zu erkennen. Insoweit war daher ebenfalls eine Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung geboten.
755.
76Teilweise Erfolg hat die Berufung der Beklagten indes, soweit es die vom Landgericht angenommene Pflicht zur Freistellung der Klägerin von den vorgerichtlichen Anwaltskosten anbelangt. Insoweit ist das Landgericht zwar zu Recht im Grundsatz davon ausgegangen, dass die Klägerin die vorgerichtliche Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe als notwendig ansehen konnte. Auch die Erwägungen, mit denen das Landgericht einen Freistellungsanspruch (lediglich) in Höhe einer 1,3-fachen Gebühr bejaht hat, teilt der Senat. Allerdings ist der Berechnung der Gebühr entsprechend dem vom Senat abändernd festzusetzenden Streitwert der 1. Instanz lediglich ein Gegenstandswert von bis zu 19.000 € zugrunde zu legen. Im vorgerichtlichen Anwaltsschreiben hat die Klägerin die Anrechnung von Gebrauchsvorteilen angeboten, die nach den vorstehenden Erwägungen im Wege der Saldierung erfolgt und den Anspruch der Klägerin von vorneherein verringert. Dies ist bei der Bemessung von Gegenstands- und Streitwert zu berücksichtigen.
776.
78Die Berufung der Klägerin, die sich im Wesentlichen nicht gegen das angefochtene Urteil richtet, sondern vielmehr auf eine weitergehende Verurteilung der Beklagten gerichtet ist, hat in der Sache keinen Erfolg.
79a. Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des gesamten Kaufpreises ohne Anrechnung der Gebrauchsvorteile begehrt, kann dies nach den vorstehenden Erwägungen keinen Erfolg haben. Die Nichtberücksichtigung der erlangten Gebrauchsvorteile würde vielmehr zu einer Überkompensation des der Klägerin entstandenen Schadens führen, die dem Schadensersatzrecht fremd ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 275/12, zitiert nach juris).
80b. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Deliktszinsen ist ebenfalls nicht gegeben. Insbesondere folgt ein solcher Zinsanspruch nicht aus § 849 BGB (vgl. ausführlich dazu OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.11.2019 – 13 U 37/19, zitiert nach juris).
81aa. Nach § 849 BGB kann zwar in den Fällen, in denen wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen ist, eine Verzinsung des zu ersetzenden Betrages von dem Zeitpunkt an verlangt werden, der der Bestimmung des Werts zugrunde gelegt wird. Die Norm greift auch nicht nur bei einer Sachentziehung oder -beschädigung ein, sondern auch in Fällen, in denen dem Geschädigten Geld entzogen wurde (BGH, Urteil vom 12.06.2018 - KZR 56/16, zitiert nach juris; BGH, Versäumnisurteil vom 26.11.2007 - II ZR 167/06, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 24.01.2017 - KZR 47/14, zitiert nach juris). § 849 BGB ist seinem Wortlaut nach auch nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt zudem nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird (BGH, Versäumnisurteil vom 26.11.2007 - II ZR 167/06, zitiert nach juris).
82bb. Der Normzweck geht aber dahin, den endgültig verbleibenden Verlust an der Nutzbarkeit der weggegebenen Sache - als pauschalierten Mindestbetrag - auszugleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGHZ 87, 38, 40; BGH, NJW 2008, 291). Dieser Normzweck ist im hier vorliegenden Fall nicht betroffen, da zwar der Klägerin ein Geldbetrag in Höhe des Kaufpreises für das Fahrzeug entzogen wurde, die Entziehung aber nicht ersatzlos erfolgte, sondern dadurch kompensiert wurde, dass sie im Gegenzug Eigentum und Besitz an dem Fahrzeug erhielt mit der Möglichkeit, dieses jederzeit nutzen zu können (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2019 - 13 U 149/18 zitiert nach juris; OLG Koblenz, Urteil vom 28.08.2019 - 5 U 1218/18, BeckRS 2019, 20653; a.A: OLG Oldenburg, Urteil vom 02.10.2019 - 5 U 47/19, BeckRS 2019, 23205; OLG Köln, Beschluss vom 27.06.2019 - 27 U 14/19, zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss vom 17.07.2019 - 16 U 199/18, zitiert nach juris). Ein etwaiger Minderwert des Fahrzeuges hat hierauf keinen Einfluss (a.A.: OLG Koblenz, Urteil vom 16.09.2019 - 12 U 61/19, zitiert nach juris).
83cc. Überdies wäre der der Kaufpreissumme entsprechende Betrag mit der Möglichkeit, hieraus Nutzungen zu ziehen, ohnehin nicht im Vermögen der Klägerin verblieben, wenn diese in Kenntnis des streitgegenständlichen Mangels den vorliegenden Kaufvertrag nicht abgeschlossen und stattdessen ein anderes Fahrzeug erworben und den Kaufpreis für dieses aufgewandt hätte (vgl. ähnlich OLG Koblenz, Urteil vom 28.08.2019 - 5 U 1218/18, BeckRS 2019, 20653). Wendete man die Verzinsungsregelung des § 849 BGB im vorliegenden Fall gleichwohl an, führte dies wiederum zur einer dem Schadensersatzrecht fremden Überkompensation, da die Klägerin dann letztendlich durch das Schädigungsereignis wirtschaftlich besser stünde als ohne das schädigende Ereignis. Dies widerspräche aber dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot (vgl. dazu BGH, Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 275/12, zitiert nach juris).
84III.
85Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
86IV.
87Gemäß § 543 I Nr. 1, II ZPO ist die Revision zuzulassen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert aus Sicht des Senates angesichts der Vielzahl gleich gelagerter Verfahren eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den sich in ihnen gleichermaßen stellenden Rechtsfragen.
88Der Streitwert der 1. Instanz wird abweichend von der angefochtenen Entscheidung auf 17.363,53 € festgesetzt, § 63 III GKG. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 24.000 € (Berufung der Klägerin: 6.636,47 €, Berufung der Beklagten: 17.363,53 €).