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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Beigeladenen werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der getroffenen Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien streiten über die Besetzung einer Notarstelle in A.
4Der Kläger hat die zweite juristische Staatsprüfung am xx.x.2011 mit der Note „befriedigend“ (8,60 Punkte) und die notarielle Fachprüfung am xx.x.2018 mit der Note „befriedigend“ (7,53 Punkte) bestanden. Im Jahre 2011 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen und am 22.11.2018 zum Notar unter Zuweisung des Amtssitzes in B bestellt. Nach einem Sozietätswechsel zum 31.8.2019 unterhält der Kläger seit dem 1.9.2019 eine Zweigstelle seiner Rechtsanwaltskanzlei in C im Amtsgerichtsbezirk A.
5Der Beigeladene hat die zweite juristische Staatsprüfung am 26.4.2001 und die notarielle Fachprüfung am 7.3.2014 jeweils mit der Note „befriedigend“ (6,50 Punkte) bestanden. Am 29.11.2001 wurde er zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und war zunächst in D tätig. Seit März 2004 ist er Rechtsanwalt in A und hat sich seit 2015 wiederholt auf dort ausgeschriebene Notarstellen beworben.
6Der Kläger und der Beigeladene bewarben sich jeweils auf eine am 15.5.2019 ausgeschriebene Notarstelle in A. Nach einem Bericht des Präsidenten des Landgerichts D vom 25.9.2019, der sich gegen eine Amtssitzverlegung des Klägers und für eine Vergabe der Notarstelle in A an den Beigeladenen ausgesprochen hatte, forderte der Beklagte mit Schreiben vom 7.10.2019 den Beigeladenen zur Nachreichung von Unterlagen auf. Dem kam der Beigeladene mit Schreiben vom 11.10.2019 nach. Der Geschäftsführer der Westfälischen Notarkammer befürwortete in seinen Schreiben vom 14.10.2019 und vom 17.10.2019 ebenfalls eine Besetzung der Notarstelle in A mit dem Beigeladenen unter dem Vorbehalt des Nachweises einer ausreichenden Teilnahme an notarspezifischen Fortbildungsveranstaltungen.
7Mit Bescheid vom 14.11.2019 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Notarstelle in A an den Beigeladenen vergeben werden soll, da die Voraussetzungen für eine Verlegung des Amtssitzes gemäß §§ 10 Abs. 1 Satz 3, 4 BNotO nicht erfüllt seien. Die beantragte Sitzverlegung stehe nicht mit dem Interesse der Bevölkerung an einer ausgeglichen Versorgung mit notariellen Dienstleistungen durch eine möglichst bedarfsdeckende und kontinuierliche Stellenbesetzung in Einklang, weil bei einer dem Antrag des Klägers entsprechenden Entscheidung in B aufgrund der gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 AVNot vorgenommenen Bedarfsermittlung eine Unterdeckung entstehe. Dort sei der Bedarf von 23 Stellen durch eine entsprechende Zahl von Notaren einschließlich des Klägers zunächst voll gedeckt. Wegen einer durch Verfügung vom 28.10.2019 mit Wirkung zum 1.1.2020 erfolgten Verlegung des Amtssitzes der Notarin E von B nach F, wo auf sieben ausgeschriebene Stellen nur eine Bewerbung eingegangen sei, reduziere sich die Bedarfsdeckung allerdings auf 95,65 % und würde bei einer Sitzverlegung des Klägers auf 91,30 % sinken. Wie sich aus der Ausschreibung ergebe, bestehe in A ein Bedarf, der durch Bestellung des Beigeladenen gedeckt werden könne. Insofern würde sich bei der beantragten Amtssitzverlegung des Klägers der Fehlbedarf in B erhöhen, während in A einem qualifizierten Bewerber der Zugang zum Notaramt verwehrt würde. Im Übrigen sei bislang nicht abschließend geprüft worden, ob der Kläger mit den örtlichen Gegebenheiten des Bezirks A ausreichend vertraut ist. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den genannten Bescheid und die dort in Bezug genommene Besetzungsentscheidung vom 6.11.2019 verwiesen. Nachdem Klageerhebung angekündigt worden war, stellte der Beklagte die Besetzung der Notarstelle in A zunächst zurück.
8Der Kläger ist der Auffassung, dass seinem Antrag auf Amtssitzwechsel stattgegeben werden müsse. Zur Bewerbung des Beigeladenen meint der Kläger, dass die förmlichen Voraussetzungen gemäß § 6b Abs. 2 BNotO i.V.m. § 18 AVNot nicht eingehalten worden seien, weil der Beigeladene die notwendigen Anlagen nicht rechtzeitig innerhalb der insoweit geltenden Ausschlussfrist in zweifacher Ausfertigung, sondern erst nach Aufforderung des Beklagten eingereicht habe. Hiervon habe auch nicht im Hinblick auf frühere Bewerbungen abgesehen werden dürfen. Insbesondere greife die Ausnahmeregelung in § 17 Abs. 5 AVNot nicht ein. Hinsichtlich seines eigenen Antrags ist der Kläger der Meinung, dass die erleichterten Voraussetzungen für einen Amtssitzwechsel gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 BNotO erfüllt seien, die gerade keine örtliche Warte- oder Erfahrungszeit i.S.d. § 6 BNotO erfordern würden, und dass kein Anwartschaftsrecht des Beigeladenen bestehe, dem namentlich nicht zugutegehalten werden könne, aufwändige Vorbereitungsleistungen gezielt auf den Amtssitz in A ausgerichtet zu haben, weil es sich dabei um eine notwendige Voraussetzung für die erstmalige Bestellung zum Notar handele. Diesbezügliche Ausführungen des Beklagten belegen nach Auffassung des Klägers einen Ermessensfehlgebrauch. Auch bei einem Wechsel des Klägers nach A bestehe seines Erachtens keine konkrete Gefahr einer Unterversorgung mit notariellen Dienstleistungen in B, weil die insoweit vom Beklagten – nach Auffassung des Klägers fehlerhaft – ermittelten Zahlen hierfür nicht ausreichen würden, der rechnerische Bedarf lediglich die Obergrenze für die Bestellung von Notaren darstelle und die Bewerberquote in B seit einigen Jahren hoch sei. Insofern hätte der Beklagte nach Meinung des Klägers über die Quotenberechnung hinaus eine einzelfallbezogene und durch weitere Tatsachen hinreichend belegte Prognose unter Berücksichtigung der bevorstehenden Änderung der AVNot mit der vorgesehenen Anpassung der Maßzahlen der Urkundsgeschäfte vornehmen müssen, wobei die Amtssitzverlegung der Notarin E nach Meinung des Klägers nicht hätte einbezogen werden dürfen. Schließlich seien seine im Vergleich zum Beigeladenen besseren Leistungen und die Ausschreibung von Notarstellen im Jahre 2020 zu berücksichtigen.
9Der Kläger beantragt sinngemäß,
10den Beklagten zu verpflichten, die Besetzung der am 15.5.2019 ausgeschriebenen Notarstelle im Amtsgerichtsbezirk A unter Aufhebung des Bescheids vom 14.11.2019 zum Az. 3835 E – 8.17 (AG A) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
11Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,
12die Klage abzuweisen.
13Der Beklagte verteidigt seine Besetzungsentscheidung, bei der seines Erachtens entgegen der Darstellung des Klägers keine sachfremden Erwägungen angestellt worden seien. Nach Auffassung des Beklagten ist die der Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern gemäß § 6 Abs. 3 BNotO vorgelagerte, anhand des Prüfungsmaßstabs in § 10 Abs. 1 Satz 3 BNotO und § 4 BNotO zu treffende Ermessensentscheidung, ob eine frei gewordene Notarstelle durch Neubestellung eines Rechtsanwalts zum Notar oder durch Verlegung des Amtssitzes eines bereits bestellten Notars besetzt werden soll, nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung des insoweit anzulegenden Maßstabes entspreche die vom Kläger beantragte Amtssitzverlegung wegen der festgestellten Bedarfszahlen in den betroffenen Amtsgerichtsbezirken nicht den Belangen einer geordneten Rechtspflege. Der Bedarf ist nach Meinung des Beklagten entsprechend der Messzahl gemäß § 15 AVNot zutreffend ermittelt worden und im Rahmen der Selbstbindung der Verwaltung für den bei der Entscheidung über eine Amtssitzverlegung zu berücksichtigenden Bedarf maßgeblich, wobei nach dem Stichtagsprinzip eventuelle zukünftige Entwicklungen bei der Besetzung der im Jahre 2019 ausgeschriebenen Stelle noch nicht berücksichtigt werden könnten. Auch die erst zum 1.1.2021 in Kraft tretende Änderung der AVNot sowie nach Darstellung des Klägers „traditionell“ hohe Bewerberzahlen auf Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk B ist nach Auffassung des Beklagten für die vorliegend zu treffende Besetzungsentscheidung nicht relevant. Unter Bezugnahme auf eine E-Mail des Präsidenten des Landgerichts D vom 29.1.2020 behauptet der Beklagte, dass alle notwendigen Anlagen bereits aufgrund früherer Bewerbungen des Beigeladenen vorlagen, so dass nach Meinung des Beklagten auf die nochmalige Einreichung verzichtet werden konnte bzw. eine Nachreichung gemäß § 17 Abs. 5 Satz 3 AVNot zulässig war und die Bewerbung des Beigeladenen deshalb nicht verfristet war.
14Der Beigeladene schließt sich der Argumentation des Beklagten an und verweist auf ein Beiblatt zum amtlichen Vordruck mit „Hinweisen zur Bewerbung um Bestellung zur Anwaltsnotarin oder zum Anwaltsnotar“, denen zufolge die in § 18 Abs. 3 AVNot genannten Anlagen beizufügen sind, soweit sie nicht im Rahmen früherer Bewerbungen bereits vorgelegt worden sind. Entsprechend sei er im Anschluss an seine erste Bewerbung im Jahre 2015 verfahren. Auch in der Sache sei die Entscheidung des Beklagten im Rahmen des ihm zustehenden und nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Ermessens nach Auffassung der Beigeladenen nicht zu beanstanden, zumal zu berücksichtigen sei, dass der Kläger erst im Jahre 2018 zum Notar in B bestellt wurde.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift vom 28.9.2020 sowie den Besetzungsvorgang des Beklagten (3836 E – 8 (AG A) Band 3) verwiesen.
16II.
17Die Klage ist zwar gemäß § 111b BNotO i.V.m. §§ 40, 42 Abs. 1, 68 VwGO statthaft (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 12.4.2012 - 1 Not 7/11, abrufbar bei juris) und auch ansonsten zulässig, insbesondere rechtzeitig erhoben worden und auf einen möglichen Entscheidungsinhalt gerichtet, nämlich Aufhebung der angefochtenen Auswahlentscheidung und Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.2015 – NotZ (Brfg) 2/15, in: BGHZ 208, 39 ff. m.w.N.), hat aber in der Sache keinen Erfolg. Denn die Entscheidung des Beklagten, die ausgeschriebene Notarstelle in A nicht mit dem Kläger, sondern mit dem Beigeladenen zu besetzen, wurde verfahrensfehlerfrei getroffen und ist auch in der Sache nicht zu beanstanden.
181. Der Beklagte hat bei seiner Entscheidung über die Besetzung der Notarstelle in A neben dem Antrag des Klägers auf Amtssitzverlegung zutreffend die Bewerbung des Beigeladenen um erstmalige Bestellung zum Notar berücksichtigt.
19Dass der Beigeladene die materiell-rechtlichen Voraussetzungen gemäß § 6 BNotO (§ 16 AVNot) für eine Bestellung zum Anwaltsnotar im Amtsgerichtsbezirk A zum Bewerbungsstichtag (17.6.2019) erfüllt, greift der Kläger nicht an. Daran bestehen auch ansonsten keine Zweifel.
20Entgegen dem vom Kläger verfochtenen Standpunkt genügt die Bewerbung des Beigeladenen den formellen Anforderungen gemäß § 6b BNotO i.V.m. § 18 AVNot, obwohl er seinem beim Präsidenten des Landgerichts D eingereichten Bewerbungsschreiben die notwendigen Nachweise nicht – jedenfalls nicht vollständig - zweifach beigefügt, sondern auf die Anlagen zu früheren Bewerbungen verwiesen sowie eine nochmalige Einreichung auf Anforderung angeboten und erst auf das Schreiben des Beklagten vom 7.10.2019 diese Anlagen mit Schreiben vom 11.10.2019 (erneut) übersandt hat:
21Dass unter Einbeziehung der bereits als Anlagen zu früheren Bewerbungen eingereichten Unterlagen die Bewerbung des Beigeladenen vom 27.5.2019 zumindest insoweit den Anforderungen des § 18 Abs. 2 AVNot entsprach, als die notwendigen Unterlagen dem Präsidenten des Landgerichts D in einfacher Ausfertigung vorlagen, macht der Kläger in seiner Stellungnahme zur Klageerwiderung, mit der die E-Mail des Präsidenten des Landgerichts D vom 29.1.2020 vorgelegt wurde, aus der sich die bei früheren Bewerbungen eingereichten Unterlagen ergeben, nicht (mehr) geltend. Dies gilt namentlich in Bezug auf die Fortbildungsnachweise, die ausweislich dieses Schreibens bis einschließlich 2018 vorgelegt worden waren und für 2019 in Bezug auf die vorliegend in Rede stehende Bewerbung noch nicht vorgelegt werden mussten.
22Der danach vom Kläger noch aufrecht erhaltene Vorwurf, dass nicht auf früher eingereichte Unterlagen hätte Bezug genommen werden dürfen und diese jedenfalls nicht in zweifacher Ausfertigung vorlagen, weil der Beklagte die an ihn weitergeleiteten Anlagen zu früheren Bewerbungen zurückgesandt hatte, führt nicht zur Annahme einer Verfristung der Bewerbung des Beigeladenen, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Ausschlussfrist in § 6b Abs. 2 BNotO für sämtliche Anlagen zur Bewerbung gilt (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 3.11.2003 – NotZ 14/03, in: NJW-RR 2003, 708 f. zum Nachweis der fachlichen Eignung) und die Nichteinhaltung der diesbezüglichen Vorgaben in der AVNot zu einer Verfristung der Bewerbung führen kann. Der Beigeladene weist zutreffend darauf hin, dass seine Vorgehensweise dem auf der Internetseite www.justiz.nrw.de veröffentlichten Merkblatt als Anlage zum Bewerbungsvordruck mit der Überschrift „Hinweise zur Bewerbung um Bestellung zur Anwaltsnotarin oder zum Anwaltsnotar“ entspricht, wo es unter Ziffer 2. Satz 2 heißt: „Ferner sind der Bewerbung die in § 18 Abs. 3 AVNot genannten Anlagen beizufügen, soweit sie nicht im Rahmen früherer Bewerbungen bereits vorgelegt worden sind.“ und steht mit Sinn und Zweck der Regelungen über die notwendigen Bewerbungsunterlagen in Einklang. Dass die o.g. Erleichterung nicht oder nur teilweise gilt, soweit die im früheren Bewerbungsverfahren eingereichten Anlagen zurückgesandt wurden, ergibt sich aus dem Merkblatt nicht und musste sich dem Beigeladenen auch nicht aufdrängen, zumal ansonsten eine zeitnahe Anforderung seitens des Präsidenten des Landgerichts D nahegelegen hätte, die ggf. noch eine fristgemäße Nachreichung ermöglicht hätte. Vielmehr lag angesichts der zitierten Hinweise die Annahme, dass früher eingereichte Unterlagen auch in einem solchen Fall nicht nochmals (in zweifacher Ausfertigung) eingereicht werden müssen, weil sie (z.B. in Kopie) zum Bestandteil der Verwaltungsakten gemacht wurden oder deren Vorlage dokumentiert wurde, bis zu dem o.g. Schreiben des Beklagten jedenfalls nicht fern. Für ein solches Verständnis sprechen auch die in § 17 Abs. 5 AVNot vorgesehene Nachreichung von Nachweisen und die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 6b Abs. 3 BNotO.
232. Der Beklagte ist entsprechend der in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (insbesondere Beschluss vom 26.11.2012 – NotZ (Brfg) 5/12, in: NJW-RR 2013, 694 f.) auch zu Recht davon ausgegangen, dass für die Auswahl zwischen mehreren geeigneten Bewerbern, die sich formell wirksam auf eine ausgeschriebene Notarstelle beworben haben, im Fall einer beantragten Verlegung des Amtssitzes anhand von § 4 BNotO und § 10 Abs. 1 Satz 3 BNotO vorrangig zu prüfen ist, inwieweit dieser Wechsel mit den Belangen einer geordneten Rechtspflege unter Berücksichtigung des Bedürfnisses nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen und der Wahrung einer geordneten Altersstruktur des Notarberufs vereinbar ist. Auch die insoweit getroffene Entscheidung ist aus Sicht des Senats nicht beanstanden.
24Entgegen dem vom Kläger verfochtenen Standpunkt bedarf es für eine Versagung des beantragten Amtssitzwechsels keiner konkreten Gefahr einer eklatanten Unterversorgung mit notariellen Dienstleistungen am bisherigen Amtssitz, sondern auf dieses Kriterium wird nach der Rechtsprechung u.a. des Senats (etwa Urteil vom 14.5.2018 – 2 VA (Not) 2/18, abrufbar bei juris; bestätigt durch BGH, Beschluss vom 19.11.2018 – NotZ (Brfg) 6/18, in: MDR 2019, 384) zur Beurteilung der Frage abgestellt, ob der rechnerische Bedarf derart unterschritten wird, dass ausnahmsweise Bewerber auf eine ausgeschriebene Notarstelle bestellt werden können, obwohl sie die gesetzlichen Voraussetzungen (insbesondere örtliche Warte- und anwaltliche Erfahrungszeit) nicht vollständig erfüllen. Für die vorliegend maßgebliche Frage einer Vereinbarkeit der beantragten Verlegung des Amtssitzes des Klägers von B nach A mit den Belangen einer geordneten Rechtspflege hat der Beklagte allerdings zu Recht einen weniger strengen Maßstab angelegt:
25Dass in A rechnerisch Bedarf für die im Jahre 2019 ausgeschriebene Notarstelle bestand, greift der Kläger nicht an. Dieser Bedarf kann unabhängig davon gedeckt werden, ob der Kläger seinen Amtssitz nach A verlegt oder der Beigeladene dort erstmals zum Notar bestellt wird. Demgegenüber kann eine zusätzliche Notarstelle besetzt werden, wenn der Kläger seinen Amtssitz in B beibehält und der Beigeladene in A zum Notar bestellt wird, da er nur dort die gesetzlichen Voraussetzungen für eine (erstmalige) Bestellung zum Anwaltsnotar erfüllt.
26Die Einwände des Klägers gegen die Ermittlung des rechnerischen Bedarfs in B greifen nicht durch. Konkrete Bedenken gegen die auf der Grundlage der derzeit geltenden Vorgaben der AVNot ermittelten Bedarfszahlen bringt der Kläger nicht vor, so dass der Beklagte zutreffend von einem rechnerischen Bedarf von 23 Notarstellen ausgegangen ist. Dieser Bedarf könnte bei einem Wechsel des Klägers selbst bei Außerachtlassung der bereits durch Verfügung vom 28.10.2019 mit Wirkung zum 1.1.2020 erfolgten Verlegung des Amtssitzes der Notarin E von B nach F nicht vollständig gedeckt werden. Der Beklagte hat aber auch diesen bereits sicher feststehenden und vom Kläger auch nicht angegriffenen Umstand in seine Berechnung der Bedarfsdeckung einbezogen. Hierbei handelt es sich gerade um eine vom Kläger – wenn auch mit anderer Intention - verlangte prognostische Beurteilung, die bei vorausschauender Planung gerechtfertigt ist. Weitergehende (mögliche) zukünftige Entwicklungen hat der Beklagte bei der Entscheidung über die Bewerbungen auf die am 15.5.2019 ausgeschriebene Notarstelle in A zu Recht nicht berücksichtigt, weil die Änderung der AVNot erst ab 1.1.2021 gilt und eine ausreichende Zahl von geeigneten Bewerbern auf spätere Ausschreibungen von Notarstellen in B, die den bei einem Amtssitzwechsel des Klägers entstehenden Fehlbedarf wieder ausgleichen könnten, nicht sicher feststeht.
27Ob die Unterdeckung des nach den o.g. Zahlen rechnerisch ermittelten Bedarfs in B mit 95,65 % oder 91,30 % allein ausreichen würde, dem Kläger einen Amtssitzwechsel zu versagen, bedarf keiner abschließenden Beurteilung, weil die auf zutreffender Tatsachengrundlage getroffene Ermessensentscheidung des Beklagten bei der insoweit vorzunehmenden gerichtlichen Prüfung (vgl. § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 114 VwGO) auch ansonsten nicht zu beanstanden ist. Insbesondere gibt es keine belastbaren Anhaltspunkte für die Berücksichtigung sachfremder Erwägungen oder eines sonst fehlerhaften Ermessensgebrauchs. Für die beantragte Verlegung des Amtssitzes bedarf es weder einer Mindestverweildauer am bisherigen Amtssitz noch einer örtlichen Wartezeit am angestrebten Amtssitz. Beides hat der Beklagte bei seiner Entscheidung aber auch nicht zum Nachteil des Klägers angenommen. Der Beklagte hat auch nicht zugunsten des Beigeladenen ein vermeintliches Anwartschaftsrecht berücksichtigt, sondern das Argument, dass dieser „aufwändige Vorbereitungsleistungen gezielt auf den Amtssitz in A ausgerichtet“ habe, lediglich zur Begründung dafür angeführt, dass der Beigeladene die Voraussetzungen für eine Bestellung zum Notar in A erfüllt, so dass der durch die Ausschreibung dokumentierte dortige Bedarf auch ohne den Amtssitzwechsel des Klägers gedeckt werden kann. Das mit der vorliegend angegriffenen Auswahlentscheidung verfolgte Ziel des Beklagten, möglichst viele Notarstellen zu besetzen, ist legitim, berücksichtigt das Interesse der Allgemeinheit an einer flächendeckenden Versorgung mit notariellen Dienstleistungen und entspricht auch dem wohlverstandenen Interesse potentieller Bewerber, wenn auch möglicherweise nicht dem bereits amtierender Notare. Schließlich hat der Beklagte bei seinen Erwägungen auch beanstandungsfrei die unterschiedliche Betroffenheit der Grundrechtspositionen berücksichtigt, weil die Versagung des Amtssitzwechsels lediglich die Berufsausübungsfreiheit des Klägers betrifft, während die Ablehnung der erstmaligen Bestellung zum Notar in die Berufswahlfreiheit des Beigeladenen eingreift.
283. Da der Beklagte nach dem Vorstehenden bereits die Voraussetzungen, unter denen dem Kläger eine Verlegung seines Amtssitzes von B nach A auf die im Jahre 2019 dort ausgeschriebene Notarstelle gestattet werden könnte, zu Recht verneint hat, ist keine Bewerberauswahl gemäß § 6 Abs. 3 BNotO vorzunehmen, bei der u.a. ein Leistungsvergleich vorzunehmen wäre und es ggf. auf weitere Umstände ankäme, die im angefochtenen Bescheid noch nicht abschließend bewertet wurden und auch vom Senat nicht zu entscheiden sind.
29III.
30Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 111b BNotO i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Angesichts der Wahrnehmung gegenläufiger Interessen, insbesondere der gegen die Besetzung der ausgeschriebenen Notarstelle mit dem Beigeladenen erhobenen Einwände des Klägers, entspricht es der Billigkeit, dem unterliegenden Kläger die Kosten des (notwendigen) Beigeladenen aufzuerlegen.
31Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 111b BNotO i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 709 ZPO.
32Die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen die Berufung gemäß §§ 111b Abs. 1, 111d BNotO i.V.m. § 124 Abs. 2 VwGO zuzulassen ist, liegen nicht vor.
33Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 111 g Abs. 2 Satz 1 BNotO.
34R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:
35Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach dessen Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich bei dem Oberlandesgericht – Senat für Notarsachen – in Köln zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, schriftlich beim Bundesgerichtshof – Senat für Notarsachen -, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzureichen. In der Begründung sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Einlegung und Begründung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a VwGO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden.