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Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. April 2016 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 7 O 217/15 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien streiten über die Abnahme des Gemeinschaftseigentums an einer Wohnungseigentumsanlage und über den Eintritt der an den Besitzübergang geknüpften Rechtsfolgen nach einem Grundstückserwerb durch die Klägerin von der Beklagten im Juni 2011 und Abnahme des Sondereigentums im August 2012.
4Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß §§ 540, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das angefochtene Urteil (147 – 153 GA), das Urteil des Senats vom 11. Juli 2018 (323 – 328R GA) in Verbindung mit dem (Teil-)Berichtigungsbeschluss vom 10. September 2018 (353 – 354R GA) sowie das Urteil des BGH vom 9. Mai 2019 – VII ZR 154/18 – (u.a. BauR 2019, 1648 ff.) verwiesen.
5Der BGH hat die Klage auf Feststellung, dass weder eine Abnahmeerklärung erfolgt und deshalb die Abnahmewirkungen nicht eingetreten sind noch die Abnahmewirkungen gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB (a.F.) eingetreten sind, weil keine Verpflichtung zur Abnahme bestehe, als zulässig angesehen, aber zur Feststellung der Frage, ob die Abnahmewirkungen gemäß dieser Vorschrift „eingetreten sind, weil die Klägerin wegen der Abnahmereife des Gemeinschaftseigentums zur Abnahme verpflichtet ist und die Fristsetzung zur Abnahme erfolgt oder entbehrlich ist“ (BGH, aaO = juris Rn 36), an den Senat zurückverwiesen. Die Parteien hatten gemäß Beschluss vom 21. August 2019 (358 – 359 GA) Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen.
6II.
7Die zulässige Berufung der Klägerin hat insgesamt endgültig keinen Erfolg.
81.
9Die „negative“ Feststellungsklage, dass ein Werk nicht abgenommen ist oder nicht als abgenommen gilt, ist zulässig (vgl. BGH, BauR 2019, 1648 ff. = juris Rn 23; Manteufel in Werner/Pastor: Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Rn 404; Genius, jurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020, § 640 BGB Rn 69; Sacher in Kniffka/Koeble: Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 16. Teil Rn 9; BeckOK-BGB/Voit, Stand 01.05.2020, § 640 BGB Rn 27; BeckOGK/Kögl, Stand 01.05.2020, § 640 BGB Rn 65).
10Hinsichtlich des - früheren - Klageantrags zu 2.) ist die Berufung der Klägerin bereits mit dem ersten Urteil des Senats vom 11. Juli 2018 als unbegründet zurückgewiesen worden. Die von der Klägerin im Revisionsverfahren insoweit eingelegte Anschlussrevision hat der BGH mit Urteil vom 9. Mai 2019 – VII ZR 154/18 – mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dieser Klageantrag bereits unzulässig ist.
112.
12Die (negative) Feststellungsklage der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat die Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu Unrecht nicht abgenommen, obwohl sie spätestens im Sommer 2014 gemäß § 640 Abs. 1 BGB a.F. zur Abnahme verpflichtet war. Das Werk gilt daher als abgenommen.
13Unstreitig hat die Klägerin mehrfach, nämlich mit den Schreiben vom 10. September 2012 (68 GA) sowie vom 13. Juni (73 f. GA) und 16. Juli 2014 (77 GA) ausdrücklich eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums als im Wesentlichen vertragsgerecht abgelehnt, obwohl sie mit Schreiben der Beklagten vom 21. August 2012 (54 GA) und nochmals mit Schreiben vom 1. April 2014 (71 f., 73 GA) dazu aufgefordert worden ist. Dabei hat sie sich, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12. August 2020 durch ihren Prozessbevollmächtigten nach entsprechendem Hinweis ausdrücklich bestätigt hat, allein auf die von dem (Privat-)Sachverständigen A in dessen „Abnahmeprotokoll Gemeinschaftseigentum“ vom 3. August 2012 (55 GA) aufgeführten 149 „Restarbeiten/Mängel“ (58 – 63 GA) bezogen. Bei den dort im Einzelnen aufgelisteten Restarbeiten und Mängel handelt es sich nur um kleinere Nachbesserungsarbeiten und geringfügige Mängel (Reinigung, Beschilderung und Beschriftung, fehlende Steckdose usw.), die im Verhältnis zum gesamten Gemeinschaftseigentum dieser großen Eigentumsanlage als unwesentlich und geringfügig im Sinne von § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB (a.F.) anzusehen sind. Sowohl nach der Verkehrsauffassung als auch nach dem Interesse der Klägerin als Bestellerin an einem mangelfreien Werk stellen diese unbedeutende Beeinträchtigungen dar, die bezogen auf den Herstellungsaufwand der Gesamtanlage mit einem geringen Aufwand für die Beklagte als Unternehmerin zu beseitigen waren. In einem solchen Fall ist es der Bestellerin zuzumuten, das Gemeinschaftseigentum als im Wesentlichen vertragsgemäß abzunehmen (vgl. Palandt/Sprau, 79. Aufl., § 640 BGB Rn 12; Werner in Werner/Pastor, aaO, Rn 1787).
14Besteht Abnahmereife, dann ist die Bestellerin zur Abnahme verpflichtet. Mit Ablauf der von der Beklagten gesetzten Frist zur Abnahme gilt das Gemeinschaftseigentum gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. als abgenommen. Hierbei ist auf die konkrete Abnahmesituation abzustellen und die Abnahmereife danach zu beurteilen, ob der Besteller wegen erkennbarer Mängel (subjektiv) hätte Anlass haben können, die Abnahme zu verweigern (Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 26.05.2009, § 640 Rn 75). Demgegenüber hat die Klägerin nach eigener Darstellung zum damaligen Zeitpunkt keine – weiteren – objektiv erkennbaren Mängelrügen „vor Augen gehabt“, die sie zu einer Verweigerung der Abnahme als im Wesentlichen vertragsgemäß hätten berechtigen können.
15Ungeachtet dessen hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 13. Juni 2014 (73 – 74 GA) die Abnahme erneut endgültig abgelehnt, obwohl jedenfalls zu diesem Zeitpunkt die von dem Sachverständigen A beanstandeten Mängel und Restarbeiten behoben und erledigt waren. Dies steht aufgrund des entsprechenden Sachvortrags der Beklagten im Schriftsatz vom 3. Oktober 2019 (383 GA) fest, dem die Klägerin nicht entgegen getreten ist. Vielmehr hat die Klägerin selbst bereits mit der Klageschrift als Anlage 9 das Schreiben der Beklagten vom 1. April 2014 (71 – 72 GA) vorgelegt, aus dem sich u.a. ergibt, dass der Sachverständige A bereits im Oktober und November 2012 weitere Nachbegehungen durchgeführt hatte, um sich über den jeweiligen Stand der Mängelbeseitigung zu informieren. Mit der verweigerten Abnahme trotz bestehender Abnahmereife und damit der Verpflichtung zur Abnahme liegt eine fiktive Abnahme vor. Da bei einer fiktiven Abnahme auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem die gesetzlichen Voraussetzungen für die Abnahmefiktion vorliegen (MK-BGB/Busche, 8. Aufl. 2020, § 640 BGB Rn 53; Werner, aaO Rn 1783), kommt es auf die im Mai 2017 vom Privatgutachter B aufgeführten Mängel, die Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens der WEG gegen die Beklagte (7 OH 25/17 LG Köln) sind, mithin ebenso wenig an wie auf die Feststellungen im Gutachten C vom 9. November 2015 (291 GA).
16Die von der Klägerin vorgebrachte Verjährungseinrede greift unabhängig davon, ob eine Verjährung überhaupt in Betracht kommen könnte, mangels Zeitablaufs nicht ein.
173.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
19Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
204.
21Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Es handelt sich nach Klärung der Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage um die auf tatsächlichen Feststellungen beruhende Frage der Abnahmereife und zu Unrecht verweigerter Abnahme in einem konkreten Einzelfall.
22Der Streitwert für das Berufungsverfahren bleibt auf (bis zu) 10.000 € festgesetzt.