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Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der den Beschluss des Landgerichts Köln vom 02.11.2018 (Az. 31 O 274/18) in Gestalt der Nichtabhilfeentscheidung vom 29.11.2018 aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € - ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin, untersagt,
in Deutschland parallel importierte Arzneimittel „A 0,75 mg“ und/oder „A 1 mg“ jeweils 100 Tabletten jeweils in umverpackten Ausstattungen in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 80.000 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens darüber, ob die Antragsgegnerin es zu unterlassen hat, das aus dem Tenor ersichtliche umverpackte Medikament nach einem Reimport in Verkehr zu bringen.
4Die Antragstellerin ist Inhaberin der exklusiven Nutzungsrechte an den Wortmarken EX 00XX04XX7 „B“ für die Klasse 05 und EX 00XX66XX6 „A“ für die Klasse 05. Die Antragstellerin nutzt die Wortmarken für die im Tenor genannten Arzneimittel, die in Deutschland in einer Menge von 100 Tabletten in Verkehr gebracht werden. Die Verpackung der Antragstellerin ist jeweils mit Sicherheitsmerkmalen versehen, die ein Öffnen der Verpackung erkennbar machen. Auch ist auf der Verpackung der erforderliche Barcode aufgebracht.
5Die Antragsgegnerin, die in Deutschland in erstere Linie parallel- und reimportierte Arzneimittel in Verkehr bringt, hat mit Schreiben vom 09.07.2018, zugegangen bei der Antragsgegnerin am 13.08.2018, angekündigt, das aus dem Tenor ersichtliche Arzneimittel in einer neuen Umverpackung in Verkehr bringen zu wollen. Die Originalverpackung muss vor dem Vertrieb durch die Antragsgegnerin geöffnet werden, um einen deutschsprachigen Beipackzettel beizulegen. Auch muss als Sicherheitsmerkmal die UI (unique identitier) der Antragsgegnerin nach Öffnen der Verpackung zur Einlegung eines neuen Beipackzettels aufgebracht werden.
6Die Antragstellerin ist der Ansicht gewesen, dass die Antragsgegnerin nicht berechtigt sei, das genannte Arzneimittel in umverpackter Form in Verkehr zu bringen. Dies verstoße gegen ihre Rechte aus den vorgenannten Marken. Die Antragsgegnerin könne die Sicherheitsmerkmale ohne weiteres durch einen Aufkleber auf die Originalverpackung aufbringen. Eine Umverpackung sei nicht notwendig.
7Die Antragstellerin hat beantragt,
8der Antragsgegnerin es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € - ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin, zu untersagen,
9in Deutschland parallel importierte Arzneimittel „A 0,75 mg“ und/oder „A 1 mg“ jeweils 100 Tabletten jeweils in umverpackten Ausstattungen in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen.
10Die Antragsgegnerin hat die Ansicht vertreten, eine Verletzung der Marken der Antragstellerin liege nicht vor. Die Antragsgegnerin müsse eine neue Umverpackung nutzen, weil anderenfalls erkennbar sei, dass die Packung geöffnet worden sei, und nur durch eine Umverpackung ermöglicht werde, die UI der Antragsgegnerin aufzudrucken.
11Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.
12II.
13Die nach § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortigeBeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 02.11.2018, mit dem das Landgericht Köln ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen hat, hat in der Sache Erfolg und führt zum Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung.
14Der Antrag ist zulässig und die Antragstellerin hat sowohl den für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Anordnungsgrund, als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
151. Der Antrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Antrag bezieht sich, was sich aus der Bezugnahme auf das konkrete Arzneimittel bezieht, auf die konkret drohende Verletzungshandlung.
162. Der Anordnungsgrund wird gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Diese Vermutung ist auch nicht widerlegt.
17Eine Verzögerung bei der Antragstellung kann dazu führen, dass die Dringlichkeit als widerlegt anzusehen ist. Dabei ist von dem Zeitpunkt des Verstoßes auszugehen, wenn dieser unmittelbar vom Anspruchsinhaber zur Kenntnis genommen wurde. Als grundsätzlich unschädlich nimmt der Senat es dabei in ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 13.05.2015 – 6 W 16/15, juris; Urteil vom 14.07.2017 – 6 U 197/16, juris) an, wenn der Antragsteller nicht mehr als einen Monat seit der Kenntnisnahme von dem Verstoß zugewartet hat. So liegt der Fall hier.
18Insbesondere konnte die Antragstellerin hier erst nach Übersendung der tatsächlich vorgesehenen Umverpackung und dem Zugang der entsprechenden Ankündigung am 13.08.2018 vorgehen. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist am 11.09.2018 und damit innerhalb eines Monats nach Kenntnisnahme von der bevorstehenden Verletzungshandlung bei Gericht eingegangen.
195. Ein Anordnungsanspruch ergibt sich aus Art. 9 Abs. 2 lit. a, Art. 130 Abs. 1 UMV. Die Voraussetzungen liegen vor, weil die Antragsgegnerin eine identische Marke für eine identische Ware nutzen will.
20Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist keine Erschöpfung gemäß Art. 15 Abs. 1, 2 UMV anzunehmen. Eine Erschöpfung ist dann nicht gegeben, wenn das Arzneimittel nicht umverpackt werden muss. So liegt der Fall hier.
21Die Umverpackung ist nicht notwendig, weil die nach § 10 Abs. 1 lit c AMG, der am 09.02.2019 in Kraft tritt, notwendigen Sicherheitsmerkmale der Antragstellerin geöffnet werden müssen und die ursprüngliche Verpackung nicht so verschlossen werden kann, dass eine Manipulation nicht sichtbar ist.
22Nicht erheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Vorschrift des § 10 Abs. 1 lit. c AMG erst am 09.02.2019 in Kraft tritt, weil die Antragstellerin bereits jetzt entsprechende Sicherheitsmerkmale nutzt, so dass die Antragsgegnerin bereits jetzt das Sicherheitsmerkmal „aufbrechen“ muss, um einen neuen Beipackzettel in die Umverpackung einzulegen.
23Auch geht der Senat davon aus, dass ein Wiederverschließen in der Form, dass das Öffnen der Verpackung nicht erkennbar ist, nicht möglich erscheint.
24Allerdings ist dies auch nicht erforderlich. Vielmehr kann das Öffnen und Wiederverschließen der Originalverpackung in der Form erfolgen, dass ein neues Sicherheitsmerkmal auf die Umverpackung aufgebracht wird. Es ist nicht erheblich, dass das Öffnen der Umverpackung durch die Antragsgegnerin erkennbar bleibt. Vielmehr wird hierdurch transparent, was tatsächlich erfolgt ist, nämlich das Öffnen und Wiederverschließen der Originalverpackung. Auch auf einer neuen Verpackung wäre anzugeben, dass das Medikament umverpackt wurde.
25Eine Umverpackung ist auch nicht notwendig, weil nur auf eine neue Umverpackung ein Aufdrucken des neuen Barcodes möglich ist. Zwar spricht Art. 5 Abs. 3 VO (EU) 2016/161 davon, dass der Hersteller den Barcode auf der Verpackung auf einer glatten, einheitlichen, gering reflektierenden Oberfläche aufdruckt. Hieraus lässt sich aber nach Auffassung des Senats nur entnehmen, dass dieser dauerhaft auf der Verpackung aufgebracht werden muss (vgl. zur Dauerhaftigkeit: Pannenbecker in Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, § 10 Rn. 15). Nur eine solche Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung, zumal auch der Wortlaut nicht zwingend allein ein Druckverfahren im eigentlichen Sinn erlaubt.
26Soweit die Antragsgegnerin rügt, es sei jedenfalls zulässig, in anderen Einheiten erworbene Tabletten umzuverpacken, ist diese Frage unter Berücksichtigung des Tenors und der Antragsbegründung nicht Gegenstand des Verfügungsverfahrens.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.