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1.
Der zuständige Einzelrichter überträgt das Beschwerdeverfahren dem Senat in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung.
2.
Die Beschwerde des beteiligten Landes vom 04.12.2017 gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Aachen vom 01.12.2017 – 700Sc AR 767/17 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
21.
3Mit Schreiben des von ihr beauftragten Inkassounternehmens vom 22.09.2017 hatte die Beteiligte zu 1) bei dem Nachlassgericht Aachen um Mitteilung gebeten, ob „bezüglich der verstorbenen Frau T ein Nachlassverfahren anhängig ist bzw. Erben bekannt sind,“ „um eine Forderung möglicherweise gegen die Erben durchzusetzen.“ Hierauf erteilte ein nicht näher gekennzeichnetes Mitglied des Amtsgerichts Aachen durch Verfügung vom 28.09.2017 der Antragstellerin eine „Negativauskunft“. Gleichzeitig hat der Kostenbeamte des Amtsgerichts „in der Nachlasssache T“ für die Erteilung der Auskunft eine Gebühr in Höhe von 15,00 € mit der Bezeichnung „1401 Bescheinigungen und Auskünfte aus Akten und Büchern JVKostG nach dem 01.08.2013“ in Ansatz gebracht und diesen Betrag der Beteiligten zu 1) mit Kostenrechnung vom 29.09.2017 mitgeteilt.
4Die hiergegen gerichtete Eingabe der Beteiligten zu 1) vom 05.10.2017 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts als Erinnerung angesehen, ihr mit Beschluss vom 01.12.2017 durch Aufhebung des Kostenansatzes abgeholfen und zugleich die Beschwerde zugelassen. Hiergegen hat der Beteiligte zu 2), der Bezirksrevisor, mit Schreiben vom 04.12.2017 Beschwerde eingelegt. Dieser hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
52.
6a)
7Der Rechtsweg richtet sich hier nach § 124 JustG NW i.V.m. § 22 JVKostG, weil der angegriffene Kostenansatz auf das Kostenverzeichnis zum JVKostG NRW gestützt ist.
8Gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 JVKostG i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 2 GKG entscheidet über die im angefochtenen Beschluss vom 01.12.2017 gemäß § 66 Abs. 2 GKG zugelassene Beschwerde das jeweils nächsthöhere Gericht (Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Auflage 2014, § 66 GKG Rn. 55). Dies ist hier das Oberlandesgericht, weil es sich bei dem Verfahren, in dem die Kosten festgesetzt worden sind, um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, so dass sich vorliegend der Rechtsweg gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG bestimmt. Die erteilte Auskunft betraf eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit, weil sie auf die Frage nach der Existenz eines nachlassgerichtlichen Verfahrens gerichtet war. Entsprechend ist der Kostenansatz von dem Amtsgericht auch in der „Nachlasssache T“ erhoben worden.
9Im Übrigen bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtsmittels. Zur Entscheidung ist der Einzelrichter des Senats berufen, § 66 Abs. 6 S. 1 GKG, der die Sache wegen der grundsätzlichen Bedeutung dem Senat in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung überträgt, § 66 Abs. 6 S. 2 GKG.
10b)
11In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg, weil das Amtsgericht den Kostenansatz mit Recht aufgehoben hat.
12Für die vorliegend von dem Nachlassgericht erteilte Negativauskunft ist entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) keine Gebühr nach Nr. 1401 KV zum JVKostG NRW zu erheben. Hierzu hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 15.05.2017 – 2 Wx 108/17 (abgedruckt u.a. in FGPrax 2017, 142) ausgeführt:
13„Im vorliegenden Verfahren ist eine Gebühr nach Nr. 1401 KV zum JVKostG nicht zu erheben. Diese Bestimmung greift hier aus zwei Gründen nicht ein. Zum einen liegt hier keine Justizverwaltungsangelegenheit vor, zum anderen hat der Gesetzgeber die Anwendung der Bestimmung auf Nachlassangelegenheiten nicht vorgesehen:
14Das Oberlandesgericht Koblenz hat in seinem Beschluss vom 22.06.2016 – 14 W 295/16 – ausgeführt (zit. nach juris):
15„Nach § 1 Abs. 1 JVKostG gilt das Gesetz zunächst für die Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) durch die Justizbehörden des Bundes in Justizverwaltungsangelegenheiten. Das Amtsgericht - Nachlassgericht - ist aber keine Justizbehörde des Bundes, sondern eine solche des Landes. Nach § 1 Abs. 2 JVKostG gilt es allerdings auch für die Justizbehörden der Länder in Justizverwaltungsangelegenheiten in den im Einzelnen aufgeführten Verfahren. Auch dessen Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Das Nachlassverfahren ist kein dort aufgeführtes Verfahren. Auch die allgemeine Auskunft über Aktenvorgänge und Verfahren hat keinen Eingang in die Regelung gefunden. Die Einsichtnahme in die Nachlassakte und ein entsprechendes Auskunftsverlangen sind schon keine Justizverwaltungsangelegenheiten, sondern folgen §§ 13, 357 FamFG. Sie sind damit Teil der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dass es keinen Nachlassvorgang gibt, ist Teil dieser Auskunft. Soweit eine Kostenpflicht bestehen sollte, könnte sich diese nur aus dem FamGKG oder dem GNotKG ergeben, nicht aber aus dem JVKostG.
16…
17Maßgeblich für die Zielrichtung des Auskunftsverlangens ist allein der Antrag.
18…
19Es obliegt allein dem Gesetzgeber im formalisierten Kostenrecht eindeutige und klare Kostentatbestände zu schaffen. Der Justiz kommt kein eigenes Gebührenerfindungsrecht zu.“
20Diesen Ausführungen schließt sich der Senat vollumfänglich an.
21Im vorliegenden Fall, in welchem der Antrag zudem ausdrücklich an das Nachlassgericht gerichtet war und die Auskunft auf der Grundlage einer bei diesem geführten Nachlassakte erteilt wurde, handelte es sich nach diesen Grundsätzen nicht um eine Justizverwaltungsangelegenheit.
22Zudem sind in den Katalog des § 1 Abs. 2 JVKostG, der die Geltung des JVKostG und damit auch des zugehörigen Kostenverzeichnisses für Justizverwaltungsakte der Landesjustizbehörden abschließend regelt und über § 124 JustG NW im Land Nordrhein Westfalen Anwendung findet, Auskünfte des Nachlassgerichts nicht aufgenommen worden.“
23An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Kenntnis abweichender Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf vom 10.08.2017 (I-10 W 391/17; abgedruckt u.a. in JurBüro 2017, 600) sowie Hamm vom 07.07.2017 (I-25 W 119/17; abgedruckt u.a. in JurBüro 2017, 598) fest. Die insoweit abweichenden Beschlüsse beruhen letztlich darauf, dass diese Gerichte die Auskunftserteilung als Justizverwaltungsangelegenheit einordnen und dabei übersehen, dass für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wozu auch die Nachlasssachen gehören, hinsichtlich der Voraussetzungen sowie der Ausgestaltung der Akteneinsicht, aber auch für die Erteilung von Auskünften § 13 FamFG eine eigenständige Regelung trifft. Insoweit handelt es sich bei einem an das Nachlassgericht gerichteten Auskunftsbegehren eines am eigentlichen Nachlassverfahren nicht beteiligten Dritten um einen eigenständigen Antrag i.S.d. § 23 FamFG, dessen Voraussetzungen sich an § 13 Abs. 2 S. 1 FamFG zu orientieren hat. Hiernach kann das Gericht und nicht der Gerichtsvorstand Dritten Einsicht in die Gerichtsakten gestatten, soweit sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und schützwürdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen. Berechtigtes Interesse ist jedes vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse tatsächlicher, wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art, das sich nicht auf vorhandene Recht zu gründen oder auf das Verfahren zu beziehen braucht (KG, FGPrax 2006, 122; KG, MDR 2011, 734; KG, NZI 2015, 758; Keidel/Sternal, FamFG, 19. Auflage 2017, § 13 Rn. 29 f.). Zudem können Auskünfte aus bzw. über Akten erteilt werden; diese Auskünfte unterliegen den Schranken, die für die Einsichtsgewährung gelten (vgl. KG, NZI 2015, 758; Keidel/Sternal, FamFG, 19. Auflage 2017, § 13 Rn. 74). Bei der Entscheidung über die Gewährung der Akteneinsicht bzw. Erteilung einer Auskunft handelt es sich um eine eigenständige Angelegenheit nach dem FamFG, welche nicht als Justizverwaltungsangelegenheit ausgestaltet ist. Entsprechend ist im Falle der Verweigerung der Akteneinsicht bzw. einer Auskunftserteilung nicht der Rechtsweg nach §§ 23 EGGVG, sondern gem. §§ 58 ff. FamFG eröffnet (so auch OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 1480; OLG Hamm, FGPrax 2013, 136; vgl. auch Keidel/Sternal, FamFG, 19. Auflage 2017, § 13 Rn. 72 m.w.N.).
24Insoweit macht es – entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm – für die Behandlung als ein eigenständiges Verfahren nach dem FamFG keinen Unterschied, ob bereits eine Nachlasssache existiert und damit „eine Akte angelegt“ worden ist oder nicht. Anderenfalls bestünde, was auch nach Auffassung des OLG Hamm in dem Beschluss vom 07.07.2017 (I-25 W 119/17; abgedruckt u.a. in JurBüro 2017, 598) „kaum plausibel nachzuvollziehen“ ist, eine kostentechnische Ungleichbehandlung. Die Berechtigung zu einer Gebührenerhebung würde von einem von einem Dritten nicht einzuschätzenden Zufall der Existenz einer Nachlasssache bzw. von dem „Formulierungsgeschick“ des Antragstellers abhängen. § 342 FamFG listet eine Vielzahl von Verfahren auf, die als Nachlasssachen i.S.d. FamFG zu behandeln sind. Ist z.B. bereits eine Akte über die amtliche Verwahrung von Verfügung von Todes wegen (§ 342 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), über die Eröffnung von Verfügung von Todes wegen (vgl. § 342 Abs. 1 Nr. 3 FamFG) oder über die Erklärung einer Ausschlagung (§ 342 Abs. 1 Nr. 5 FamFG) angelegt worden, bekäme der Antragsteller, wenn er – wie hier – allgemein nach dem Bestehen einer Nachlasssache fragt, selbst dann eine positive Auskunft, wenn kein Erbscheinsantrag gestellt worden ist. Fragt der Antragseller hingegen ausschließlich nach dem Vorliegen eines Erbscheinsantrages, müsste ihm in diesem Fall eine Negativauskunft erteilt werden. Ist bereits ein Erbscheinsantrag gestellt worden, indes der Erbe noch nicht bekannt, dann muss das Gericht auf eine – wie hier gestellte - Frage, ob ein „Erbscheinsverfahren anhängig ist bzw. die Erben bekannt sind“, eine teilweise positive und teilweise negative Auskunft erteilen.
25Das hier einschlägige GNotKG sieht für die Erteilung einer positiven wie auch negativen Auskunft über das Bestehen eines Nachlassverfahrens bzw. die hier zusätzlich gewünschte Auskunft über das „Bekanntsein“ der Erben das einschlägige GNotKG keinen Gebührentatbestand vor; allenfalls kann eine Dokumentenpauschale nach Nr. 31000 KV GNotKG anfallen (vgl. auch KG, NZI 2015, 758; Prütting/Helms/Jennissen, FamFG, 3. Auflage 2018, § 13 Rn. 52).
26Zudem sind in dem Katalog des § 1 Abs. 2 JVKostG – wie der Senat im zitierten Beschluss ausgeführt hat – weder negative noch positive Auskünfte des Nachlassgerichts aufgenommen worden. Entgegen der Auffassung des OLG Düsseldorf (JurBüro 2017, 600) ändert der Verweis in § 124 S. 3 JustGNW auf die ergänzende Geltung des Gebührenverzeichnisses Anlage 2 zu § 124 JustGNW nichts daran, dass gemäß § 124 S. 1 JustGNW die Kostenerhebung in Justizverwaltungsangelegenheiten nach dem JVKostG nur für die in § 1 Abs. 2 JVKostG enumerativ aufgezählten Fällen gilt: Denn im Falle des § 124 S. 3 JustGNW i.V.m. Anlage 2 handelt es sich nicht um eine – in § 124 S. 1 JustG geregelte - Kostenerhebung nach dem JVKostG.
273.
28Die Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet aus, weil der Bundesgerichtshof nicht in den Instanzenzug eingebunden ist, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
29Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
304.
31Für weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass erhebliche Bedenken bestehen, dass ein Inkassobüro überhaupt berechtigt ist, einen Dritten bei einer begehrten Einsicht in Akten in einer Nachlasssache bzw. Erteilung einer Auskunft über eine Nachlasssache zu vertreten. Geht man wie der Senat davon aus, dass es sich bei einem entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Auskunft um ein eigenständiges Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 13 FamFG handelt, dann findet auf dieses Verfahren auch § 10 FamFG Anwendung. Damit ist eine Vertretung eines an diesem Auskunftsverfahren Beteiligten nur durch die dort vorgesehenen Personen möglich. Entsprechend hat bereits das AG Meldorf (Beschl. v. 9.11.2010 - 43 VI 82/10) entschieden, dass grundsätzlich Inkassounternehmen nicht zur Vertretung ihrer „Kunden“ vor dem Nachlassgericht befugt sind.