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Die sofortige Beschwerde des Beteiligten vom 24.10.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgerichts – Aachen vom 06.10.2017, 700B VI 1495/17, wird zurückgewiesen.
Gründe:
2Die gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Über sie entscheidet gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 568 S. 1 ZPO ein Mitglied des Senates als Einzelrichter, weil die angefochtene Entscheidung von einer Rechtspflegerin erlassen wurde.
3In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg.
4Das Nachlassgericht hat den Antrag des Beteiligten auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 11.07.2017 zu Recht zurückgewiesen.
5Der Antragsteller hat schon nicht nachgewiesen, dass er die mit der Abgabe der Ausschlagungserklärung entstandenen Kosten nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, auch nicht zum Teil oder in Raten aufbringen kann. Denn er hat das Formular für die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, das gem. §§ 76 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 4 ZPO zu verwenden ist, nicht vollständig ausgefüllt. Er hat die Fragen im Formular nach Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, aus selbständiger Arbeit oder Gewerbe oder aus Land- und Forstwirtschaft, aus Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalvermögen, aus Wohngeld und aus anderen Einnahmen nicht beantwortet. Zudem betreffen seine Angaben in dem Formular teilweise nur die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Mutter, die gesetzliche Vertreterin des zum Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährigen Antragstellers war. Angaben zu seinen eigenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen fehlen dagegen teilweise. Es ist daher nicht ersichtlich, ob der Antragsteller nicht über eigene Einnahmen oder eigenes Vermögen verfügt (hat). Diese Angaben sind auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Antragsteller Leistungen der öffentlichen Hand zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen hat oder bezieht.
6Zudem bedarf es der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für etwaige Gerichtskosten hier schon deshalb nicht, weil für die bloße Entgegennahme einer Ausschlagungserklärung (ohne Fertigung einer Niederschrift) keine Gerichtsgebühren anfallen (Korintenberg/Diehn, GNotKG, 20. Aufl. 2017, § 103 Rn. 1; Heinemann, MDR 2013, 884, 885; Wilsch, FGPrax 2013, 47, 51). Dass hier stattdessen Notarkosten entstanden sind, ist unerheblich, weil für bereits entstandene Gebühren nachträglich keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden kann (vgl. hierzu: OLG Köln, Beschluss vom 28.06.2012 – 4 WF 60/12, MDR 2012, 1368, 1369 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.07.2006 – 16 WF 37/06, FamRZ 2006, 1852-1854 m.w.N.).
7Auch im Hinblick auf die entstandenen Rechtsanwaltskosten kommt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob eine nachträgliche Bewilligung für bereits entstandene Rechtsanwaltskosten überhaupt in Betracht käme (s.o.). Jedenfalls liegen die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten nicht vor. Wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist, wird einem Beteiligten, der Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe hat, nach § 78 Abs. 1 FamFG stets ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet. Ist dagegen - wie im vorliegenden Fall - eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird einem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl gem. § 78 Abs. 2 FamFG nur dann beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist indes nach ständiger Rechtsprechung des Senats regelmäßig dann nicht erforderlich, wenn es sich – wie hier - um ein Amtsverfahren handelt, d.h. das Gericht etwa erforderliche Ermittlungen von Amts wegen vorzunehmen hat. Im Übrigen ist weder ersichtlich noch von der Beteiligten aufgezeigt worden, dass die Sach- und Rechtslage besonders schwierig ist/war. Eine besondere Schwierigkeit in diesem Sinne kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass die gesetzliche Vertreterin des Antragstellers ab dem 01.07.2017 eine neue Beschäftigung aufgenommen und deshalb – angeblich – keine Gelegenheit gehabt haben soll, dass für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung (auch) zuständige Amtsgericht Kiel zu den vorgesehenen Öffnungszeiten aufzusuchen. Schließlich wusste die Mutter des Antragstellers, auf deren Kenntnis es gem. § 166 Abs. 1 BGB insoweit ankam, nach ihren eigenen Angaben schon seit dem 12.06.2017 vom Tod des Erblassers. Sie hatte daher hinreichend Gelegenheit, die Ausschlagungserklärung in Vertretung des Antragstellers bis zur Aufnahme ihrer Berufstätigkeit am 01.07.2017 abzugeben. Zudem ist weder nachvollziehbar, noch substantiiert dargelegt noch glaubhaft gemacht worden, dass die damalige gesetzliche Vertreterin des Antragstellers nicht auch nach Aufnahme ihrer neuen Tätigkeit die Gelegenheit gehabt haben soll, das Amtsgericht zur Erledigung einer dringenden Tätigkeit aufzusuchen. Schließlich zeigt der Antragsteller auch nicht auf, welche Beratungsleistungen seine Verfahrensbevollmächtigte erbracht haben soll, die nicht auch von einem Amtsgericht oder Notar hätten erbracht werden können, wenn seine damalige gesetzliche Vertreterin dort vorstellig geworden wäre. Sie verfügte über die notwendigen Unterlagen und wusste offenbar von der Überschuldung des Erblassers. Einer anwaltlichen Vertretung bedurfte es insbesondere auch nicht im Hinblick auf das Erfordernis einer familiengerichtlichen Genehmigung gem. § 1643 Abs. 2 S. 1 BGB. Denn das Nachlassgericht hätte die damalige gesetzliche Vertreterin des Antragstellers auf Folgendes hingewiesen: Zur Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung bedarf keines förmlichen Antrags. Vielmehr hätte insoweit ein mündlicher Antrag im Sinne einer Anregung beim Familiengericht Kiel, der unmittelbar nach der Ausschlagung beim selben Gericht hätte gestellt werden können, ausgereicht. Nach Antragstellung beim Familiengericht wäre der Lauf der Ausschlagungsfrist gem. § 1944 Abs. 2 S. 3 BGB bis zur Erteilung der rechtskräftigen familiengerichtlichen Genehmigung gehemmt gewesen. Wäre der Antragsteller zwischenzeitlich volljährig geworden, hätte er gem. §§ 1643 Abs. 3, 1829 Abs. 3 BGB selbst die Genehmigung erteilen können. Die Sach- und Rechtslage war daher – nach den entsprechenden Belehrungen durch das Nachlassgericht und das Familiengericht – nicht schwierig.
8Wenn die damalige gesetzliche Vertreterin des Antragstellers dennoch eine anwaltliche Beratung in Anspruch nimmt, rechtfertigt dies keine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Beteiligte, die anwaltliche Kosten selbst tragen müssten, würden angesichts des einfach gelagerten Sachverhalts und der Tatsache, dass eine Ausschlagungserklärung nicht durch anwaltlichen Schriftsatz erfolgen kann, bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Verfahrenslage die Ausschlagung ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts entweder unmittelbar bei dem zuständigen Amtsgericht oder in öffentlich beglaubigter Form vor einem Notar erklären.
9Es kann daher offen bleiben, ob – wie das Amtsgericht ausgeführt hat – für die Abgabe einer Ausschlagungserklärung zur Niederschrift des Nachlassgericht, für die eine Gerichtsgebühr anfallen würde (GNotKG, KV Nr. 21201), überhaupt Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden kann.
10Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.