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Der Antrag auf Aufhebung von Ziffer 1. des in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien durch das Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern Rechtsanwalt Dr. C als Obmann sowie Rechtsanwalt I und Rechtsanwalt Dr. I2, ergangenen Teil- und Grundschiedsspruchs vom 12.7.2017, berichtigt durch Beschluss vom 20.9.2017, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Schiedsklägerin.
Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien streiten über die Aufhebung eines Schiedsspruchs.
4Der Schiedsbeklagte und die Gesellschafter der Schiedsklägerin sind Radiologen. Durch Gemeinschaftspraxisvertrag vom 16.8.2006 schlossen sich zunächst der Schiedsbeklagte, Dr. H und Dr. I3 zur gemeinsamen Berufsausübung zusammen. Als Anlage 6 zu dieser Vereinbarung wurde ein Schiedsvertrag geschlossen. Später schloss sich Dr. S der Praxis an, der inzwischen wieder ausgeschieden ist. Mittlerweile gehört Dr. H2 der Gemeinschaftspraxis an.
5Die (früheren) Gesellschafter der Schiedsklägerin und der Schiedsbeklagte übten die gemeinsame Tätigkeit in vom Schiedsbeklagten angemieteten Praxisräumen im ersten Obergeschoss des Hauses Q-Str. 10 in C aus, die mittels eines Durchbruchs mit daneben befindlichen Praxisräumlichkeiten im Gebäude B 4a verbunden waren. Nachdem der Schiedsbeklagte am 18.11.2010 den Gemeinschaftspraxisvertrag fristlos gekündigt hatte und von den übrigen Gesellschaftern durch Beschluss vom 22.11.2010 ausgeschlossen worden war, kam es zu Meinungsverschiedenheiten über eine Verpflichtung des Schiedsbeklagten zur Räumung der bisherigen Gemeinschaftspraxis. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren 9 O 395/10 (LG Bonn) beantragte die Schiedsklägerin, dem Schiedsbeklagten eine weitere Nutzung der gemeinsamen Praxisräume zu untersagen, woraufhin das Landgericht Bonn anordnete, dass die Parteien bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Praxisräume gemeinsam und nebeneinander nutzen sollten. Am 1.6.2011 mietete die Schiedsklägerin andere Räume an, die nach Umbaumaßnahmen Ende 2011 bezogen wurden.
6In Ziffer 1. des Tenors des Teil- und Grundschiedsspruchs vom 12.7.2017 wurde die im April 2013 erhobene Schiedsklage mit dem auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 354.858,39 € nebst Zinsen gerichteten Schiedsklageantrag zu 2. abgewiesen. Zur Begründung dieses Teils der Entscheidung hat das Schiedsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der in § 19 Abs. 4 des Gemeinschaftspraxisvertrags vereinbarte Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe im Fall einer Verletzung des dort nach Auffassung des Schiedsgerichts wirksam geregelten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nicht bestehe, falls wie vorliegend die in § 18 des Gesellschaftsvertrags vereinbarte Abfindungszahlung an den Schiedsbeklagten nicht erfolgt. Auf angebliche Verwirkung des Abfindungsanspruchs könne sich die Schiedsklägerin insoweit nicht berufen, weil der vermeintliche Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot hierfür ebenso wenig ausreiche wie der Verbleib des Schiedsbeklagten in den Praxisräumlichkeiten.
7Die Schiedsklägerin begehrt unter Bezugnahme auf ihren Vortrag im Schiedsverfahren die Aufhebung dieser Entscheidung des Schiedsgerichts, weil sie ihres Erachtens wegen Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs gegen den verfahrensrechtlichen und den materiell-rechtlichen ordre public verstößt. Die Schiedsklägerin meint, dass der Abfindungsanspruch des Schiedsbeklagten wegen Aneignung des Patientenstammes und damit des Goodwills der Gemeinschaftspraxis erloschen sei und der Begriff „Verwirkung“ nicht im rechtstechnischen Sinne verwendet worden sei. Ferner behauptet die Schiedsklägerin, dass der Obmann des Schiedsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 17.9.2015 von der im vorangegangenen Termin am 22.1.2015 geäußerten Auffassung, wonach das Wettbewerbsverbot gelte, abgewichen sei, bevor am 31.3.2016 ein Hinweis- und Beweisbeschluss erging. Nach Meinung der Schiedsklägerin hat das Schiedsgericht ihr Kernvorbringen, dass der Schiedsbeklagte „bei seinem überfallartigen Ausscheiden wesentliche Teile des ideellen und materiellen Gesellschaftsvermögens an sich gerissen hat, indem er seine eingebrachte Einzelpraxis, insbesondere den Patientenstamm, wieder aus der Gemeinschaftspraxis herausgelöst hat, (bewusst) nicht zur Kenntnis genommen“ habe. Deshalb steht der Schiedsspruch ihres Erachtens in unauflösbarem Widerspruch zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen und unterschreitet den in rechtsstaatlicher Hinsicht unverzichtbaren Mindeststandard.
8Die Schiedsklägerin beantragt,
9den in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Schiedsrichter Rechtsanwalt Dr. C als Obmann und den Schiedsrichtern Rechtsanwalt Dr. I2 und Rechtsanwalt I, erlassenen Teil- und Grundschiedsspruch vom 12.7.2017, der Antragstellerin zugestellt am 19.7.2017, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20.9.2017, dieser der Antragstellerin zugestellt am 26.9.2017, hinsichtlich der Ziffer 1 des Tenors – Abweisung des Schiedsklageantrags zu 2. auf Zahlung einer Vertragsstrafe - aufzuheben.
10Der Schiedsbeklagte beantragt,
11den Antrag auf Aufhebung des Teil- und Grundschiedsspruchs vom 12.7.2017 zu Ziffer 1 des Tenors zurückzuweisen.
12Der Schiedsbeklagte ist der Auffassung, dass sein Ausschluss aus der Gesellschaft unwirksam sei, so dass ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe schon deshalb nicht bestehe, zumal die Kumulation von Vertragsstrafe und Wettbewerbsverbot eine unzulässige Kündigungserschwernis darstelle. Jedenfalls sei das Schiedsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass nach den Bekundungen des Zeugen Dr. I4 keine Vertragsstrafe geschuldet sei, solange keine Abfindung gezahlt wurde. Zu diesem Ergebnis gelange man auch, wenn man von der Unwirksamkeit sowohl der Kündigung des Schiedsbeklagten als auch seines Ausschlusses aus der Gesellschaft ausgehe, weil die Gesellschaft dann fortbestehe. Im Übrigen bestreitet der Schiedsbeklagte das ihm von der Schiedsklägerin zur Last gelegte Fehlverhalten, insbesondere eine unzulässige Übernahme von Patientendaten. Jedenfalls trifft die Schiedsklägerin nach Auffassung des Schiedsbeklagten ein überwiegendes Mitverschulden wegen schikanösen Verhaltens und Nichterbringung geschuldeter Zahlungen. Entgegen der Darstellung der Schiedsklägerin habe es keinen Patientenstamm gegeben, sondern die Patienten würden einzelfallabhängig von ihren behandelnden Ärzten an einen Radiologen überwiesen. Zu Recht sei das Schiedsgericht jedenfalls davon ausgegangen, dass das angebliche Verhalten des Schiedsbeklagten nicht zu einer Verwirkung des Abfindungsanspruchs geführt habe. Die von der Schiedsklägerin begehrte Aufhebung des Schiedsspruchs läuft nach Meinung des Schiedsbeklagten auf eine unzulässige révision au fond hinaus. Ein angeblicher Verstoß gegen den ordre public, insbesondere eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs, sei schon nicht schlüssig dargelegt worden, da sich aus dem Schiedsspruch ergebe, dass das Schiedsgericht das Vorbringen der Schiedsklägerin zur vermeintlichen Verwirkung des Abfindungsanspruchs zur Kenntnis genommen und bei seiner rechtlichen Würdigung berücksichtigt habe.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im vorliegenden Verfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 9.3.2018 verwiesen. Die dort genannten Beiakten wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
14II.
15Der zulässige Antrag der Schiedsklägerin auf Aufhebung von Ziffer 1. des in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien durch das Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern Rechtsanwalt Dr. C als Obmann sowie Rechtsanwalt I und Rechtsanwalt Dr. I2, ergangenen Teil- und Grundschiedsspruch vom 12.7.2017, berichtigt durch Beschluss vom 20.9.2017, ist unbegründet, weil kein Aufhebungsgrund i.S.d. § 1059 Abs. 2 ZPO vorliegt.
161. Das Aktivrubrum des vorliegenden Verfahrens ist antragsgemäß wie aus dem Rubrum des vorliegenden Beschlusses ersichtlich zu fassen.
17Klagende Partei des Schiedsverfahrens ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der zunächst der Schiedsbeklagte sowie Dr. H und Dr. I3, zwischenzeitlich Dr. S und nunmehr Dr. H, Dr. I3 und Dr. H2 angehören. Schiedsklägerin ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die selbst rechts- und parteifähig ist, so dass ein Wechsel der Gesellschafter die Parteiidentität nicht in Frage stellt, sondern lediglich zu einer ohne Weiteres möglichen Anpassung der Angabe der Vertreter an die geänderten Verhältnisse führt.
18Ob die Gesellschaft oder die Gesellschafter auch Partei der Schiedsvereinbarung sind, ist keine Frage der Parteibezeichnung, sondern der rechtlichen Beurteilung, insbesondere in Bezug auf das Vorliegen einer Schiedsvereinbarung für die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien und die Aktivlegitimation der Schiedsklägerin. Hiergegen erhebt die Schiedsklägerin indes keine Einwände. Auf die diesbezüglichen Einwendungen des Schiedsbeklagten, die aus den in den Beschlüssen in den Verfahren 19 Sch 16/17 und 19 Sch 20/17 dargelegten Gründen ohnehin unbegründet sind, kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht an.
192. Der am 19.10.2017 eingegangene Aufhebungsantrag ist zwar zulässig, weil er rechtzeitig innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Schiedsspruchs vom 12.7.2017 gestellt wurde, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da kein Grund zur Aufhebung der Abweisung des Schiedsklageantrags zu 2. auf Zahlung einer Vertragsstrafe vorliegt.
20Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO kann ein Schiedsspruch aufgehoben werden, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
21Soweit die Schiedsklägerin sich auf eine inhaltlich falsche Entscheidung und/oder Würdigung der Sach- und Rechtslage durch das Schiedsgericht beruft, vermag sie damit im vorliegenden Verfahren auf Vollstreckbarerklärung bzw. Aufhebung des Schiedsspruchs nicht durchzudringen. Denn eine inhaltliche Überprüfung der Entscheidung des Schiedsgerichts durch die ordentlichen Gerichte findet grundsätzlich nicht statt. Das Verbot der révision au fond, nach der die materielle Richtigkeit des Schiedsspruchs nicht zu prüfen ist, gehört zu den grundlegenden Prinzipien der Verfahren nach den §§ 1059, 1060 ZPO. Davon kann nur abgewichen werden, wenn die Entscheidung den ordre public verletzen, also zu einem Ergebnis führen würde, das mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28.1.2014 – III ZR 40/13, in: NJW 2014, 1597 f. [insbesondere zum – auch nach der Reform des Schiedsverfahrensrechts weiterhin geltenden – Kriterium der „Offensichtlichkeit“]; OLG Köln, Beschluss vom 24.7.2013 – 19 Sch 8/13 m.w.N., abrufbar bei juris). Nach der (älteren) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1041 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a.F. setzt die Aufhebung eines Schiedsspruchs wegen Verstoßes gegen den inländischen ordre public - in allenfalls geringfügiger Abweichung von dem noch großzügigeren internationalen ordre public – voraus, dass die Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, d.h. wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht; der Schiedsspruch muss mithin die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen. Dies sind insbesondere die Grundrechte und die guten Sitten, alle Grundprinzipien des deutschen Rechts sowie ein Mindeststandard an Verfahrensgerechtigkeit. Zur Einordnung und Abgrenzung ist von Bedeutung, dass das Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsverfahren kein Rechtsmittel zur Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Schiedsspruches ist. Nur in extremen Ausnahmefällen, in welchen die Hinnahme des Schiedsspruches unerträglich wäre, greift der ordre public ein. Hieran hat sich nach der vom Bundesgerichtshof geteilten praktisch einhelligen Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22.12.1997 (BGBl. I 3224), mit dem der inländische ordre public in § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO neu geregelt wurde, inhaltlich nichts geändert. Danach stellt nicht jeder Widerspruch der Entscheidung des Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts einen Verstoß gegen den ordre public dar; vielmehr muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30.10.2008 – III ZB 17/08, in: WM 2009, 573 ff. m.w.N.). Der Mindeststandard an Verfahrensgerechtigkeit wird vom sog. verfahrensrechtlichen ordre public geschützt. Von einem Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public ist demzufolge nicht bereits bei einem einfachen Verfahrensfehler auszugehen. Er setzt vielmehr voraus, dass ein schiedsrichterliches Verfahren an einem schwerwiegenden, die Grundlage des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens berührenden Mangel leidet (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 28.6.2011 – 19 Sch 11/10, in: SchiedsVZ 2012, 161 ff. m.w.N.).
22Von einer seitens der Schiedsklägerin insoweit gerügten Gehörsverletzung, die zugleich einen Verstoß gegen den ordre public darstellen würde (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 14.10.2016 – 13 Sch 1/15 (Kart), abrufbar bei juris), kann vorliegend nicht ausgegangen werden.
23a) Auf eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch die Verfahrensweise des Schiedsgerichts kann sich die Schiedsklägerin schon nach ihrer eigenen Darstellung nicht erfolgreich berufen. Dass das Schiedsgericht danach nicht stringent an derselben Auffassung festgehalten hat, stellt keinen Verfahrensverstoß dar, sondern zeigt gerade, dass es sich intensiv mit dem wechselseitigen Vorbringen der Parteien befasst hat und bereit war, vorläufige Rechtsauffassungen zu überdenken.
24Selbst nach der Schilderung der Schiedsklägerin handelte es sich auch nicht um eine (unzulässige) Überraschungsentscheidung, weil nach dem Verfahrensablauf, insbesondere der Erteilung von Hinweisen sowie der Anordnung und Durchführung einer Beweisaufnahme auch aus Sicht der Schiedsklägerin kein ernsthafter Zweifel daran bestehen konnte, dass der Ausgang des Verfahrens in Bezug auf den Komplex „Vertragsstrafe/Abfindung/Wettbewerbsverbot“ (zumindest) offen war.
25b) Auch im Hinblick auf die Begründung des Schiedsspruchs liegt keine Gehörsverletzung vor.
26Nach der Rechtsprechung u.a. des Senats (vgl. Beschluss vom 4.8.2017 – 19 Sch 6/17, abrufbar bei juris m.w.N.) müssen Schiedsgerichte zwar ebenso wie staatliche Gerichte gemäß Art. 103 Abs. 1 GG den Vortrag der Parteien zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen. Im Regelfall ist allerdings davon auszugehen, dass das Schiedsgericht dieser Verpflichtung auch nachgekommen ist. Da die (Schieds-) Gerichte nicht gehalten sind, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden, lässt sich ein Verstoß gegen die Pflicht, Vorbringen der Beteiligten in Erwägung zu ziehen, deshalb nur feststellen, wenn er sich aus den besonderen Umständen des Falles ergibt, zumal an eine Begründung von Schiedssprüchen nicht dieselben - jedenfalls keine höheren - Anforderungen zu stellen sind, die für die Urteile staatlicher Gerichte maßgeblich sind. Ein Schiedsgericht muss insofern nicht zum gesamten Parteivortrag Stellung nehmen, sondern es reicht aus, wenn es sich auf die Erörterung des Parteivorbringens und der Gesichtspunkte beschränkt, die für die tragenden Erwägungen des Schiedsspruchs von Bedeutung sind.
27Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des Schiedsgerichts entgegen den Einwänden der Schiedsklägerin gerecht:
28Aus dem Schiedsspruch ergibt sich ebenso wenig wie aus der teilweisen Zurückweisung des Tatbestandsberichtigungsantrags der Schiedsklägerin, dass das Schiedsgericht in gegen den ordre public verstoßender Weise das Vorbringen der Schiedsklägerin nicht vollständig zur Kenntnis genommen und/oder bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt hätte. Insbesondere gibt es entgegen dem von der Schiedsklägerin verfochtenen Standpunkt keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass das Schiedsgericht ihr Kernvorbringen, dass der Schiedsbeklagte „bei seinem überfallartigen Ausscheiden wesentliche Teile des ideellen und materiellen Gesellschaftsvermögens an sich gerissen hat, indem er seine eingebrachte Einzelpraxis, insbesondere den Patientenstamm, wieder aus der Gemeinschaftspraxis herausgelöst hat, (bewusst) nicht zur Kenntnis genommen“ habe. Aus der Begründung des Schiedsspruchs folgt vielmehr, dass das Schiedsgericht das Vorbringen beider Parteien unter Berücksichtigung der vertraglichen Regelungen zum Abfindungsanspruch einerseits und zum Wettbewerbsverbot andererseits umfassend gewürdigt hat.
29Das unter Berücksichtigung der Beweisaufnahme zum Hintergrund der vertraglichen Vereinbarungen gefundene Ergebnis dieser Würdigung, wonach das Wettbewerbsverbot nach Auffassung des Schiedsgerichts nicht gilt, sofern keine Abfindungszahlung erfolgt, so dass mangels Eingreifens des Wettbewerbsverbots auch keine Vertragsstrafe verwirkt ist, ist im vorliegenden Verfahren auf Aufhebung des Schiedsspruchs nicht auf seine Richtigkeit zu überprüfen, selbst wenn der Senat in der Sache anders entschieden oder die Entscheidung auf eine andere Begründung gestützt hätte. Denn Einwände gegen die inhaltliche Richtigkeit der getroffenen Entscheidung, auf die ihre diesbezügliche Argumentation im Ergebnis hinausläuft, kann die Schiedsklägerin nicht geltend machen, weil dies eine unzulässige révision au fond wäre. Abgesehen davon ist auch weder von der Schiedsklägerin dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass und weshalb eine solche Interpretation des Zusammenspiels der vertraglichen Vereinbarungen zur Abfindung, zum Wettbewerbsverbot und zur Vertragsstrafe durch das Schiedsgericht gegen den ordre public verstoßen, also elementare Grundlagen der Rechtsordnung verletzen würde, selbst wenn sie unzutreffend oder zweifelhaft wäre.
30Die Vertragsauslegung ist der Prüfung durch die staatlichen Gerichte entzogen, weil die Frage der Auslegung eines Vertrages die einfache Inhaltskontrolle des Schiedsspruchs betrifft, die dem ordentlichen Gericht grundsätzlich versagt ist, selbst wenn die Auslegung, die das Schiedsgericht dem Vertragswerk gegeben hat, inhaltlich unrichtig sein sollte (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 4.8.2017 – 19 Sch 6/17 m.w.N., abrufbar bei juris).
31Unvertretbar oder gar (im Sinne eines Verstoßes gegen ordre public) evident unzutreffend erscheint die Verneinung eines Eingreifens des (vertragstrafenbewehrten) Wettbewerbsverbots ohne Abfindungszahlung, sei es auch „nur“ wegen „Verwirkung“, jedenfalls nicht, da die Abfindung nach dem gesamten Vertragswerk offenbar – jedenfalls auch – vereinbart wurde, um finanzielle Nachteile des ausscheidenden Gesellschafters infolge des Wettbewerbsverbots zu kompensieren. Dass das Schiedsgericht hiervon ausgehend – sinngemäߠ– gemeint hat, dass das Wettbewerbsverbot nicht eingreift und demzufolge die Vertragsstrafe nicht verwirkt ist, falls die Abfindung nicht gezahlt wird, der ausscheidende Gesellschafter also keine Kompensation für das Unterlassen einer Konkurrenztätigkeit bzw. eine entsprechende rechtliche Verpflichtung erhält, ist auch in dem nach Darstellung der Schiedsklägerin vorliegend gegebenen Fall rechtswidrigen Verhaltens des Schiedsbeklagten wegen angeblicher Aneignung des Patientenstammes und damit des Goodwills der Gemeinschaftspraxis, das ihres Erachtens zu einer „Verwirkung“ des Abfindungsanspruchs (im nicht rechtstechnischen Sinne) führt, gut nachvollziehbar und verstößt jedenfalls nicht gegen grundlegende Prinzipien der Rechtsordnung.
32d) Ob – wie der Schiedsbeklagte meint – eine Verwirkung der Vertragsstrafe schon deshalb ausscheidet, weil die Gesellschaft fortbesteht oder die Vereinbarungen zum Wettbewerbsverbot und/oder zur Vertragsstrafe unwirksam sind bzw. die Vertragsstrafe aus anderen Gründen nicht verwirkt wurde, so dass sich die Entscheidung des Schiedsgerichts auch deshalb zumindest im Ergebnis als „richtig“ darstellen würde, bedarf danach keiner abschließenden Beurteilung.
33III.
34Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 1064 Abs. 2 ZPO.
35Gegenstandswert des Verfahrens: 354.858,39 €
36Rechtsmittelbelehrung:
37Gegen diesen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft. Voraussetzung ist, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert. Die Rechtsbeschwerde kann auch darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf der Verletzung eines Staatsvertrags beruht. Das Rechtsmittel kann nur auf Rechtsverletzungen gestützt werden. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof Karlsruhe, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich in deutscher Sprache einzulegen.
38Die Rechtsbeschwerde muss binnen einer Notfrist von 1 Monat bei dem Bundesgerichtshof Karlsruhe eingegangen sein.
39Die Rechtsbeschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses (Datum des Beschlusses, Geschäftsnummer und Parteien) sowie die Erklärung enthalten, dass Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden. Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat, die mit Zustellung der angefochtenen Entscheidung beginnt, zu begründen.