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Der in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien durch das Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern Vorsitzender Richter am Landgericht a.D. Dr. N, Rechtsanwalt Dr. U und Rechtsanwalt Dr. X, ergangene Schiedsspruch vom 5.8.2017 wird mit folgendem Tenor für vollstreckbar erklärt:
Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedskläger als Gesamthandgläubiger 36.879,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab 10.7.2017 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Schiedsbeklagte.
Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien streiten über die Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs, in dem der Streitwert für ein Schiedsverfahren und die vom Schiedsbeklagten an die Schiedskläger zu erstattenden Kosten festgesetzt wurden.
4Wegen der Einzelheiten des Schiedsverfahrens und der Einwände des Schiedsbeklagten gegen den in der Hauptsache ergangenen Schiedsspruch vom 6.7.2017 wird auf die Darstellung in dem Beschluss des Senats vom heutigen Tage (19 Sch 18/17) verwiesen. Durch Beschluss vom 5.8.2017 setzte das Schiedsgericht den Streitwert auf 377.215,14 € fest und ordnete an, dass der Schiedsbeklagte an die Schiedskläger Kosten in Höhe von 36.879,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins ab dem 10.7.2017 zu erstatten hat. Wegen der Einzelheiten der Berechnung und der Begründung des Schiedsgerichts wird auf den Schiedsspruch vom 5.8.2017 Bezug genommen.
5Die Schiedskläger begehren eine Vollstreckbarerklärung dieser Entscheidung des Schiedsgerichts. Im Hinblick auf die insoweit vom Schiedsbeklagten geltend gemachten Aufhebungsgründe meinen die Schiedskläger, dass die vom Schiedsbeklagten zitierte Rechtsprechung nicht mehr aktuell sei und die Streitwertfestsetzung im Übrigen zutreffend sei, weil der Schiedsbeklagte in näher bezeichneten Schriftsätzen eine werterhöhend zu berücksichtigende Hilfsaufrechnung erklärt habe.
6Die Schiedskläger beantragen,
7den Schiedsspruch vom 5.8.2017 für vollstreckbar zu erklären.
8Der Schiedsbeklagte beantragt,
9den Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs vom 5.8.2017 abzulehnen.
10Der Schiedsbeklagte ist der Meinung, dass die Streitwertfestsetzung des Schiedsgerichts gegen das Verbot des Richtens in eigener Sache verstoße und zudem unzutreffend sei, weil das Schiedsgericht zu Unrecht von einer entsprechend § 45 Abs. 3 GKG streitwerterhöhend wirkenden Hilfsaufrechnung ausgegangen sei, während es sich tatsächlich um eine Hauptaufrechnung gehandelt habe.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im vorliegenden Verfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 2.3.2018 verwiesen. Die dort genannten Beiakten wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
12II.
13Der Schiedsspruch des aus den Schiedsrichtern Vorsitzender Richter am Landgericht a.D. Dr. N, Rechtsanwalt Dr. U und Rechtsanwalt Dr. X bestehenden Schiedsgerichts vom 5.8.2017 ist gemäß § 1060 Abs. 1 ZPO für vollstreckbar zu erklären, weil der darauf gerichtete Antrag zulässig und begründet ist.
141. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zulässig. Insbesondere wurde gemäß § 1064 Abs. 1 ZPO die Entscheidung des Schiedsgerichts als beglaubigte Abschrift vorgelegt (vgl. im Übrigen Münch, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 1064 ZPO Rn 4 m.w.N., wonach es sich bei diesem Erfordernis nicht um eine Prozessvoraussetzung, sondern „nur“ um eine Beweisregelung handelt). Die Entscheidung des Schiedsgerichts entspricht auch den formellen Anforderungen des § 1054 ZPO. Der Schiedsspruch ist schriftlich erlassen, von den Schiedsrichtern unterschrieben und mit einer Begründung versehen. Auch der Tag des Erlasses und der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens sind angegeben.
152. Der danach zulässige Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist auch begründet. Aufhebungsgründe i.S.d. § 1059 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Ablehnung der Vollstreckbarerklärung gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO kommt daher nicht in Betracht.
16a. Die formellen Voraussetzungen für eine Berücksichtigungsfähigkeit von Aufhebungsgründen nach § 1060 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO sind zwar erfüllt, weil der am 2.10.2017 eingegangene Aufhebungsantrag rechtzeitig innerhalb von drei Monaten nach der Zustellung des Schiedsspruchs vom 5.8.2017 am 9.8.2017 gestellt wurde.
17b. Es liegen jedoch keine Aufhebungsgründe vor. Denn aus den im Beschluss vom heutigen Tage in der Sache 19 Sch 18/17, auf den verwiesen wird, dargelegten Gründen greifen die gegen die Entscheidung in der Sache durch Schiedsspruch vom 06.07.2017 erhobenen Einwände des Schiedsbeklagten nicht durch. Dies gilt auch für die in Bezug auf den Schiedsspruch vom 5.8.2017 erhobenen weiteren Einwände des Schiedsbeklagten:
18aa) Entgegen dem von dem Schiedsbeklagten verfochtenen Standpunkt liegt hinsichtlich der Streitwertbemessung kein Aufhebungsgrund vor, auch wenn damit - mittelbar – eine Grundlage für die Bemessung des eigenen Vergütungsanspruchs der Schiedsrichter geschaffen wurde. Gleichwohl stellt dies keinen Verstoß gegen das Verbot des Richtens in eigener Sache dar (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 16.1.2015 - 19 Sch 13/14, abrufbar bei juris), zumal der Beschluss vom 5.8.2017 kein Vollstreckungstitel für den eigenen Vergütungsanspruch der Schiedsrichter, sondern ausschließlich für die Kostenausgleichung zwischen den Parteien ist und damit § 1057 ZPO entspricht.
19Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 28.3.2012 – III ZB 63/10, in: BGHZ 193, 38 ff. m.w.N.) gehört zwar der Grundsatz, dass niemand in eigener Sache Richter sein kann, zu den Grundprinzipien des Rechtsstaats; insoweit ist es Wesen jeder richterlichen Tätigkeit, dass sie von einem nichtbeteiligten Dritten in sachlicher und persönlicher Unabhängigkeit ausgeübt wird. Das Verbot des Richtens in eigener Sache, das für das gerichtliche Verfahren als Ausschlussgrund für die Ausübung des Richteramts in § 41 Nr. 1 ZPO formuliert ist, gilt auch für das schiedsrichterliche Verfahren. Die Verletzung dieses Grundsatzes führt zur Aufhebung des Schiedsspruchs. Hinsichtlich der Kosten eines Schiedsverfahrens bedeutet das Verbot des Richtens in eigener Sache für die Schiedsrichter zunächst, dass diese sich ihre Vergütungsansprüche gegen die Parteien nicht selbst zusprechen, also diese im Schiedsspruch nicht selbst titulieren dürfen, sondern ihre Tätigkeit lediglich von der Einzahlung entsprechender Vorschüsse abhängig machen dürfen (§ 273 BGB). Seine frühere - noch zum alten Schiedsverfahrensrecht ergangene – Rechtsprechung, wonach es den Schiedsrichtern darüber hinaus untersagt war, ihre (streitwertabhängige) Vergütung mittelbar über die Festsetzung des Streitwerts für das Schiedsverfahren zu bestimmen, hat der Bundesgerichtshof nach der gesetzlichen Neuregelung in § 1057 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach - sofern die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben - das Schiedsgericht in einem Schiedsspruch darüber zu entscheiden hat, zu welchem Anteil die Parteien die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens einschließlich der den Parteien erwachsenen und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu tragen haben, aufgegeben bzw. modifiziert. Diese gesetzlich vorgeschriebene Kostenentscheidung setzt in den nicht seltenen Fällen, in denen der Streitwert nicht feststeht (weil es z.B. um keine bezifferte Klage geht) und eine Kostenquote zu bilden ist, eine Festsetzung des Streitwerts durch das Schiedsgericht voraus. Denn nur so kann der Ausgang des Verfahrens bei der Kostenverteilung angemessen berücksichtigt werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers muss mithin das Schiedsgericht auch zur Festsetzung des Streitwerts befugt sein. Diese kann damit auch Grundlage der Kostenerstattungsansprüche der obsiegenden Partei gegen die unterlegene Partei sein, über die das Schiedsgericht nach § 1057 Abs. 2 ZPO zu befinden hat. Im Hinblick auf das Verbot des Richtens in eigener Sache ist eine solche Streitwertfestsetzung allerdings nur im Verhältnis der Parteien zueinander verbindlich, es handelt sich also um eine Streitwertfestsetzung mit eingeschränkter Reichweite. Wirkungen entfaltet ein Schiedsspruch - und damit auch eine in dessen Rahmen erfolgende Streitwertfestsetzung - nur zwischen diesen (§ 1055 ZPO), nicht dagegen im Hinblick auf die Gebührenansprüche zwischen dem Schiedsgericht und den Parteien und auch nicht zwischen den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten. Ist die Kostenfestsetzung bezüglich der vorschussweise gezahlten Schiedsrichtergebühren nicht zutreffend, müssen die Parteien zuviel gezahlte Kosten außerhalb des Schiedsverfahrens von den Schiedsrichtern zurückverlangen; denn insoweit hat die Entscheidung nicht die Qualität eines Schiedsspruchs. Hierbei ergibt sich der Rückzahlungsanspruch aus dem Schiedsrichtervertrag, durch den die Parteien mit dem Schiedsgericht verbunden sind. Hat das Schiedsgericht den Streitwert zu hoch angesetzt (bzw. entspricht, soweit die Parteien des Schiedsvertrags die Schiedsrichter ermächtigt haben, ihre Gebühren nach einem nach § 315 BGB zu bestimmenden Streitwert festzulegen, die Bestimmung nicht billigem Ermessen), kann eine Partei im Umfang der Überzahlung den von ihr geleisteten Vorschuss oder, wenn sie durch die schiedsgerichtliche Kostenentscheidung zur Erstattung des von der anderen Partei gezahlten Vorschusses verpflichtet worden ist und diesen ausgeglichen hat, diesen Betrag von den Schiedsrichtern zurückverlangen. Genauso steht es - mangels Bindungswirkung - einer Partei oder ihrem Prozessbevollmächtigten frei, die Höhe der Anwaltsgebühren vor den ordentlichen Gerichten zur Überprüfung zu stellen. Sollte in einem solchen Fall später im Verhältnis der Schiedsrichter zu den Schiedsparteien oder der Schiedsparteien zu ihren Bevollmächtigten eine abweichende Entscheidung ergehen, ist diese wiederum nur in dieser Rechtsbeziehung verbindlich. Für das Verhältnis der Schiedsparteien untereinander verbleibt es dagegen bei der Bindungswirkung des Schiedsspruchs.
20Gründe, von dieser (aktuellen) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzuweichen, liegen nicht vor. Insbesondere vermag der gegenteilige Standpunkt des Schiedsbeklagten, der auch nicht durch die zitierten Rechtsprechungs- oder Literaturstellen bestätigt wird, nicht zu überzeugen, insbesondere nicht die oben wiedergegebene ausführliche und zutreffende Begründung des Bundesgerichtshofs zu entkräften. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.
21bb) Unabhängig von der vom Schiedsbeklagten selbst aufgeworfenen Frage der prozessualen Berücksichtigungsfähigkeit diesbezüglicher Einwände ist die Streitwertfestsetzung des Schiedsgerichts, insbesondere die streitwerterhöhende Berücksichtigung der in Rede stehenden Hilfsaufrechnung, auch nicht zu beanstanden.
22Das Verständnis des Schiedsgerichts dahingehend, dass es sich bei den Einwänden des früheren Verfahrensbevollmächtigten des Schiedsbeklagten um eine Hilfsaufrechnung handelte, ist jedenfalls nicht unvertretbar, da von einem Rechtsanwalt erwartet werden kann, dass er sich klar und deutlich ausdrückt. Im Übrigen lässt sich das nunmehr favorisierte Verständnis, dass angebliche Gegenansprüche im Schiedsverfahren nicht nur hilfsweise, sondern als Hauptverteidigungsvorbringen geltend gemacht worden seien, schwerlich mit dem zur Begründung des Aufhebungsantrags hinsichtlich der Entscheidung des Schiedsgerichts in der Hauptsache (19 Sch 18/17) verfochtenen Standpunkt in Einklang bringen, dass (schon) kein Zahlungsanspruch der Schiedskläger gegen den Schiedsbeklagten bestehe.
23cc) Auch sonstige Gründe, die – ausnahmsweise – zu einer Aufhebung der Streitwert- oder Kostenfestsetzung führen könnten, sind weder vom Schiedsbeklagten dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die (Neben-) Entscheidungen des Schiedsgerichts auf Willkür aus eigenen Kosteninteressen beruhen oder unter Verletzung des Anspruchs der Parteien auf (rechtliches) Gehör zustande gekommen sind (vgl. dazu OLG Köln, Beschluss vom 24.7.2013 – 19 Sch 8/13, abrufbar bei juris).
24III.
25Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 1064 Abs. 2 ZPO.
26Gegenstandswert des Verfahrens: 36.879,47 €
27Rechtsmittelbelehrung:
28Gegen diesen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft. Voraussetzung ist, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert. Die Rechtsbeschwerde kann auch darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf der Verletzung eines Staatsvertrags beruht. Das Rechtsmittel kann nur auf Rechtsverletzungen gestützt werden. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof Karlsruhe, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich in deutscher Sprache einzulegen.
29Die Rechtsbeschwerde muss binnen einer Notfrist von 1 Monat bei dem Bundesgerichtshof Karlsruhe eingegangen sein.
30Die Rechtsbeschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses (Datum des Beschlusses, Geschäftsnummer und Parteien) sowie die Erklärung enthalten, dass Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden. Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat, die mit Zustellung der angefochtenen Entscheidung beginnt, zu begründen.