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Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 21. Dezember 2017 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kerpen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 16.000 € festgesetzt.
Beiden beteiligten Eheleuten wird aufgegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses jeweils eine aktuelle Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen.
Gründe:
2Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheidet, hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Verbundentscheidung über die Scheidung und den Versorgungsausgleich und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
3Die Entscheidung über die Scheidung und den Versorgungsausgleich hätte gemäߠ § 137 Abs. 1 FamFG nicht ohne eine gleichzeitige Entscheidung über die ebenfalls in den Verbund fallende (§ 137 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 FamFG) Güterrechtssache getroffen werden dürfen. Die vom Antragsteller beantragte Abtrennung der Güterrechtssache ist unzulässig, da die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen. Das gilt insbesondere für die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG.
4Denn zwar hat das Amtsgericht zutreffend angenommen, dass sich der Scheidungsausspruch ohne eine Abtrennung außergewöhnlich verzögern würde, nachdem der Scheidungsantrag bereits vor knapp sechs Jahren im Juni 2012 zugestellt worden ist (vgl. dazu BGH, Urteile vom 2.7.1986 - IVb 54/85, juris Rn. 18 und vom 9.1.1991 - XII ZR 14/90, juris Rn. 19). Der weiteren Annahme des Amtsgerichts, dass ein weiterer Aufschub des Scheidungsausspruchs unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte für den Antragsteller darstellen würde, folgt der Senat aber nicht.
5Die Antragsgegnerin, die sich gegen eine Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von über 170.000 € verteidigt und die ihrerseits eine Ausgleichsforderung in Höhe von über 75.000 € geltend macht, hat ein durch § 137 Abs. 1 FamFG gesetzlich geschütztes Interesse daran, ihren Status als Ehefrau nicht zu verlieren, ohne dass eine Regelung über die güterrechtlichen Folgen der Ehe getroffen ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.7.1997 - 26 UF 31/97, juris Rn. 4; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 31.3.2011 - 6 UF 128/10, juris Rn. 25). Auch in Ansehung der knapp sechsjährigen Verfahrensdauer ist dieses Interesse jedenfalls derzeit noch höher zu gewichten als das Interesse des Antragstellers an einem baldigen Abschluss des Scheidungsverfahrens.
6Zwar ist zu Gunsten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass er beabsichtigt, die Mutter seiner bereits fünfjährigen Tochter zu heiraten (vgl. BGH, Urteil vom 2.7.1986 - IVb ZR 54/85, juris Rn. 20). Dass der Aufschub des Scheidungsausspruchs die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin über das übliche Maß hinaus belastet und dass die Tochter darunter leidet, nicht den gleichen Nachnamen wie der Antragsteller zu haben, lässt sich allerdings nicht feststellen. Denn für diese von der Antragsgegnerin wirksam bestrittenen Behauptungen hat der Antragsteller keinen Beweis angetreten. Dies gilt insbesondere auch für den behaupteten Zusammenhang zwischen dem Aufschub der Scheidung und der - nicht näher erläuterten - stationären Behandlung seiner Lebensgefährtin wegen einer psychischen Belastung. Die angeblich sehr belastende ständige Gerichtskorrespondenz würde sich im Übrigen auch bei einer isolierten Fortführung der Güterrechtssache kaum verringern. Auch kommt es nicht selten vor, dass - verheiratete oder unverheiratete - Paare mit gemeinsamen Kindern keinen gemeinsamen Namen führen.
7Es kommt maßgeblich hinzu, dass bei der Prüfung, ob eine unzumutbare Härte vorliegt, auch ein Verhalten eines Beteiligten, das nicht der prozessualen Förderungspflicht entspricht, berücksichtigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 2.7.1986 - IVb ZR 54/85, juris Rn. 18; KG, Urteil vom 18.2.2000 - 3 UF 6680/99, juris Rn. 32; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 31.3.2011 - 6 UF 128/10, juris Rn. 28). Trägt der Scheidungsantragsteller selbst in nicht unerheblichem Maße zur Verzögerung der verfahrensmäßigen Erledigung der güterrechtlichen Folgesache bei, stellt dies sein vorrangiges Interesse an einem alsbaldigen Abschluss der Scheidungssache infrage (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.7.2015 - 18 UF 246/13, juris Rn. 42; OLG München, Urteil vom 10.7.2007 - 4 UF 481/06, juris Rn. 19; Keidel/Weber, FamFG, 19. Aufl., § 140 Rn. 12; Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl., § 140 Rn. 26; Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl., § 140 Rn. 13). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn er geschuldete Auskünfte nicht vollständig erteilt (vgl. Senatsurteil vom 24.6.1997 - 14 UF 215/96, juris Rn. 13).
8Vorliegend hat der Antragsteller durch ungenügende Erteilung der nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB geschuldeten Auskünfte zu einer Verfahrensverzögerung von mehr als vier Jahren beigetragen. Bereits mit außergerichtlichem Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 11. Juli 2012 hat die Antragsgegnerin ihn unter Fristsetzung bis zum 31. Juli 2012 aufgefordert, Auskunft unter anderem über sein Endvermögen zu erteilen. Da der Antragsteller auf diese Aufforderung nicht reagiert hat, musste die Antragsgegnerin ihren Auskunftsanspruch - nunmehr auch betreffend den Trennungszeitpunkt - mit Schriftsatz vom 16. Januar 2013 gerichtlich geltend machen. Zwar hat der Antragsteller daraufhin während des Verfahrens mehrfach Auskünfte erteilt. Da diese jedoch unvollständig waren, musste er mit rechtskräftigem Teilbeschluss vom 22. Mai 2015 zur vollständigen Auskunftserteilung verpflichtet werden. Die daraufhin mit Schriftsatz vom 15. Juli 2015 erteilte weitere Auskunft war erneut unvollständig. Es fehlten Angaben zu einem Konto bei der E und zu Werkzeugen, die in seinem Eigentum standen. Die Antragsgegnerin musste deshalb die Zwangsvollstreckung einleiten, woraufhin der Senat mit Beschluss vom 21. Oktober 2015 - 14 WF 220/15 - zur Erzwingung der Auskunft ein Zwangsgeld gegen den Antragsteller festgesetzt hat. Der Antragsteller hat daraufhin erst mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2016 eine weitere Auskunft erteilt. Da Grund zu der Annahme bestand, dass er das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt hatte, ist er mit rechtskräftigem Beschluss vom 20. März 2017 antragsgemäß verpflichtet worden, die Richtigkeit der Auskunft an Eides statt zu versichern. Die eidesstattliche Versicherung hat er nach einer notwendigen Korrektur erst am 19. Juni 2017 - fast fünf Jahre nach Ablauf der ihm zur Auskunftserteilung gesetzten Frist - abgegeben. Die Antragsgegnerin konnte ihre Forderung deshalb erst mit Schriftsatz vom 21. September 2017 beziffern.
9Dieses, der prozessualen Förderungspflicht widersprechende Verhalten des Antragstellers stellt sein vorrangiges Interesse an einem alsbaldigen Abschluss des Scheidungsverfahrens durchgreifend infrage. Soweit er geltend macht, Schwierigkeiten bei der Auskunftserteilung seien auf Buchungsfehler seines ehemaligen Steuerberaters zurückzuführen, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Denn zwar waren solche Fehler möglicherweise die Ursache dafür, dass er die Angabe zum Wert seines Einzelunternehmens zum Trennungszeitpunkt in seiner Auskunft vom 31. Oktober 2016 korrigieren musste. Die früheren Angaben zu dieser Position waren jedoch für die Verpflichtung zur Auskunftserteilung durch Beschluss vom 22. Mai 2015, für die Zwangsgeldfestsetzung und für die Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nicht von Bedeutung.
10Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 43, 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG.
11Rechtsbehelfsbelehrung:
12Gegen diesen Beschluss findet ein Rechtsmittel nicht statt.