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Das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin gegen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. L wird für nicht gerechtfertigt erklärt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2I.
3Die Antragstellerin beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Zusammenhang mit der Ablehnung einer Fördermaßnahme durch den Beklagten. Der Antrag wurde durch Beschluss des Landgerichts vom 17.6.2016 zurückgewiesen. Nachdem die Antragstellerin in der Folge mit weiteren Schreiben die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrte, hat das Landgericht mit Beschluss vom 4.9.2017 den neuerlichen Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin sich mit sofortiger Beschwerde vom 12.9.2017 gewandt. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Senat hat die sofortige Beschwerde durch den abgelehnten Richter mit Beschluss vom 22.9.2017 zurückgewiesen und zur Begründung auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses verwiesen. Mit Fax vom 26.9., eingegangen am 27.9. hat die Antragstellerin gegen diesen Beschluss Gehörsrüge erhoben. Die Gehörsrüge hat der abgelehnte Richter durch Beschluss vom gleichen Tag zurückgewiesen.
4Mit einem auf den 12.9.2017 datierten Schreiben, welches per Fax am 26.9.2017 bei Gericht eingegangen ist, hat die Antragstellerin ein Ablehnungsgesuch gegen die Einzelrichterin beim Landgericht und den Einzelrichter des Senats eingereicht.
5Der abgelehnte Richter hat in seiner dienstlichen Stellungnahme erklärt, bei Zurückweisung der Gehörsrüge habe ihm das Ablehnungsgesuch nicht vorgelegen.
6II.
7Über die Ablehnungsgesuche hat der Senat in der vollen Besetzung ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters zu entscheiden, § 45 ZPO. Das gilt auch, wenn – wie hier – der Einzelrichter abgelehnt wurde (BGH NJW 2006, 2492).
8Das Ablehnungsgesuch ist gemäß § 42 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Es ist aber in der Sache nicht begründet.
9Eine Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Es muss sich um eine unsachliche innere Einstellung des Richters handeln, die sich störend auf seine Distanz, Neutralität und Unparteilichkeit gegenüber den Beteiligten des konkreten Verfahrens auswirken kann. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Richter tatsächlich befangen ist; unerheblich ist gleichfalls, ob der Richter sich für unbefangen oder für befangen hält. Entscheidend ist allein, ob aus der Sicht des Ablehnenden genügend objektive Gründe vorliegen, die nach der Meinung einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (ständige Rspr., BVerfGE 88, 23; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rn. 9).
10Solche Gründe liegen nicht vor.
111. Die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde und der Gehörsrüge stellen keine Ablehnungsgründe dar. Eine unzutreffende Rechtsansicht in einer gerichtlichen Entscheidung rechtfertigt die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit im Regelfall nicht, sondern muss mit den hierfür vorgesehenen Rechtsbehelfen in der Sache angegriffen werden. Die Befangenheitsablehnung ist grundsätzlich kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle (BGH, NJW-RR 2012, 61; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rn. 28). Die Annahme einer Besorgnis der Befangenheit kann allerdings in Betracht kommen, wenn die Auslegung des Gesetzes oder dessen Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie eines gesetzlichen, unabhängigen und neutralen Richters in grundlegender Weise verkennt (BGH, NJW-RR 2012, 61). So liegt es hier aber erkennbar nicht. Die allgemeine Rüge der Antragstellerin, es seien sachfremde Akteninhalt in Beschlüsse einkopiert worden, der Beschluss sei zu 100 % sachfremd und es seien Rechtsmittelschriften unterschlagen worden, man habe sich nicht die Mühe gemacht, die Rechtsmittelschriften zu lesen, hat keinen konkreten Bezug zu den Entscheidungen, die der abgelehnte Richter erlassen hat.
122. Das Ablehnungsgesuch kann auch nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass der abgelehnte Richter die Gehörsrüge in Kenntnis des Ablehnungsgesuchs zurückgewiesen oder dass er die Entscheidung nach Kenntnis von dem Ablehnungsgesuch nicht zurückgerufen habe.
13Die Partei, die einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen will, muss die Tatsachen, aus denen sie den Ablehnungsgrund herleitet, glaubhaft machen, § 44 Abs. 2 ZPO.
14Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr Ablehnungsgesuch dem abgelehnten Richter bei der Abfassung des Beschlusses vom 27.9.2017 bereits vorgelegen hat. Der abgelehnte Richter hat in seiner dienstlichen Stellungnahme erklärt, das Ablehnungsgesuch sei ihm erst vorgelegt worden, nachdem der Beschluss über die Zurückweisung der Gehörsrüge bereits gefasst und auf der Geschäftsstelle eingegangen sei. Eine Tatsachenbehauptung ist nur glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft, d.h. wenn mehr für das Vorliegen der Behauptung spricht als dagegen (BGH, NJW-RR 2011, 136). Lässt sich diese überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht feststellen, geht dies zu Lasten des Ablehnenden (BGH aaO).
15Es besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Ablehnungsgesuch dem abgelehnten Richter entgegen seiner dienstlichen Stellungnahme bereits bei Abfassung des Beschlusses vom 27.9. vorlag. Zwar ist das Ablehnungsgesuch bereits am 26.9. und vor Eingang der Gehörsrüge, die Gegenstand des Beschlusses vom 27.9. war, per Fax bei Gericht eingegangen. Beide Schriftsätze sind indes nicht bei der Geschäftsstelle des Senats, sondern auf der Wachtmeisterei des Gerichts eingegangen. Von dort mussten sie erst auf die Geschäftsstelle gelangen und sodann von der Geschäftsstelle dem zuständigen Richter vorgelegt werden. Der genaue Ablauf lässt sich nicht mehr aufklären. Es ist aber durchaus nicht unwahrscheinlich, dass die Gehörsrüge vor dem Ablehnungsgesuch vorgelegt wurde, sei es weil sie vorher auf die Geschäftsstelle gelangt ist, sei es weil sie von der Geschäftsstelle vor dem Ablehnungsgesuch bearbeitet wurde.
16Diese Unaufklärbarkeit geht zu Lasten der Antragstellerin, da ihr die Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes obliegt (BGH, NJW-RR 2011, 136).
17Schließlich verhilft es dem Ablehnungsgesuch auch nicht zum Erfolg, dass der abgelehnte Richter den Beschluss nicht „zurückgerufen“ hat. Ein Beschluss, der – wie hier – ohne mündliche Verhandlung ergeht, wird wirksam und für das Gericht außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens nicht mehr abänderbar, wenn er aus dem inneren Geschäftsbetrieb des Gerichts herausgegeben, d.h. die für die Parteien bestimmten Ausfertigungen die Geschäftsstelle verlassen haben (BGH, NJW-RR 2004, 1574). Es kann dahinstehen, ob es noch möglich und verfahrensrechtlich geboten gewesen wäre, zu versuchen, den Beschluss anzuhalten. Ob der Beschluss zum Zeitpunkt der Vorlage des Ablehnungsgesuchs noch hätte zurückgerufen werden können, ist offen und nicht mehr aufklärbar. Verfahrensverstöße und fehlerhafte Entscheidungen sind – wie ausgeführt – kein Ablehnungsgrund, soweit nicht darüber hinaus Gründe dargelegt und glaubhaft gemacht werden, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf Voreingenommenheit des Richters gegenüber der Partei beruhen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rn. 28 mwNachw). Solche Gründe sind weder dargelegt noch ersichtlich.