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Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 30. September 2015 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 11 O 355/12 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe:
2I. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).
3Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten weder die Zahlung eines Schmerzensgeldes noch materiellen Schadensersatz verlangen.
41. Die Beklagte haftet dem Kläger nicht wegen eines ihr zurechenbaren Behandlungsfehlers eines bei ihr angestellten Arztes, §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 831 Abs. 1, 31 BGB
5a) Selbst wenn es bei dem partiellen Ersatz des Wirbelkörpers LWK 1, den Prof. Dr. Q am 22.2.2010 thoraskopisch durchgeführt hat, durch das im Operationsbericht beschriebene Weghalten der intestinalen Weichteile mit einem Retraktor oder Haken zu einer ersten Schädigung der Milz gekommen sein sollte, die bei dem Sturz vom 1.3.2010 deren Ruptur mit verursachte, läge dem nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Q2 kein feststellbarer Behandlungsfehler des Operateurs zugrunde.
6Dr. Q2 hat dargelegt, dass es sich bei der Milzverletzung um eine mögliche und in der medizinischen Literatur beschriebene Komplikationen einer Wirbelsäulenoperation mit transthorakalem Zugang handele. Dass eine Schädigung der Milz auch bei fachgerechtem und sorgfältigem Vorgehen nicht sicher vermeidbar ist, ist nachvollziehbar. Zum einen müssen das Zwerchfell und die darunter liegenden Organe wie Milz und Nieren bei dem Operationsverfahren regelmäßig mit Retraktoren oder Haken zurückgehalten werden. Zum anderen sind die unterhalb des Zwerchfells liegenden Organe für den Operateur nicht sichtbar. Die Beurteilung von Dr. Q2, gegenüber der der Kläger keine konkreten Einwendungen erhoben hat, entspricht zudem der Bewertung von Prof. Dr. S in seinem für die Gutachterkommission erstatteten Gutachten.
7Sofern Prof. Dr. Q gegenüber dem Kläger, wie dieser behauptet und die Beklagte nach Rücksprache mit Prof. Dr. Q bestreitet, geäußert haben sollte, dass er den Schaden an der Milz mit einem Haken verursacht habe und dass der Kläger sich an seine Berufshaftpflichtversicherung wenden möge, läge hierin kein für ein Behandlungsfehler streitendes Indiz. Aus diesem Grund und aus den nachstehend unter I 2 erörterten Gründen bedurfte und bedarf es entgegen der Ansicht des Klägers keiner Vernehmung von Prof. Dr. Q als Zeugen. Nach der der behaupteten Äußerung ist der Operateur davon ausgegangen, dass er die Milzschädigung verursacht habe, während er nicht erklärt hat, dass er sie schuldlhaft durch einen Behandlungsfehler herbeigeführt habe. Letzteres ergibt sich auch nicht konkludent aus dem behaupteten Hinweis von Prof. Dr. Q auf seine Berufshaftpflichtversicherung. Ein Hinweis auf die Berufshaftpflichtversicherung kann im Fall eines durch einen Arzt verursachten Schadens bereits dann erfolgen und aus Sicht des Arztes angemessen sein, wenn nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt Ersatzansprüche in Betracht kommen. Hierin liegt nicht notwendig ein Zugeständnis eines Behandlungsfehlers. Im vorliegenden Fall gilt dies besonders deshalb, weil Prof. Dr. Q aufgrund eigener Wahrnehmung gar nicht beurteilen konnte, ob und gegebenenfalls warum es während der thoraskopischen Wirbelsäulenoperation zu einer Schädigung der Milz gekommen war. Durch das Zwerchfell war ihm die Sicht auf die unterhalb des Zwerchfells gelegenen Organe versperrt.
8b) Im Übrigen ist es nach den Ausführungen von Dr. Q2, die sich auf die Entwicklung des Hämoglobinwerts nach dem Sturz vom 1.3.2010, den Befund der Computertomografie vom 3.3.2010, den Operationsbericht über die Milzentfernung vom 4.3.2010 und den entsprechenden histologischen Befund stützen, möglich, dass die Schädigung der Milz allein auf dem Sturz vom 1.3.2010 beruht, für den eine Verantwortlichkeit der Beklagten weder dargetan noch ersichtlich ist. Dr. Q2 hat in diesem Zusammenhang schlüssig darauf verwiesen, dass die Art und der Verlauf des Sturzes nicht bekannt sind, so dass Verletzungsmechanismen, die eine allein sturzbedingte Schädigung der Milz erklären würden, nicht hinreichend sich auszuschließen sind.
92. Die Beklagte haftet dem Kläger nicht aufgrund eines in ihrem Namen durch Prof. Dr. Q erklärten Schuldanerkenntnisses, §§ 780, 781 BGB.
10Dies gilt schon deshalb, weil sich die vom Kläger behauptete Äußerung von Prof. Dr. Q auch dann, wenn sie erfolgt wäre, nicht im Sinne Schuldanerkenntnisses auslegen und verstehen ließe. Wegen der weitreichenden Wirkungen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses können ein entsprechendes Angebot oder dessen Annahme nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden. Diese sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Prof. Dr. Q hat nach dem Vorbringen des Klägers nicht ausdrücklich erklärt, dass die Beklagte für die Schädigung der Milz haften wolle. Der Annahme eines stillschweigend abgegebenen Angebots steht jedenfalls entgegen, dass Prof. Dr. Q noch nicht einmal einen haftungsbegründenden Sachverhalt eingeräumt hat. Wie bereits ausgeführt worden ist, folgt aus der behaupteten Äußerung die Verursachung der Milzverletzung, nicht aber deren Herbeiführung durch einen schuldhaften Behandlungsfehler.
11II. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist.