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Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.
Gründe
2A.
3Das Amtsgericht Rheinbach hat die Angeklagte am 14. August 2015 wegen „gemeinschaftlichen Diebstahls“ (begangen mit ihrem jetzigen Ehemann am 15. Oktober 2014) zu der Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Auf ihre hiergegen gerichtete Berufung hat die 6. kleine Strafkammer des Landgerichts Bonn mit der angefochtenen Entscheidung das amtsgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass die Angeklagte wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je acht Euro verurteilt worden ist.
4Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, mit der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision der Staatsanwaltschaft. Die Generalstaatsanwaltschaft ist dieser beigetreten. Sie erachtet die erklärte Beschränkung für unwirksam. Darüber hinaus vertritt sie in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft die Auffassung, dass die Strafzumessungserwägungen der Berufungsstrafkammer durchgreifende Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten aufweisen.
5B.
6I.
7Die Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Revision der Staatsanwaltschaft führt gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bonn, weil es im Schuldspruch einen die Angeklagte belastenden Rechtsfehler aufweist (vgl. § 301 StPO).
81.
9Der von der Staatsanwaltschaft erklärten Beschränkung des Rechtsmittels ist – was der Senat von Amts wegen zu überprüfen hat (st. Rspr. s. jüngst SenE v. 08.01.2016 – III-1 RVs 241/15 -) - die Wirksamkeit zu versagen.
10a)
11Zwar gebietet es die dem Rechtsmittelberechtigten in § 344 Abs. 1 StPO eingeräumte Verfügungsmacht über den Umfang der Anfechtung, den in Rechtsmittelerklärungen zum Ausdruck kommenden Gestaltungswillen im Rahmen des rechtlichen Möglichen zu respektieren. Das Rechtsmittelgericht kann und darf daher regelmäßig diejenigen Entscheidungsteile nicht nachprüfen, deren Nachprüfung von keiner Seite begehrt wird (BGHSt 47, 32 [38]). Wirksam ist die Beschränkung, wenn der Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von dem nicht angefochtenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig geprüft und beurteilt werden kann, ohne dass eine Überprüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich ist, und wenn die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (BGHSt 47, 32 [35]; BGH NStZ-RR 2003, 18; SenE v. 28.10.2003 - Ss 464/03 -; SenE v. 24.05.2016 – III-1 RVs 83/16).
12b)
13Nach Maßgabe dieser Grundsätze muss wegen der Gefahr der Entstehung von Widersprüchen innerhalb der Entscheidung der Rechtsmittelbeschränkung namentlich dann die Wirksamkeit versagt werden, wenn die vom Tatgericht im Rahmen von § 21 StGB getroffenen Feststellungen auch zu einer Verneinung der Schuld (also zur Schuldunfähigkeit) führen könnten (SenE v. 20.09.1988 - Ss 474/88 = VRS 76, 125 = NStZ 1989, 24; SenE v. 18.04.2000 - Ss 54/00 -; SenE v. 10.05.2002 - Ss 197/02 -; SenE v. 16.05.2003 - Ss 201/03). So verhält es sich hier.
14aa)
15Das Tatgericht, das der Angeklagten eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB zugebilligt, einen Ausschluss der Schuldfähigkeit jedoch nicht erwogen hat, hat insoweit folgende Feststellungen getroffen:
16„Die Angeklagte hat seit ihrem 15. Lebensjahr psychische Probleme. Eine deswegen erwogene stationäre Behandlung lehnte sie im Hinblick auf das Alter ihrer beiden im Haushalt lebenden Kinder jedoch ab. Allerdings war sie, nach eigenen Angaben auch wegen „Kleptomanie“ in den Jahren 2011 bis 2013 in ambulanter psychiatrischer Behandlung.
17Seit dem 03.09.2015 befindet die Angeklagte sich erneut in ambulanter psychiatrischer Behandlung der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik C.
18Bei der Dipl.-Psychologin V in N wird die Angeklagte seit dem 26.10.2015 wegen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig in einer schweren Episode (ICD 10: F 33.2) sowie wegen einer Störung der Impulskontrolle bei pathologischem Stehlen (ICD 10: F 63.2) ambulant psychotherapeutisch behandelt. Dort hat sie seitdem 5 probatorische Sitzungen wahrgenommen. Die Kostenzusage für eine weitere ambulante Psychotherapie ist derzeit beantragt. (…)
19Auch der persönliche Eindruck, den die Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung hinterlassen hat, hat deren angespannte psychische Situation bestätigt. Ihr Auftreten, insbesondere ihre Körpersprache, war von Schüchternheit und starker Zurückhaltung geprägt. Sie sprach langsam und verzögert. Die Symptome gingen gegenüber die mit einer Gerichtsverhandlung regelmäßig verbundene Aufregung bzw. Unruhe, die der Kammer aus vielen Verfahren in unterschiedlichster Ausgestaltung vertraut ist, deutlich hinaus.“
20bb)
21Angesichts dieser Feststellungen hätte die Berufungsstrafkammer sich gedrängt sehen müssen, einen Ausschluss der Steuerungsfähigkeit der Angeklagten zur Tatzeit zu prüfen. Bei der Angeklagten ist eine Depression mit starker Symptomausprägung in der Form einer schweren rezidivierenden Episode (ICD-10: F 33.2) für eine Zeit ein Jahr nach der Tat bei einer viele Jahre vor der Tat beginnenden Krankheitsgeschichte diagnostiziert. Hierbei handelt es sich um eine schwere psychische Erkrankung, die zu einer tiefgreifenden Veränderung der Persönlichkeit führen und die Sinngesetzlichkeit seelischer Vorgänge und Handlungsabläufe zerreißen kann. Durch die Desintegration der Persönlichkeit können rationale Hemmung- bzw. Steuerungsmechanismen gegenüber den störungsspezifischen Erlebnisqualitäten und Impulsen allenfalls bedingt bzw. nicht mehr eingesetzt werden (so: Ventzlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Auflage 2016, S. 255). Daher kann sogar bei mittelgradigen Depressionen oft schon eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit diskutiert werden, wenn Motivation und Verhalten auf die affektive Störung zurückzuführen sind. Bei schweren depressiven Episoden ist in der Regel von einer Aufhebung der Steuerungsfähigkeit auszugehen (Nedopil/Müller, Forensische Psychiatrie, 4. Auflage 2012, S. 200 f.; Ventzlaff u.a. a.a.O.; aus der Rechtsprechung: BGH NStZ 2001, 493; NStZ-RR 2004, 70; NStZ-RR 2010, 105 [allerdings bei schwerer depressiver Episode mit psychotischen Symptomen gemäß ICD-10 F 32.3]; SenE v. 26.11.2013 – III-1 RVs 246/13; OLG Koblenz Urt. v. 07.04.2014 – 2 Ss 2/14 – Juris [bei Depressionen vom „Schweregrad einer Psychose“]; s. aber auch BGH B. v. 31.03.2004 – 5 StR 351/03 – Juris).
22cc)
23Ist daher nach den zu § 21 StGB getroffenen tatrichterlichen Feststellungen nicht auszuschließen, dass die Angeklagte ohne Schuld im Sinne von § 20 StGB handelte, konnte die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränken; das angefochtene Urteil unterliegt daher insgesamt der Überprüfung durch den Senat.
242.
25Aus dem vorstehend Dargestellten erhellt zugleich, dass das Tatgericht die Erörterung eines Ausschlusses der Schuldfähigkeit rechtsfehlerhaft unterlassen hat. Der neue Tatrichter wird dies – unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen – nachzuholen haben. Dabei wird das konkrete Störungsbild mit seinen Auswirkungen auf die Angeklagte darzulegen (Fischer, StGB, 63. Auflage 2016, § 20 Rz. 65b m. Nachw.) und dem Sachverständigen auch Gelegenheit zu geben sein, sich zu der Frage zu äußern, ob und wie sich ggf. die zugleich diagnostizierte Störung der Impulskontrolle (ICD-10 F 63.2) auf ihre Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit ausgewirkt hat. Die konkreten Tatumstände, namentlich die mittäterschaftliche Begehungsweise, sprechen aus Sicht des Senats jedenfalls nicht von vornherein gegen eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit.
26II.
27Das angefochtene Urteil weist im Rechtsfolgenausspruch aber auch Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten auf. Bezogen auf diesen Entscheidungsteil ist es daher auch auf die zuungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft aufzuheben.
281.
29a)
30Zwar ist es Sache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von Tat und Täter gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht hat jedoch einzugreifen, wenn die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht bestimmte Strafzumessungsfaktoren oder rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht lässt oder wenn sich die Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 29, 319, 320; BGH HRR 2009 Nr. 498; BGH NStZ 2009, 444; SenE v. 16.07.2013 - III-1 RVs 92/13 -; SenE v. 06.03.2015 - III-1 RVs 21/15 -).
31b)
32Vor diesem Hintergrund mag zunächst offen bleiben, ob sich – wie dies die Rechtsmittelführerin meint - die Strafe hier wegen unvertretbarer Milde von ihrer Funktion, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit entfernt, dass bereits aus diesem Grund von einem die Angeklagte begünstigenden Rechtsfehler des angefochtenen Urteils auszugehen ist. Die Strafzumessung begegnet nämlich aus einem anderen Grund durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
33c)
34aa)
35Die Berufungsstrafkammer führt aus:
36„(…) Strafschärfend musste die Kammer dagegen berücksichtigen, dass (…) die Angeklagte zum Tatzeitpunkt im Oktober 2014 wegen der vorgenannten Verurteilungen aus den Jahren 2011 und 2012 zweifach unter laufender Bewährung stand. Allerdings ist, auch wenn diese Verurteilungen rechtskräftig wurden, nicht zu verkennen, dass die Verhängung von Freiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten in beiden vorgenannten Fällen sicherlich dem obersten Bereich der dort denkbaren Rechtsfolgen entnommen wurden, da die angestrebte Tatbeute jeweils unter 50 Euro lag.“
37bb)
38Grundlage für die Zumessung der Strafe ist die Schuld des Täters (§ 46 Abs. 1 S. 1 StGB). Das gilt, wenn das Gesetz Geld- und Freiheitsstrafe androht, auch für die Wahl der Strafart. Da das Gesetz bei der Bestimmung der Strafart allein das Gewicht der Tat berücksichtigt, muss auch der Richter bei der Entscheidung, ob Geld- oder Freiheitsstrafe zu verhängen ist, in erster Linie davon ausgehen, ob die Tat in den mit Geldstrafe ausreichend geahndeten Deliktsbereich fällt, wobei dem Gewicht der Tat und der Schuld des Täters entscheidende Bedeutung zukommt (Schönke/Schröder-Stree/Kinzig, StGB, 29. Auflage 2014, § 46 Rz. 60; LK-StGB-Theune, 12. Auflage 2006, § 46 Rz. 311; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Auflage 2012, Rz. 104, 1190; vgl. a. BGH StV 2007, 129 = StraFo 2007, 163). Die vorstehend wiedergegebenen Ausführungen lassen demgegenüber besorgen, dass sich der Tatrichter bei der Wahl der Strafart nicht an diesen Grundsätzen, sondern daran orientiert hat, dass er die Vorverurteilungen – bei grundsätzlicher Anerkennung der insoweit eingetretenen Rechtskraft - als zu hart empfindet und der Angeklagten durch die Verhängung einer Geldstrafe statt einer Freiheitsstrafe einen Widerruf der in den Vorverurteilungen eingeräumten Strafaussetzungen mit der Folge, dass Freiheitsstrafen von zweimal sechs Monaten zur Vollstreckung kommen, ersparen wollte. Denn die forensische Erfahrung lehrt, dass auf eine Nachverurteilung (lediglich) zu einer Geldstrafe oftmals nicht mit einem Widerruf der Bewährung, sondern allenfalls mit einer Verlängerung der Bewährungszeit reagiert wird. Eine solche Erwägung wäre indessen erkennbar mit Blick auf die hier zu bewertende Strafzumessungsschuld sachfremd. Sie verstellte dem Tatgericht zugleich den Blick auf die Prüfung, ob sich angesichts der hier vorliegenden bestimmenden Strafschärfungsgründe – einschlägige Vorbelastungen und zweifaches Bewährungsversagen - nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe als „unerlässlich“ im Sinne des § 47 Abs. 1 StGB darstellte.
392.
40Da danach die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg hat, auch soweit sie zuungunsten der Angeklagten eingelegt worden ist, stünde der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe durch den neuen Tatrichter das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO nicht im Wege.
41a)
42Es entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass § 358 Abs. 2 StPO auch den Fall ergreift, dass das zuungunsten eingelegte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft auf Grund der Regelung des § 301 StPO nur zu Gunsten des Angeklagten Erfolg hat (so seit RGSt 46, 62; BGHSt 13, 41 [42]; BGHSt 38, 67; BGH bei Dallinger MDR 1969, 905; BayObLG Urt. v. 16.12.1997 – 2 StRR 259/97 – bei Juris Tz. 12; Amelunxen, Die Revision der Staatsanwaltschaft S. 83; Hanack JZ 1973, 659 [661 f.]; Peters JZ 1959, 449; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage 2016, § 358 Rz. 11; KK-StPO-Kuckein, 7. Auflage 2013, § 358 Rz. 18; Löwe-Rosenberg-Jesse, StPO, 26. Auflage 2014, § 358 Rz. 19; SK-StPO-Wohlers, § 358 Rz. 28; SK-StPO-Frisch, § 301 Rz. 8; KMR-Momsen, StPO, § 358 Rz. 20; Radtke/Hohmann-Nagel, StPO, § 358 Rz. 13; Graf-Wiedner, StPO, 3. Auflage 2012, § 358 Rz. 14; SSW-StPO-Momsen, 2. Auflage 2016, § 358 Rz. 19; HK-StPO-Temming, 5. Auflage 2012, § 358 Rz. 11; Pfeiffer, StPO, 5. Auflage 2005, § 358 Rz. 5). Das folgt zwar nicht aus dem Wortlaut des § 358 Abs. 2 StPO; es wäre jedoch nicht sachgerecht, ein nur zugunsten wirkendes Rechtsmittel anders zu behandeln als ein von vornherein nur zugunsten eingelegtes (so bereits der Sache nach RGSt 46, 62 [64]; BGHSt 13, 41 [42]; SK-StPO-Frisch, a.a.O.; Amelunxen a.a.O.). Anders ist dies hingegen und § 358 Abs. 2 StPO gelangt nicht zur Anwendung, wenn die Aufhebung nicht auf der Regelung des § 301 StPO beruht (BayObLG a.a.O.; SK-StPO-Frisch a.a.O.; Löwe-Rosenberg-Jesse a.a.O., § 301 Rz. 3). Daher liegen sämtliche Fälle, die bislang in der Rechtsprechung entschieden worden sind so, dass die zu Ungunsten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft keinen Erfolg hatte. Von einigen Autoren wird vor diesem Hintergrund auch verlangt, die Verwerfung der zuungunsten eingelegten Revision im Entscheidungstenor ausdrücklich auszusprechen (SK-StPO-Frisch, a.a.O., Rz. 6; Radtke/Hohmann-Radtke, a.a.O., § 301 Rz. 7; a. A. aber KMR-Plöd, a.a.O. § 301 Rz. 5).
43b)
44Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall insoweit, als auch das zuungunsten eingelegte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft – wenn auch bezogen auf einen nachgelagerten Entscheidungsteil – erfolgreich ist. Es liegt der Sache nach keine andere Situation vor, als wenn auch die Angeklagte Revision eingelegt hätte, weshalb sich gelegentlich die Aussage findet, durch die Regelung des § 301 StPO würden „im Grunde zwei Rechtsmittel“ eingelegt (so: OLG Düsseldorf NStZ-RR 2001, 246; HK-StPO-Rautenberg a.a.O., § 301 Rz. 5; krit. zur Sichtweise des § 301 als zwei Rechtsmittel aber Meyer-Goßner FS Gössel S. 643 [645] – das Bild behält indessen seinen heuristischen Wert). Beide Rechtsmittel wären voneinander unabhängig (Löwe-Rosenberg-Franke, a.a.O., § 269 Rz. 9 m. w. N.); auch im Falle des Erfolgs des Rechtsmittels der Angeklagten stünde das Verschlechterungsverbot einer Verböserung auf Grund des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft nicht im Wege (vgl. BGH NStZ 2007, 107; BayObLG a.a.O; OLG Zweibrücken NStZ 2000, 610; Hamm StV 2000, 637 [640]; AnwKomm-StPO-Lohse, § 358 Rz. 6 aE). Denn die ratio des Verschlechterungsverbots, einen Angeklagten nicht durch das Risiko einer ihm nachteiligen Entscheidung von der Einlegung eines Rechtsmittels abzuhalten (BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 15), greift in diesem Falle gerade nicht, weil die neue Entscheidung unabhängig von seinem Rechtsmittel härter ausfallen kann. Nichts anderes kann nach Auffassung des Senats für den vorliegenden Fall gelten, in welchem zwar wegen der Regelung des § 301 StPO und der vorrangig zu beantwortenden Frage der Schuldfähigkeit der Angeklagten eine vollständige Urteilsaufhebung wegen eines sie belastenden Rechtsfehlers angezeigt ist, ein nachgelagerter Entscheidungsteil aber einen zu Recht von der Staatsanwaltschaft gerügten Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten aufweist.