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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 37. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 15.09.2015 (37 O 143/14) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Widerklage zu Punkt j. bb. (Haftungszeit jedes Vertrags, für den Stornoreserve einbehalten wurde) abgewiesen wird.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten über Forderungen aus einem beendeten Vertriebspartnervertrag.
4Die Klägerin befasst sich als sog. Allfinanzdienstleister mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen u.a. als Makler und arbeitet dabei mit Vermittlern zusammen, die ihrerseits Handelsvertreter oder unabhängige Makler sind. Aufgrund eines Vertriebspartnervertrages, zuletzt geändert durch Vertriebspartnervertrag vom 14.06/.22.08.2011 (Anlage S&P 01, Bl. 1 ff. AB I) war der Beklagte in dem Zeitraum von Januar 2006 bis längstens 28.02.2013 auf Provisionsbasis als Vermittler für die Klägerin tätig und erhielt aufgrund eines Nachtrags zur Courtageordnung vom 18.01./06.01.2006 (Anlage S&P 13, Bl. 320 ff. AB II) einen monatlichen Vorschuss i.H.v. 3.000,- € (nach der vertraglichen Regelung zunächst für 6 Monate), der auch nach Ablauf des ersten Halbjahrs für ein weiteres Jahr in dieser Höhe und sodann in leicht variierender Höhe zwischen 1.000,- € und 4.000,- € als Sondervorschuss bis Mitte 2009 gezahlt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage S&P 12, Bl. 320 ff. AB II, sowie auf die Darstellung der Entwicklung des Vorschusskontos im Schriftsatz der Klägerin vom 01.04.2015, Bl. 161 ff. GA, verwiesen. Der Courtagevorschuss wurde monatlich mit Courtageansprüchen verrechnet. Ein Sollsaldo aus den Courtageabrechnungen war binnen 10 Tagen nach Aufforderung der Klägerin auszugleichen. Da der Beklagte keine entsprechenden Provisionen verdiente bzw. Rückbelastungen wegen Stornofällen erfolgten, war der Sollsaldo auf dem Courtagekonto bereits Anfang 2007 auf 29.114,05 € aufgelaufen, vgl. Bl. 164 GA, bewegte sich danach zwischen 21.000,- € und 37.000,- € und betrug am 30.06.2012 28.307,16 €. Wegen der Einzelheiten der Provisionsabrechnungen sowie der Buchungen auf den verschiedenen Konten im Zeitraum 2006 bis September 2014 wird auf die Anlagen S&P 18-116, S&P 116 A = CD, Bl. 188 GA, verwiesen.
5Durch Vereinbarung vom 18./25.06.2012 (Anlage S&P 02, Bl. 17 ff. AB I) erkannte der Beklagte den per 01.06.2012 bestehenden Sollsaldo auf dem Courtagekonto i.H.v. 27.162,29 € an und die Parteien vereinbarten Rückführungsmodalitäten, wonach ab September 2012 Raten i.H.v. 500,- € zu zahlen seien.
6Für den Fall des Verzuges mit der Rate sollte der zu diesem Zeitpunkt bestehende Sollsaldo in einer Summe sofort zur Rückzahlung fällig sein. Diese Rate wurde einmal berücksichtigt. Zum 30.11.2012 wurde der Sollsaldo von 26.662,29 € auf dem Vorschusskonto auf das Courtagekonto umgebucht. Der Sollsaldo auf dem Courtagekonto stieg bis 30.09.2014 wegen Stornobuchungen auf 33.568,61 € an.
7Der Beklagte erklärte die ordentliche Kündigung des Vertriebspartnervertrages zum 28.02.2013. Mit Schreiben vom 28.11.2012 (Anlage B 2, Bl. 248 AB I) bestätigte die Klägerin die ordentliche Kündigung und forderte zum Ausgleich des Sollsaldos von 27.413,76 € bis zum 10.12.2012 auf. Mit Anwaltsschreiben vom 10.12.2012 (Anlage B 3, Bl. 249 AB I) wies der Beklagte darauf hin, dass der Sollsaldo für ihn nicht nachvollziehbar sei, und verlangte Erteilung eines Buchauszugs. Mit Schreiben vom 11.12.2012 (Anlage B 4, Bl. 252 AB I) mahnte die Klägerin den Ausgleich des Sollsaldos und die Wiederaufnahme der Vermittlungstätigkeit an und drohte mit fristloser Kündigung. Dem widersprach der Beklagte durch Anwaltsschreiben (Anlage B5, Bl. 253 f AB I), in dem er sich darauf berief, seiner Vermittlungstätigkeit weiter nachzugehen. Unter dem 27.12.2012 sprach die Klägerin dann die fristlose Kündigung aus (Anlage B 1, Bl. 247 AB I).
8Die Klägerin hat zuletzt nach Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 01.04.2015 beantragt,
9den Beklagten zu verurteilen, an sie 33.568,61 € nebst Zinsen i.H.v. 8% für das Jahr aus 26.240,50 € seit dem 09.07.2013 und im Übrigen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sich ein entsprechender Zahlungsanspruch aus den Abrechnungen (zuletzt Abrechnung vom 01.10.2014, Anlage S&P 17) ergebe, die als Kontokorrent geführt worden seien, so dass es sich um ein abstraktes Schuldanerkenntnis handele. Die in die Abrechnungen eingestellten Belastungen seien zutreffend, insbesondere seien abgesehen von Kleinststorni bis zu 50,- € und Antragsstornos, bei denen ihres Erachtens keine Verpflichtung zur Nachbearbeitung bestehe, hinreichende Bemühungen zur Stornogefahrabwehr durch Übersendung einer Stornogefahrmitteilung an den Beklagten auch nach dessen Ausscheiden erfolgt. Soweit als Stornogrund in der Anlage S&P 118 „Betreuerwechsel“ angegeben sei, erhalte auch die Klägerin keine Informationen und keine Courtagen mehr. Wenn ein Stornofall eintrete, werde auch auf dem Konto des Vertriebspartners eine Rückbuchung veranlasst. In den in der Anlage S&P 118 bezeichneten Betreuerwechselfällen habe der Beklagte die Vertragsstornierungen veranlasst. Die Rückforderungsklausel hat die Klägerin für wirksam gehalten, weil damit ihres Erachtens kein unzulässiges Kündigungserschwernis verbunden sei. Bestandspflegeprovisionen seien nicht geschuldet, da es sich dabei um eine tätigkeitsbezogene Provision handele und der Beklagte eine aktive Betreuung nicht geleistet habe. Zudem ergebe sich der Zahlungsanspruch in Höhe von 26.662,29 € aus der Vereinbarung vom 18./25.06.2012.
11Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Rückzahlungsklausel sowie die Vereinbarung vom 18./25.06.2012 als unwirksam erachtet. Eine Saldofeststellung sei nicht erfolgt. Die Darlegung von Stornofällen sei ebenso wenig nachvollziehbar wie der von der Klägerin geltend gemachte Rückzahlungsanspruch. Die Courtagerückbelastungen aus der Anlage S&P 118 machten in der Summe 10.511,22 € aus und es sei nicht klar, wie diese Summe mit der Klageforderung in Zusammenhang stehe. Aus der Aufstellung „Haftungszeit Statistik Einzelaufstellung“ (Anlage S&P 16) ergebe sich, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, eine Stornoreserve von 5.032,56 € zurückzuhalten
12Widerklagend hat der Beklagte eine Verurteilung der Klägerin zur Erteilung eines Buchauszuges mit den aus dem Schriftsatz vom 18.07.2014, Bl. 25 GA, ersichtlichen Angaben beantragt.
13Der Beklagte hat behauptet, dass die Klägerin die insofern zu erteilenden Informationen bislang nicht vollständig übermittelt habe und er keine Zugriffsmöglichkeit auf deren elektronisches Portal mehr habe. Nachdem die Klägerin während des Prozesses einige der begehrten Auskünfte in Form eines Buchauszugs erteilt hatte, hat der Beklagte die Widerklage insoweit (Widerklageanträge 2a bis 2f) einseitig teilweise für erledigt erklärt (vergleiche Schriftsatz vom 31.12.2014, Bl. 109 GA) und nur noch die Erteilung eines Buchauszugs begehrt, mit den aus dem Tenor des angefochtenen Urteils ersichtlichen Informationen sowie zusätzlich Folgende: Im Kündigungsfall Datum der Stornogefahrmitteilung
14Die Klägerin hat die Abweisung der Widerklage beantragt und die Auffassung vertreten, dass dem Beklagten kein weitergehender Informationsanspruch (mehr) zustehe. Der Buchauszug könne ihres Erachtens durch Provisionsabrechnungen ersetzt werden und ein darauf gerichteter Anspruch des Beklagten sei auch deshalb ausgeschlossen, weil kein Zahlungsanspruch bestehe, sondern von dem Beklagten ein Rückzahlungsanspruch anerkannt worden sei. Jedenfalls verhalte sich der Beklagte treuwidrig, wenn er auf der Erteilung eines Buchauszugs bestehe, zumal er weiterhin die Möglichkeit habe, auf das elektronische Portal der Klägerin zuzugreifen. Zudem sei ein etwaiger Anspruch verwirkt.
15Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage im Wesentlichen stattgegeben.
16Zur Begründung der Klageabweisung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Rückforderungsklausel im Vertriebspartnervertrag bzw. in Ziff. 3 (3) des Nachtrags zur Courtageordnung gemäß § 89a Abs. 1 S. 2 HGB i.V.m. § 134 BGB unwirksam sei, weil dadurch die Kündigungsmöglichkeit in unzulässiger Weise mittelbar erschwert werde. Obwohl in Ziff. 3 (3) des Nachtrags zur Courtageordnung aus Januar 2006 eine Vorschusszahlung von 3.000,- € für maximal 6 Monate vorgesehen gewesen sei, habe die Klägerin den Vorschuss konsequent bis August 2008 fortbezahlt. Erst bei Überschreiten des Maximalbetrags von 36.000,- € (dem 12-fachen des Vorschussbetrages) habe die Klägerin die Fixzahlung zeitweise eingestellt. Die Klägerin habe dem Beklagten innerhalb des gesamten Zeitraums damit derart umfangreiche Vorschüsse gewährt, obwohl offenkundig gewesen sei und ihr auch bekannt gewesen sein müsse, dass dieser monatliche Betrag seitens des Beklagten dauerhaft nicht erwirtschaftet werden würde. Die Regelung über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen sei mithin auf eine langfristige Bindung des Beklagten an die Klägerin und damit eine Beschränkung von dessen Kündigungsfreiheit gerichtet gewesen. Sie sei nicht nur kurzfristig im Sinne einer „Anschubfinanzierung“ konzipiert gewesen, sondern ihm sei eine existenzsichernde und damit arbeitsentgeltgleiche Bedeutung zugekommen. Dies zeige sich auch darin, dass der Saldo entgegen der Regelung in Ziff. 3 (3) der Nachtragsvereinbarung nicht sofort fällig gestellt, sondern jeweils bis zum Maximallevel prolongiert worden sei.
17Der Anspruch folge ferner nicht aus der Vereinbarung der Parteien vom 18./25.06.2012. Diese stellte kein abstraktes Schuldanerkenntnis, mithin keinen neuen Schuldgrund dar, sondern lediglich ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis i.S.e. Einwendungsverzichts. Dieses teile jedoch das Schicksal des vermeintlichen Rückzahlungsanspruchs, der – wie oben dargestellt – gemäß § 89a Abs. 1 S. 2 HGB i.V.m. § 134 BGB nichtig sei.
18Ein Rückzahlungsanspruch könne auch nicht auf § 5 Abs. 4 S. 2 des Vertriebspartnervertrages gestützt werden, da der Betrag von 26.662,29 € erst nachträglich in die Courtageabrechnung eingestellt worden sei, der sich allein aus provisionsunabhängigen Vorschüssen speise.
19Aber auch den über 26.662,29 € hinausgehenden Klagebetrag könne die Klägerin nicht verlangen. Dieser beruhe zwar wohl ausschließlich aus Provisionsstornos. Die Klägerin habe aber teilweise entweder eine Stornoabwehr nicht nachgewiesen oder den Stornogrund nicht ausreichend dargelegt (z.B. bei dem sog. „Betreuerwechsel“). Soweit sie einen Stornogrund schlüssig dargelegt habe, sei nicht nachvollziehbar, wie die Klägerin zu dem jeweiligen Stornobetrag gelangt sei. Zudem sei die Saldoberechnung deshalb unschlüssig, weil in der Abrechnung die Bestandsprovisionen bis zum 28.02.2013 nicht enthalten gewesen seien. Diese hätte die Klägerin dem Beklagten weiter gutbringen müssen, weil die außerordentliche Kündigung der Klägerin unwirksam gewesen sei. Die Klägerin habe nämlich nicht dargelegt, dass der Beklagte seine Vermittlungsbemühungen ab November 2012 eingestellt habe. Auch zuvor habe es schon große Schwankungen im Provisionsaufkommen gegeben, ohne dass daraus auf eine Pflichtverletzung des Beklagten geschlossen worden sei. Soweit die Klägerin in § 8 Abs. 6 des Vertriebspartnervertrages den Nachweis der aktiven Bestandspflege verlange, sei die Regelung intransparent.
20Hinsichtlich der Widerklage hat das Landgericht sein insoweit im Wesentlichen stattgebendes Urteil damit begründet, dass der Beklagte gegen die Klägerin einen Anspruch auf Ergänzung des Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB habe.
21Der Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs sei nicht durch die Übersendung der Provisionsabrechnungen oder die im Prozess überreichten Listen gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt worden. Der Beklagte müsse sich nicht die unter i. ee) geforderten Angaben aus den vorgelegten Listen zusammensuchen. Nicht zu entsprechen sei allerdings dem Antrag, in den Buchauszug das Datum von Stornogefahrmitteilungen an den Beklagten aufzunehmen.
22Der in der einseitigen Teilerledigungserklärung des Beklagten liegende Feststellungsantrag sei begründet. Ursprünglich habe ein Anspruch des Beklagten auf Erteilung eines Buchauszuges gegenüber der Klägerin bestanden, auch hinsichtlich der ursprünglich geforderten Informationen.
23Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt sowie ihr Vorbringen aus erster Instanz wiederholt, vertieft und ergänzt. Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass die Rückzahlungsvereinbarung nicht gemäß § 134 BGB nichtig sei. Denn es habe eine ständige Verrechnung mit den Provisionsansprüchen des Beklagten stattgefunden. Z.B. sei im September 2010 ein Betrag von 3.010,- € gutgeschrieben und sofort mit dem bestehenden Sollsaldo verrechnet worden. Zudem sei die Höhe des Vorschusses an den von dem Beklagten verdienten Provisionen der letzten 36 Monate ausgerichtet gewesen. Vorschüsse seien auch nicht unbegrenzt, sondern maximal bis zum 6-Fachen des monatlichen Vorschusses gewährt worden. Die Rückzahlungspflicht sei auch nicht an eine Kündigung oder das Ausscheiden des Handelsvertreters geknüpft gewesen, sondern nur daran, dass Provisionen nicht ins Verdienen gebracht worden seien. Der Vorschuss sei als Anschubfinanzierung gedacht und nicht als Fixum. Nach der Vereinbarung vom 18./25.06.2012 seien nur noch Vorschüsse im Rahmen der Antragsdiskontierung (A-Diskont) gezahlt worden. Durch die Auslegung des Landgerichts werde die Vertragsfreiheit der Parteien unzulässig eingeschränkt.
24Jedenfalls stehe der Klägerin ein Rückzahlungsanspruch in Höhe des von dem Beklagten in der vor der Kündigung getroffenen Vereinbarung vom 18./25.06.2012 anerkannten Betrages zu, welche nach Auffassung der Klägerin ein wirksames konstitutives Schuldanerkenntnis darstellt.
25Der überschießende Klagebetrags setze sich aus Provisionen zusammen, die für das einzelne Geschäft gezahlt, dann aber nichts in Verdienen gelangt seien. Dazu verweist die Klägerin erneut auf ihre erstinstanzliche Darstellung der einzelnen Stornogründe gem. der Anlage S&P 118 = Schriftsatz vom 01.04.2015, S. 54, Bl. 196 f. GA, und den vorgelegten Buchauszug bzw. die Provisionsabrechnungen. Sie meint, diese Darstellung sei entgegen der Ansicht des Landgerichts ausreichend. Jedenfalls habe das Landgericht seine Hinweispflicht verletzt. Bei ausreichendem Hinweis hätte sie vorgetragen, dass der Beklagte die Verträge, bei denen „Betreuerwechsel“ genannt sei, nach Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit für die X. selbst betreue. Dies ergebe sich aus der Umschlüsselung seines eigenen LV-Vertrages als auch aus dem nunmehr als Anlage BK 07 (= Anlage BK 10, 11, 14, 16, 19, 21 und 22) vorgelegten, vom Beklagten erstellten „Nachweis über die Kundenbetreuung für das Jahr 2013 von P. H.“. Dieser zeige, dass er die Kunden, bei denen als Stornogrund in der Anlage S&P 118 „Betreuerwechsel“ angegeben sei, selbst betreue. Ergänzend verweist sie auf die Anlagen BK 06 - BK 23.
26Sodann stellt die Klägerin die konkrete Höhe der Stornorückberechnung zu 67 Stornofällen dar und verweist dazu ergänzend auf den Buchauszug bzw. die jeweilige Provisionsabrechnung. Ferner ist sie der Ansicht, dass dem Beklagten Bestandsprovisionen nicht mehr zustünden, da die außerordentliche Kündigung wirksam gewesen sei und die vertraglichen Voraussetzungen der Bestandspflege nicht vollständig nachgewiesen seien. Die Regelung in § 8 Abs. 6 des Vertriebsvertrages sei nicht intransparent. Im Übrigen ergebe sich aus den Provisionsabrechnungen für November und Dezember 2012 (Anlagenkonvolut S & P 11), dass der Beklagte keine neuen Abschlüsse mehr generiert habe.
27Nach Meinung der Klägerin ist auch die Verurteilung auf die Widerklage zu Unrecht erfolgt, da der Anspruch des Beklagten auf Erteilung eines Buchauszuges erfüllt sei, und weil die von ihm zusätzlich begehrten Informationen nicht erforderlich seien, um dem Beklagten eine Berechnung von Provisionsansprüchen zu ermöglichen. Jedenfalls in Kombination der übermittelten Unterlagen (Buchauszug, Anlage S&P 07 = CD Hülle Bl. 273 AB II; Provisionsabrechnungen, Anlage S&P 12 = BK 25 CD, Bl. 390 GA; Haftungszeitstatistik, Anlage S&P 16, nochmals vorgelegt als BK 26) lägen dem Beklagten bereits alle benötigten Informationen vor. Der Beklagte habe keinen Anspruch auf Mitteilung des Datums des Eingangs der Provision bei der Klägerin (g. des erstinstanzlichen Urteils), der Daten und Umstände zu möglichen Vertragsänderungen (h. des erstinstanzlichen Urteils), auf weitere Angaben für den Kündigungsfall (i. des erstinstanzlichen Urteils) oder zur Stornoreserve (j. des erstinstanzlichen Urteils), da diese aus dem Buchauszug, der Liste über Provisionsstornierungen, den Provisionsabrechnungen sowie der Haftungszeitstatistik folgten und im Übrigen im elektronischen Portal der Klägerin ersichtlich seien, auf das der Beklagte – so die Behauptung der Klägerin – weiterhin Zugriff habe. Mangels vollständiger Würdigung des vorgetragenen Sachverhalts und fehlender Erteilung von nach Meinung der Klägerin erforderlichen richterlichen Hinweisen liege ein entscheidungserheblicher Verstoß gegen den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor.
28Die Klägerin beantragt,
29das Urteil des Landgerichts Köln, Az. 37 O 143/14, verkündet am 15.09.2015, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 33.568,61 € nebst Zinsen i.H.v. 8 % p.a. aus 26.240,50 € seit dem 09.07.2013 und im Übrigen seit dem 02.06.2014 zu bezahlen und die Widerklage abzuweisen,
30hilfsweise,
31die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
32Der Beklagte beantragt,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für verfahrensfehlerfrei und in der Sache zutreffend. Soweit die Klägerin nunmehr erstmals in der Berufungsbegründung auf 60 Seiten die konkret zurückbelasteteten Provisionen vorrechne, rügt er Verspätung. Das Landgericht habe seine Hinweispflicht nicht verletzt, vielmehr mehrfach darauf hingewiesen, dass der Vortrag zu den stornierten Verträgen nicht schlüssig sei. Auch auf seine Rechtsauffassung zur Nichtigkeit der Rückzahlungsklausel und zu den Bestandpflegeprovisionen habe das Landgericht hingewiesen. In der Sache habe das Landgericht zutreffend entschieden, dass die Rückzahlungsklausel nichtig sei, da die Klägerin über fünf Jahre hinweg wirtschaftlich ungedeckte Vorschüsse geleistet habe und die Klägerin jedenfalls nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen sei, die gewährten Vorschüsse einzustellen bzw. anzupassen. Das Schweigen auf die Provisionsabrechnungen stelle auch kein Schuldanerkenntnis dar. Das Anerkenntnis des Beklagten in der Vereinbarung vom 18./25.06.2012 sei als deklaratorisches anzusehen und deshalb ebenfalls unwirksam.
35Schließlich sei die Klägerin auf die Widerklage zu Recht zu ergänzenden Informationen verurteilt worden, da die verlangten Angaben zur Ermittlung eines Provisions- bzw. Schadensersatzanspruchs des Beklagten erforderlich und daher in einen Buchauszug aufzunehmen seien.
36Der Senat hat durch Beschluss vom 03.03.2016 mit Zustimmung beider Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet, wobei die Frist zur Einreichung von Schriftsätzen auf den 01.04.2016 bestimmt wurde. Mit Schriftsatz vom 01.04.2016 hat die Klägerin als Anlage BK 28 eine Vertragsliste auf CD vorgelegt, in die sie eine Spalte mit der Überschrift „Provisionseingangsdatum“ aufgenommen hat.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren und des Verfahrensablaufs wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
38II.
39Die zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend unbegründet. Das Landgericht hat verfahrensfehlerfrei, im Ergebnis zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Soweit sich die Berufung gegen die Verurteilung zur Ergänzung des Buchauszugs auf die Widerklage hin wendet, ist sie lediglich in Bezug auf den Ausspruch zu Ziffer j) bb) begründet. Denn zur Haftungszeit jeden Vertrages, für den Stornoreserve einbehalten wurde, hat die Klägerin bereits erstinstanzlich durch Vorlage der Haftungszeitstatistik (Anlage S & P 16, Bl. 389 AH II = BK 26) ausreichend vorgetragen und damit das Buchauszugsbegehren erfüllt.
40Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Rückzahlungsanspruch aus dem Vertriebspartnervertrag oder einem anderen Rechtsgrund, während dem Beklagten der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs überwiegend zusteht. Zur Begründung kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen werden. Das Berufungsvorbringen führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
411. Die (zuletzt) auf Zahlung von 33.568,61 € gerichtete Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Rückzahlung der aufgrund der Courtageordnung gezahlten Vorschüsse, weil kein wirksames Anerkenntnis vorliegt und die diesbezügliche Rückzahlungsvereinbarung nichtig ist, noch auf Rückzahlung eines Teilbetrags wegen infolge von Stornierungen nicht (endgültig) ins Verdienen gelangter Provisionen.
42a) Die Zahlung von 33.568,61 € kann nicht als (angeblich) anerkannter Sollsaldo auf dem Courtagekonto verlangt werden, gemäß §§ 780, 781 BGB, 350 HGB i.V.m. § 5 (4) Sätze 3 und 4 des Vertriebspartnervertrags der Parteien. Zwar beläuft sich der Saldo auf dem von der Klägerin für den Beklagten geführten Courtagekonto gemäß der Abrechnung vom 30.09.2014 auf den Sollbetrag in Höhe von 33.568,61 €. In § 5 (4) Satz 2 des Vertriebspartnervertrags ist auch vorgesehen, dass ein Sollsaldo vom Vertriebspartner, mithin von dem Beklagten, auf erste Anforderung innerhalb von zehn Tagen zum Ausgleich zu bringen ist. Jedoch kann hier nicht von einem wirksamen Anerkenntnis des Abrechnungssaldos durch den Beklagten ausgegangen werden.
43Dass sich der Beklagte hinsichtlich eines Anerkenntnisses der Courtageabrechnungen gegenüber der Klägerin geäußert hätte, wird klägerseits nicht vorgetragen. Soweit die Klägerin meint, in dem Schweigen des Beklagten auf die Courtageabrechnungen sei ein abstraktes Schuldanerkenntnis zu sehen, ist das Landgericht dem zu Recht nicht gefolgt. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen in der Berufungsbegründung zu einem nach Meinung der Klägerin vorliegenden konkludenten Schuldanerkenntnis, eines konkludenten Verzichts auf die Erhebung von Einwendungen gegen die Provisionsabrechnungen und/oder einer mit den Monatsabrechnungen konkludent erfolgten Zahlungsaufforderung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa Urteil vom 29.11.1995 - VIII ZR 293/94 und Urteil vom 23.10.1981 - I ZR 171/79; jeweils zitiert nach juris), der sich der Senat anschließt, rechtfertigt die jahrelange widerspruchslose Hinnahme der Provisionsabrechnungen durch den Handels- bzw. Versicherungsvertreter nicht die Annahme, dieser habe sich mit den ihm von dem Unternehmer erteilten Abrechnungen einverstanden erklärt und auf ihm etwa zustehende weitergehende Provisionsansprüche für diesen Zeitraum verzichtet. Denn ein Einverständnis mit den Provisionsabrechnungen und damit das Anerkenntnis, keine weiteren Ansprüche zu haben, kann im Allgemeinen nicht aus einem untätigen Verhalten des Handels- bzw. Versicherungsvertreters gefolgert werden; für eine Einigung über die Abrechnung zwischen Unternehmer und Handels- bzw. Versicherungsvertreter bedarf es vielmehr in der Regel einer eindeutigen Willenserklärung des Handels- bzw. Versicherungsvertreters (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.1995 - VIII ZR 293/94). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass an die Annahme eines konkludent erklärten Verzichts grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 16.11.1993 - XI ZR 70/93 und Urteil vom 22.6.1995 - VII ZR 118/94; jeweils zitiert nach juris).
44Etwas anderes kann hier auch nicht gelten, weil die Parteien in § 5 (4) Satz 4 des Vertriebspartnervertrags vereinbart haben, dass Einwendungen gegen die Courtageabrechnung innerhalb eines Monats nach Empfang der Abrechnung geltend gemacht werden müssen, anderenfalls die Berechnung vom Vertriebspartner als anerkannt gelte. Eine solche Bestimmung ist wegen Verstoßes gegen die zwingende Vorschrift des § 87 c HGB unwirksam. Der Annahme eines sich ständig wiederholenden negativen Schuldanerkenntnisses des Handels- bzw. Versicherungsvertreters durch Schweigen auf die Provisionsabrechnungen des Unternehmers stehen die dem Schutz des meist wirtschaftlich schwächeren Handels- bzw. Versicherungsvertreters dienenden §§ 87 a Abs. 5, 87 c Abs. 5 HGB entgegen. Denn diese Annahme führt zu einer gegen die genannten Bestimmungen verstoßenden Beschränkung der Ansprüche des Handels- bzw. Versicherungsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs und Zahlung von Provision für die Zukunft, weil sie ihn nötigt, Abrechnungen des Unternehmers künftig zu widersprechen, um insoweit ein (sich ständig wiederholendes) negatives Schuldanerkenntnis zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.1995 - VIII ZR 293/94 und Urteil vom 20.09.2006 - VIII ZR 100/05).
45b) Die Klägerin kann von dem Beklagten auch keine Rückzahlung der gewährten Provisionsvorschüsse verlangen, auch wenn die Vorschussleistungen – unstreitig – nicht vollständig durch tatsächlich erwirtschaftete Provisionen gedeckt sind. Die Vereinbarung der Parteien über die Rückzahlung der Vorschussleistungen ist nämlich gemäß §§ 89 Abs. 2 Satz 1 2. HS, 89 a Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 134 BGB ebenfalls unwirksam.
46Nach § 89 a Abs. 1 HGB ist ein Handelsvertretervertrag von jedem Teil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist kündbar. Dieses Recht darf gemäß § 89 a Abs. 1 Satz 2 HGB weder ausgeschlossen noch beschränkt werden; es ist mithin für beide Teile unabdingbar (vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 36. Auflage 2014, § 89 a HGB Rn 26, zitiert nach beck-online). Grundsätzlich sind nicht nur unmittelbare Beschränkungen der Kündigungsmöglichkeit unzulässig, sondern auch mittelbare Erschwernisse, die Vertragsbeziehung zu beenden, etwa in Form von finanziellen oder sonstigen Nachteilen (vgl. zur Nichtigkeit der Vereinbarung einer Abfindung für den Fall der Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags: BGH, Urteil vom 3.7.2000 - II ZR 282/98). Entsprechendes gilt auch für den Handels- bzw. Versicherungsvertretervertrag, wenn an die Kündigung des Handels- bzw. Versicherungsvertreters wesentliche, eine Vertragsbeendigung erschwerende Nachteile geknüpft werden (vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, a.a.O.; Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn [EBJS], Handelsgesetzbuch, 3. Auflage 2014, § 89 a HGB Rn 57, zitiert nach beck-online; Emde BB 2011, 2755, 2763; Emde, in: Staub, Handelsgesetzbuch Großkommentar, 5. Auflage 2015, § 89 a HGB Rn 49; zitiert nach juris). Ein solcher Nachteil kann auch in der vertraglich vorgesehenen Verpflichtung zur sofortigen Rückzahlung langfristiger Vorschussleistungen bei einer Kündigung durch den Handels- bzw. Versicherungsvertreter bestehen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.02.2010 - 1 U 113/09; OLG Hamburg, Urteil vom 17.03.2000 - 14 U 77/99; jeweils zitiert nach juris). In einer solchen Vertragsklausel kann zudem ein unzulässiger Verstoß gegen § 89 Abs. 2 Satz 1 2. HS HGB liegen, wonach die Frist zur ordentlichen Kündigung eines Handelsvertretervertrags für den Unternehmer nicht kürzer sein darf als für den Handelsvertreter. Diese zwingende gesetzliche Regelung stellt eine Schutzvorschrift zu Gunsten des im Allgemeinen wirtschaftlich schwächeren Handels- bzw. Versicherungsvertreters dar, die verhindern soll, dass der schwächere Vertragsteil einseitig in seiner Entscheidungsfreiheit zur Vertragsbeendigung beschnitten wird (vgl. Emde, in: Staub, Handelsgesetzbuch Großkommentar, a.a.O., § 89 HGB Rn 69; Hopt, in: Baumbach/Hopt, a.a.O., § 89 HGB Rn 16 und Rn 28). Auch in Bezug auf § 89 Abs. 2 Satz 1 2. HS HGB kann ein unzulässiger Nachteil in der Vereinbarung der Rückzahlung von gewährten Provisionsvorschüssen bestehen (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 26.11.2013 - 13 U 30/13; OLG Hamburg, a.a.O.). Abweichende Vereinbarungen sind nach § 134 BGB nichtig (vgl. zum Geschäftsführeranstellungsvertrag: BGH, a.a.O.; zum Handelsvertretervertrag: OLG Karlsruhe, a.a.O., OLG Hamburg, a.a.O., und OLG Oldenburg, a.a.O.). Ob die an eine Vertragsbeendigung geknüpften finanziellen Nachteile von solchem Gewicht sind, dass sie zu einer gemäß §§ 89 Abs. 2 Satz 1 2. HS, 89 a Abs. 1 Satz 2 HGB, § 134 BGB unwirksamen Kündigungserschwernis führen, ist eine Frage des Einzelfalls, wobei es insbesondere auf die Höhe der ggf. zurückzuerstattenden Zahlungen sowie den Zeitraum, für den diese zurückzuerstatten sein sollen, ankommt (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Hamburg, a.a.O.; OLG Oldenburg, a.a.O.). Letztlich ist entscheidend, ob im Einzelfall die vertragliche Regelung über die Rückzahlungspflicht von empfangenen Provisionsvorschüssen geeignet ist, den Handels- bzw. Versicherungsvertreter von einer Kündigung des Vertretervertrags abzuhalten (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Hamburg, a.a.O.; OLG Oldenburg, a.a.O.). Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der in der Berufungsbegründung in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 01.08.2013 – 16 U 183/12, abrufbar bei juris).
47Wie bereits das Landgericht überzeugend festgestellt hat, ist nach diesen Grundsätzen von einer Unwirksamkeit der vorliegend in Rede stehenden Rückzahlungsvereinbarung auszugehen. Von Beginn seiner Tätigkeit im Januar 2006 an erhielt der Beklagte bis einschließlich August 2007 – unstreitig – einen monatlichen Provisionsvorschuss von zunächst 3.000,- € und dann ab Mitte 2007 bis Mitte 2009 monatlich einen „Sondervorschuss“ in wechselnder Höhe zwischen 1.000,- und 4.000,- €. Dem standen durchschnittlich deutlich geringere Provisionen gegenüber, die von dem Beklagten in dieser Zeit erwirtschaftet worden sind, wie sich schon aus der – abgesehen von geringen Schwankungen – kontinuierlichen Erhöhung des zu Lasten des Beklagten verbuchten Sollsaldos bis Mitte 2009 auf über 37.000,- € zeigt, der trotz der danach nur noch in geringerer Höhe ausgezahlten Provisionen bis Mitte 2011 nicht dauerhaft reduziert werden konnte. Dass der Beklagte nach Darstellung der Klägerin in einzelnen Monaten tatsächlich Provisionen (mindestens) in Höhe der Vorschusszahlung erwirtschaften konnte, ist für die zur rechtlichen Beurteilung maßgebliche Durchschnittsbetrachtung unerheblich. Aufgrund der Höhe des stetig wachsenden Sollstandes war der für den Fall der Vertragsbeendigung zur sofortigen Rückzahlung fällige Vorschussbetrag durchaus geeignet, den Beklagten von einer Kündigung des Versicherungsvertretervertrags abzuhalten. Auch und gerade der Zeitraum von mehreren Jahren, für den die Klägerin den Provisionsvorschuss gewährt hat, war geeignet, den Beklagten in eine derart starke wirtschaftliche Abhängigkeit von der Klägerin zu bringen, dass seine Kündigungsfreiheit erheblich beschränkt wurde. Die Vorschussgewährung über einen derart langen Zeitraum zeigt, dass sie nicht lediglich „auslaufend“ im Sinne einer „Anschubfinanzierung“, sondern langfristig angelegt war (vgl. ebenso bei Vorschussgewährung über 24 Monate: OLG Hamburg, a.a.O.). Die Klägerin hat zwar im Nachtrag zur Courtageordnung vom 06.01./18.01.2006, Anlage S&P13, Bl. 320 AB II, vorgesehen, den Courtagevorschuss (nur) für die Dauer von 6 Monaten zu zahlen, und der Negativsaldo auf dem Courtagekonto sollte das 6-Fache des monatlich gezahlten Vorschusses nicht überschreiten. Davon abweichend und anders als sie in der Berufung behauptet, hat die Klägerin aber 18 Monate lang einen gleichbleibenden Vorschuss gezahlt und dabei hingenommen, dass der Negativsaldo bis Mitte 2007 bereits auf 29.990,90 €, also knapp das 10-fache des monatlichen Vorschusses, angewachsen war. Erst ab Überschreiten des 12-fachen des zunächst gewährten Vorschusses von 3.000,- € hat sie keine Vorschüsse mehr gewährt. Es mag sein, dass der Vorschussbetrag zunächst aufgrund der Angaben des Beklagten zu den in seinem früheren Beschäftigungsverhältnis erhaltenen Einkünften festgesetzt worden ist. Dieser Umstand verstärkt indes noch den Eindruck, dass der Beklagte mit der laufenden Zahlung der Beträge bei kontinuierlich anwachsendem Sollsaldo in ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis zu der Klägerin gebracht worden ist, da sich sein Lebensstandard und Verdienstinteresse an dem früher erzielten Einkommen und den laufenden Vorschüssen ausgerichtet haben dürften. Obwohl ab Mitte 2009 keine Vorschüsse mehr gewährt und ab Mitte 2011 nur noch geringe Zahlungen an den Beklagten erfolgten, konnte der Sollsaldo nicht nennenswert abgebaut werden. Die Rückzahlungsvereinbarung vom 18./25.06.2012 über monatlich 500,- € ab September 2012 wurde nur einen Monat eingehalten.
48Da eine Angleichung der Kündigungsfrist, wie sie § 89 Abs. 2 Satz 2 HGB im Fall ungleicher Kündigungsfristen vorsieht, hier nicht in Betracht kommt und es gerade die Verpflichtung zur Rückzahlung der Provisionsvorschüsse ist, die eine unzulässige Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit gemäß § 89 a Abs. 1 HGB mit sich bringt, ist diese vertragliche Regelung gemäß § 134 BGB nichtig (ebenso: OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Hamburg, a.a.O.; OLG Oldenburg, a.a.O.). Soweit das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 29.10.2009 - 11 U 36/09) und das Oberlandesgericht Oldenburg (Urteil vom 24.07.2012 - 13 U 118/11) in den jeweils dort zu entscheidenden Fällen zu einem anderen Ergebnis gelangt sind, führt das nicht zu einer anderen Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts. Im Gegenteil: Der Grundsatz, dass eine unzulässige Beschränkung der Kündigungsfreiheit auch bei mittelbaren Erschwernissen vorliegen kann, u.a. wenn Vertragsklauseln die sofortige Rückzahlung langfristiger Vorschussleistungen bei einer Kündigung des Handels- bzw. Versicherungsvertretervertrages vorsehen, wird in den genannten Entscheidungen bestätigt. Es muss allerdings nach dem oben Gesagten anhand des Einzelfalls geprüft werden, ob durch eine Rückzahlungsvereinbarung das Recht zur Kündigung tatsächlich faktisch mittelbar beschränkt oder ausgeschlossen ist. In den beiden vorgenannten Fällen einer einmaligen Vorschusszahlung in Höhe von 2.000,00 € (OLG Oldenburg, a.a.O.) und einer Sondergratifikation in Höhe von 5.748,97 € (OLG Celle, a.a.O.) ist dies nicht angenommen worden. Demgegenüber geht es vorliegend um die über einen Zeitraum von mehreren Jahren fortlaufend erfolgte Zahlung eines wesentlich höheren (Gesamt-) Betrags mit entsprechend stärkeren Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten und dessen Entscheidungsfreiheit im Hinblick auf eine eventuelle Beendigung des Handels- bzw. Versicherungsvertreterverhältnisses zur Klägerin.
49Im Ergebnis entfällt deshalb vorliegend eine Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung des gewährten Vorschusses. Dass damit faktisch die monatlichen Zahlungen zu einem Provisionsfixum werden, obwohl die Parteien ein solches nicht vereinbart hatten, erscheint auch nicht – wie die Klägerin meint - unbillig, da der Beklagte von diesem Betrag seinen notwendigen laufenden Lebensunterhalt sowie Arbeits- und Werbungskosten zu bestreiten hatte und die Klägerin von den durch den Beklagten erbrachten Leistungen profitiert hat.
50c) Die Klägerin kann den mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruch auch nicht teilweise (27.162,29 € abzüglich 500,- € = 26.662,29 €) auf die mit dem Beklagten getroffene Vereinbarung vom 18./25.06.2012 (Anlage S&P 02) stützen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in dieser Vereinbarung der Parteien kein konstitutives Schuldanerkenntnis im Sinne von § 781 BGB zu sehen. Auch insoweit ist der Beurteilung des Landgerichts zuzustimmen.
51Ein konstitutives Schuldanerkenntnis soll unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung schaffen, auch wenn der ursprüngliche Anspruch nicht (mehr) besteht (vgl. Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 74. Auflage 2015, § 781 BGB Rn 2, mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Ob die Parteien ein solches Schuldanerkenntnis gewollt haben, oder ggf. ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, das eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigen, keine neue begründen soll (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., Rn 3), ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Dabei sind neben dem Wortlaut vor allem der mit dem Anerkenntnis verfolgte Zweck, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses maßgebend (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 780 BGB Rn 4, § 781 BGB Rn 1).
52Der Wortlaut der Vereinbarung der Parteien vom 18./26.06.2012 spricht in dem eigentlichen Anerkenntnis zu Ziff. 1 deutlich gegen ein konstitutives Schuldanerkenntnis im Sinne einer neuen selbstständigen Verpflichtung. Denn dort wird ausdrücklich auf die (vermeintlich) bestehende Verpflichtung zur Rückführung des Sollsaldos auf dem Courtagekonto Bezug genommen. Ist – wie hier – der Verpflichtungsgrund in der Urkunde konkret genannt, kann im Zweifel nicht von einem selbständigen Schuldversprechen ausgegangen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26.2.2002 – VI ZR 288/00, zitiert nach juris). Auch der von den Parteien in der Vereinbarung vom 18./25.06.2012 formulierte Zweck spricht gegen die Annahme eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses: Die Parteien wollten offenbar die Rückzahlung einer ihres Erachtens ohnehin bestehenden Schuld regeln. Die Begründung einer neuen selbständigen Verpflichtung war damit erkennbar nicht bezweckt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die eine oder andere Partei ein berechtigtes Interesse an der Begründung einer eigenständigen, von dem bestehenden Schuldgrund unabhängigen Verpflichtung hatte. Ein solches ist klägerseits auch nicht vorgebracht worden. Dass die Parteien seinerzeit bereits über Grund oder Höhe der Rückzahlungsverpflichtung gestritten hätten und ggf. mit dem Anerkenntnis eine abschließende Regelung hätten treffen wollen, ist nicht vorgetragen. Die allgemeine Verkehrsauffassung führt hier zu keinem anderen Ergebnis, da offenbar lediglich eine Vereinbarung über die Modalitäten der Rückzahlung getroffen worden ist. Das Landgericht ist mithin zu Recht nicht von einem konstitutiven, sondern von einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis ausgegangen. Dieses teilt das Schicksal der bestätigten Verbindlichkeit. Ist das dem anerkannten Anspruch zugrunde liegende Rechtsverhältnis nichtig, ist auch das deklaratorische Schuldanerkenntnis unwirksam, soweit die Nichtigkeitsgründe bei Abgabe fortbestehen (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.1988 – VIII ZR 12/87, zitiert nach juris). Hier sollte mit dem Anerkenntnis im Rahmen der Vereinbarung vom 18./25.06.2012 die vermeintliche Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung der erhaltenen und nicht tatsächlich erwirtschafteten Provisionsvorschüsse bestätigt werden. Ein solcher Rückzahlungsanspruch besteht jedoch aus den unter b) dargelegten Gründen gemäß §§ 89 Abs. 2 Satz 1 2. HS, 89 a Abs. 1 Satz 2 HGB, § 134 BGB nicht. Soweit die Klägerin im Rahmen ihrer Berufungsbegründung auf eine möglicherweise den Beklagten aufgrund des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses treffende Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Wegfalls der Forderung hinweist, kommt es hierauf nicht an. Denn die Nichtigkeit der dem Schuldanerkenntnis zugrunde liegenden Forderung folgt nach dem Vorstehenden bereits aus dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien.
53d) Auch den in der Klageforderung enthaltenen Betrag wegen der Stornierung von Versicherungsverträgen, die von dem Beklagten vermittelt worden sind, den die Klägerin mit 1.526,12 € beziffert, Bl. 312 GA, (richtigerweise gemeint wohl 6.906,32 € = Klageforderung 33.568,61 € abzüglich des vom Courtagekonto umgebuchten Betrages in Höhe von 26.662,29 €), kann sie nicht von dem Beklagten zurückverlangen.
54Soweit die Klägerin auf entsprechende Provisionsbelastungen verweist, kommt zwar ein Rückzahlungsanspruch gemäß §§ 87 a Abs. 3, 92 Abs. 4 HGB, 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht. Es fehlt jedoch nach wie vor eine vollständige Darstellung der Klägerin, aus welchen stornierten Geschäften die Provision zurückverlangt wird und wie sich der insoweit geltend gemachte Betrag zusammensetzt. Zwar hat die Klägerin zu den in der Anlage S&P 118, Bl. 408 AB II, genannten 23 Stornofällen in der Berufung ergänzend vorgetragen und auch die Höhe der jeweiligen Rückbelastung vorgerechnet. Der sich aus der Anlage S&P 118 ergebende Gesamtbetrag der abgebildeten 23 Buchungen von rund 10.500 € lässt aber nach wie vor keinen Bezug zur Klageforderung erkennen. Soweit die Klägerin in der Berufung nicht nur die in der Anlage S&P 118 genannten Stornofälle aufführt, sondern insgesamt 67 Stornofälle erläutert, ist dies schon deshalb nicht ausreichend, weil sie auch damit nicht alle Provisionsrückbelastungen erfasst, sondern Storni unter 50 € ausnimmt. Eine solche pauschale Kleinststornogrenze gibt es zudem nicht, sondern die Frage, ob und in welchem Umfang Nachbearbeitungsmaßnahmen bei Stornogefahr erforderlich sind, hängt nicht nur von der Höhe des gefährdeten Provisionsanspruchs, sondern von den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalls ab (vgl. bereits Senat, Beschluss vom 10.5.2012 – 19 U 3/12, zitiert nach juris), zu deren Beurteilung u.a. eine vollständige Darlegung aller Stornofälle erforderlich ist, woran es vorliegend fehlt. Zudem führt die Klägerin zum Stornogrund bezüglich der in der Berufungsbegründung erstmals genannten Stornofälle nur an, dass sie zum Grund der Stornierung sowie zu den ergriffenen Vertragserhaltungsmaßnahmen bereits unter Beweisantritt vorgetragen habe, vgl. z.B. Bl. 324 GA. Soweit sie damit auf den mit der CD Anlage S&P 7 vorgelegten Buchauszug verweisen will, ist dies nicht ausreichend, weil es nicht Aufgabe des Gericht ist, die umfangreichen Daten auf der CD danach zu durchsuchen, ob die schriftsätzlich aufgeführten Stornofälle darin mit Angabe des Stornogrundes enthalten sind. Ferner ist auch die konkrete Verbuchung der Beträge zwischen Stornoreservekonto einerseits und Courtagekonto andererseits nicht dargelegt und ergibt sich auch nicht aus der Auflistung. Auf Anlagen kann insoweit nicht allein verwiesen werden.
55Schließlich ist der Vortrag auch zu 23 Stornofällen aus der Anlage S&P 118 weiterhin nicht ausreichend. Soweit das Landgericht z.B. bezüglich der Angabe „Grund der Stornierung: Betreuerwechsel“ bemängelt hatte, dass nicht dargelegt sei, dass der Vertrag tatsächlich storniert wurde, verhält sich dazu auch der neue Vortrag in der Berufungsbegründung nicht, sondern die Klägerin behauptet nur, dass der Beklagte selbst der neue Betreuer sei, was sich daraus ergebe, dass er die Kunden kurz vor oder nach seinem Ausscheiden und Anzeige des Betreuerwechsels nach eigenen Angaben besucht habe. Dass der jeweilige Versicherungsnehmer den Vertrag auf Veranlassung des Beklagten gekündigt hätte und jetzt vom Beklagten für einen anderen Versicherer betreut wird, ist diesem Vortrag der Klägerin ebenso wenig zu entnehmen wie die Behauptung, dass der Versicherer einen anderen Vertriebspartner gewählt hat und die Klägerin daher ebenfalls bereits erhaltene Provisionen zurückzahlen musste. Ein Grund für die Provisionsrückbelastung an den Beklagten ist insofern nicht zu erkennen. Soweit das Landgericht ferner zu Ziff. 8 der Liste S&P 118 (U. LV Kunde F. GmbH) darauf hingewiesen hatte, dass die Unterlagen zwar eine Beitragsreduzierung zeigten, aber nicht, worauf diese zurückgehe, so trägt die Klägerin in der Berufung widersprüchlich und daher unbeachtlich vor: Auf Bl. 318 d.A. behauptet sie, die Beitragsreduzierung sei bereits am 07.05.2012 ins System eingestellt worden; noch am 13.11.2013 habe der Beklagten den Kunden besucht. Auf Seite 362 d.A. trägt sie unter Punkt 2.2.45 zu demselben Vorfall vor, es handele sich um eine Korrekturbuchung; am 30.04.2012 sei dem Beklagten eine Provisionsgutschrift von 1.817,64 € erteilt worden; ein Teil dieser Provisionen (1.088,64 €) sei zurückbelastet worden, weil die Versicherung den Vertrag fälschlich zu hoch abgerechnet habe. Dieser Vortrag ist nicht mit dem Schlagwort „Beitragsreduzierung“ in Einklang bringen. Zu den Pos. 12/13 der Liste S&P 118 (Kunde E. A.) beruft sich die Klägerin jetzt nicht mehr auf fehlende Beitragserhöhung oder Beitragsfreistellung, sondern auf einen Betreuerwechsel (Bl. 320 GA; vgl. auch Provisionsrückberechnung unter 2.2.33 und 2.2.34, Bl. 350 f. GA). Auch hier ist nicht klar, warum dem Beklagten Provisionen zurückbelastet werden sollen. Schließlich hat die Klägerin auch die behauptete Sollbuchung in Höhe von 2.815,33 € in der Abrechnung vom 30.04.2013 (Anlage S & P 105, Bl. 186 GA), bei der es sich nach dem Vortrag der Klägerin um die Korrektur hinsichtlich der aufgrund fristloser Kündigung zu viel gezahlten Betreuungs- und Folgecourtagen handeln soll, nicht schlüssig dargelegt, denn schon die Zusammensetzung dieses Betrages ist nicht nachvollziehbar. Insofern kann dahinstehen, ob das weitere Argument des Landgerichts zutreffend ist, dass die fristlose Kündigung der Klägerin unwirksam war und die Abrechnung der Klägerin insofern unrichtig ist, als sie dem Beklagten seit ihrer fristlosen Kündigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 28.02.2013 keine Bestandsprovisionen mehr gutgeschrieben hat.
562. Die Berufung der Klägerin hat auch hinsichtlich der Widerklage, soweit sie nach der teilweisen Erledigungserklärung des Beklagten noch aufrecht erhalten wurde, überwiegend keinen Erfolg. Der Beklagte kann von der Klägerin gemäß § 87 c Abs. 2 HGB verlangen, den erstinstanzlich vorgelegten Buchauszug (Anlage S&P 6) um die aus dem Tenor des angefochtenen Urteils ersichtlichen Angaben (außer zu j. bb.) zu ergänzen.
57a) Gemäß § 87 c Abs. 2 HGB kann der Handelsvertreter bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Der Anspruch auf Buchauszug steht dem Handelsvertreter grundsätzlich auch über das Ende des Vertretervertrags zu, selbst nach fristloser Kündigung wegen groben Fehlverhaltens (vgl. Löwisch, in: EBJS, a.a.O., § 87 c HGB Rn 50 und Rn 74), wofür es vorliegend im Übrigen keine Anhaltspunkte gibt. Daher kann der Beklagte auch nach der Vertragsbeendigung den Buchauszug verlangen. Er verhält sich auch nicht treuwidrig, weil die Geltendmachung der Rechte des § 87 c HGB grundsätzlich nicht gegen § 242 BGB verstoßen kann (vgl. Löwisch, in: EBJS, a.a.O., § 87 c HGB Rn 34 und Rn 50).
58b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Anspruch des Beklagten auf Erteilung des Buchauszuges in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang (außer zu j. bb.) nicht durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB).
59Durch die Übermittlung der Provisionsabrechnungen ist keine Erfüllung eingetreten, zumal diese nicht den inhaltlich und formal an einen Buchauszug zu stellenden Anforderungen entsprechen. Grundsätzlich können selbst vollständige Provisionsabrechnungen den Buchauszug inhaltlich nicht ersetzen, weil in ihnen nicht alle in den Buchauszug gehörenden Angaben enthalten sein müssen und dort regelmäßig auch nicht vorhanden sind (vgl. Löwisch, in: EBJS, a.a.O., § 87 c HGB Rn 67). Der Buchauszug muss in Form einer geordneten Zusammenstellung alles enthalten, was sich aus allen dem Unternehmer verfügbaren Unterlagen über die fraglichen Geschäfte ergibt und nach der getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann (vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87 c HGB Rn 15). Nur ausnahmsweise können laufende Abrechnungen des Unternehmers einen Buchauszug darstellen, wenn sie den an einen Auszug zu stellenden Anforderungen nach Form und Inhalt vollständig entsprechen, die zum Auszug gehörende Übersichtlichkeit und Verständlichkeit gewahrt bleiben sowie zusammenhängende Geschäftsvorgänge nicht auseinandergerissen werden (vgl. Löwisch, in: EBJS, a.a.O., § 87 c HGB Rn 67). Diesen Anforderungen entsprechen die von der Klägerin übermittelten Courtageabrechnungen sowohl inhaltlich als auch formal nicht.
60Entgegen dem von der Klägerin verfochtenen Standpunkt ergibt sich aus dem deklaratorischen Schuldanerkenntnis des Beklagten vom 18./25.06.2012 jedenfalls deshalb keine zeitliche Beschränkung seines Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs, weil dieses Anerkenntnis – wie bereits ausgeführt - nichtig ist.
61Der Anspruch des Beklagten auf Erteilung eines Buchauszuges ist auch nicht durch die Einräumung des Zugangs zu dem elektronischen Portal der Klägerin erfüllt worden. Der dem Handels- bzw. Versicherungsvertreter ermöglichte Zugriff auf ein elektronisches Agenturinformationssystem des Unternehmers kann den geschuldeten Buchauszug insbesondere dann nicht ersetzen, wenn das System jeweils nur den aktuellen Stand der provisionsrelevanten Daten wiedergibt und sich ein Gesamtüberblick über den Zeitraum, auf den sich der Buchauszug zu erstrecken hat, allenfalls dadurch gewinnen ließe, dass der Handels- bzw. Versicherungsvertreter die nur vorübergehend zugänglichen Daten fixieren, sammeln und auf diese Weise den Buchauszug selbst erstellen müsste. Nur wenn das Agenturinformationssystem des Unternehmers den Anforderungen an einen Buchauszug vollständig entspricht und der Handels- bzw. Versicherungsvertreter auch nach Vertragsende für die Dauer der Durchsetzbarkeit seines Anspruchs aus § 87 c Abs. 2 HGB noch einen uneingeschränkten Zugriff auf das System hat, wird der Unternehmer den Handels- bzw. Versicherungsvertreter ausnahmsweise auf diese Zugriffsmöglichkeit als Ersatz für einen Buchauszug verweisen dürfen (vgl. Löwisch, in: EBJS, a.a.O., § 87 c HGB Rn 67). Dass das Portal der Klägerin diese Anforderungen erfüllt, ist klägerseits weder erst- noch zweitinstanzlich dargelegt worden. Soweit zwischen den Parteien streitig ist, ob dem Beklagten nach wie vor das Portal überhaupt zugänglich ist, braucht dem deshalb nicht weiter nachgegangen zu werden.
62Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sie auch durch die Übermittlung des erstinstanzlich vorgelegten Buchauszugs (Anlage S&P 07) den entsprechenden Anspruch des Beklagten nicht vollständig erfüllt. Denn es fehlen einige erforderliche Angaben. Ein Buchauszug genügt der Vorschrift des § 87 c Abs. 2 HGB nur dann, wenn er den Handels- bzw. Versicherungsvertreter in die Lage versetzt, sich umfassend über die zustande gekommenen Geschäftsabschlüsse zu informieren und anhand des Buchauszugs die erteilte Provisionsabrechnung für jedes einzelne provisionspflichtige Geschäft zu überprüfen (vgl. etwa Senat, Urteil vom 12.4.2013 - 19 U 101/12, abrufbar bei juris).
63Diesen Anforderungen entspricht der von der Klägerin erstellte Buchauszug nur zum Teil. Zu den nach dem Tenor des erstinstanzlichen Urteils ergänzend in den zu erteilenden Buchauszug aufzunehmenden Informationen gilt Folgendes:
64Der zu erteilende Buchauszug muss Angaben zum Eingang der vom Versicherer an die Klägerin gewährten Provision enthalten, da aus § 5 Abs. 1 S. 3 des Vertriebspartnervertrages folgt, dass die dem Beklagten zustehenden Courtage fällig wird, „sobald der Kunde die Prämien an die Kooperationsgesellschaft gezahlt hat und die T. zustehenden Courtage bei T. eingegangen ist“. Vor diesem Hintergrund ist das Datum des Eingangs der Provision bei der Klägerin für die Berechnung der Fälligkeit der Courtage des Beklagten von Belang. Soweit die Klägerin dieses Erfordernis jetzt mit Schriftsatz vom 01.04.2016 nicht mehr in Abrede stellt und als Anlagenkonvolut BK 28 auf CD eine „Vertragsliste“ vorlegt, in die nach ihren Angaben eine Spalte „Provisionseingangsdatum“ aufgenommen wurde, kann keine weitere Erledigung des Rechtsstreits festgestellt werden. Denn dieser Vortrag ist nach den §§ 530, 520, 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen, da der Vortrag zum einen bereits erstinstanzlich hätte geltend gemacht werden müssen, zum anderen erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erfolgte. Eine Entschuldigung für die Verspätung ist nicht ersichtlich, insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei dem Senat etliche in weiten Teilen identische Verfahren mit den jeweils gleichen Prozessbevollmächtigten anhängig sind, wodurch die Streitpunkte längst bekannt sind. Die Zulassung des neuen Vorbringens würde die Entscheidung des derzeit im Übrigen entscheidungsreifen Rechtsstreits nach Auffassung des Senats schon deshalb verzögern, da zunächst dem Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gegeben werden müsste (vgl. OLG München, Beschluss vom 01.06.2015, Az. 25 U 3379/14 - zitiert nach juris), was zeitlich vor dem Verkündungstermin nicht möglich ist. Die Klägerin erleidet durch die Nichtberücksichtigung der Anlage BK 28 auch keinen Nachteil. Soweit durch die darin enthaltenen Angaben Erledigung des Anspruchs auf Ergänzung des Buchauszugs eingetreten ist, kann sie dies auch noch im Vollstreckungsverfahren einwenden
65Angaben über mögliche Vertragsänderungen (Datum der Vertragsänderung, Art der Vertragsänderung, Art der ergriffenen Vertragserhaltungsmaßnahmen einschließlich des Nachweises von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen) sind grundsätzlich in den Buchauszug aufzunehmen (vgl. OLG München, Urteil vom 1.7.2003 - 23 U 1637/03, zitiert nach juris), da sie Auswirkungen auf die dem Handels- bzw. Versicherungsvertreter zustehende Provision haben können. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang einwendet, dass ihr als Maklerin nicht alle Informationen vorliegen, ist sie darauf zu verweisen, dass sie sich die notwendigen Unterlagen erforderlichenfalls bei ihren Partnergesellschaften zu besorgen hat (vgl. Löwisch, in: EBJS, a.a.O., § 87 c HGB Rn 56; Hopt, in: Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87 c HGB, Rn 15).
66Angaben zum Kündigungsfall schuldet die Klägerin ebenfalls, weil – wie bereits unter 1. c. ausgeführt – die hierzu bislang erteilten Informationen von einer jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht anzuerkennenden sog. Kleinststornogrenze ausgehen und insofern unvollständig sind. Dabei kommt es für den Anspruch auf Erteilung bzw. Ergänzung des Buchauszugs schon nicht darauf an, ob und in welchem Umfang ein Versicherungsunternehmen auch bei Kleinstbeträgen zur Stornoabwehr verpflichtet ist. Die Frage, ob und ggf. ab welcher Provisionshöhe Stornoabwehrmaßnahmen geschuldet sind, stellt sich erst, wenn über den Provisionsanspruch selbst gestritten wird. Denn der Buchauszug soll den Versicherungsvertreter überhaupt erst in die Lage versetzen zu prüfen, ob ihm ein Provisionsanspruch zusteht (vgl. Senat, Beschluss vom 24.5.2012 – 19 U 169/11, in: RuS 2013, 311 f.). Der Anspruch des Beklagten auf Erteilung eines Buchauszugs umfasst auch die insofern im Einzelnen zugesprochen Informationen (Datum der Stornierung/Kündigung, Art der ergriffenen Vertragserhaltungsmaßnahmen pp., Stornierungsgrund, Höhe und Fälligkeit der offenen Prämien/Beitragszahlungen), weil der Beklagte hierauf angewiesen ist, um beurteilen zu können, ob und ggf. inwieweit etwaige Rückforderungen wegen nicht endgültig ins Verdienen gelangter Provisionen im Zusammenhang mit „notleidend“ gewordenen Versicherungsverträgen zu Recht erfolgten.
67Auch die Höhe der Stornoreserve (j. aa.) ist im Buchauszug anzugeben (vgl. Emde in Staub, HGB Großkommentar, a.a.O., § 87 c HGB Rn 120). Soweit die Klägerin hierzu auf die übersandten Unterlagen verweist, greift dieser Einwand deshalb nicht durch, weil die Angaben in den monatlichen Provisionsabrechnungen schon angesichts ihres erheblichen Umfangs einen (übersichtlichen) Buchauszug nicht zu ersetzen vermögen, da es dem Beklagten nicht zuzumuten ist, sich die begehrten Informationen aus diesen Unterlagen zusammenzusuchen.
68Begründet war die Widerklage auch hinsichtlich des Antrags zu j. bb., nämlich Angaben zur Stornoreserve (Haftungszeit jedes Vertrages, für den Stornoreserve einbehalten wurde), weil der Beklagte auf entsprechende Angaben zur Prüfung von möglichen Ansprüchen gegen die Klägerin angewiesen war. Die Klägerin hat die Informationen allerdings mit dem erstinstanzlich eingereichten Schriftsatz vom 03.11.2014 (Anlage S&P 16, Bl. 389 AB II) erteilt. Der Beklagte hat auf die dadurch eingetretene Erledigung des Rechtsstreits nicht reagiert, so dass die Widerklage in diesem Punkt hätte abgewiesen werden müssen. Auf die Berufung der Klägerin war die Verurteilung auf die Widerklage in diesem Punkt zu korrigieren.
693. Schließlich liegt kein zur – hilfsweise beantragten - Aufhebung und Zurückverweisung führender Verfahrensfehler vor. Soweit die Klägerin meint, dass der vorgetragene Sachverhalt vom Landgericht nicht vollständig gewürdigt worden sei, handelt es sich dabei schon nicht um einen Verfahrensfehler i.S.d. § 538 ZPO und fehlt es im Übrigen jedenfalls deshalb an den (weiteren) Voraussetzungen für eine Aufhebung und Zurückverweisung, weil die Sache nach dem Vorstehenden entscheidungsreif ist.
70III.
71Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die Abweisung der Widerklage in einem Teilpunkt beruht auf einer geringfügigen Zuvielforderung des Beklagten, die dessen Kostenbeteiligung nach § 92 Abs. 2 ZPO nicht gebietet.
72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
73Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Streitentscheidend sind die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls, insbesondere Höhe und Dauer der Vorschusszahlungen. Soweit sich die Klägerin zur Klage auf einen Hinweis des Oberlandesgerichts Bamberg vom 11.11.2015 (3 U 109/15) bezieht, lässt sich mangels Veröffentlichung oder Vorlage der Entscheidung (einschließlich des zugrunde liegenden Sachverhalts) eine Vergleichbarkeit mit dem vorliegenden Fall nicht feststellen. Auch hinsichtlich der Widerklage liegt kein Zulassungsgrund vor, zumal eine Abweichung der vorliegenden Beurteilung von den seitens der Klägerin insoweit in Bezug genommenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamm vom 13.7.2015 (18 U 50/185 [?]) und des als Anlage BK 27 vorgelegten Endurteils des Oberlandesgerichts München vom 23.7.2015 (14 U 2731/14) nicht erkennbar ist, weil darin jeweils eine Teilerfüllung angenommen wurde, was mit der erstinstanzlichen Beurteilung im vorliegenden Fall übereinstimmt, der sich der Senat sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung anschließt. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.
74Berufungsstreitwert: 36.068,61 €
75(davon entfallen 2.500,00 € auf die Widerklage)