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Auf die Berufung des Beklagten wird das am 29.7.2015 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 4 O 190/13 – teilweise abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.950,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.6.2003 sowie 323,68 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 7.901,03 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin macht gegen den Beklagten, einen staatlich anerkannten Sachverständigen für Brandschutz, Ansprüche auf Schadensersatz aus der behaupteten mangelhaften Erstellung eines brandschutzrechtlichen Prüfberichts und Erteilung einer Prüfbescheinigung geltend. Die Klägerin ließ als Bauträgerin ein Mehrfamilienhaus nebst Tiefgarage in G errichten. Sie beabsichtigte, abweichend von der erteilten Baugenehmigung, in die Erdgeschosswohnung ein zusätzliches Badezimmerfenster einzubauen, welches zur überdachten Rampe der Tiefgarage ging. Sie beauftragte den Beklagten mit der Prüfung des Brandschutzes. Der Beklagte erstellte unter dem 5.8.2011 einen Prüfbericht, in dem es hierzu heißt:
4„Abweichung 02: Im Bereich der überdeckten Garagenrampe ist im EG ein Badezimmerfenster vorgesehen. Hiergegen bestehen in diesem Fall aus Gründen des Brandschutzes keine Bedenken, da sich im Rampenbereich kein parkender PKW befindet und somit kein Brandüberschlag zu erwarten ist und es sich weiterhin nicht um ein Fenster für einen Aufenthaltsraum handelt.“
5Gleichzeitig stellte er eine Bescheinigung nach § 16 Abs. 1 SV-VO über die Prüfung des Brandschutzes aus, welche unter der Rubrik „Angaben zum Bauvorhaben, 1. Genaue Bezeichnung“ den Zusatz enthält:
6„Unter der Voraussetzung, dass den beiden Abweichungen zugestimmt wird, werden die Anforderungen der BauO NRW erfüllt.“
7Als Ergebnis der Prüfung heißt es in der Bescheinigung:
8„Das Vorhaben entspricht den Anforderungen an den baulichen Brandschutz. Die brandschutztechnischen Nachweise sind vollständig und richtig. Den Forderungen der Brandschutzdienststelle zur Wahrung der Belange des abwehrenden Brandschutzes wurden entsprochen; diese sind im Prüfbericht kenntlich gemacht. Zu der Bescheinigung gehören der Prüfbericht/die Prüfberichte und eine Ausfertigung der brandschutztechnisch geprüften Bauvorlagen.
9Das Bauamt beanstandete nach Anhörung der Brandschutzdienststelle (Feuerwehr) das Fenster. Die Klägerin, die das Fenster inzwischen bereits eingebaut hatte, verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen der vergeblichen Aufwendungen (ursprünglich eingebautes Fenster, Mehrkosten neues Fensterelement, nachträglicher Einbau Entlüftung, Maler- und Fliesenarbeiten) sowie einer Minderung von 2.500 €, welche sie dem Erwerber wegen des Fehlens der Belüftbarkeit des Bades habe gewähren müssen. Die Klageforderung von 7.901,03 € setzt sich wie folgt zusammen:
10Kosten nutzloses 1. Fenster 578,54 €
11F-30 Fensterelement 2.350,00 €
12Anstrich und Reinigung 210,08 €
13nachträgl. Einbau Ventilator 1.080,06 €
14nachträgl. Fliesen 320,00 €
15Zwischensumme netto 4.538,68 €
1619 % MWSt. 5.401,03 €
17Nachlass Erwerber 2.500,00 €.
18Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachtens stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 7.901,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.6.2013 sowie 514,08 € für vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er die Abweisung der Klage begehrt.
19Er ist der Ansicht, weder Prüfbericht noch Prüfbescheinigung seien für den Schaden ursächlich. Der Beklagte bezweifelt, dass das ursprüngliche Fenster erst nach Zugang des Prüfberichts eingebaut worden sei. Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe er seine Aufgabe vollständig erfüllt. Der Prüfbericht sei nicht fehlerhaft. Der Sachverständige habe bestätigt, dass er als Bestandteil eines Abweichungsantrages grundsätzlich geeignet und zulässig gewesen sei. Er habe damit alles Erforderliche getan. Es sei nicht seine Aufgabe gewesen, selbst eine Stellungnahme der Brandschutzdienststelle, d.h. der Feuerwehr, einzuholen. Auch aus der Ausstellung der Prüfbescheinigung lasse sich seine Haftung nicht herleiten. Es stehe nicht fest, dass diese der Klägerin bzw. dem Architekten zugegangen sei. Zudem sei die Prüfbescheinigung für den Architekten erkennbar nicht abschließend gewesen. Das ergebe sich schon aus dem deutlich hervorgehobenen Vorbehalt der Zustimmung zu den Abweichungen. Der Sachverständige habe bestätigt, dass die Prüfbescheinigung für den Architekten keine eindeutige Aussage zur brandschutzrechtlichen Zulässigkeit enthalten habe. Wenn der Architekt daraufhin den Einbau der Fenster veranlasse, trage er das Risiko. Das fehlerhafte Verhalten des Architekten müsse sich die Klägerin als Mitverschulden anrechnen lassen.
20Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, behauptet, dass sie die Prüfbescheinigung erhalten habe und sieht keine Zurechnung eines eventuellen Verschuldens ihres Architekten.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
22II.
23Die Berufung des Beklagten hat nur teilweise Erfolg. Der Beklagte haftet wegen seines fehlerhaften Brandschutzberichts grundsätzlich für die Mehrkosten aufgrund des Einbaus des Badezimmerfensters. Der Anspruch mindert sich aber um ein Mitverschulden der Klägerin bzw. ihres Architekten.
241. Die Klägerin kann vom Beklagten grundsätzlich Schadensersatz wegen eines fehlerhaften Brandschutzberichts nach §§ 634 Nr. 4, 280 BGB verlangen.
25a) Zwischen den Parteien ist ein Werkvertrag geschlossen worden. Die Klägerin hat den Beklagten unstreitig mit der Prüfung des Brandschutzes und der Erteilung einer Bescheinigung für die Baubehörde nach § 68 Abs. 2 BauO NRW i.V.m. § 16 SV-VO NRW im Rahmen des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens beauftragt. Dieser Vertrag ist – wie bei sonstigen Gutachten auch – als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB zu qualifizieren (BGH, Urteil vom 10.11.1994 – III ZR 50/94, NJW 1995, 392; Wenzel in: Gädtke, BauO NRW, 12. Aufl., § 72 Rn. 105). Der Werkerfolg besteht in der Brandschutzprüfung und der Erstellung des Prüfberichts nebst Bescheinigung über die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit den einschlägigen Brandschutzvorschriften.
26Der grundsätzlichen Anwendbarkeit des werkvertraglichen Mängelrechts steht nicht – wie in erster Instanz erörtert – entgegen, dass der Beklagte als staatlich anerkannter Sachverständiger für Brandschutz im Zuge des Genehmigungsverfahrens auch hoheitliche Aufgaben wahrnimmt. Für den Prüfstatiker wird zwar diskutiert, ob dieser nur im öffentlichen Interesse hoheitlich tätig ist (vgl. LG Bonn, Urteil vom 20.5.2009 – 13 O 323/06, IBR 2009, 528; s. auch Oppler in: Ingenstau/Korbion, VOB, 19. Aufl., § 4 Abs. 1 VOB/B Rn. 26; jetzt aber auch BGH, Urt. v. 31.3.2016 – III ZR 70/15, wonach der Prüfstatiker nach der hessischen Bauordnung keine hoheitlichen Aufgaben wahrnimmt, sondern im Auftrag des Bauherrn tätig wird). Für den staatlich anerkannten Sachverständigen gilt dies indes nicht. Der staatlich anerkannte Sachverständige ist privatrechtlich im Auftrag des Bauherrn tätig. Das folgt schon aus der Ermächtigungsnorm des § 85 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 BauO NRW, wonach es sich bei den staatlich anerkannten Sachverständigen um Sachverständige handelt, die vom Bauherrn mit der Erstellung von Nachweisen und Bescheinigungen beauftragt werden (vgl. Wenzel in: Gädtke, BauO NRW, 12. Aufl., § 72 Rn. 105; s. auch Schulte, Schlanker Staat: Privatisierung der Bauaufsicht durch Indienstnahme von Bauingenieuren und Architekten als staatlich anerkannte Sachverständige, BauR 1998, 249, 259; Werner/Reuber, Der staatlich anerkannte Sachverständige nach den neuen Bauordnungen der Länder, BauR 1996, 796, 798). Er nimmt im Baugenehmigungsverfahren keine hoheitlichen Aufgaben wahr, sondern wirkt an den vom Bauherrn zu erbringenden technischen Nachweisen mit.
27b) Das Landgericht hat zutreffend einen Mangel bejaht. Die Leistung des Beklagten war insoweit mangelhaft, als er in seinem Prüfbericht vom 5.8.2001 das geplante Badezimmerfenster für aus Brandschutzgründen unbedenklich erklärt hat. Diese Einschätzung war nach Ansicht des vom Landgericht beauftragten Sachverständigen Dr. C unvertretbar. Dem ist zuzustimmen. Die Ausführung weicht ersichtlich von den Brandschutzbestimmungen ab. Nach § 126 Abs. 2 und 3 der Sonderbauverordnung NRW (SBauVO NRW) müssen Trennwände zwischen Garagen und Gebäuden in der Feuerwiderstandsklasse F90-AB ausgeführt werden. Sie dürfen mit sonstigen, nicht zur Garage gehörenden Räumen unmittelbar nur durch Öffnungen mit selbstschließenden Türen der Feuerwiderstandsklasse T 30 verbunden werden, § 128 Abs. 2 SBauV. Dem entspricht ein einfaches Badezimmerfenster mit Öffnungsmöglichkeit nicht. Der Beklagte begründet die Unbedenklichkeit der Abweichung von den Brandschutzvorschriften letztlich nur damit, dass das Entstehen eines Brandes in diesem Bereich unwahrscheinlich und das Badezimmer nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sei. Das genügt für eine Abweichung von den Brandschutzvorschriften nicht, insbesondere berücksichtigt es nicht die Gefahr der Rauchentwicklung bei einem Brand in der Tiefgarage.
28Ein weiterer Mangel seiner Leistung liegt darin, dass er die Prüfbescheinigung nach § 16 der Verordnung über staatlich anerkannten Sachverständige nach der Landesbauordnung (SV-VO NRW) bereits vor der erforderlichen Zustimmung des Bauamts mit den Abweichungen vom Brandschutz ausgestellt und der Klägerin und ihrem Architekten zugeleitet hat. Entgegen der Bescheinigung entsprach die Planung nicht den baulichen Anforderungen an den Brandschutz, sondern musste als Abweichung vom Brandschutz erst genehmigt werden. Eine solche Zustimmung lag nicht vor und mit ihr konnte – wie oben ausgeführt – auch nicht gerechnet werden. Wie der Sachverständige Dr. C in seinem Gutachten ausgeführt hat, kann die Bescheinigung bei Abweichungen vom Brandschutz erst erteilt werden, wenn das Bauamt, welches gem. § 68 Abs. 1 S. 4 Nr. 2 BauO NRW auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren den Brandschutz der Garage zu prüfen und alleine über die Abweichungen vom Brandschutz zu entscheiden hat, dieser zugestimmt hat.
29Der Vorbehalt der Zustimmung zu den Abweichungen ändert an der Unrichtigkeit der Bescheinigung nichts. Das folgt schon daraus, dass der Vorbehalt in der für solche Einschränkungen nicht bestimmten Rubrik: „Angaben zum Bauvorhaben“ steht und nicht im Teil „Ergebnis der Prüfung“. In der gegebenen Form konnte die Prüfbescheinigung daher bei flüchtigem Lesen den Eindruck erwecken, dass brandschutzrechtliche Bedenken letztlich nicht bestehen, und zwar auch nicht im Hinblick auf das streitgegenständliche Fenster.
30Dieser Eindruck war schon deshalb falsch, weil das Fenster letztlich aus Brandschutzgründen nicht genehmigungsfähig war. Der Beklagte hätte zumindest die Klägerin bzw. ihren Architekten eindeutig darauf hinzuweisen müssen, dass das geplante Fenster mit den Brandschutzvorschriften nicht übereinstimmt und die Ausführung nur dann zulässig ist, wenn die Abweichung von den Brandschutzvorschriften vom Bauamt genehmigt wird, was nach § 54 BauO NRW grundsätzlich in Betracht kam. Zudem hätte er zusätzlich darauf hinweisen müssen, dass mit einer Genehmigung wohl nicht gerechnet werden kann.
313. Aufgrund des mangelhaften Gutachtens ist der Klägerin ein Schaden in Höhe der vom Landgericht ausgeurteilten Summe entstanden.
32a) Die Klägerin kann als Schaden die Mehrkosten geltend machen, die ihr dadurch entstanden sind, dass sie im Vertrauen auf die bauordnungsrechtliche und damit brandschutzrechtliche Zulässigkeit das Badezimmerfenster eingebaut hat.
33Die Brandschutzprüfung ist für den Einbau des letztlich vom Bauamt beanstandeten Fensters ursächlich. Nach dem – unwidersprochenen – Vortrag der Klägerin in der Klageschrift hatte sie den Einbau des Fensters mit dem Bauamt abgestimmt, welches keine Einwände hatte, sofern es keine Probleme mit dem Brandschutz gebe. Der Beklagte hatte in seinem Bericht den Einbau des Fensters für aus Brandschutzgründen letztlich unbedenklich bescheinigt.
34Die Kausalität fehlt auch nicht deshalb, weil der Beklagte in seiner Bescheinigung hinreichend deutlich gemacht hat, dass die Änderung erst noch der Genehmigung durch das Bauamt bedarf. Der Zurechnungszusammenhang fehlt nur bei ganz fernliegenden Folgen. Der Vorbehalt des Beklagten ist – wie im Zusammenhang mit dem Mangel ausgeführt – nicht so eindeutig, dass er geeignet wäre, den Zurechnungszusammenhang zu unterbrechen.
35Der Prüfbescheid und die Prüfbescheinigung sind der Klägerin zugegangen. Sie hat die Unterlagen nebst Anschreiben des Beklagten mit der Klage in Kopie vorgelegt.
36Die Klägerin hat das Fenster erst nach Vorliegen der Bescheinigung des Beklagten mit Prüfbericht eingebaut. Dem entsprechenden Vortrag der Klägerin ist der Beklagte in erster Instanz nicht entgegengetreten. Er wird gestützt durch die Rechnung der Firma I, wonach das Fenster im Grundangebot vom 18.7.2011 noch nicht enthalten war, sondern erst nachträglich beauftragt worden ist (Bl. 33 des Anlagenheftes). Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung erstmals bestreitet, dass das Fenster erst nach Vorlage seines Prüfberichts vom 5.8.2011 eingebaut worden ist, ist der Vortrag in der Berufung neu und nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zulässig.
37Die Kosten für den Einbau des unzulässigen Fensters und die Mehrkosten, die gegenüber einer von vornherein fensterlosen Ausführung durch den nachträglichen Einbau eines F-30 Fensterelements mit Ventilator sowie den Nebenarbeiten (Anstrich, Reinigung und Fliesenarbeiten) entstanden sind, sind durch die mit der Klage vorgelegten Unterlagen belegt und wurden vom Beklagten nicht bestritten.
38b) Die Klägerin kann als Schaden auch die Kaufpreisminderung der Erwerber der Erdgeschosswohnung wegen der fehlenden Belüftungsmöglichkeit gemäß deren Schreiben vom 28.8.2012 (AH 19) ersetzt verlangen.
39Die Klägerin hat hierzu dargelegt, dass die Erwerber der Erdgeschosswohnung diese nach dem Einbau des ursprünglichen Badezimmerfensters besichtigt hätten und bereit gewesen seien, die Wohnung zum Kaufpreis von 192.500,00 € zu erwerben. Nach der Beanstandung durch das Bauamt sei die Änderung mit den Erwerbern besprochen worden, die im Gegenzug eine Reduzierung des Kaufpreises um 2.500 € verlangt hätten. Anschließend – am 30.3.2012 – sei der Kaufvertrag dann mit dem Kaufpreis von 190.000 € beurkundet worden. Die Erwerber haben die Kaufpreisreduzierung mit ihrem mit der Klage vorgelegten Schreiben vom 28.8.2012 (AH 7) bestätigt.
40Der Beklagte ist diesem Vortrag in tatsächlicher Hinsicht nicht entgegengetreten.
41Auf Grundlage dieses Sachverhalts ist der Beklagten ein weiterer Schaden in Höhe von 2.500,00 € entstanden. Hätte der Beklagte die zutreffende Empfehlung abgegeben, das Fenster aus Brandschutzgründen nicht einzubauen, hätten die Erwerber keinen Anlass gehabt, den Kaufpreis nachzuverhandeln und zu reduzieren. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin auch ohne den Einbau des Fensters für die Wohnung einen Kaufpreis von 192.500 € verlangt und erhalten hätte. Die Erwerber begründen in ihrem Schreiben vom 28.8.2012 die Kaufpreisreduzierung nämlich nicht mit dem Wegfall des Fensters, sondern damit, dass aufgrund des nachträglichen Umbaus nur eine mechanische Lüftung eingebaut wurde, die nicht – wie dem Stand der Technik entsprechend – mit einer Abschaltautomatik habe versehen werden können. Wäre das Badezimmer von vorneherein ohne das Fenster errichtet worden, wäre eine übliche Lüftung mit Abschaltautomatik eingebaut worden.
424. Der Anspruch mindert sich allerdings um ein Mitverschulden der Klägerin bzw. ein ihr zurechenbares Mitverschulden des Architekten.
43a) Indem die Klägerin im Vertrauen auf den Prüfbericht und die Prüfbescheinigung das Fenster einbauen ließ ohne die Entscheidung des Bauamtes über die Abweichung vom Brandschutz abzuwarten, hat sie den Schaden mit verursacht.
44Der BGH hat entschieden, dass ein Bauherr, der von einer ihm erteilten Baugenehmigung Gebrauch macht, obwohl ihm Umstände bekannt sind, aufgrund derer sich ihm die Fehlerhaftigkeit der Genehmigungsplanung aufdrängt, regelmäßig gegen die im eigenen Interesse bestehende Obliegenheit verstößt, sich selbst vor Schäden zu bewahren mit der Folge, dass er sich gegenüber dem Planungsfehler des Architekten ein Mitverschulden anrechnen lassen muss (BGH Urt. v. 10.2.2011 – VII ZR 8/10, BauR 2011, 869). Diese Erwägungen gelten auch im Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten als Brandschutzsachverständigem, der mit der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit beauftragt war. Hier hätte die Klägerin, selbst wenn sie auf die Erteilung der Genehmigung vertraut hat, die Entscheidung des Bauamtes, welches die Abweichung vom Brandschutz genehmigen musste, abwarten müssen.
45b) Es kann dahinstehen, ob die Klägerin nach Vorliegen des Prüfberichts nebst Bescheinigung die Entscheidung, das Fenster einzubauen, selbst getroffen hat oder der Architekt den Einbau des Fensters freigegeben hat. Die Klägerin muss sich ein eventuelles Verschulden ihres Architekten dem Beklagten gegenüber als Mitverschulden über §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen.
46Nach § 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB muss sich der Auftraggeber die Mitverursachung eines Schadens durch den von ihm beauftragten planenden Architekten auch gegenüber einem Fachplaner zurechnen lassen, wenn er sich des Architekten zur Erfüllung einer Pflicht gegenüber diesem oder zur Erfüllung der ihn aus § 254 Abs. 1 BGB im eigenen Interesse treffenden Obliegenheit zur Schadensminderung bedient hat (BGH, Urteil vom 15.5.2013 – VII ZR 257/11, BauR 2013, 1468 für die unzureichende Information des Statikers durch den Architekten über problematische Bodenverhältnisse; ebenso und grundlegend bereits BGH, Urteil vom 27.11.2008 – VII ZR 206/06, BauR 2009, 515 Glasfassadenurteil).
47Die Klägerin muss sich das Verschulden ihres Architekten nach § 278 BGB zurechnen lassen, da sie ihn in ihr Vertragsverhältnis mit dem Beklagten eingeschaltet hat und er daher, soweit er den Einbau des Fensters aufgrund der Brandschutzprüfung des Beklagten freigegeben hat, ihr Erfüllungsgehilfe war. Der Kontakt zwischen den Parteien lief über den Architekten, diesem hat der Beklagte Prüfbericht und Prüfbescheinigung zusammen mit seiner Rechnung übersandt. Auch die weitere Korrespondenz zwischen den Parteien wurde zunächst über den Architekten geführt. Dieser leitete die Beanstandung der Brandschutzdienststelle unter dem 23.1.2012 an den Beklagten weiter und bat ihn mit Schreiben vom 20.3.2012 um die Prüfung alternativer Lösungen. Ihm oblag damit auch, die Brandschutzprüfung des Beklagten auszuwerten. Hierzu hatte die Klägerin ihn eingeschaltet, so dass sie sich sein Verschulden hierbei nach § 278 BGB zurechnen lassen muss.
48c) Der Senat hält ein Mitverschulden von 50 % für angemessen.
49Die entscheidende Ursache haben die Klägerin bzw. ihr Architekt gesetzt. Sie haben den Einbau des Fensters vorgenommen bzw. freigegeben, obwohl die hierfür erforderliche Baugenehmigung noch nicht vorlag. Sie konnten dem Prüfbericht des Beklagten entnehmen, dass die Ausführung von den Vorschriften über den Brandschutz abwich und hätten erkennen können, dass diese vom Bauamt noch zu genehmigen war.
50Allerdings hat auch der Beklagte eine gewichtige Ursache gesetzt. Er hat in seiner Eigenschaft als staatlich anerkannter Sachverständiger für die Prüfung des Brandschutzes den Einbau des Fensters aus Brandschutzgründen für unbedenklich und zustimmungsfähig angesehen und mit der Erteilung der Prüfbescheinigung den Eindruck genährt, dass Brandschutzbelange der Zustimmung des Bauamtes nicht entgegenstehen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin in der Klageschrift hatte das Bauamt vorab die Genehmigung des Fensters in Aussicht gestellt, sofern es keine Probleme mit dem Brandschutz gäbe. Der Beklagte hatte in seiner Begutachtung den Einbau des Fensters als Abweichung vom Brandschutz bezeichnet, deren Genehmigung fachliche Erwägungen des Brandschutzes nicht entgegenstehen. Zudem hatte er nicht hinreichend deutlich gemacht, dass die Abweichung vom Bauamt noch genehmigt werden musste und die Abweichung mit der Brandschutzdienststelle nicht abgesprochen war.
51III.
52Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
53Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Der Sache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Der Senat hat den Rechtsstreit auf Grundlage anerkannter Grundsätze nach den Besonderheiten des Einzelfalles entschieden.