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1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 25.06.2015 (Az. 2 O 358/14) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt der Kläger.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
4. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
6. Der Streitwert für die erste und zweite Instanz wird einheitlich auf bis 140.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand:
2Der Kläger macht mit der Klage aus eigenem und abgetretenem Recht Rückabwicklungsansprüche aufgrund des Widerrufs eines Darlehensvertrages geltend. Er ist der Auffassung, die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft gewesen und habe die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt, so dass die auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung auch nach einvernehmlicher vorzeitiger Beendigung noch habe widerrufen werden können.
3Das Landgericht, auf dessen Entscheidung wegen der tatsächlichen Feststellungen, der dort gestellten Anträge und der Einzelheiten der rechtlichen Würdigung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hat die Klage abgewiesen. Es hat im Kern ausgeführt, der Widerruf des Darlehensvertrages sei verfristet gewesen. Zwar könne sich die Beklagte nicht erfolgreich auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, weil sie die seinerzeit gültige Musterbelehrung nicht vollständig übernommen habe. Die Widerrufsbelehrung habe aber gleichwohl den Lauf der Widerrufsfrist in Gang gesetzt, da die Darlehensnehmer in einer den Anforderungen des § 355 BGB a.F. genügenden Weise belehrt worden seien.
4Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags und unter Verweis auf Entscheidungen anderer Gerichte geltend macht, das Landgericht habe die Widerrufsbelehrung zu Unrecht für wirksam erachtet. Die Belehrung genügt aus mehreren Gründen nicht den Anforderungen des § 355 BGB a.F.:
5Die Darlehensnehmer seien nicht in der gebotenen Weise über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt worden. Es sei darauf abzustellen, ob die Belehrung bei abstrakter Betrachtung falsch gewesen sei, da jede andere Betrachtung auf ein Hinterfragen der Kausalität zwischen falscher Widerrufsbelehrung und Abschluss des Vertrages hinauslaufe (GA Bl. 218). Auf letzteres stelle § 355 BGB a.F. indessen nicht ab. Dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Fristbeginns nicht ausreichend sei, sei durch das Urteil des BGH vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08 - bereits höchstrichterlich festgestellt.
6Infolge der Verwendung der Fußnote 1 sei die Belehrung auch im Hinblick auf die Dauer des Widerrufsrechts nicht ausreichend, da nur eine der beiden Fristen zutreffend sein könne und die Auswahl der Darlehensgeber, nicht aber der Darlehensnehmer zu treffen habe (GA 218). Dies gelte umso mehr, als in der von der Beklagten verwandten Fußnote durch die Aufnahme des Zusatzes „bzw. werden kann“ von der gesetzlichen Bestimmung abgewichen worden sei. Der Zusatz führe zu einer zusätzlichen Verunklarung (GA 219).
7Auch seien die Darlehensnehmer nur über ihre Verpflichtungen belehrt worden, nicht aber über ihre Rechte, insbesondere nicht über die für die Bank geltende Frist zur Erstattung von Zahlungen. Selbst wenn eine Verpflichtung zur Belehrung über die Widerrufsfolgen nicht bestanden haben sollte, müsse eine erteilte Belehrung zutreffend sein. Dies sei bei einer einseitigen Belehrung über die aus einem Widerruf folgenden Pflichten indessen nicht der Fall (GA Bl. 217 f.)
8Fehlerhaft sei die Widerrufsbelehrung auch insoweit, als sie auch einen Passus über finanzierte Geschäfte enthalte, obwohl vorliegend - unstreitig - kein verbundenes Geschäft vorlag. Die Belehrung zu finanzierten Geschäften sei inhaltlich fehlerhaft, da sie die Belehrungen zu zwei Belehrungsalternativen, nämlich zu einem einfachen finanzierten Geschäft und zum finanzierten Erwerb eines Grundstückes, miteinander vermische.
9Schließlich seien die Angaben zu den Möglichkeiten der Widerrufserklärung insoweit fehlerhaft, als auch die Internetseite der Beklagten aufgeführt worden sei. Unmittelbar auf der Internetseite der Beklagten sei ein Widerruf indessen nicht möglich (GA Bl. 220). Dies sei nicht nur heute so, sondern bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses so gewesen.
10Fehlerhaft sei die Wertung des Landgerichts, eine Haustürwiderrufssituation habe nicht vorgelegen. Eine Überrumpelungssituation habe insoweit vorgelegen, als sich die Beklagte eine zuvor nicht abgesprochene Gesprächsnotiz (K 12 GA 163) habe abzeichnen lassen (GA 220).
11Eine Verwirkung des Widerrufsrechts liege nicht vor, weil weder Zeit- noch Umstandsmoment erfüllt seien. Auch stelle sich die Ausübung des Widerrufsrechts nicht als treuwidrig oder sonst rechtsmissbräuchlich dar.
12Die Revision sei zur Gewährleistung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen, da der Sachverhalt Fragen aufwerfe, die höchstrichterlich nicht geklärt seien und zu denen einander diametral widersprechende Entscheidungen der Instanzgerichte vorlägen.
13Der Kläger beantragt,
141) unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bonn vom 25. Juni 2015 – 2 O 358/14 - die Beklagte zu verurteilen,
15a) an den Kläger 49.791,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 11.08.2014 – hilfsweise seit dem 06.09.2014 – zu zahlen;
16hilfsweise,
17an den Kläger 38.171,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 2. Juli 2013 zahlen;
18b) an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.238,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
192) hilfsweise die Revision zuzulassen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
22Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags und Verweis auf Entscheidungen anderer Gerichte das landgerichtliche Urteil, soweit es ihr günstig ist, meint indessen, dass ihr auch die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 BGB Info-V zur Seite stehe (GA 295).
23Einem Widerruf stehe hier schon der Umstand entgegen, dass der Vertrag einvernehmlich vorzeitig abgewickelt worden ist (GA 300). In dem Verhalten der Darlehensnehmer könne auch eine formlos mögliche Kündigung nach §§ 490 Abs. 2 S. 3, 488 Abs. 3 S. 2 BGB gesehen werden. Eine Kündigung schließe indessen einen nachlaufenden Widerruf aus (GA 303).
24Jedenfalls aber sei in der vorliegenden Konstellation ein etwaiges Widerrufsrecht verwirkt (GA 301 f.).
25Soweit der Kläger gerügt habe, es habe nicht jeder der Darlehensnehmer eine eigene Ausfertigung des Darlehnsvertrages ausgehändigt bekommen, sei dieser Vortrag erst in der mündlichen Verhandlung aufgestellt worden. Der Vortrag werde bestritten und sei damit unerheblich, weil verspätet (GA 317). Herr U habe im Übrigen regelmäßig allen Darlehensnehmern einen Darlehensvertrag nebst Widerrufsbelehrung ausgehändigt. Ein Grund, weshalb er vorliegend davon abgewichen sein sollte, sei nicht ersichtlich.
26Soweit sich der Kläger auf eine Haustürwiderrufsituation berufe, handele es sich bei dem diesbezüglichen Vortrag, die Anlage K 12 sei „ plötzlich“ zu unterschreiben gewesen, zuvor sei davon nicht die Rede gewesen, um neuen Vortrag, der bestritten und als verspätet gerügt werde. Die Gesprächsnotiz habe ausschließlich der Dokumentation der zuvor bereits mehrfach erörterten Situation gedient.
27Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags weist die Beklagte erneut darauf hin, dass der Kläger die ihm im Falle eines wirksamen Widerrufs zustehenden Ansprüche unzutreffend berechnet habe.
28Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 16.03.2016 hat der Kläger weitere Rechtsausführungen gemacht und insbesondere unter Bezugnahme auf ein Urteil des OLG Stuttgart vom 20.05.2014 (Az. 6 U 182/13) und die Zurückweisung der nachfolgenden Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des BGH vom 7.07.2015 (XI ZR 253/14) ausgeführt, § 351 BGB finde keine Anwendung. Zudem hat er ergänzend vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass er mit dem Mitdarlehensnehmer bei Vertragsschluss keinen gemeinsamen Haushalt geführt habe und dieser zu keinem Zeitpunkt eine Widerrufsbelehrung ausgehändigt erhalten habe.
29Die Beklagte hat mit nachgelassenem Schriftsatz vom 21.03.2016 ergänzende Rechtsausführungen insbesondere zur Frage der Verwirkung gemacht. Sie hat außerdem ergänzend dazu vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass beiden Darlehensnehmern jeweils ein Exemplar des Darlehensvertrages und der Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden sei.
30Entscheidungsgründe
31I. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Die Widerrufserklärung der Darlehensnehmer vom 5.8.2014 (GA 14), die dahingehend auszulegen ist, dass ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen widerrufen werden sollen, hat das Darlehensverhältnis mit der Beklagten nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Die gemeinsame Widerrufserklärung der Darlehensnehmer war verfristet, da einer der beiden Darlehensnehmer entsprechend den Erfordernissen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. belehrt worden war und damit auch das Widerrufsrecht des anderen Darlehensnehmers nach §§ 357 Abs. 1, 351 BGB erloschen ist; es kann deshalb dahinstehen, ob auch der andere Darlehensnehmer ordungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Dem Kläger stehen in Folge der Verfristung des Widerrufs die mit seiner Berufung weiterverfolgten Ansprüche nicht zu.
32Im Einzelnen:
33Gem. § 355 Absatz 2 Satz 1 BGB i. d. F. d. OLGVertrÄndG 2002 begann die 2-wöchige Widerrufsfrist zu dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht erteilt wurde, die ihm seine Rechte deutlich machte. Die Frist begann gemäß § 355 Abs. 2 S. 3 BGB bei einem schriftlich abzuschließenden Vertrag nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden. Gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB erlosch das Widerrufsrecht spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. Das Widerrufsrecht erlosch nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB jedoch nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden war.
341. Bei Anlegung vorstehenden Maßstabs ist jedenfalls einer der beiden Darlehensnehmer wirksam über sein Widerrufsrecht belehrt worden, mit der Folge, dass sein Widerrufsrecht bereits im Jahr 2008 erloschen ist.
35Unstreitig hat jedenfalls einer der Darlehensnehmer bei Vertragsschluss am 15.5.2008 eine Abschrift des Darlehensvertrages und eine Widerrufsbelehrung ausgehändigt erhalten.
36Die Widerrufsbelehrung genügte den Anforderungen des § 355 BGB a.F.. Für die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung kommt es nach der Rechtsprechung des BGH maßgeblich darauf an, ob der vom Gesetz mit der Einräumung des Widerrufsrechts zu Gunsten des Verbrauchers verfolgte Zweck mit der konkret verwendeten Widerrufsbelehrung noch erreicht wird (vgl. z. B. BGH, Urt. v. 4.7.2002 – BGH Az.: I ZR 55/00). Die an den Verbraucher gerichtete Belehrung muss deshalb vollständig und inhaltlich zutreffend sein. Sie hat, um ihren Zweck erreichen zu können, möglichst umfassend, unmissverständlich und aus der Sicht des Verbrauchers eindeutig zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2009, XI ZR 118/08, NJW-RR 2009, 709, 710). Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2009, - XI ZR 156/08 -, juris – Tz. 17f). Das ist hier der Fall.
37a) Die Widerrufsbelehrung der Beklagten ist grafisch eindeutig gestaltet und weist die erforderlichen Überschriften aus. Auch die Verwendung einer Fußnote rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, denn der durchschnittliche Verbraucher wird im Alltag regelmäßig mit der Fußnote als Darstellungsform konfrontiert, so dass davon auszugehen ist, dass ihm die Existenz dieser Gestaltungsweise zur ergänzenden Darstellung dem Grunde nach bekannt ist. Der Abdruck des Fußnotentextes am Ende des Dokumentes entspricht der gängigen Praxis. Auch die Kenntlichmachung durch eine hochgestellte Ziffer entspricht der allgemeinen Praxis, so dass davon auszugehen ist, dass sie für einen durchschnittlichen Verbraucher ohne weiteres verständlich ist. Schließlich steht einer ordnungsgemäßen Belehrung nicht entgegen, dass die Schriftgröße des Fußnotentextes hinter der der vorstehenden Ausführungen zurückbleibt. Zum einen ist auch dies eine allgemein übliche Vorgehensweise, die dem durchschnittlichen Verbraucher vertraut ist. Entscheidend ist jedoch, dass auch die konkrete Art der Ausgestaltung der Fußnote - unmittelbar unter der Unterschrift des Kunden – keinen Grund zu der Annahme bietet, dieser Teil der Belehrung könnte leicht übersehen werden. So ist davon auszugehen, dass der die Belehrung lesende Kunde entweder gleich bei der Lektüre des Satzes 1 unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ bei Erreichen der hochstellten Ziffer den Blick auf den Text der Fußnote richtet oder spätestens bei Unterzeichnung des Formulars.
38b) Auch inhaltlich ist die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung bei dem hier vorliegenden Präsenzgeschäft nicht zu beanstanden.
39aa) Sie enthält die nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Angaben dazu, auf welchem Weg und in welcher Weise der Widerruf wem gegenüber zu erklären ist. Soweit der Kläger bemängelt, dass neben der Fax.-Nr. und der E-Mail-Adresse auch die Internetadresse der Beklagten genannt sei, auf der Internetseite indessen der Widerruf nicht unmittelbar erklärt werden könne, da bei Nutzung des dortigen Kontaktformulars (jedenfalls heute und mutmaßlich bereits bei Vertragsschluss) erst eine (nach Auffassung des Klägers unzumutbare) Einwilligung in die Datenverarbeitung durch die Beklagte abgegeben werden müsse, steht dies der Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung nicht entgegen, denn die in der Angabe der Internetadresse liegende Zusatzinformation ist nicht geeignet, den Darlehensnehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts auf einem der anderen angebotenen Wege abzuhalten. Die Angabe der Internetseite liegt vielmehr im Interesse des Darlehensnehmers, denn auf diese Weise kann er sich ggf. darüber vergewissern, ob sich die Kontaktdaten der Beklagten, die in der Widerrufsbelehrung naturgemäß nur für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses angegeben werden können, infolge eines Umzugs oder sonstiger Umstände geändert haben.
40bb) Der Darlehensnehmer wurde mit der Widerrufsbelehrung auch zutreffend über den Beginn und die Dauer seines Widerrufsrechts aufgeklärt.
41Zwar erlaubt die alternative Formulierung in der Fußnote verschiedene Verständnismöglichkeiten. Inwieweit dies bezogen auf alle denkbaren Fallkonstellationen mit dem Deutlichkeitsgebot vereinbar ist, bedarf im konkreten Fall keiner Entscheidung durch den Senat. Maßgeblich ist, ob das für die Widerrufsbelehrung verwendete, unter Umständen missverständliche Belehrungsformular objektiv geeignet ist, den nicht juristisch vorgebildeten, durchschnittlichen Verbraucher über den Beginn der Widerrufsfrist richtig zu informieren. Der Senat geht in Einklang mit dem Bundesgerichtshof (BGH 23.09.2003, - XI ZR 135/02 -, juris-Tz. 24) davon aus, dass von einem durchschnittlichen Verbraucher die Auslegung der Widerrufsbelehrung ebenso wie die des Vertragstextes erwartet werden kann. Der Auslegung der Belehrung ist der gesamte für das konkrete Vertragsverhältnis maßgebliche Auslegungsstoff zugrunde zu legen. Aus objektiver Kundensicht kann die Frage nach dem zutreffenden Verständnis der Widerrufsbelehrung nicht allein nach dem Wortlaut dieser Erklärung, sondern nur unter Berücksichtigung des Vertragsverhältnisses der Parteien insgesamt beantwortet werden. Nur in diesem Rahmen hat die Beklagte dem Kläger die hier fragliche Belehrung erteilt und wollte sie auch aus Sicht des Darlehensnehmers erteilen (vgl. BGH Urteil vom 06.12.2011 – XI ZR 401-10, juris-Tz. 27; BGH Urteil vom 11.03.2008, XI ZR 317/06, juris-Tz. 16f., BGH Urteil vom 24.04.2007, XI ZR 191/06, BGHZ 172, 157f, juris-Tz. 18f ).
42Bei Anwendung dieses Maßstabs genügt die Widerrufsbelehrung den Anforderungen des Deutlichkeitsgebots. Es liegt ein Präsenzgeschäft vor. Bei Abgabe der auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen der beiden Darlehensnehmer war der Vertrag von der Beklagten bereits unterzeichnet. Mit ihrer Unterschrift nahmen die Darlehensnehmer somit das Vertragsangebot der Beklagten an und mindestens einer der Darlehensnehmer erhielt zeitgleich auch eine Ausfertigung des Darlehensvertrages und der Widerrufsbelehrung. Bei dem somit für ihn vorliegenden Präsenzgeschäft musste einem verständigen, redlichen Darlehensnehmer mit den Verständnismöglichkeiten eines juristisch nicht vorgebildeten Durchschnittskunden klar sein, dass die Widerrufsbelehrung nicht erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wurde bzw. mitgeteilt werden konnte, so dass der Klammerzusatz mit dem Fristlauf von einem Monat sowie die Fußnote für ihn offenkundig keine Bedeutung hatten. Tatsächliche Anhaltspunkte, die die Annahme begründen könnten, diesem Darlehensnehmer stehe eine Widerrufssfrist von mehr als zwei Wochen zu, liegen bei objektiver Betrachtungsweise nicht vor.
43Ist - wie hier - allenfalls die Belehrung zu Fallgestaltungen missverständlich, die für den Verbraucher erkennbar nicht einschlägig sind, und liegen - wie hier - keine abweichenden Anhaltspunkte vor, so ist auch nicht davon auszugehen, dass die konkrete Formulierung der Widerrufsbelehrung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (zur Frage der objektiven Eignung vgl. BGH Urteil vom 23.06.2009, XI ZR 156 / 08, juris-Tz 25).
44Aus dem Urteil des BGH vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 folgt nichts abweichendes. Diesem Urteil lag ein zur Finanzierung der Beteiligung an einer Immobilienfondsgesellschaft abgeschlossenes Verbraucherdarlehen zu Grunde, bei dem die Beklagte dem Darlehensnehmer ein mit "Darlehensvertrag" überschriebenes und mit einer Widerrufsbelehrung versehenes, von ihr bereits unterzeichnetes Darlehensangebot unterbreitet hatte. In dieser Situation konnte aus Sicht eines mit den Umständen vertrauten, unbefangenen und durchschnittlichen Kunden der Eindruck entstehen, es handele sich bei dem Darlehensangebot, unabhängig von der Annahmeerklärung des Klägers, um die in der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde, die dem Darlehensnehmer zur Verfügung gestellt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 –, BGHZ 180, 123-134, Rn. 16). Der vom BGH entschiedene Fall unterscheidet sich damit in einem für das Verständnis der Widerrufsbelehrung entscheidenden Punkt von dem hier zu beurteilenden Präsenzgeschäft.
45cc) Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Belehrung sei hinsichtlich des Passus über finanzierte Geschäfte nicht ordnungsgemäß gewesen, weil sie zum einen überflüssig gewesen sei und zum anderen Belehrungselemente des einfachen finanzierten Geschäftes und des finanzierten Erwerbs eines Grundstückes vermische, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die Belehrung über das finanzierte Geschäft war objektiv nicht geeignet, einen verständigen und redlichen Vertragspartner mit den Verständnismöglichkeiten eines mit den Umständen vertrauten Durchschnittskunden von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufrechts abzuhalten. Einem solchen Darlehensnehmer war ohne weiteres erkennbar, dass kein finanziertes Geschäft vorlag. Aus dem Urteil des BGH vom 23. Juni 2009, XI ZR 156/08 folgt nichts anderes, denn diesem Urteil lag eine andere Fallkonstellation zu Grunde. Der Beklagte des dortigen Verfahrens hatte zur Finanzierung des Fondsbeitritts - geworben durch denselben Vermittler - mit der Klägerin einen Darlehensvertrag über einen Nettokreditbetrag geschlossen. Dem vom BGH entschiedenen Fall lag mithin ein finanziertes Geschäft zu Grunde.
46dd) Eine Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs war gemäß § 355 BGB a.F. nicht erforderlich.
47Soweit der Kläger sich darauf beruft, es habe eine Haustürwiderrufssituation vorgelegen, mit der Folge, dass die Beklagte gemäß § 312 BGB a.F. auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB habe hinweisen müssen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Eine Haustürwiderrufssituation liegt nach § 312 BGB in der bei Vertragsschluss am 15.05.2008 geltenden Fassung vor, wenn der Verbraucher (1) durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung, (2) anlässlich einer vom Unternehmer oder von einem Dritten zumindest auch im Interesse des Unternehmers durchgeführten Freizeitveranstaltung oder (3) im Anschluss an ein überraschendes Ansprechen in Verkehrsmitteln oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrsflächen zum Vertragsschluss bestimmt worden ist. Zwar hat der Vertragsschluss nicht in den Geschäftsräumen der Beklagten stattgefunden, indessen war der Vertragsinhalt bereits vor Unterschrift der Darlehensnehmer unter den unterschriftsreif vorbereiteten, von der Beklagten bereits gegengezeichneten Darlehensvertrag bereits vor dem 15.05.2008 abschlussreif ausgehandelt. Eine Überrumpelungssituation liegt dem Vertragsschluss damit erkennbar nicht zu Grunde.
48Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, dass die Beklagte den Darlehensnehmern bei Vertragsschluss eine - insoweit streitig: zuvor nicht abgesprochene - Gesprächsnotiz (K 12 GA 163) zur Unterschrift vorgelegt hat, rechtfertigt dies, auch wenn man den Vortrag des Klägers zu seinen Gunsten als zutreffend unterstellt, keine abweichende Beurteilung. Die Darlehensnehmer waren zum Abschluss des Darlehensvertrages entschlossen. Die Gesprächsnotiz war nicht geeignet, die Darlehensnehmer zum Vertragsschluss zu bestimmen, sondern eher dazu, sie von einem Vertragsschluss abzuhalten, da explizit ausgeführt wurde, dass der Kläger allein nicht dazu in der Lage sei, den Kapitaldienst aufzubringen. Abgesehen hiervon würde das Widerrufsrecht nach § 312 BGB gemäß § 312a BGB von dem dem Darlehensnehmer nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB eingeräumten Widerrufsrecht verdrängt. Aus dem BGH-Urteil vom 12. April 2007, VII ZR 122/06 folgt nichts anderes, denn dem vom BGH entschiedenen Fall lag ein Fernabsatzvertrag zu Grunde, für den besondere Belehrungspflichten galten.
49Zwar brauchte die Beklagte die Darlehensnehmer nicht über die Rechtsfolgen eines Widerrufs zu belehren, eine erteilte Belehrung musste indessen zutreffend sein. Die Belehrung der Beklagten über die Rechtsfolgen eines wirksamen Widerrufs ist nicht zu beanstanden. Für die Zeit zwischen dem 08.12.2004 und 10.06.2010 waren die Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe in § 357 BGB geregelt. Nach dessen Abs. 1 S. 2 fand § 286 Abs. 3 BGB für die Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen entsprechende Anwendung. Dabei beginnt die in § 286 Abs. 3 BGB bestimmte 30-Tagesfrist im Hinblick auf eine Erstattungsverpflichtung des Verbrauchers mit Abgabe der Widerrufserklärung, im Hinblick auf eine Erstattungsverpflichtung des Unternehmers mit deren Zugang. Hinsichtlich seiner eigenen Pflichten war der Verbraucher durch die Widerrufsbelehrung zutreffend informiert. Aus der Information des Darlehensnehmers über seine Verpflichtungen im Falle des Widerrufs folgt keine Verpflichtung, den Darlehensnehmer auch über seine aus einem wirksamen Widerruf folgenden Rechte zu informieren. Mangels gesetzlicher Anordnung könnte dies allenfalls dann der Fall sein, wenn durch die Unterlassung entsprechender Informationen die erfolgte Belehrung des Darlehensnehmers objektiv missverständlich wäre und dies dazu geeignet wäre, einen mit den Umständen vertrauten, durchschnittlichen Darlehensnehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten. Dies ist indessen nicht der Fall, da in der Widerrufsbelehrung ausdrücklich ausgeführt ist, „ im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren …..“. Ein Irrtum über die grundsätzliche Erstattungspflicht der Beklagten konnte somit nicht entstehen. Eine Verpflichtung, über den Fälligkeitseintritt zu belehren, bestand nicht.
502. Mit dem Erlöschen des Widerrufsrechts des ordnungsgemäß belehrten Darlehnsnehmers ist gemäß §§ 357 Abs. 1, 351 BGB auch das Widerrufsrecht des anderen Darlehensnehmers erloschen. Gemäß § 357 Abs.1 BGB finden auf das Widerrufsrecht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung. Gemäß § 351 S. 2 BGB a.F. erlischt das Rücktrittsrecht, wenn es für einen der Berechtigten erlischt, auch für die übrigen Rücktrittsberechtigten. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers findet § 351 BGB Anwendung. Der Senat teilt die Beurteilung des OLG Karlsruhe, dass aus der amtlichen Überschrift des § 357 BGB aF, die lediglich von „Rechtsfolgen des Widerrufs“ spricht, nicht gefolgert werden kann,
51„dass § 351 BGB, der lediglich die Unteilbarkeit des Rücktrittsrechts und damit eine Voraussetzung für dessen wirksame Ausübung regelt, damit nicht in Bezug genommen ist (so aber abstellend auf den Charakter einer reinen Rechtsfolgenverweisung OLG Stuttgart, Urteil vom 20.05.2014 - 6 U 182/13, n.v. Anlage K1, S. 10; MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 355 Rn. 29 und § 357 Rn. 11; ders., BB 2005, 344, 346; Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl., § 357 Rn. 7; Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 491 Rn. 20; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 6. Aufl., § 491 Rn. 53c und 8. Aufl., § 491 BGB Rn. 28; wohl auch BeckOK/Möller, BGB, Stand 01.05.2015, § 491 Rn. 25; BeckOK/H. Schmidt, BGB, Stand 01.05.2015, § 351 Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand, 7. Aufl., § 491 Rn. 14; Erman/Röthel, BGB, 14. Aufl., § 351 Rn. 5; Erman/Saenger, BGB, 14. Aufl., § 491 Rn. 19; Knops/Martens, WM 2015, 2025, 2026).
52Denn die insoweit sprachlich missglückte Überschrift kann den viel weiteren Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF - der nach Art. 229 §§ 22 Abs. 2, 32 Abs. 1 EGBGB hier weiterhin gilt und nach dem „auf das Widerrufs- und das Rückgaberecht […], soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung“ finden - nicht einschränken (so auch Staudinger/Kaiser, BGB, 2012, § 351 Rn. 3 und § 355 Rn. 42 f.; jurisPK-BGB/Wildemann, 6. Aufl., § 357 Rn. 8; Schirmbacher, BB 2009, 1088, 1089; Bülow, WM 2000, 2361, 2364; im Ergebnis ebenfalls Medicus/Stürner in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 8. Aufl., § 357 Rn. 1 und jurisPK-BGB/Schwintowski, 6. Aufl., § 495 Rn. 24). Wollte man das anders sehen, müsste man konsequenterweise auch bei § 312 BGB in der Fassung vom 29.07.2009 (aF), der noch mit „Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften“ überschrieben war, entgegen dem Wortlaut des Absatz 1 Satz 2 davon ausgehen, dass kein Rückgaberecht eingeräumt werden kann (vgl. Staudinger/Kaiser, a.a.O., Rn. 43). Dies wird soweit ersichtlich von niemanden vertreten.
53c) Dieses Ergebnis korrespondiert nicht nur mit dem Umstand, dass mehrere Darlehensnehmer dem Unternehmer im Falle der Rückabwicklung des Vertrages auch als Gesamtschuldner haften (§§ 421, 427 BGB), sondern fügt sich außerdem nahtlos in das System der Handhabung anderer Gestaltungsrechte ein: Denn nicht nur im Fall der Kündigung (dazu oben a)), sondern auch bei der Minderung (§§ 441 Abs. 2, 638 Abs. 2 BGB) und beim Wiederkaufs- (§ 461 Satz 1 BGB) und Vorkaufsrecht (§ 472 Satz 1 BGB; dazu BGH, Urteil vom 13.03.2009 - V ZR 157/08, NJW-RR 2009, 1172 Rn. 21 ff.) kann deren Ausübung bei mehreren Vertragspartnern auf einer Seite nur gemeinschaftlich erfolgen. Gleiches gilt hinsichtlich der Aufforderung zur Erklärung über die Genehmigung nach § 177 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 02.04.2004 - V ZR 107/03, WM 2005, 141 Rn. 19). ..
54d) Für die Inbezugnahme des § 351 BGB sprechen im Übrigen auch die Gesetzgebungsgeschichte und der aus den Materialien erkennbare Wille des Gesetzgebers. Während unter Geltung des alten § 7 VerbrKrG allgemein anerkannt war, dass jeder widerrufsberechtigte Verbraucher den Vertrag eigenständig widerrufen konnte und die Wirkung auf die anderen Verbraucher analog § 139 BGB bestimmt wurde (vgl. die Nachweise hierfür bei Staudinger/Kaiser, BGB, 2012, § 355 Rn. 42), änderte sich diese Sichtweise mit der am 30.06.2000 durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro eingefügten Vorschrift des § 361a BGB. Dieser beinhaltet in Absatz 2 Satz 1 folgenden Passus:
55„Auf das Widerrufsrecht finden die Vorschriften dieses Titels, soweit nichts anderes bestimmt ist, entsprechende Anwendung.“,
56woraus allgemein gefolgert wurde, dass damit nunmehr auf sämtliche Vorschriften des Rücktrittsrechts und daher auch auf § 356 BGB aF (entspricht dem heutigen § 351 BGB) verwiesen wurde (so ausdrücklich MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 357 Rn. 11; Staudinger/Kaiser, BGB, 2001, § 361a Rn. 26 m.w.N.). Und zwar obwohl in den Gesetzesmaterialien ausgeführt wird, dass „Absatz 2 […] die Rechtsfolgen des Widerrufs regelt“ (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Ds. 14/2658 S. 47).
57Daran sollte sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers durch die im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung erfolgte Einführung des § 357 Abs. 1 BGB aber nichts ändern (vgl. Gesetzentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Ds. 14/6040 S. 17 f., 199: „Absatz 1 [des § 357 BGB] entspricht dem bisherigen § 361a Abs. 2 Satz 1“).“
58(OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. Dezember 2015 – 17 U 145/14 –, juris)
59Von der Verweisung ist auch § 351 S. 2 BGB erfasst (vgl. Staudinger/Dagmar Kaiser (2012) BGB § 355 Rn 45).
60Etwas anders gälte dann, wenn es sich bei § 355 Abs. 3 S. 1, 3 BGB um eine abweichende Regelung im Sinne des § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. handelte. Dies ist indessen nicht der Fall. § 355 Abs. 3 BGB regelt nur den Fall des (Nicht-)Erlöschens des Widerrufsrechts infolge einer dem Darlehensnehmer erteilten mangelhaften Belehrung. § 351 BGB, der das Erlöschen des Widerrufsrechts bei einer Mehrheit von Darlehensnehmern regelt, stellt sich damit die als speziellere und damit vorgehende Norm dar. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass damit das Verbraucherschutzrecht in der Weise hätte unterlaufen werden können, dass von vornherein nur dem Darlehensnehmer, bei dem dem Darlehensgeber ein Widerruf unwahrscheinlicher erschienen sei, eine Widerrufsbelehrung erteilt werde, denn dem kann in der Weise begegnet werden, dass dem Darlehensgeber die Berufung auf die Verfristung des Widerrufs als treuwidrig verwehrt wird.
61II. Mangels wirksamen Widerrufs stehen dem Kläger auch weder die geltend gemachten Zinsansprüche noch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten zu.
62III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
63IV. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, ob bei mehreren Darlehensnehmern das Widerrufsrecht gemäß § 357 Abs. 1 BGB aF i.V.m. § 351 BGB des nicht richtig belehrten Darlehensnehmers erlischt, wenn das Widerrufsrecht eines ordnungsgemäß belehrten Mitdarlehensnehmers wegen Ablaufs der Widerrufsfrist erlischt, zuzulassen. Zwar bezieht sich diese Zulassungsvoraussetzung grundsätzlich nur auf geltendes Recht. Eine Frage zu auslaufendem, nur noch auf Altfälle anwendbarem Recht kann eine Zulassung der Revision aber dann rechtfertigen, wenn entweder noch eine Vielzahl von Verfahren nach altem Recht zu entscheiden ist oder wenn die Auslegung des alten Rechts Bedeutung für das aktuelle Recht hat (BGH, Beschluss vom 15.09.2014 - II ZR 442/13, juris Rn. 3 m.w.N.; vgl. auch Beschluss vom 05.12.2002 - XI ZB 15/02, juris Rn. 5). Ersteres ist hier der Fall. Darüber hinaus weicht der Senat von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20.05.2014 (6 U 182/13) ab.
64V. Gemäß § 63 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG war der Gegenstandswert festzusetzen. Der Wertberechnung ist zugrunde zu legen, dass sämtliche auf der Grundlage des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB erbrachten Leistungen des Darlehensnehmers nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB zu erstatten sind. Das gilt auch, soweit der Darlehensnehmer die vertragliche Hauptleistungspflicht zur Rückzahlung der empfangenen Darlehensvaluta nach § 488 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB erfüllt hat (vgl.: BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15 –, Rn. 13, juris). Der Anspruch des Darlehensnehmers auf Nutzungsersatz aus § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB für überlassene Zins- und Tilgungsleistungen ist bei der Schätzung gemäß § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO außer Acht zu lassen. Hinzuzusetzen ist die von dem Kläger geleistete Vorfälligkeitsentschädigung. Es ergibt sich damit die folgende Berechnung: Die Darlehensnehmer haben von 1. Juni 2008 bis einschließlich 1. Juni 2013 60 Raten zu je 1.600,00 €, mithin 96.000,00 € Zinsen und Tilgung sowie 38.171.37 € Vorfälligkeitsentschädigung, insgesamt mithin 134.171,37 € geleistet. Der Gegenstandswert ist damit auf bis zu 140.000,00 € festzusetzen.