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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 22.1.2015 – 18 O 415/10 – wird zurückgewiesen, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen wurde.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2.) trägt die Klägerin. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung des Beklagten zu 2) durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages
abzuwenden, falls nicht der Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Entscheidungsgründe:
2I.
3Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadenersatz mit der Behauptung, bei der Sanierung ihres denkmalgeschützten Mehrfamilienhauses habe der Beklagte zu 1) im Wohnraumbereich gesundheitsschädliche Holzschutzmittel eingesetzt und der Beklagte zu 2) habe die Arbeiten des Beklagten zu 1) nicht ausreichend überwacht.
4Im Jahr 2000 erwarb die Klägerin das denkmalgeschützte ehemalige Bürgermeisteramt inklusive Scheune in A und baute dieses zu einem Mehrfamilienhaus mit insgesamt vier Wohneinheiten um. Bei der Sanierung des Objektes legte die Klägerin besonderen Wert darauf, den Innenausbau unter Berücksichtigung ökologischer Vorgaben durchzuführen. Mit der Planung des Umbaus beauftragte sie mit einem im September/Oktober 2000 mündlich geschlossenen Vertrag den Beklagten zu 2). In welchem Umfang der Beklagte zu 2) darüber hinaus mit der Bauüberwachung beauftragt war, ist zwischen den Parteien streitig. Auf der Grundlage einer Ausschreibung des Beklagten zu 2) bot der Beklagte zu 1), der Inhaber eines Malerbetriebs ist, der Klägerin unter anderem folgende Leistung an: „ 750 lfdm Holzbalken 2x mit Hartwachsöl streichen“ zum Preis von „2 EUR“ (Anlage K1 zur Klageschrift, Anlagenheft). Auf der Basis dieses Angebots schlossen die Klägerin und der Beklagte zu 1) unter dem 25.2.2003 einen Bauvertrag (Anlage K2 zur Klageschrift, Anlagenheft) wird Bezug genommen.
5Während der Ausführung der Arbeiten durch den Beklagten zu 1) fand der Ehemann der Klägerin auf der Baustelle eine leere Dose „B Bläueschutzgrund“. In einer daraufhin von dem Beklagten zu 2) veranlassten Baubesprechung im April 2003 erklärte der Beklagte zu 1), dass er mit dem Produkt nur eine geringe, vom Holzwurm befallene Fläche behandelt habe und dies „gar nicht schlimm“ sei, da es verfliege und man darüber streichen werde. Zudem erklärte er, dass Bläueschutzgrund auch für die Innenseiten von Außentüren und Fenstern verwendet werden dürfe.
6Mit Schreiben vom 26.4.2003, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Anlage K11 zur Klageschrift), rügte der Beklagte zu 2) gegenüber dem Beklagten zu 1), dass dieser „das Innenfachwerk mit einem Bläueschutzgrund behandelt“ habe.
7Ab August 2003 vermietete die Klägerin die vier Wohnungen. Im Jahr 2009 beklagten sich drei Mieterparteien über Beeinträchtigungen ihres Gesundheitszustandes und kündigten nach und nach die Mietverhältnisse. Diese Wohnungen sind seitdem unvermietet. Die Klägerin beauftragte den Dipl.-Mineralogen und Baubiologen C mit der Erstellung eines Gutachtens. Der Sachverstände kam zu dem Ergebnis, dass in den gekündigten Wohnungen Dichlofluanid- bzw. Tolylfluanid-Konzentrationen vorliegen würden und eine gesundheitliche Gefährdung, insbesondere für Risikogruppen, bei chronischer Aufnahme dieser Substanzen über den Inhalationspfad nicht auszuschließen sei.
8Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte zu 1) habe, obwohl sie – unstreitig - Wert auf eine streng ökologische Sanierung des Hauses Wert gelegt habe, B-Bläueschutzgrund mit Dichlofluanid sowie ein weiteres Holzschutzmittel, das Tolylfluanid enthalten habe, ganzflächig auf sämtliche innenliegenden Holzbalken aufgetragen. Beide Wirkstoffe seien als gesundheitsschädlich eingestuft und daher für die Verwendung in Innenräumen nicht zugelassen.
9Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, auch der Beklagte zu 2) sei für die Schadstoffbelastung in den Holzbalken verantwortlich. Er sei mit der Überwachung sämtlicher Gewerke beauftragt gewesen. Er habe die Klägerin hinsichtlich der Verwendung des Bläueschutzmittels in Sicherheit gewogen, obwohl er als Architekt und Betreiber des Ingenieurbüros für Holz- und Massivbaukonstruktionen das Produkt und seine Einsatzbereiche habe kennen müssen. Das Schreiben vom 26.4.2003 sei ihr seinerzeit nicht zur Kenntnis gebracht worden. Hiervon habe sie erstmals vorprozessual erfahren. Der Beklagte zu 2) sei als bauüberwachender Architekt verpflichtet gewesen, sich davon zu überzeugen, dass der Beklagte zu 1) nur das ausgeschriebene Hartwachsöl verwende. Die Verwendung von Bläueschutzgrund auf 996 laufenden Metern hätte dem Beklagten zu 2) auffallen müssen, die Arbeit habe sich vermutlich über Tage hingezogen. Insbesondere bei der Rechnungsprüfung hätte ihm die Verwendung einer Imprägnierung auffallen müssen, da der Beklagte zu 1) – insoweit unstreitig- die Aufbringung von Imprägniergrund in Rechnung gestellt habe (Anlage K4 zur Klageschrift, Anlagenheft).
10Eine Verjährung ihrer Schadenersatzansprüche sei nicht eingetreten, da sie bislang weder die Leistungen des Beklagten zu 1) noch des Beklagten zu 2) abgenommen habe. Eine Schlussrechnung habe der Beklagte zu 2) bislang nicht vorgelegt. Ferner habe dieser bis heute keine Kostenaufstellung über die Sanierungsmaßnahme vorgelegt, die aber bei einer Antragsstellung nach § 40 DSchG, mit der der Beklagte zu 2) beauftragt gewesen sei, vorliegen müsse.
11Die Klägerin hat behauptet, aufgrund der Luftkontamination in den drei Wohnungen ergäben sich Sanierungskosten in Höhe von mindestens 291.500 EUR. Bis zur Sanierung seien die Wohnungen unvermietbar, so dass sich ein monatlicher Mietausfall inklusive Vorhaltekosten in Höhe von 3.246,38 EUR ergäbe. Darüber hinaus seien – insoweit unstreitig - Gutachterkosten angefallen.
12Die Klägerin hat beantragt,
13a) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 291.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.2.2013 zu zahlen,
14b) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 154.883,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 2.303,87 EUR seit dem 3.4.2009, sowie aus jeweils 3.246,38 EUR seit dem 3.5.2009, 3.6.2009, 3.7.2009, 3.8.2009, 3.9.2009, 3.10.2009, 3.11.2009, 3.12.2009, 3.1.2010, 3.2.2010, 3.3.2010, 3.4.2010, 3.5.2010, 3.6.2010, 3.7.2010, 3.8.2010, 3.9.2010, 3.10.2010, 3.11.2010, 3.12.2010, 3.1.2011, 3.2.2011, 3.3.2011, 3.4.2011, 3.5.2011, 3.6.2011, 3.7.2011, 3.8.2011, 3.9.2011, 3.10.2011, 3.11.2011, 3.12.2011, 3.1.2012, 3.2.2012, 3.3.2012, 3.4.2012, 3.5.2012, 3.6.2012, 3.7.2012, 3.8.2012, 3.9.2012, 3.10.2012, 3.11.2012, 3.12.2012, 3.1.2013, 3.2.2013, 3.3.2013 zu zahlen,
15c) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 15.196,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 4.680,87 EUR seit dem 30.4.2009, aus 3.001,70 EUR seit dem 12.3.2010 sowie aus dem Restbetrag ab Zustellung des vorliegenden Schriftsatzes zu zahlen,
16d) festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, sämtliche noch nicht bezifferbaren Schaden, insbesondere soweit er sich im Rahmen der durchzuführenden Sanierung herausstellt und in zukünftigen Mietausfällen, die ab dem 1.4.20013 eintreten, besteht, zu ersetzen, der der Klägerin aufgrund der mangelhaften Sanierung der freiliegenden Holzbalken im Objekt D 9 in A noch entsteht,
17e) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie vorprozessuale Anwaltskosten in Höhe von 3.612,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen.
18Die Beklagten haben beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Der Beklagte zu 2) hat behauptet, nur für die Gewerke Rohbauarbeiten, Fliesenleger- und Putzarbeiten mit den Leistungsphasen 1 bis 8 der HOAI beauftragt gewesen zu sein, bei allen übrigen Arbeiten sei er nur für die Leistungsphasen 1 bis 7 zuständig gewesen. Hier habe die Klägerin die Bauleitung selber ausgeübt. Die Mängelrüge vom 26.4.2003 sei der Klägerin bekannt gewesen, diese sei nach Entdeckung der Dose B vor dem durchgeführten Ortstermin versandt worden und auch der Grund für den Ortstermin gewesen. Bei dem Ortstermin habe er den Einsatz von B-Bläueschutzgrund nicht verharmlost, sondern lediglich erklärt, dass er die Erläuterungen des Beklagten zu 1) nachvollziehen könne, von dem Produkt aber keine Ahnung habe.
21Letztlich könne aber gar nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 1) ein Produkt mit dem Wirkstoff Dichlofluanid oder Tolylfluanid aufgebracht habe.
22Der Beklagte zu 2) hat die Ansicht vertreten, unabhängig von der fehlenden Bauaufsicht hafte er auch nicht für die Verwendung eines ungeeigneten Produkts, weil er im Rahmen der Bauaufsicht Selbstverständlichkeiten nicht überprüfen müsse. Aufgrund einer möglichen Pflichtwidrigkeit sei der Klägerin auch kein Schaden entstanden, da er von der Verwendung des Mittels erst durch den Anruf der Klägerin erfahren habe. Zu diesem Zeitpunkt sei das Produkt bereits aufgetragen gewesen und der Schaden somit schon entstanden.
23Im Übrigen hat sich der Beklagte zu 2) auf die Einrede der Verjährung berufen. Die Klägerin habe bereits seit 2003 Kenntnis von der Verwendung des Mittels B-Bläueschutzgrund gehabt. Etwaige Ansprüche aus Verletzung einer Beratungs- oder Aufklärungspflicht seien daher bereits seit Ende 2006 verjährt.
24Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass etwaige Mängelgewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagten verjährt seien. Hinsichtlich des Beklagten zu 2) sei davon auszugehen, dass die Klägerin dessen Werk durch Vermietung der Wohnungen im August 2003 abgenommen habe, so dass die Gewährleistungsfrist im August 2008 abgelaufen sei. Dass der Beklagte zu 2) einen Mangel arglistig verschwiegen habe, könne nicht angenommen werden. Zudem sei zweifelhaft, ob der Beklagte zu 2) seine Überwachungspflichten verletzt habe. Als Architekt habe er die zum Einsatz kommenden Materialien nur dann zu prüfen, wenn die Verwendung der vorgesehenen Materialien für den Erfolg der Baumaßnahme von entscheidender Bedeutung sei. Gesundheitsgefährdungen durch den Einsatz von Holzschutzmitteln seien im Jahr 2003 aber noch nicht hinreichend bekannt gewesen.
25Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrages vertritt sie die Ansicht, dass ihre Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) nicht verjährt seien. Die Verjährungsfrist habe noch nicht einmal zu laufen begonnen, da der Beklagte zu 2) bis heute nicht alle Leistungen aus dem Architektenvertrag erbracht habe. Zudem habe der Beklagte zu 2) bislang keine Schlussrechnung erteilt, sondern nur Abschlagsrechnungen. Ferner habe der Beklagte zu 2) noch im März 2006 Leistungen in Bezug auf das Bauvorhaben erbracht, nämlich die Rückgabe der Gewährleistungssicherheiten der einzelnen Handwerker geprüft und veranlasst.
26Im Übrigen habe der Beklagte zu 2) die großflächige Verwendung von B-Bläueschutzgrund verschwiegen. Die Kenntnis des Beklagten zu 2) ergebe sich aus dem Schreiben vom 26.4.2003, in welchem er die Verwendung des Holzschutzmittels für das gesamte „Innenfachwerk“ gerügt habe. Dem Beklagten zu 2) sei offensichtlich bekannt gewesen, dass das Mittel großflächig aufgebracht worden sei. Auch habe der Beklagte zu 2) bei seiner Schlussrechnungsprüfung die Position „Imprägniergrund“ akzeptiert, obwohl vertraglich vorgesehen gewesen sei, zweimal mit Hartwachsöl zu streichen. Er habe gewusst, was sich hinter dem Begriff „Imprägniergrund“ verstecke. Dem Beklagten zu 2) sei die Gefährlichkeit von B-Bläueschutzgrund bekannt gewesen, da er vom Fach sei und im Bauvertrag mit dem Beklagten zu 1) selbst festgelegt habe, dass das freiliegende Holzbalkenwerk ausschließlich mit biologisch einwandfreiem Hartwachsöl gestrichen werden solle.
27Mit Schriftsatz vom 30.8.2016, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird, trägt die Klägerin vor, dass man sich bei einem vorangegangenen Treffen, an dem der Beklagten zu 2) teilgenommen habe, für den ersten Arbeitsgang auf einen Voranstrich verständigt habe, es wäre daher Aufgabe des Beklagten zu 2) gewesen zu prüfen, ob hierfür ein biologisch einwandfreies Material verwendet werde.
28Die Klägerin beantragt,
29unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils
30a) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 291.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.2.2013 zu zahlen,
31b) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 154.883,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 2.303,87 EUR seit dem 3.4.2009, sowie aus jeweils 3.246,38 EUR seit dem 3.5.2009, 3.6.2009, 3.7.2009, 3.8.2009, 3.9.2009, 3.10.2009, 3.11.2009, 3.12.2009, 3.1.2010, 3.2.2010, 3.3.2010, 3.4.2010, 3.5.2010, 3.6.2010, 3.7.2010, 3.8.2010, 3.9.2010, 3.10.2010, 3.11.2010, 3.12.2010, 3.1.2011, 3.2.2011, 3.3.2011, 3.4.2011, 3.5.2011, 3.6.2011, 3.7.2011, 3.8.2011, 3.9.2011, 3.10.2011, 3.11.2011, 3.12.2011, 3.1.2012, 3.2.2012, 3.3.2012, 3.4.2012, 3.5.2012, 3.6.2012, 3.7.2012, 3.8.2012, 3.9.2012, 3.10.2012, 3.11.2012, 3.12.2012, 3.1.2013, 3.2.2013, 3.3.2013 zu zahlen,
32c) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 15.196,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 4.680,87 EUR seit dem 30.4.2009, aus 3.001,70 EUR seit dem 12.3.2010 sowie aus dem Restbetrag ab Zustellung des vorliegenden Schriftsatzes zu zahlen,
33d) festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, sämtliche noch nicht bezifferbaren Schaden, insbesondere soweit er sich im Rahmen der durchzuführenden Sanierung herausstellt und in zukünftigen Mietausfällen, die ab dem 1.4.20013 eintreten, besteht, zu ersetzen, der der Klägerin aufgrund der mangelhaften Sanierung der freiliegenden Holzbalken im Objekt D 9 in A noch entsteht,
34e) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie vorprozessuale Anwaltskosten in Höhe von 3.612,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen.
35Die Beklagten beantragen,
36die Berufung zurückzuweisen.
37Der Beklagte zu 2) verteidigt das erstinstanzliche Urteil und weist unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag darauf hin, dass er mit der Überwachung der Malerarbeiten nicht beauftragt gewesen sei und nur auf ausdrücklichen Wunsch der Klägerin mit dem Schreiben vom 26.4.2003 eine Mängelrüge an den Beklagten zu 1) übersandt habe. Die Überwachung der Malerarbeiten habe der Ehemann der Klägerin übernommen. Der Beklagte zu 2) habe nur auf Abruf einzelne Architektenleistungen erledigt. Eine Vollarchitektur oder Beauftragung nach den Leistungsbildern der HOAI habe nicht bestanden. Dies sei auch daran erkennbar, dass der Beklagte zu 2) keine Vollarchitektur in Rechnung gestellt habe. Rechnungen seien nie als Schlussrechnung bezeichnet worden, da nicht festgestanden habe, ob die Klägerin nicht weitere Aufträge erteilen werde.
38Er behauptet, dass die Schadstoffbelastung in den Wohnungen nicht auf die Verwendung von B-Bläueschutzgrund zurückgeführt werden könne, da dieses Mittel nur in der Scheune auf wenigen Metern eingesetzt worden sei. Die Schadstoffbelastung müsse vielmehr aus dem Einsatz von Holzschutzmitteln aus früheren Jahren stammen. Der Beklagte zu 1) habe mit Ausnahme eines Balkens in der Scheune nach seiner Kenntnis auch nur zweimal Hartwachsöl aufgebracht, einmal als Grundierung und einmal als Anstrich.
39Seine Leistungen seien, wie vom Landgericht zu Recht angenommen, durch Ingebrauchnahme des Objektes abgenommen worden. Eine förmliche Abnahme sei bei Architektenleistungen unüblich. Nach dem Bezug der Wohnungen durch die Mieter im August 2003 seien auch keine weiteren Leistungen mehr seitens der Klägerin abgerufen worden.
40Arglistiges Verschweigen könne ihm nicht vorgeworfen werden, da er über keinen Wissensvorsprung verfügt habe. Die Informationen, die er im Schreiben vom 26.4.2003 aufgeführt habe, habe er von der Klägerin gehabt. Erst nach diesem Schreiben habe der Beklagte zu 1) in einem Ortstermin gegenüber der Klägerin und dem Beklagten zu 2) erklärt, B-Bläueschutzgrund nur in der Scheune auf einem holzwurmbefallenen Balken aufgetragen zu haben. Dass das Mittel großflächig verwendet worden sei, davon habe er, der Beklagte zu 2), keine Kenntnis gehabt. Diese Kenntnis habe er auch nicht aus der Schlussrechnung des Beklagten zu 1) erlangen können. Zwar habe der Beklagten zu 1) die Aufbringung eines Imprägniergrundes abgerechnet, Imprägniergrund sei aber nicht mit Bläueschutzgrund gleichzusetzen. Offensichtlich habe der Beklagten zu 1) das erste Streichen mit Hartwachsöl einer Imprägniergrundierung gleichgestellt.
41II.
421. Gemäß § 301 ZPO konnte der Senat über die Klage gegen den Beklagten zu 2) im Wege des Teilurteils entscheiden, da der Rechtsstreit in Bezug auf das Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) zur Entscheidung reif war und insoweit ein selbständiger prozessualer Anspruch vorliegt (einfache Streitgenossenschaft).
432. Die zulässige Berufung der Klägerin ist, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 2) wendet, unbegründet.
44Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2) keinen Anspruch auf Erstattung von Sanierungskosten, Ersatz des Mietausfalls sowie sonstigen Schadenersatz. Ein dahingehender Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus §§ 634 Nr. 4, 636, 631, 280 BGB.
45Es kann dahinstehen, ob der Beklagte zu 2) mit der Überwachung des Malergewerks, also dem Gewerk des Beklagten zu 1), beauftragt gewesen ist. Denn ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) ist auch dann nicht gegeben, wenn eine Bauüberwachungspflicht auch bezüglich dieses Gewerks unterstellt wird. Denn eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) bei der Bauüberwachung kann nicht festgestellt werden.
46a) Der Architekt schuldet, wie der Werkunternehmer, ein mängelfreies und funktionstaugliches Werk. Er schuldet – im Umfang der Beauftragung - eine mangelfreie und funktionstaugliche Planung und übernimmt mit der Objektüberwachung die Verpflichtung, das Bauwerk frei von Mängeln entstehen zu lassen und dazu das ihm Zumutbare beizutragen. Er muss deshalb auf die Übereinstimmung der Ausführung des Bauvorhabens mit den jeweiligen Ausführungsplänen, Leistungsbeschreibungen und den anerkannten Regeln der Technik achten. Die ständige Anwesenheit des Architekten auf der Baustelle ist nicht notwendig. Die Aufsicht durch den Architekten oder durch zuverlässige Mitarbeiter ist aber gefordert, wenn es sich um wichtige Bauvorgänge handelt, die für die Erreichung der Bauaufgabe von wesentlicher Bedeutung sind. Dies ist beispielsweise bei Abdichtungs- und Isolierarbeiten (vgl. BGH, NJW 2000, 2991; OLG Hamm BauR 1990, 638), Verarbeitung neuer Baustoffe und vorgefertigter Teile (BGH BauR 1976, 66) sowie Ausschachtungsarbeiten (BGH BauR 2001, 273) der Fall. Handwerkliche Selbstverständlichkeiten bei allgemein üblichen, gängigen und einfachen Bauarbeiten, deren Beherrschung durch den Bauunternehmer vorausgesetzt werden kann, braucht der Architekt im Zweifel nicht zu überwachen. Insoweit darf er sich zu einem gewissen Grad auf die Zuverlässigkeit und ordnungsgemäße unternehmerische Bauausführung verlassen (OLG Schleswig, IBR 2011, 530; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rn. 2015). Etwas anderes gilt nur, wenn es sich erkennbar um unzuverlässige, wenig sachkundige oder erkennbar unsichere Bauunternehmer handelt (Werner/Pastor, a.a.O.).
47Bei Zugrundelegung dieser Ausführungen bestand eine Verpflichtung des Beklagten zu 2), den Anstrich der Holzbalken mit Hartwachsöl durch den Beklagten zu 1) zu kontrollieren, nicht. Das Aufbringen von Hartwachsöl stellt eine einfache Tätigkeit dar, deren Beherrschung von einem Malerbetrieb erwartet werden kann. Die Klägerin rügt im Übrigen auch nicht die unsachgemäße Aufbringung des Öls, sondern die Verwendung eines anderen als des vertraglich vereinbarten Anstrichs. Es ist aber grundsätzlich nicht Aufgabe eines Architekten, ohne besonderen Umstände den Einsatz eines vertraglich eindeutig bezeichneten Materials zu überprüfen. Auf die Verwendung des vom Malerbetrieb angebotenen und beauftragten Anstrichs kann sich der Architekt regelmäßig verlassen. Eine Überwachungspflicht für solche Selbstverständlichkeiten kann nur angenommen werden, wenn Zweifel bestehen, ob der Unternehmer die Vereinbarung einhalten werde, weil sie vom üblichen Ablauf abweicht oder der Unternehmer erkennbar unzuverlässig ist. Anhaltspunkte hierfür lagen hier indessen nicht vor.
48b) Bis zum Auffinden der Dose „B-Bläue-Schutzgrund“ durch den Ehemann der Klägerin an einem Samstag im April 2003 hatte es keinen Anlass für die Annahme gegeben, der Beklagte zu 1) könne das Holzwerk mit einem anderen Material als Hartwachsöl behandelt haben.
49Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 30.8.2016 – erstmals – vorträgt, es habe eine Vorbesprechung gegeben, in der man sich mit Rücksicht auf alten, nicht aktiven Holzwurmbefall darauf verständigt habe, bei dem Voranstrich mit einem leicht zu verarbeitenden Material zu arbeiten, um nicht unbedingt zweimal Hartwachsöl aufstreichen zu müssen, änderte dies am Umfang der Pflichten des Beklagten zu 2) nichts. Denn auch damit wäre nicht die Verwendung eines toxischen Stoffes beauftragt worden, die eine gesteigerte Überwachungspflicht zur Folge gehabt hätte. Darauf, ob dieser – dem bisherigen Vortrag (Eine Abänderung der vertraglichen Vorgaben in Bezug auf den beauftragten Anstrich hat - bis zum Schriftsatz der Klägerin vom 30.8.2016 - keine Partei behauptet. Gerade die Klägerin hat sich darauf berufen, dass der Beklagte zu 1) beauftragt gewesen sei, lediglich zweimal Hartwachsöl aufzubringen.) widersprechende – neue Vortrag zuzulassen ist, kommt es für die Haftung des Beklagten zu 2) daher nicht an.
50c) Entgegen der Behauptung der Klägerin kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 2) Kenntnis von einer großflächigen Verwendung von vertragswidrigen Holzschutzmitteln durch den Beklagten zu 1) gehabt hatte und der Klägerin diese Information vorenthalten hätte. Insbesondere lässt sich dies nicht dem Schreiben des Beklagten zu 2) vom 26.4.2003 entnehmen, wie dies im Schriftsatz vom 30.6.2016 unterstellt wird. In diesem Schreiben hat der Beklagte zu 2) lediglich ausgeführt, dass – so wörtlich – „bei der Ausführung festgestellt wurde, dass Sie (der Beklagte zu 1) das Innenfachwerk mit einem Bläue-Schutzgrund behandelt haben“. Die Verwendung des Wortes „Innenfachwerk“ lässt nicht den Schluss darauf zu, dass der Beklagte zu 2) davon ausgegangen ist, dass das Innenfachwerk großflächig mit Bläueschutzgrund gestrichen wurde. „Innenfachwerk“ ist mengenmäßig unbestimmt und kann sich sowohl auf große als auch Kleinstflächen beziehen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 2) mit der verwendeten Formulierung das gesamte Innenfachwerk beschreiben wollte bzw. Kenntnis von der großflächigen Verwendung hatte, sind nicht ersichtlich. Etwas anderes würde gelten, wenn der Beklagte zu 2) tatsächlich das „gesamte“ Innenfachwerk angesprochen hätte. Gerade dieses, von der Klägerin im Schriftsatz vom 30.8.2016 (dort S. 11, Bl. 1261 d.A.) in Klammern hinzugefügt gesetzte Wort fehlt aber im Schreiben vom 26.4.2003.
51d) Erfolglos macht die Klägerin im Schriftsatz vom 30.8.2016 auch geltend, , der Beklagte zu 2) habe jedenfalls bei der Rechnungsprüfung davon erfahren, dass der Beklagte zu 1) im ersten Arbeitsgang Imprägniergrund in Form von Holzschutzmitteln statt Hartwachsöl aufgetragen habe.
52aa) Die Verwendung des Begriffes „Imprägniergrund“ in der Rechnung des Beklagten zu 1) lässt keinen Rückschluss darauf zu, der Beklagte zu 1) habe hiermit darauf hinweisen wollen, im Innenbereich Holzschutzmittel wie Bläueschutzgrund eingesetzt zu habe. Der Beklagte zu 1) hat die Verwendung des Begriffes „Imprägniergrund“ damit begründet, dass es beim ersten Anstrich wegen der Saugkraft des Holzes zu einem höheren Materialverbrauch gekommen sei und er daher zur Klarstellung und Erklärung des höheren Preises einen anderen Begriff gewählt habe. Die Klägerin selbst will – nach ihrer neuen Darstellung im Schriftsatz vom 30.8.2016 – davon ausgegangen sein, es handele sich dabei um den nachträglich vereinbarten günstigeren Anstrich. Der Vorwurf einer arglistigen Täuschung durch den Beklagten, den die Klägerin im Schriftsatz vom 30.8.2016 konstruiert, ist durch den unstreitigen oder bewiesenen Sachverhalt nicht zu rechtfertigen.
53bb) Deshalb kann dahingestellt bleiben, dass es selbst in dem Fall, dass der Beklagte zu 2) im Rahmen der Rechnungsprüfung tatsächlich von einer großflächigen Verwendung von Holzschutzmitteln erfahren hätte, an einer Kausalität zwischen Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) und einem erheblichen Teil des Schadens fehlen dürfte. Zum Zeitpunkt der Überprüfung der Rechnung des Beklagten zu 1) vom 30.6.2003 (Anlage K3 zur Klageschrift, Anlagenheft) durch den Beklagten zu 2) waren die Holzbalken denknotwendig bereits fertig gestellt. Hätte der Beklagte zu 2) zu diesem Zeitpunkt die Verwendung von gesundheitsschädlichem Holzschutzmittel aufgedeckt und die Klägerin darüber informiert, wäre jedenfalls der Sanierungsaufwand nicht geringer gewesen.
54III.
55Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO