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Die Rechtsbeschwerde vom 08.06.2015 gegen den Beschluss des Landgerichts Bonn vom 05.05.2015 – 31 T 380/14 – wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten trägt die Rechtsbeschwerdeführerin. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe:
2I.
3Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes i.H.v. 2.500 EUR wegen verspäteter Einreichung ihrer Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr 2012 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das C für K hat der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 05.03.2014, zugestellt am 07.03.2014, eine sechswöchige Nachfrist zur Meidung eines Ordnungsgeldes gesetzt und für den Fall der Fristversäumnis die Verhängung eines Ordnungsgeldes in entsprechender Höhe angedroht. Die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung lautete: „Gegen diese Verfügung ist der Einspruch statthaft…. Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Daraus folgt: Sollten innerhalb der gesetzten sechswöchigen Nachfrist die Abschlussunterlagen nicht beim Betreiber des Bundesanzeigers eingereicht werden und sollte der Einspruch zu einem späteren Zeitpunkt zurückgewiesen werden, wird gleichzeitig damit ohne vorherige weitere Mitteilung das angedrohte Ordnungsgeld festgesetzt werden.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfügung vom 05.03.2014 Bezug genommen.
4Nachdem die Beschwerdeführerin nicht reagiert hatte, hat das C durch die angefochtene Entscheidung vom 26.06.2014 das entsprechende Ordnungsgeld festgesetzt. Gegen diese, ihr am 28.06.2014 zugestellte, Entscheidung hat die Beschwerdeführerin mit am 11.07.2014 eingegangenem Anwaltsschreiben „Beschwerde“ eingelegt und unter Verweis auf ihre Kleinstkapitalgesellschafts-Eigenschaften die Herabsetzung des Ordnungsgeldes auf 0 EUR beantragt mit dem zusätzlichen Hinweis, dass die umgehende Offenlegung des Jahresabschlusses vorangetrieben wird. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift (Bl. 2 f. d.A.) Bezug genommen. Die Jahresabschlussunterlagen sind sodann bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers am 15.07.2014 vollständig eingereicht und am 18.07.2014 hinterlegt worden.
5Nachdem das C für K der Beschwerde u.a. unter Verweis auf den Ablauf der sechswöchigen Nachfrist und auf § 335 Abs. 4 S. 3 HGB nicht abgeholfen hat, hat das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung vom 05.05.2015, auf die ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 20 ff. d.A.), die Beschwerde gegen die Ordnungsgeldentscheidung zurückgewiesen. Es hat dies u.a. darauf gestützt, dass man die Sechswochenfrist habe verstreichen lassen und damit die Chance zur Abwendung der Festsetzung vertan habe. Wegen § 335 Abs. 5 S. 9 HGB könne man sich auf etwa fehlendes Verschulden nicht mehr berufen, weil kein Wiedereinsetzungsantrag gestellt worden sei. Die Höhe des Ordnungsgeldes sei im Übrigen angesichts der Offenlegung erst nach Festsetzung schon wegen § 335 Abs. 4 S. 3 HGB nicht abänderbar und eine Herabsetzung aus Kulanz im Gesetz nicht vorgesehen.
6Gegen diese ihr am 11.05.2015 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 08.06.2015 die vom Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie wendet ein, sie sei unverschuldet gehindert gewesen, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen und es sei nach § 335 Abs. 5 S. 1 HGB Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 05.03.2014 sei unzureichend und damit fehlerhaft i.S.d. § 335 Abs. 4 S. 3 HGB. Es hätten u.a. Angaben darüber gefehlt, inwieweit die Beschwerde den Vollzug vorübergehend aussetze und dass „Aussetzung der Vollziehung“ hätte beantragt werden müssen. Da Wiedereinsetzung zu gewähren sei, sei sie so zu behandeln, als sei noch vor der Festsetzung veröffentlicht worden, so dass nach § 335 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 – 4 HGB zumindest auf 500 EUR zu reduzieren sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechtsbeschwerdeschrift vom 08.06.2015 (Bl. 32 ff. d.A.) verwiesen. Mit Schriftsatz vom 21.09.2015, auf den ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 64 ff. d.A.) hat sie ihren Standpunkt weiter vertieft.
7Das C beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde unter Verweis u.a. auf die Regelung in § 335 Abs. 5 S. 9 HGB und unzureichenden Vortrag zu den Wiedereinsetzungsvoraussetzungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 05.08.2015 (Bl. 47 ff. d.A.) Bezug genommen.
8II.
9Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beschwerde hier zu Recht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, konnte der Senat nach § 74 Abs. 6 S. 1 FamFG entscheiden. Ein Absehen von einer Begründung der Entscheidung nach § 74 Abs. 7 FamFG erschien als untunlich.
10a) Dass vorliegend objektiv gegen die § 325 ff. HGB verstoßen worden ist, zieht die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel. Insbesondere treffen die Offenlegungspflichten ohne Zweifel auch die Unternehmergesellschaft i.S.d. § 5a GmbHG als Formkaufmann und Unterform der GmbH (vgl. auch bereits Hinweis des Senats v. 29.06.2015 – 28 Wx 9/15, n.v.). Der Senat hat auch im Übrigen bereits entschieden, dass die gesetzliche Regelung in § 335 Abs. 4 S. 3 HGB streng wörtlich zu verstehen ist und eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes bei einer Pflichterfüllung erst nach der Festsetzung des Ordnungsgeldes im Grundsatz ausscheidet (OLG Köln v. 29.06.2015 - 28 Wx 1/15, BeckRS 2015, 11719). Da das Ordnungsgeld sowohl Beugefunktion als auch Sanktionsfunktion hat, kann - wie im Übrigen § 335 Abs. 4 S. 2 Nr. 4 HGB zeigt - allein die später erfolgte Offenlegung ohnehin auch nichts an der grundsätzlichen Berechtigung der Festsetzung eines Ordnungsgeldes ändern (vgl. auch BVerfG v. 11.03.2009 - 1 BvR 3413/08, NZG 2009, 874, 875). Auch ist durch den Senat bereits geklärt, dass eine allgemeine (ermessensabhängige) Herabsetzungsmöglichkeit für das Ordnungsgeld neben den engen und hier nicht einschlägigen Sonderregelungen in § 335 HGB nicht besteht (OLG Köln, a.a.O.; v. 09.07.2015 - 28 Wx 6/15, BeckRS 2015, 12443).
11b) Es ist im Übrigen auch – was erforderlich ist - von einer schuldhaften Versäumnis der Offenlegung auszugehen. Ein Vertretenmüssen der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vor der Androhungsverfügung steht schon im Ansatz außer Frage. Denn etwaige Gründe, die ein Nichteinhalten der gesetzlichen Einreichungsfristen aus § 325 HGB im konkreten Fall hätten entschuldigen können, sind bis zuletzt weder vorgebracht noch sonst ersichtlich. Die Beschwerdeführerin trifft insoweit auch im Rahmen eines der Amtsermittlung unterliegenden Verfahrens angesichts der klaren und eindeutigen gesetzlichen Vorgaben eine sekundäre Darlegungslast (siehe bereits OLG Köln v. 01.07.2015 - 28 Wx 8/15, BeckRS 2015, 11720 Tz. 13). Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften ohne Vollhafter haben sich auf die Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen einzustellen und die gesetzlichen Grundlagen zu kennen. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 21.09.2015 gehen insofern ebenfalls am Problem vorbei, weil die Frage der Fehlerhaftigkeit einer späteren Rechtsbehelfsbelehrung per se kein Entschuldigungsgrund für unternehmerisches Fehlverhalten im zeitlichen Vorfeld sein kann.
12Aber auf ein etwaiges fehlendes Vertretenmüssen im Zeitraum nach der Androhungsverfügung kann die Beschwerdeführerin sich nicht berufen. Insofern haben das Landgericht und auch das Bundesamt für Justiz zu Recht auf § 335 Abs. 5 S. 9 HGB verwiesen. Dass auch diese Regelung wörtlich zu verstehen ist und die Frage der Verschuldensprüfung auf diesem Weg weitgehend in ein etwaiges Wiedereinsetzungsverfahren verlagert wird, hat der Senat ebenfalls bereits herausgearbeitet (OLG Köln v. 01.07.2015 - 28 Wx 8/15, BeckRS 2015, 11720 Tz. 15 ff.). Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand hat die Beschwerdeführerin vorliegend aber dann gerade nicht unmittelbar beantragt (§ 335 Abs. 5 S. 1 HGB). Ihre Beschwerde ist - auch bei der vom Senat befürworteten großzügigen und rechtschutzfreundlichen Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB – aber keinesfalls zumindest dem Umständen nach als (stillschweigender) Wiedereinsetzungsantrag zu verstehen. Denn die Beschwerdeschrift wirft - was das C für K auch zutreffend herausgearbeitet hat - keinerlei Verschuldensfragen/-probleme auf, sondern stützt sich allein und ausschließlich (zu Unrecht) auf etwaige Herabsenkungsmöglichkeiten bei Kleinstkapitalgesellschaften für den Fall einer Pflichterfüllung nach Ablauf der Sechswochenfrist und vor der Festsetzung. Insofern kann auch bei großzügigster und „bürgerfreundlicher“ Auslegung dem Vorbringen kein Wiedereinsetzungsantrag entnommen werden.
13Ergänzend sei ausgeführt, dass im Übrigen auch die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht vorgelegen hätten. Zunächst greift die von der Beschwerdeführerin herangezogene gesetzliche Regelung in § 335 Abs. 5 S. 3 HGB nicht, da die Rechtsbehelfsbelehrung in den Androhungsverfügung gerade nicht fehlerhaft ist, sondern auf die gesetzliche Einspruchsmöglichkeit nach § 335 Abs. 3 HGB hinweist. Soweit die Rechtsbeschwerdebegründung allein damit argumentiert, dass auch Hinweise zur „Aussetzung der Vollziehung“ geboten gewesen wären, ist das unzutreffend, da es solche besonderen Rechtsbehelfe richtigerweise hier so nicht gibt. Dass der Einspruch als solches keine aufschiebende Wirkung hat, ist in den Belehrung ansonsten eindeutig beschrieben (vgl. zudem § 335 Abs. 3 S. 3 HGB). Der Senat hat zudem ebenfalls bereits ausgeführt, dass es keinesfalls von Rechts wegen geboten ist, (ungeschriebene) weitere Hinweispflichten des Bundesamtes oder (ungeschriebene) Pflichten zu besonderen Rechtsbehelfsbelehrungen in verfassungskonformer Reduktion der gesetzlichen Vorschriften zu verlangen. Denn bei den betreffenden Regelungen in § 335 HGB handelt sich um rechtliche Regelungen, von denen ein am Markt tätiger Unternehmer sich durchaus Kenntnis verschaffen kann und muss, zumindest wenn er durch die Androhungsverfügung einmal gewarnt ist (OLG Köln, a.a.O., Tz. 16). Daher ist insbesondere auch nicht nochmals ausdrücklich auf die sich aus dem Gesetz eindeutig ergebenden materiell-rechtlichen Wiedereinsetzungsmöglichkeiten in die Verschuldensfrage gesondert hinzuweisen.
14Etwas anderes folgt auch nicht aus der Existenz der Regelung in § 335 Abs. 5 S. 3 HGB: Denn diese Regelung bezieht sich bei verständiger Auslegung nur auf den ersten Teil des § 335 Abs. 5 S. 1 HGB, nämlich die unverschuldete Hinderung, in der Sechswochenfrist Einspruch einzulegen. Nur dort gibt es – was im Gesetz übrigens nicht eindeutig geregelt ist (Schülke, NZG 2013, 1375, 1378), sich aber wohl aus dem Verfügungscharakter der Androhung ableiten lässt - von Gesetzes wegen eine eigene Rechtsbehelfsbelehrung und nur dort kann deren Fehlerhaftigkeit auch das rechtzeitige Einlegen des Rechtsbehelfs (Einspruchs) verhindern. Der Gesetzgeber hatte bei Schaffung der gesonderten Regelungen zur Wiedereinsetzung in der aktuellen Fassung des § 335 Abs. 5 HGB ersichtlich primär nur im Auge, dass die alte Fassung des § 335 HGB die Wiedereinsetzung explizit nur für die Beschwerdefrist, nicht aber für die Einspruchsfrist normierte und deswegen Unsicherheiten über die Anwendbarkeit auch im dortigen Bereich bestanden haben mögen (so BT-Drs. 17/13221, S. 9 f.; bejahend aber die ganz h.M., vgl. Rausch, in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 4. Aufl. 2014, Anhang zu §§ 388 bis 392 FamFG (EHUG) Rn. 4 m.w.N.). Durch die gesonderte Regelung einer Wiedereinsetzung auch für das Einspruchsverfahren in § 335 Abs. 5 HGB – neben der bereits im Verweiswege geregelten Möglichkeit für das eigentliche behördliche Verfahren über § 335 Abs. 2 S. 1 HGB i.V.m. § 17 FamFG – entstand folgerichtig das zwingende Bedürfnis, mit § 335 Abs. 5 S. 3 HGB eine dem § 17 Abs. 2 FamFG entsprechende Regelung aufzunehmen, wie es auch sonst im Bereich der Wiedereinsetzungsvorschriften bei Notfristen der Regel entspricht (vgl. etwa § 233 S. 2 ZPO, § 44 S. 2 StPO). Als der Gesetzgeber in § 335 Abs. 5 HGB zugleich aber auch noch - als echtes Novum - die „materiell-rechtliche Wiedereinsetzung“ in die Verschuldensfrage mitgeregelt hat, ist ihm ganz ersichtlich nicht weiter aufgefallen, dass der Einschub entsprechend § 17 Abs. 2 FamFG auf diese Fallgruppe gar nicht passt.
15Im Übrigen ist zudem – und das ist auch maßgeblich - bis zuletzt auch hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, weswegen die Beschwerdeführerin nicht innerhalb der Sechs-Wochen-Frist ihren gesetzlichen Pflichten hätte nachkommen können.
16cc) Die Kostenentscheidung für die Gerichtsgebühren des Rechtsbeschwerdeverfahrens basiert auf § 335a Abs. 3 S. 2 HGB i.V.m. §§ 74 Abs. 4 FamFG i.V.m. dem – auch für Beschwerdeverfahren geltenden (Borth/Grandel, in: Musielak/Borth, FamFG, 5. Aufl. 2015, § 84 Rn. 2, § 81 Rn. 1) - § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG. Im Übrigen ist eine Kostenentscheidung zu den außergerichtlichen Kosten der Beteiligten (§ 335a Abs. 3 S. 6 HGB i.V.m. Abs. 2 S. 6 HGB) nicht veranlasst.
17Rechtsbehelfsbelehrung:
18Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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